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füßen Schlafe. So müde ich auch war, so war ich doch froh, als in Georgieffsk wo wir uns kurze Zeit, um zu frühstücken, aufhielten, der Tag anbrach.

Kurz vorher hatten wir die Kuma passirt, und die große ebene Steppe betreten, welche nach dem Flusse den Namen führt und sich immer mehr entfaltend bis an die Küste des kaspischen Meeres sich hinzieht.

Es that mir leid, daß mein Gefährte auf keine Weise sich dazu verstehen wollte, einen halben Tag in Georgieffsk zu verweilen, trotzdem es, wie wir spåter sehen werden, ohne Zeitversåumniß håtte geschehen können. Die Sonne ging eben auf, als die Pferde vorgeführt wurden und brachte mir einen Genuß, der mir über alles ging. Das ganze herrliche Gebirge des Kaukasus lag vor mir und wurde von Osten aus allmählich beleuchtet. Alle die Schönheiten der Schweiz blieben zurück, als ich hier von der Kumasteppe aus ein hundert Meilen langes Gebirge von Osten nach Westen sich hinziehend erblickte, als zuerst die fernen tschetschischen und lesgischen Gebirge ihren Schleier lüfteten und mir die Anhdhen in Purpurgluth getaucht zu schauen erlaubten. Und als gar der nåchtliche Schleier sich immer mehr nach Westen hin zurückzog, und alle die riesigen Häupter freundlich mir entgegen= blizerten, da war mir, als müsse die Brust vor Freude über das Großartige sprengen. Eine geheimnißvolle Stille herrschte in der Natur und störte mich nicht in meinen sinnigen Betrachtungen. Schon lange vor Aufgang der Sonne hatte ich durch meinen Gefährten aufmerksam gemacht eine Stelle an dem hohen Ufer des Podkumok ausgesucht und vor mir lag im Anfange noch der Kau= kasus in trüber Ferne. Ich hatte Zeit vorher, ehe die ganze Umgegend hell beleuchtet war, mich zu orientiren und sah allmählich an den Spitzen der eisigen Hdhen, wie die Sonne unserm Horizonte sich näherte. Es war eine eigenthümliche Erscheinung, als die ganze Schneelinie des Gebirges, die noch einen Augenblick vorher in purpurner Finsterniß da lag, mit einem Nu hell be: leuchtet sich zeigte und freudig blißernd gegen das graue Dunkel der tieferen Regionen abstach. So was Herrliches hatten meine Augen früher nie erschaut. Aber auch der gleichgültigste Reisende würde von dem seltenen Schauspiele, das sich ihm von hier aus darbot, ergriffen worden seyn. Die Abbildung, welche Pallas in

dem Atlas zu seinem Reisewerke über die südlichen Satthalter= schaften auf der fünfzehnten Tafel liefert, vermag nur einen schwachen Begriff von der Großartigkeit des hier dargebotenen Panorama's zu geben. Das Seltene dabei war, daß das mächtige Gebirge, das Hdhen von 15,000 Fuß besitzt, sich unmittelbar und plöglich aus einer Ebene, die nur wenig höher als die Meeresfläche ist, erhebt. Das nahe Beschtau-Gebirge mit seinen fünf kegelförmigen Spizen verdeckt nur einen kleinen Theil des Kaukasus und mildert bei der Betrachtung mit seinem freundlichen Grün den großartigen Eindruck, über den man kaum zu athmen wagt.

Georgieffek liegt in dem Winkel, der durch den südlichen Einfluß des Podkumok in die Kuma gebildet wird, aber entfern= ter von dem lehteren Flusse hart an dem steilen Ufer des ersteren, und besteht aus der viereckigen und weitläufigen Festung und den übrigen 500 städtischen Gebäuden. Von allen Festungen, welche ich an der Linie gesehen, ist Georgieffsk die festeste, trotzdem ihre Wålle ebenfalls nichts weiter sind, als aufgeworfene Erdwånde. Die Natur hat auf der einen (der füdlichen) Seite das Meiste beigetragen, um die Stadt gegen einen plößlichen Ueberfall der Bergvölker zu sichern. Die Anzahl der Einwohner beträgt 1000 Seelen.

Die Stadt wurde als solche schon im Jahre 1777 er: baut und diente bis 1822, so lange nåmlich als Ciskaukasien ein zu Astrachan gehöriges Gouvernement war, zum Siz des Gouverneurs und der Regierung. Von 1822 bis 1830 blieb es nur Hauptstadt eines den Namen der Stadt führenden Kreises, und als auch dieser mit dem Alexandroffschen vereinigt wurde und Piatigorsk durch Erhebung zur Hauptstadt des nunmehrigen Pja= tigorskischen Kreises begünstigt wurde, sank Georgieffsk zur gewöhne lichen Provincialstadt herab. Die Errichtung zweier Jahrmärkte, die übrigens jährlich 2--300,000 Rub. Ass. in Umlauf bringen, vermag der Stadt nicht ihren früheren Wohlstand wieder zu vers leihen und doch muß sie, wenn die Cultur erst hier mehr Wurzel gefaßt haben wird, ihrer reizenden Lage halber wichtig werden.

Nur ungern trennte ich mich von Georgieffsk und fuhr in derselben, oben angezeigten Richtung fort, um noch zeitig in Jekaterinograd anzukommen, denn es war möglich, daß von da aus Reisen und Länderbeschreibungen. XXIII. (Reise nach Kaukasten.)

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noch denselben Tag eine große Karawane mitten durch Tscher= kessien sich bewegte. Wir passirten gleich im Anfang den Podkumok und fuhren dann der Steppe entlang, immer die Fünfberge (Beschtau) und besonders den Maschuk zur Rechten habend.

Ich schweige jezt von den Fünfbergen und seinen wichtigen Bådern, und spare, da ich anderthalb Jahre spåter einige Zeit in Pjatigorsk selbst verlebte, die Beschreibung derselben für ein spåteres Capitel auf.

Vor der Mariinskischen Stanika durchfuhren wir die Solka, ein Nebenflüßchen des Podkumok, und kamen nach 25 Werst nach Pauloffska an das Ufer der Kura. Dieses Flüßchen entspringt nach Klaproth ungefähr vier Stunden von der Malka, läuft dftlich und verliert sich unweit des kleinen, kaum aus einigen Häusern bestehenden Dörfchens Kasajebajama in dem Sande des Mosdok'schen Kreises. Klaproth meint, da es dasselbe Ge= rölle als die Malka mit sich führt, daß zu einer Zeit, wo das kaspische Meer noch mehr landeinwärts gegangen wäre, die Malka in dem Flußbette der jezigen Kura sich in das kaspische Meer ergossen habe. Auch vom Terek behauptet er, daß er ebenfalls früher von Jekaterinograd aus weiter nördlich geflossen sey und daß beim Zurücktreten des Meeres die Ausflüsse genannter Ströme versandet und diese selbst deßhalb gezwungen gewesen seyen, da nach Norden sich zu viel Gerdlle angehåuft hatte, sich dstlich einen andern Lauf zu suchen. Dieses Versanden der nördlich flies Benden Flüsse darf uns gar nicht verwundern, da ja jezt noch die bedeutende Kuma zum großen Theil im Norden derselben Steppe sich verliert.

Unsere Reise ging nur sehr langsam vorwärts, da bei der Hize des Tages und dem Gewichte des Wagens häufig die Achsen sich entzündeten und mancherlei Vorsichtsmaaßregeln getroffen werden mußten, um nicht unsere Sachen ein Raub der Flammen werden zu lassen. Auf diese Weise war es fast Mittag geworden, als wir endlich den Pjatigorskischen Kreis verließen und in Soldatskaia die erste Stanika des mosdok’schen Kreises begrüßten.

Von nun an führte der Weg auf dem linken Ufer der Malka, über welcher die große Kabardah sich ausbreitet, in dftlicher Rich-= tung bis nach Jekaterinograd, wo wir endlich erst gegen fünf Uhr den Nachmittag ankamen und uns ein sogenanntes Kronslogis

anweisen ließen. Ich beschließe hier wiederum die Beschreibung meiner Reise und lasse nun eine Monographie der Linienkosaken und eine geschichtliche Entwickelung derselben folgen.

Dreizehntes Capitel.

1. Von den Linien - Kosaken.

Geschichte der russischen Besitzungen im Norden des Kaukasus; Lmutorakan; Terki; die grebenschen Kosaken; Peter der Große; Swätoi: Krest; Kisljar; Mosdek; Kutschuk: Kainardschi; die kaukasische Linie; der Schwarzwald; neueste Verstärkung der Linie; Eintheilung der Linie nach Suboff; jeziger Bestand; Stärke der einzelnen Regimenter; Beschreibung derselben; das terki: semeinsche; grebensche; mosdoksche; gorskische; wol: gaische; chopersche; stauropolsche; kubansche und kaukasische Regiment; Rußlands Ein: fluß in Asien; Kriegsmacht am Kaukasus; Kosten der Linie; Verfassung; Beschäftigun: gen; Sitten; Erziehung; General Saß; Kleidung; Stanizen; Wüschken; Majak; die tschernomor❜schen Kosaken.

Von jeher hatte Rußland das Streben, sich im Norden des Kaukasus fest zu sehen, und versäumte nie eine Gelegenheit, seinen Einfluß unter den Völkern desselben geltend zu machen. Die gemeinschaftliche Religion des mächtigsten derselben, der Tscherkessen, mit den Russen in den frühern Jahrhunderten, war die Ursache, daß die erstern eine vorherrschende Zuneigung zu den leßtern besaßen und eine beståndige Verbindung mit diesen unterhielten. Aber selbst noch früher hatten Slawen am Fuße des westlichen Kaukasus eine Zeit lang sich festgesetzt, denn es ist sicher, daß slawische Fürsten die Nachfolger des Mithridates aus dem bosporischen Reiche vertrieben und daselbst bis zum Erscheinen der Hunnen herrschten. Im zehnten Jahrhundert sehen wir von neuem Russen in dem bosporischen Reiche und der tapfere Großfürst Swåtoslaff gründet aus ihm das Fürstenthum Emutorakan (Tamatarcha). Ueber ein Jahrhundert beherrschten russische Fürsten von hier aus die ganze Umgegend und übten besonders auf die Tscherkessen einen großen Einfluß aus. Die von Often einbrechenden Komanen (oder Poloffzer, wie sie die Russen nennen) vertrieben aber spåter die Russen aus ihren südlichen Besitzungen, und erst nach der Eroberung Astrachans und dem Untergange des mongolischen Reiches Kiptschak in der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts (1554) versuchen die Russen von neuem und zwar jezt auf der dftlichen Seite des Kaukasus festen Fuß, zu fassen. Tscherkessen befanden sich schon unter den Truppen

des Zares Johanns des Schrecklichen bei der Eroberung Astrachans, und es scheint, als wenn ein Theil sich schon damals unterworfen håtte, denn das Jahr darauf fochten sie für Rußland in dem entfernten Livland.

Im Jahr 1557 unterwarfen sich die im Osten des Terek wohnenden Tjumenischen Tartaren, welche Klaproth und Potocki fälschlicher Weise Tscherkessen nennen, unter ihrem Fürsten Agim; es scheint aber, daß sie von ihren Nachbarn gedrängt waren, denn sie vers langen Hülfstruppen und suchen spåter die Russen wieder los zu werden. Ihre Unzufriedenheit erreicht den höchsten Grad, als jene im Jahr 1568 am Ausfluß eines der Arme des Terek in den kaspischen See, der Residenz Tjumen (eine Stadt, die nicht mit der sibirischen gleichen Namens verwechselt werden darf) gegenüber die Stadt Terki angeblich zu ihrem Schuße erbauten und diese befestigten. Wahrscheinlich ist es aber, daß Tjumen auch den Namen Terki führte, denn Timur hielt sich während feines dritten Feldzuges gegen Kiptschak eine kurze Zeit in einer Stadt Terki am Terek auf. Die Russen hätten dann eine Besatzung, bestehend aus grebenschen, jaikschen und Wolga-Kosaken hinein gelegt und dadurch auch Ursache zur Unzufriedenheit gegeben. Einige Geschichtsforscher meinen, daß Tjumen und Enderi gleichbedeutend seyen.

Die Klagen der tjumen'schen oder terkischen Tataren gelang= ten bis zu dem Sultan Selim und dieser, schon durch die Eroberung Astrachans durch die Russen aufgebracht, verlangte die Räumung Terki's. Wenn sein Wunsch 1570 auch befriedigt wurde, so bemåchtigten sich doch russische und tscherkessische Abenteurer der ver= lassenen Stadt und wurden den umwohnenden Mohammedanern gefährlicher, als die Russen je es gewesen waren. Unter dem Namen der terk'schen Kosaken plünderten sie besonders in den Ulussen der Nogaier, und wurden troß der Beschwerden des Sultans Amurath III. in allen ihren Unternehmungen von den Russen heimlich begünstigt.

Die Unterwerfung der kachetischen Zaare (in Grusien) und die freundschaftlichen Verbindungen mit dem persischen Schah Abbas dem Großen gegen die mächtigen Türken machten es aber nothwendig, Terki wiederum zu besetzen und von hier aus den Einfluß Rußlands auf Kosten des türkischen zu vermehren. Der

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