Pagina-afbeeldingen
PDF
ePub

-

verfasste Uebersicht und Kritik der Leistungen dieser historischkritischen Philosophenschule im Theologenmantel. Diese Bezeichnungsweise im Rep. (vgl. oben No. 1.) findet sich durch vorlieg. Selbstvertheidigung des Meisters vom Stuhl nicht überraschend, doch luculent bestätigt. Sie enthält Zugeständnisse, die nicht vollständiger gewünscht werden können. Ja sie ist durch und durch ein Bekenntniss zu den von Uhlhorn angefochtenen Principien, namentlich zu dem der Leugnung absoluter Causalität, vulgo Wunder genannt, in der Stiftungs- oder da dieser Begriff für den ehrlichen Tübinger Meister und seine Schule eigentlich nicht vorhanden ist, in der Entstehungsgeschichte des Christenthums und der christlichen Kirche. Was dagegen von Baur nicht zugestanden, sondern als angeblich aufgebürdete Consequenz desavouirt wird, ist kaum der Rede werth, da sich beim Geständniss jenes Leugnungsprincips. und bei sothaner Urkundenauflösung, wofür der Meister mit gewohnter Schärfe nun alle seine Argumente zusammengerafft, so unbedeutende Nebenfragen, wie z. B. die nach dem Sein oder Nichtsein und Gelten eines bisher für urkundenmässig gegoltenen Christenthums von selbst erledigen. Der Vf. ist bemüht, den unumwanden dargelegten Gegensatz der von ihm bestrittenen und der von ihm vertretenen Grundanschauung der Geschichte unter den Gattungsbegriff des Gegensatzes zwischen Katholicismus und Protestantismus zu bringen. Nichts dürfte selbst seinen Gegner hindern ihm darin beizupflichten, wenn dort das Römische, hier das nun nicht mehr auffindbare Evangelische aus der Spannung hinweggelassen und diese aus einer relativen zu einer absoluten gemacht wird; oder wenn man, um doch etwas Positives zu haben, dafür auf der einen Seite Theologie, auf der andern eine der Theologie polarisch gegenüber gedachte nichts Theologisches zulassende deistische Anthropologie setzt. Wir meinen aber, das punctum saliens der wichtigen Principienfragen habe schon vor einem Menschenalter der jüngere Fichte in seiner Vorschule zur Theologie aufgedeckt, wenn er verlangt, die Philosophie müsse das Factum anerkennen, da jeder Versuch derselben, es zu construiren oder aufzulösen, was gleich viel sei, mit ihrer eigenen Auflösung endigen müsse. Was daraus für die Beurtheilung der Tübinger Schule folge, kann sich Jeder selbst sagen, auch wer in der besondern Frage, womit es die andere Hälfte der Vertheidigungsschrift zu thun hat, in der johanneischen (S. 78 ff. und 82-168), die Blössen so halber Gegner jener Schriftrichterschule, wie Weisse und Ewald, meisterlich aufgedeckt findet und diesem offensiven Theile der ganzen Defension die gebührende Siegerkrone nicht versagt. Aber auch des Defensors Blössen bleiben dabei nicht verhüllt. Und wer wollte behaupten, dass hiermit ,, die Stellung der Tüb. Schule zur Gegenwart" erschöpfend dargestellt sei? Dazu fehlt Wir mögen und können ja von Herzen gern eine innerhalb des Kanons beschlossene Entwickelungsgeschichte des Urchristenthums zugeben. Wir können jedem Christen und Nichtchristen

[ocr errors]

noch viel.

[ocr errors]

das Recht, jedem christlichen Theologen und Philosophen die Pflicht zuerkennen, dieser Geschichte nachzugehen und nachzuforschen, ihre Dialektik und ihren Pragmatismus, ihre inneren Gegensätze und deren Factoren, ihre Genesis und ihren Abschluss aufzusuchen und darzulegen. Wir können weit entfernt sein, wie wir es denn wirklich sind, die nach dieser Seite unleugbare Bedeutung und Verdienstlichkeit der eindringenden Geistesarbeit des Vfs. und der viel mehr nach ihm als nach dem zufälligen Ort seines akademischen Lehramtes zu benennenden Schule historischer Kritik in Abrede zu stellen. Wir nehmen im Gegentheil keinen Anstand, Derivationen und Parallelen wie die hier auf S. 72 ff. dargebotenen (des Episkopats aus dem Judenthum, und des monarchischen Universalismus der mittelalterlichen Kirche mit der römischen Welt.beherrschungsidee) zu unterschreiben. Aber daraus und aus allen bisher vorgebrachten, vom Vf. zusammengestellten und mit unerschütterter Beharrlichkeit für schlagend gehaltenen Argumenten folgt noch keineswegs die Richtigkeit der von ihm festgehaltenen Leugnung der drei grossen Thatsachen: 1) dass die Elemente zu dieser gesammten Entwickelung in der schöpferischen und viel-, ja allseitigen, aber in sich einigen Originalität des historischen Christus, Jesu von Nazareth, als Religions- und Kirchenstifters, schon vollständig beschlossen liegen;. 2) dass diese Allseitigkeit, ohne aufhebenden Widerspruch der einen gegen die andere Seite, namentlich des Messiasbegriffes gegen die Logosidee und umgekehrt, erst aus der Zusammenfassung aller vier sich einander ergänzenden Evangelien vollständig erkennbar ist, so jedoch, dass jedes derselben auch alle Momente wesentlicher Verwandtschaft mit den andern, folglich alle Kriterien wesentlich gleichen Ursprungs, und darin das Siegel gleicher historischer Treue an sich trägt; 3) dass für die Entwickelung von Matthäus bis hinan zu den Johannesbriefen und zum Johannes-Evangelium, so viel Raum innerhalb des apostolischen Zeitalters ist, wie in einem und demselben Petrus für seine Entwickelung vom Petrus des Galaterbriefes bis zu dem Standpuncte seiner eigenen Briefe, und in Paulus von dem der Thessalonicherbriefe bis zu dem des Epheser- und Colosser- und Philipperbriefes und seiner Pastoralbriefe, und in Johannes von der Apokalypse (aus einer Zeit, wo er noch nicht einmal ordentlich griechisch konnte, vgl. Al. Buttmann Gramm. des N. T. S. 2) bis zum Evangelium, so dass sogar erst beide letztere Schriften zusammengenommen die beiden Seiten des Abschlusses, die historische und die eschatologisch-dogmatische, darstellen. Man denke an die Entwickelung eines Luther, ja unsers Vfs. und jedes Theologen, jedes Christen. Man erinnere sich an die innerhalb einer und derselben Evangelienschrift vorliegenden Beispiele individueller Fortschritte unter dem Einflusse Christi, obenan und vor allen an das in den Evangelien bezeugte Wachsen Jesu selbst bis zur vollkommenen Maasse seines Mannesalters und zur Möglichkeit seiner Salbung. Man bleibe nicht immer nur bei dem Gleichniss von dem

Senfkorn stehen, man nehme das vom Sauerteige hinzu, und man wird die dritte jener Thatsachen nicht mehr so räthselhaft finden, dass man an der Identität des Vfs. der Apokalypse mit dem des vierten Evangeliums, oder an der des Vfs. des Römerbriefes mit dem des Briefes an die Epheser u. s. w. verzweifeln müsste. Behauptungen aber, wie z. B. dass,,das 4. Evangelium als Werk eines apostolischen Augenzeugen völlig in der Luft schwebe" (S. 82), wird man dann leicht als solche erkennen, die in der Luft ihrer eigenen Voraussetzungen schweben. Sie beweisen nur, dass die Schrift, gleich dem, von dem sie zeugt, für die Weisheit dieser Welt allezeit ein Zeichen bleibt, dem sie von Grund aus widerspricht.

[3053] Joh. Calvin, vom Abendmahl des Herrn. (De coena Domini.) In deutscher Uebersetzung mit erklärenden Anmerkk. von Dr. E. F. L. Matthieu, evang.-ref. Pfr. Pasewalk, Braune. 1858. VIII u. 48 S. gr. 8. (10 Ngr.)

[ocr errors]

Ganz aus denselben Motiven, welche einst die Abfassung dieser Schrift veranlassten, mag man ihr dahin, wo man fern von falscher Fusion des Lutheranismus und Calvinismus die Vereinigung der beiden evangel. Hauptkirchen als etwas Wünschenswerthes und Erreichbares ansieht, in ihrem guten deutschen Idiome Eingang wünschen. Calvin liess sie zur Beruhigung der durch den lichterloh brennenden Streit hochaufgeregten Gemüther im J. 1540 ursprünglich französisch Petit traicté de la saincte Cene de nostre Seigneur Jesus Christ. Auquel est demonstrée la vraye institution profit et vtilité d'icelle. Ensemble la cause pourquoy plusieurs des Modernes semblent en auoir escrit diversement etc. ans Licht treten; bald nachher erschien sie auch in deutscher Uebersetzung, wahrscheinlich durch Justus Jonas, so wie in englischer; die lateinische, durch Nic. Gallasius (Niclas de Gallars), im Jahre 1545 veranstaltet, verbreitete sie besonders unter den Theologen von Profession. Es war dem Calvin ernst- und redlich darum zu thun, eine Einheit in der durch die Sacramentsstreitigkeiten zerrissenen evangel. Kirche wieder anzubahnen und er brachte die in dieser Schrift entwickelten Principien in dem Consensus Tigurinus vom J. 1549 zur Anwendung. Auch Luther sprach sich aufs Anerkennenste über sie aus. Der Uebersetzer lässt dafür im Vorworte (S. VIf.) die nachstehende, Chr. Pezels ausführlicher Erzählung vom Sacramentsstreite (Neust. 1600. S. 137 f.) entlehnte artige Mittheilung sprechen:

,,Soferne Calvins Buch von Galasio lateinisch gemacht und nach Wittenberg gebracht worden, da ist Montags nach Quasimodogeniti Dr. Luther nach gehaltener Lection über Genesin für des Buchführers Moritz Goltschen Buchladen gangen, hat den Buchführer, weil der von der Fastenmess erst heim kommen, willkommen geheissen und mit diesen Worten ferner angesprochen: Moritz, was sagen sie gutes Neues zu Franckfurt? Wollen sie den Ertzketzer Luther schier verbrennen? Darauf Moritz Goltsch diese 'Antwort gegeben: Davon höre ich nichts, ehrwürdiger Herr! Ein Büchlein aber habe ich mit herein gebracht, welches

Joh. Calvinus vom Abendmahl des Herrn hiebevorn französisch geschrieben, itzo aber aufs neue lateinisch ausgangen ist. Sie reden draussen von Calvino, dass er zwar ein junger, doch ein frommer und gelehrter Mann sein soll. In solchem Büchlein soll derselbe Calvinus anzeigen, worein Euer Ehrwürden, worein auch Zwinglius und Oecolampadius im Streit vom h. Abendmahl sollen zu weit gangen sein. Da solches Moritz Goltsch nicht recht ausgeredet, hat Dr. Luther alsobald geantwortet: Lieber, gebet mir das Büchlein her. Darauf ihm der Buchführer ein Exemplar in octavo in Riemen gefasst gegeben, welches Dr. Luther in die Hände genommen, sich niedergesetzet und die ersten drei Blätter nach dem Titel gelesen, nachmals die letzten fünftehalb am Ende zu lesen angefangen, die er mit sonderlichem Fleiss durchlesen und endlich also gesaget:,,Moritz! Es ist gewiss ein gelehrter und frommer Mann, dem hätte ich anfänglich wohl dörffen die ganze Sache von diesem Streite heimstellen. Ich bekenne meinen Theil; wenn das Gegentheil dergleichen gethan hätte, weren wir balde anfangs vertragen worden; denn so Oecolampadius und Zwinglius sich zum ersten also erklärt hetten, weren wir nimmer in so weitläufftige Disputation gerathen."

So möge denn Luther es mitbewirken helfen, dass dieses Büchlein, durch die zahlreichen erläuternden Anmerkungen des Uebersetzers noch verständlicher gemacht, eine reiche Leserschaft gewinne.

[3054] Das Gnadenmittel des göttlichen Wortes. Eine Beglückwünschungsschrift zum 50jähr. Amtsjubiläum am 13. Mai 1859 des Herrn Dr. Fr. Strauss, Wirkl. Ober-Consistorialraths, Ober-Hof- u. Dompredigers, ord. Prof. d. Theol., Ritters u. s. w. von dem geistl. Dom-Ministerium zu Berlin. Berlin, (Wiegand u. Grieben.) 1859. IV u. 24 S. gr. 8. (n. 4 Ngr.)

Eine geistvolle Beleuchtung des Titelgegenstandes, ohne Zweifel des angemessensten zu der festlichen Gelegenheit, die sie hervorgerufen, nach seinen tieferen Gründen, seiner Stellung im Ganzen des göttlichen Heilsplans u. s. w., ächt theologisch, wissenschaftlich, im Geist der evangelischen Kirche gehalten, nur in der Sprache zuweilen etwas schwerfällig und hochgegeben, mit dem folgerichtigen Endresultate, dass die evang. Kirche weder blos die des Worts, noch des Sacraments, sondern beider in organischer Aufeinanderbeziehung sei. Der Vf. hat sich nicht genannt. Die Dedication ist unterzeichnet von,,Dr. Snethlage, Dr. Hoffmann, von Hengstenberg." Möge dem ehrw. Jubilar, in den weitesten Kreisen als sinniger geistlicher Dichter der „, Glockentöne" bekannt, dies Abendläuten den vollen Frieden deuten, für den er im Wechsel der Tage eines der bewegtesten und inhaltschwersten Semisäcula hindurch so treu und segensreich gewirkt, mit dem Gnadenmittel des göttlichen Wortes!

[3055] Sendschreiben an Herrn Dr. Chr. Palmer zu Tübingen, seine evangelische Homiletik vierter Auflage u. besonders seine Maximen bei Anordnung des biblischen Predigtstoffes betreffend, ein Wort.gegen falsche Dispositionsmanier von Fr. Ernst Ziegler, Pfarrer zu Kleinzschocher und Grossmiltitz (bei Leipzig), Leipzig, (Teubner.) 1858. 61 S. gr. 8. (n. 10 Ngr.)

Der Streit ist um Logik und Topik in den homiletischen Capiteln de inventione und de dispositione. Der Vf. vertheidigt ein

gehend seine umfängliche Schrift:,,Das Fundamentum dividendi" etc. (Dresden, Adler u. Dietze. 1851) gegen eine achtzeilige Be-. merkung darüber in Palmer's Homiletik S. 373, und die Grundsätze der ersteren gegen die Grundsätze, beziehungsweise gegen die Grundsatzlosigkeit der letzteren in der angegebenen Hinsicht. In der Hauptsache erklärt sich der Vf. zwar S. 29 mit P. einverstanden, gesteht auch S. 48 die,, Unmöglichkeit," ein oberstes materielles Princip aufzustellen, dem alle denkbaren Fundamenta dividendi sich unterordnen liessen, und verweist deshalb auf das S. 431 seiner Schrift aufgestellte formale Princip. Indess findet er bei näherer Beleuchtung S. 30 ff., dass, obgleich die Palmersche Theorie über Proposition und Disposition dem wahren Sachverhalt nahe komme, doch das Meiste darin der Klärung und Sichtung und einer sorgfältigeren Berücksichtigung der formalen Seite der Predigt bedürfe; ferner, dass die von P. angeführten Beispiele von Predigtentwürfen den Anforderungen der Logik in vielen Fällen nicht entsprechen; ja dass P. irriger Weise die Schrift des Vfs. über das Fundamentum dividendi mit der alten Topik, welche P. bald abweise, bald wieder zur Geltung bringe, zusammengeworfen habe. So recapitulirt der Vf. auf S. 57 f. die Resultate seiner Detailausführung. Ref. erlaubt sich nur wenige Bemerkungen. Das Sendschreiben ist allen denen zu empfehlen, welche mit dem Geist und Hauptinhalt der grösseren Schrift des Vfs. unbekannt sind, macht diese aber nicht entbehrlich für diejenigen, welche ein näheres Interesse an der Sache haben, und das sind eigentlich alle praktische Theologen und Prediger, die aus Achtung vor Gottes Wort und der Gemeinde, wie aus Rücksicht auf die Pflicht richtiger und zweckmässiger Auslegung und Anwendung des ersteren bei seiner Weitergabe und Austheilung an letztere, sich in ihrem Gewissen gedrungen fühlen, bei der Anordnung des Predigtstoffes die Denkgesetze nicht ausser Acht zu lassen, sondern der von ihnen untrennbaren Zucht des Geistes sich vor allem selbst zu unterwerfen, bevor und damit sie diese Zucht desto sicherer mittelst einer weisen doorouía roũ λójov an ihren Zuhörern über und nicht ins Gelage hineinredend eitel Luftstreiche thun. Ihnen wird es erwünscht sein, zu erfahren, dass die Verlagshandlung den Ladenpreis der grösseren Schrift herabgesetzt hat (auf 1 Thlr. 10 Ngr.). Andererseits werden die Besitzer derselben sie durch das Sendschreiben in mehreren Puncten erläutert und ergänzt finden; so namentlich durch die von der Fickerschen Recension veranlasste Erklärung S. 36 f. über,,biblische Logik," und durch die Kritik, einer ziemlichen Anzahl von Palmer angeführter Beispiele oder ihrer Classification bei Palmer. Hierin, sowie in der Berichtigung mehrerer technischer Begriffe (z. B. S. 31 f. darüber, was unter synthetischer, analytischer und synthetisch-analytischer Anordnung des Stoffs zu verstehen sei) wird man dem Vf. gegen P. nicht minder Recht geben müssen, als in dem Nachweis, dass eine Knechtung der Predigt oder gar des Textes unter fremdartige

« VorigeDoorgaan »