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haupt nur als eine Voraussetzung, eine vorläufig unstichhaltige Behauptung, welche, wie alles Andere, zunächst in Wissen umgewandelt werden muss. Da aber der Vf. selbst bald nachher erklärt, dass der Mensch niemals etwas wirklich wisse, immer nur Erscheinungen vor sich habe, von denen er nicht wisse, ob sie einer Realität entsprächen, so kann das Umschlagen der Religion in Wissen ja möglicherweise keinen Schritt weiter führen. Dann wird ein Blick auf die alten und die neuen Völker geworfen. Dabei sind uns nun wieder mehrere Behauptungen schmerzlich aufgefallen. So wird, wider alle Geschichte, behauptet, dass es ein Wahn sei, zu glauben, in den ersten Zeiten des Christenthums sei der Glaube reiner gewesen als später, zumal da diese Behauptung auch auf die allererste Zeit, wie es scheint, ausgedehnt werden soll. Dann wird sogar der Ausspruch gewagt, dass dereinst auch das Christenthum werde untergehen müssen, wie ja auch die alten heidnischen Religionen im Laufe der Zeit dem Untergange anheim gefallen seien. In dem Abschnitte,,,das Christenthum und die Philosophie" wird indessen das Christenthum wieder etwas höher gestellt als man nach der allgemeinen Annahme des Vfs., dass Religion überhaupt nur eine menschliche Meinung sei, in der dem Sterblichen seine eigenen Gedanken zur Erscheinung kommen, die real, aber eben so gut auch es nicht sein können, erwarten durfte. Indessen folgt man mit grösserer Befriedigung dem Vf. doch erst in dem letzten Abschnitte des ersten Buches, wo er sich auf den geschichtlichen Boden begiebt und ,, die Perioden der christlichen Philosophie" betrachtet. Besonders anziehend aber, weil der Vf. seine eigene Meinung nur selten noch einmischt und instructiv in einer durchaus angemessenen, verständlichen, auch dem grösseren Publicum zugänglichen Weise, ist die Schrift von dem 2. Buche dieses Bandes an. Bei der grossen Masse von Gegenständen, welche schon in diesem 1. Bande abgehandelt sind, müssen wir uns auch schon deshalb, weil wir es doch nur mit einer populären Bearbeitung des früheren, grösseren Werkes des Vfs. mit einigen neu aufgenommenen Rücksichten und Beziehungen zu thun haben, hier mit einer kurzen Angabe des Inhalts begnügen. Zwei Abschnitte betrachten die Bewegung des philosophischen Gedankens innerhalb des christlichen Gebietes, so lange noch das römische Reich dauerte. Die Darstellung der Philosophie des eigentlichen Mittelalters ist in zwei Hälften getheilt, von denen die erste bis zum Ausgange des 12. Jahrh. reicht. Ein Blick auf die philosophischen Bestrebungen der Juden und der Araber unterbricht hier, wie in dem Hauptwerke, den Gang der Betrachtung. Man muss dabei dem Vf. allenthalben das Verdienst zugestehen, die schwierigsten, ja die verworrensten Dinge mit einer Klarheit erfasst und dargestellt zu haben, die kaum irgendwo etwas zu wünschen übrig

Dann hebt die Schilderung der christlichen Philosophie des Mittelalters, mit dem dieser 1. Bd. abschliesst, wieder an. Die scholastische Philosophie reibt sich durch ihre Spitzfindigkeiten

gewissermaassen in sich selbst auf, und musste dem Mysticismus eines Gerson und Raimund von Sabunde Platz machen.

[3066] Vorlesungen über Pantheismus und Theismus. Von Dr. Geo. Weissenborn, ord. Professor der Philosophie an der Univ. zu Marburg. Marburg, Elwert. 1859. VII u. 243 S. gr. 8. (1 Thlr. 5 Ngr.)

Mit voller Ueberzeugung glauben wir diese kleine Schrift Allen, welche sich für die in geistiger Beziehung wichtigen Fragen der Zeit interessiren, empfehlen zu müssen. Namentlich machen wir auf sie diejenigen Gebildeten dringend aufmerksam, welche sich in der Kürze darüber unterrichten wollen, was es eigentlich mit dem Pantheismus, und namentlich mit dem modernen für eine Bewandtniss habe. Sie werden aus dieser Schrift, deren einfache und klare Darstellung volle Anerkennung verdient, leicht die Ueberzeugung gewinnen, dass der moderne Pantheismus, wie gross immer der Lärm sein möge, den er in den Köpfen der Menschen anrichtet, eine ganz leere und nichtige, der wahren Vernunft geradezu Hohn sprechende, nicht allein nutzlose, sondern gemeinschädliche Gedankenspinnerei sei. Es wird wahrhaftig die höchste Zeit, dass derselbe den Menschen in seiner wahren Gestalt und vollen Nichtigkeit aufgezeigt und nachgewiesen werde, welch Unheil und Verderben er anrichte, indem er Seele und Geist verödet und vertrocknet. Mit dem Pantheismus, wie er sich auch immer selbst als riesenhafter Fortschritt anpreisen möge, kann der Glaube an Werth, Würde, Freiheit des Menschen eben so wenig bestehen als der Glaube an Pflicht, Recht, Tugend, an eine höhere Welt, an eine Bestimmung für sie. Der Vf. bezeichnet das allgemeine Wesen desselben als die Identification aller weltlichen Wesen mit der Gottheit, so dass die Welt die Vielheit, Gott aber die Einheit dieser Existenzen umfassen soll. Der Pantheismus tritt nun unter verschiedenen Formen auf, je nachdem diese Vielheit und diese Einheit wieder verschieden gefasst werden. Der materialistische Pantheismus, die am meisten vernunftwidrige Form, macht den Geist selbst zur Materie, weil er den Dualismus von Geist und Materie nicht begreifen zu können erklärt und fälschlich behauptet, dass nur Gleichartiges auf Gleichartiges zu wirken im Stande sei. Es vermag dieser materialistische Pantheismus überhaupt gar Nichts, am wenigsten aber die geistigen Erscheinungen des Menschenthums und des Lebens zu erklären. Seine Vielheit und seine Einheit sind nur ein leeres und nichtiges Immerentstehen und Vergehen. Die zweite Form, der unitarische Pantheismus macht das Unendliche, das Absolute zu einem dem Wesen nach über der Vielheit der Existenzen Erhabenen. Das Sein in seiner unbestimmten Allgemeinheit und Unterscheidungslosigkeit, die Substanz, welche der Vielheit zu Grunde liegt, ohne selbst etwas wahrhaft zu sein, das Sein, welches zugleich das Nichtsein sein müsste, weil es unbestimmt und unterscheidungslos ist, soll das Absolute, das Göttliche, das göttliche Leben sein. Fichte in seiner

späteren Zeit und Schleiermacher sind diesem Pantheismus nicht fremd, der bei letzterem in seiner am meisten eigenthümlichen, von dem Vf. näher beleuchteten und dabei als völlig nichtig sich erweisenden Art hervortritt. Der dynamische Pantheismus erkennt eine Einheit in der Vielheit und über ihr eine Weltkraft, als eine Erscheinung dieser aber die Menschheit, wodurch er eine Art von Sittlichkeit und von Religion gewinnen zu können wähnt, was jedoch nur Täuschung ist, da es ohne Freiheit des Menschen weder eine Sittlichkeit noch eine Religion geben kann. Eine andere Form des Pantheismus, der psychische, sucht sich von dem rohen und plumpen Materialismus, der ihm bis jetzt anklebte, zu befreien und sich zum Geiste zu steigern. Das Absolute wird nun Intelligenz und Weltseele, von welcher Welt und Leben gleichsam durchdrungen sein sollen. Welt und Leben sollen den Leib dieser Weltseele bilden. Diese Form des Pantheismus setzt ein begrenztes Absolute zuerst. Ein begrenztes Absolutes ist aber eben kein Absolutes. Auch verflüchtigt sich zugleich dieses Absolute auf eine andere Weise zu Nichts. Eine Weltseele könnte sich nie in sich selbst gleichsam zusammenfassen, sie müsste sich immer auf die Allgemeinheit beziehen, im Grunde genommen stets in dieser Allgemeinheit verloren sein. Auch können Welt und Leben gar nicht ihren Grund in diesem Absoluten haben; denn Seele und Leib verhalten sich nie so zu einander, dass Eines der schöpferische Grund der Totalität des Andern wäre. Der ethische Pantheismus will die Natur als blosses Nichtich fassen. Aber sie ist ja deutlich nicht ein blosses Nichtich, sondern eine Schale von Ideen, da Gesetze in ihr leben, welche Ideen sind. Er macht nun die Einheit aller menschlichen Existenzen zum Absoluten und bezeichnet die ethische Idee im Menschen als den Geist, den es überhaupt geben könne. Allein die ethische Idee füllt keineswegs die Ideenwelt des Menschen allein aus. Fichte vertrat in seiner früheren Zeit diese Richtung. Zuletzt noch der logische Pantheismus, der in Schelling zum unitarischen zurückkehrte, durch Hegel seine Vollendung empfing. Derselbe behauptet ebenfalls, das Absolute sei in der Einheit aller weltlichen Existenzen, jedoch nur als Wesen derselben, welches in der Vernunft zur Erscheinung komme. Diese Einheit soll nun Wirklichkeit werden durch die Menschheit, durch die vernünftige Menschheit gewissermaassen zu ihrer Entstehung gelangen können. Ein Absolutes aber, welches erst entstehen und noch obenein durch das Menschliche, welches sich nicht in absoluter, sondern nur in endlich beschränkter Weise entwickeln kann, entstehen soll, ist unmöglich. Der logische Pantheismus will nur den Staub des Irdischen durch in der That inhaltsloses Gerede von Vernunft und Vernünftigkeit vergöttern. Unser Vf. geht nun, nachdem das ganze Truggebäude des Pantheismus vorgeführt worden ist, zu dem Theismus über, schildert den jüdischen, den rationalistischen, den supernaturalistischen, den Theismus als Wesensidentität von Gott und Welt, welcher sich

theilweise, wie nachgewiesen wird, wieder dem logischen Pantheismus nähert, um endlich bei dem,,Theismus in seiner vollen Wahrheit" stehen zu bleiben. Als solchen betrachtet er den Theismus, welcher Gott und Welt weder als ausschliesslich wesensverschieden noch als ausschliesslich wesensgleich setzt, welchem die Welt nur in so weit identisch mit Gott erscheint, als Gott sich in derselben zur Erscheinung gebracht hat, so dass Gott der Welt nicht bloss immanent ist. Die vollkommene Uebereinstimmung mehrerer Hauptlehren des Christenthums mit der Vernunft wird hier erwiesen. Dann spricht der Vf. noch über den Kampf, welchen der christliche Theismus in der Gegenwart gegen die moderne Wissenschaft zu streiten hat, wobei er besonders die Verdrehungen beleuchtet, welche die Trinitätslehre von derselben erfahren hat und sie widerlegt. Vortrefflich ist gegen den Schluss der Schrift und mit unverkennbarer Begeisterung bewiesen, wie in und durch das Christenthum allein der Mensch zum Bewusstsein und zur Freiheit gelange. Bei vielen Büchern der Neuzeit ist man froh, wenn man sie bei ihrer Unverdaulichkeit durchgelesen und hinuntergearbeitet hat; die vorliegende Schrift aber legte Ref. mit lebhaftem Bedauern aus der Hand, als er bis zur letzten Seite gelangt war, da er gern dem Vf. in seiner so anziehenden Darstellung weiter gefolgt wäre.

[3067] Philosophie et Lois de l'Histoire par Théophile Funck, Membre de la Société Medicale Alexandre de Paris. Paris, Didier et Co. (Luxem burg, Heintze's Verlag.) 1859. 183 S. gr. 8.

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Die vorlieg. Schrift ist, ohne dass diess auf dem Titel bemerkt wäre, nur ein Anfang, ja nur der Anfang eines vorbereitenden, einleitenden Excurses, bei dem man nicht einmal recht absieht, wie der Vf. den Uebergang zu seinem eigentlichen Thema finden wird, von welchem letzteren im Gegenwärtigen noch gar nicht die Rede ist. Dieses letztere handelt nämlich zuerst (S. 1-113) von der philosophischen Methode, dann (S. 115 176) von Gott. In der Fortsetzung soll die Schöpfung und der Mensch behandelt und dann zu dem eigentlichen Thema übergegangen, und hierin sollen die allgemeinen Gesetze der Geschichte, die Elemente derselben, den Völker und die Gesittungen erörtert werden. In der ersten Abhandlung werden zuvörderst die Methoden des Aristoteles, des Bacon, des Descartes, Kants, Fichte's, Schellings und Hegels, der schottischen und französischen Schule einer mehr oder minder eingehenden Kritik unterworfen, worauf der Vf. eine historische Methode an die Stelle der ihm sämmtlich mangelhaft erscheinenden setzen will, in deren Entwickelung er sich über die Kräfte des Gedankens und über die metaphysischen Ideen verbreitet. Ebenso kritisirt er einen Theil der zeitherigen Beweise für das Dasein Gottes und will dann einen neuen Beweis nach seiner sogenannten historischen Methode versuchen, worauf er sich mit den Attributen Gottes beschäftigt. Der Vf. ist jedenfalls ein klarer und scharfer Denker, im Philosophiren geübt, und mit den gangbarsten philo

gewesen zu sein

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sophischen Systemen das Herbartsche scheint ihm jedoch fremd nicht unvertraut. Uns scheint es jedoch, als sei es ihm ergangen, wie es so Vielen auf diesem Gebiete ergangen ist, als hätte er nämlich zwar die Fehler und Mängel seiner Vorgänger sehr richtig erkannt und scharf ans Licht gestellt, nicht aber seinerseits etwas weniger Einwandfreies zu Stande zu bringen vermocht. Sonst ist die Schrift gedankenreich, enthält manchen neuen Gesichtspunct und ist jedenfalls lesenswerth. Der Vf. hat auch, bei all seiner scharfen Kritik der zeitherigen Systeme, doch in Betreff der von der Philosophie der Zukunft zu erwartenden Ergebnisse ungleich sanguinischere Hoffnungen als diejenigen hegen, welche der Meinung sind, nach dem so fruchtreichen Eindringen des philosophischen Geistes in die Wissenschaften werde sich das der eigentlichen Philosophie verbleibende Gebiet immer mehr verengen, und die unläugbaren grossen Fortschritte, welche neuere philosophische Schulen in materieller Eekenntniss darlegen, würden nur vermöge einer Selbsttäuschung aus der Speculation abgeleitet, während sie eigentlich ihren Grund in den Fortschritten der Erfahrungswissenschaften und deren besserer Kenntniss und Benutzung hätten.

Classische Alterthumskunde.

[3068] Mnemosyne. Bibliotheca Philologa Batava. Scripserunt et collegerunt C. G. Cobet, T. J. Halbertsma, H. G. Hamaker, H. van Herwerden, E. J. Kiehl, E. Mehler, S. A. Naber, W. N. du Rieu, S. H. Rinkes. Vol. VIII. Pars I. Lugduni Batavorum, E. J. Brill. 1859. 116 S. gr. 8. (à Bd. n. 3 Thlr.)

Von einem neuen Hefte dieses Organes Cobets und seiner Schule Kenntniss zu nehmen, gewährt dem Ref. jedes Mal lehrreiche Anregungen, wie ja tiberhaupt Niemand in Abrede stellt, dass jene neuholländische Kritik trotz der Einseitigkeit, von der sie nicht frei zu sprechen ist, für ihr bestimmtes Feld ganz Tüchtiges leistet. Auch dem vorlieg. Anfang eines neuen Bandes kann frisches Streben und schönes Gelingen an sehr vielen Stellen nachgerühmt werden. Der Meister und seine Jünger wetteifern wiederum in dem Bemühen, die Griechen und vorzugsweise die Attiker von den Entstellungen durch die Abschreiber und Grammatiker zu säubern, und auch der rüstige Veteran Bake bleibt nicht zurück. Der 1. Aufsatz von Hamaker, Observationes Criticae in Aeschinis Orationes (S. 1-18); hat es wesentlich damit zu thun, Glosseme, die der Sinn und der Sprachgebrauch als solche kennzeichnet, auszuwerfen; hier und da werden auch eigene Besserungen vorgetragen. Doch den umfänglichsten und werthvollsten Beitrag hat Cobet als Fortsetzung geliefert: Ad Photii Lexicon (74). Man muss in der That erstaunen, durch welch eine Menge der gröbsten Irrthümer aller Art jenes Lexikon bisher verunstaltet war. Ein Theil

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