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Das Bad der Skythen

Das finnische

Flagellation im Bade · Das Badblatt

Nacktheit Bad als Heilmittel

im Sprichwort Arten des Badens Der heilige Andreas über die Bäder von Nowgorod Gemeinsames Baden von Männern und Weibern Klagen des Stoglaw Bericht Fletchers - Olearius

über die Schamlosigkeit der Russinnen Abbé Chappe d'Auteroche und Katharina II. Katharina verbietet das gemeinsame Baden Maler und Ärzte haben freien Zutritt zum Frauenbad - Weitere Berichte Major Masson Erlebnisse eines deutschen Offiziers - Erzählung des Grafen de la Garde Trennung der Geschlechter in den städtischen Bädern Unzucht in Badeanstalten Frotteurinnen im Wannenbad Päderastie in den Bädern von Tiflis Anmerkung über Unzucht in abendländischen Bädern Bad und Reinlichkeit Der Geruch der Russen Bad und Aberglaube - Der Samstag

und das Baden Coitus und Bäder.

Das berühmte Schwitzbad der Russen hat berühmte Vorgänger. Herodot erzählt, daß man bei den Skythen ein Dampfbad bereitete, indem man Hanfsamen auf glühende Steine warf. Den Hauptreiz dieses Bades sucht man wohl nicht mit Unrecht in seiner narkotischen Wirkung 1). Unter den nordeuropäischen Völkern besitzen die Finnen die ältesten Dampfbäder. Den Finnen ist das Badehaus nicht bloß unentbehrlich, sondern ein wahres Heiligtum. Jeder, selbst der Ärmste, hat sein eigenes, wenn auch noch so kleines Badehaus. Hierher flüchtet er sich, um Heilung zu finden, wenn eine Krankheit ihn befällt; dann läßt er sich massieren und schwitzt tüchtig. Die Schwangere begibt sich, wenn sie ihre schwere Stunde. kommen fühlt, ins Badehaus, um hier ihre Niederkunft abzuwarten. Das finnische Badehaus ist ein aus Balken errichteter kleiner viereckiger Bau mit einem aus Feldsteinen zusammengefügten, großen Ofen. An den Wänden entlang läuft oben eine hängende Galerie, die Schwitzbank. Nur zwei oder drei Luken sind dazu bestimmt, dem Rauch und Dampf Abzug zu

1) Vgl. Die Geschichte des Badewesens von Dr. Eduard Bäumer, Breslau 1903, S. 58-60: Das Badewesen der Finnen. Bäder und Badewesen in Vergangenheit und Gegenwart. Eine kulturhistorische Studie von Dr. med. Julian Marcuse, Stuttgart 1903, S. 86-89.

lassen; sonst hat der Raum keine Öffnungen. Der Dampf wird dadurch erzeugt, daß man Wasser eimerweise auf die heißen Ofensteine schüttet; die Temperatur erreicht die Höhe von 70 bis 75 Grad Celsius. Man badet im Sommer zur Erntezeit gewöhnlich jeden Abend, sonst zwei- oder dreimal wöchentlich. Männer, Frauen und Kinder sind im Baderaume in buntem Durcheinander und tummeln sich ungeniert nackt herum, peitschen sich selbst oder einander mit Birkenreisern und übergießen sich mit kaltem Wasser. Oft läuft man, selbst im Winter, aus dem Badehaus ins Freie und stürzt sich in einen Fluß oder wälzt sich nackt im Schnee.

Die Russen haben zweifellos das Dampfbad von den Finnen übernommen. In den russischen Dörfern wird das Schwitzbad noch heute so bereitet, wie es bei den Finnen Brauch ist, indem man auf den glühenden Ofen kaltes Wasser schüttet. In den Städten sind die Bäder eleganter und räumlicher und bestehen aus wenigstens drei Stuben: einem Auskleide und Ankleidezimmer, einer Kammer, in der man sich auf Bänke legt, um sich von dem Banschtschik (бaншикь) einseifen zu lassen, und aus dem eigentlichen Schwitzraum, wo in der Mitte sich ein eingemauerter Kessel voll siedenden Wassers befindet, während in einer Ecke Haufen von Birkenruten liegen. Man nimmt einen starken Besen, läßt sich tüchtig flagellieren und steigt dann die Treppe zur Schwitzbank hinauf, auf der man ausgestreckt so lange bleibt als man es aushalten kann. Ehe man das Schwitzbad verläßt, überschüttet man sich tüchtig mit kaltem Wasser. Dies geschieht nicht bloß der Abkühlung wegen, sondern auch um die Birkenblätter, welche sich überall am Körper festsetzen, wieder wegzuspülen, was keine leichte Arbeit ist. Daher stammt das russische Sprichwort zur Bezeichnung eines zudringlichen Menschen:,,Er ist anhänglich wie ein Badblatt am After“ (Присталъ какъ банный листь къ жопѣ). Ein anderes Sprichwort warnt daher: ,,Badest du viel, so sproẞt dir die Weide im After" (Вудешь мнOFO купаться верба въ жопѣ выростетъ). Von einem ängstlichen Menschen heißt es:,,Er schrumpfte zusammen, wie die Vorhaut nach dem Bade" (Сморщился, какъ залупа послѣ бани.)

Vor zwei Jahrhunderten beschrieb ein Diplomat folgende vier Arten des Badens, die damals in Petersburg üblich waren1): Man setzt sich nackt in ein Boot und rudert rührig, bis man in Schweiß gerät, dann springt man in den Fluß und schwimmt umher, hierauf klettert man in das Boot zurück und trocknet sich mit dem Hemd ab oder läßt sich von der Sonne trocknen. Oder man badet im Flusse und begibt sich dann zu einem am Ufer angemachten großen Feuer, bestreicht den Körper mit Öl oder Fett und geht, als wollte man sich rösten lassen, so lange nackt um das Feuer herum, bis die Haut die Fettigkeit ganz eingesogen hat.

Eine dritte Art des Badens war die in dem finnischen Vorort gebräuchliche. Hier waren in einem großen Holzbau am Ufer eines Flüßchens nebeneinander dreißig Bäder errichtet. Beide Geschlechter badeten zwar getrennt, aber man entkleidete sich ungeniert draußen und lief nackt hinein, und wenn man drinnen genug geschwitzt hatte, kühlte man sich durch kaltes Wasser ab, lief zurück ins Freie und trocknete sich an der Sonne. Oft kamen vierzig oder fünfzig Männer und Frauen nackt aus ihren Abteilungen heraus, liefen ungeniert hin und her und lachten die Passanten aus. Diese Bäder in der finnischen Sloboda gehörten dem Zaren; für die Benützung zahlte jede Person einen Kopeken. Das vierte Bad, das unser Gewährsmann schildert, ist das eigentliche russische Schwitzbad. ,,Nach dem Bad," heißt es zum Schlusse,,,werfen sie sich in kaltes Wasser oder im Winter in den Schnee und vergraben sich in ihm so tief, daß nur Nase und Augen frei bleiben; und so liegen sie oft zwei Stunden lang. Das betrachten sie als ein Universalmittel in den verschiedensten Krankheiten".

Vom heiligen Andreas wird berichtet, daß er bei seiner Ankunft in Nowgorod dort das Schwitzbad in derselben Art kennen lernte, in der es noch jetzt gebräuchlich ist2). Nach Rom zurückgekehrt, soll der Heilige seinen staunenden Zuhörern das Schwitzbad als eine der Merkwürdigkeiten des rus

1) Memoires pour servir à l'histoire de l'Empire russien par un ministre etranger, à la Haye 1725, p. 39.

2) Chronique de Nestor I 7.

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