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Daumer in seinen historischen Forschungen über das Geisterhafte berichtet von musikalischen Manifestationen Sterbender und Gestorbener, weist nach, wie Trauer und Sehnsucht der Lebenden auf die Todten wirken, wie geisterhafte Wesen nach Erlösung" verlangen und wie das Mitgefühl der Lebenden dabei von Einfluß sei; er spricht von geheimnißvollen Rückwirkungen des Gemordeten auf den Mörder, sowie von Geisterzorn und Geisterrache (Bd. II). All dieß beweist das thatsächliche Vorhandensein eines Rapportes der Menschen mit dem Geisterreich, sowie die Existenz des letteren 1).

Obgleich nun das objektive Historische in dieser Sache dem Zweifel nur einen geringen Spielraum läßt und andererseits ein ungeheures Material bietet, so finden sich dennoch in Bezug auf den Glauben an Geistererscheinungen verschiedene Partheien. Die Einen halten deßhalb, weil in diesem Gebiete der Geistererscheinungen Täuschungen unterlaufen können und vorgekommen sind, Alles für Täuschung; diesen gegenüber ist leicht nachzuweisen, daß es unter tausend Täuschungen doch noch wahre Erscheinungen gebe, welche dann das wirkliche Vorhandensein von derlei Erscheinungen constatiren. Die Anderen prinzipiell schon alles Geistige in dieser Welt läugnend (Materialismus) erklären Alles natürlich und läugnen ohne weiters die Geisterwelt; zu dieser gesellen sich die Atheisten, denen der Glaube an Fortdauer, wie er aus der Eristenz eines Geisterreiches d. h. aus dem Dasein von leiblosen Menschengeistern bewiesen werden kann, unbequem erscheint; ihnen ist all dieß purer Aberglaube. Diese Klasse von Leuten stehen aber nicht auf wissenschaftlichem Standpunkt und ihre Voraussetzung ist schon früher (siehe Materialismus) widerlegt worden. Wieder Andere verfallen in das andere Extrem, sie glauben zuviel, indem sie alles Unerklärbare für übernatürlich halten; das ist dann Schwärmerei, die oft traurige Folgen hatte, wie uns besonders das Heidenthum beweist. Wenn nun auch dem Geisterglauben manches Irrthümliche ankleben mag, daß alle Völker an Geister glaubten, kann durchaus nicht geläugnet werden.

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Daumer I. 104 anführt, weil es beweist, daß die ganze organische Natur mit Jdeen, geistigen Formen erfüllt ist, welche sich in den körperlichen Gestalten der Pflanzen und Thiere ausprägen, aber nicht an sie gebunden sind, sondern auch eigenes, freies Wesen und Sein behaupten, und weil sich hieraus, wie es Borellus, Kircher, Gaffarelli, Webster, Dettinger, Ennemoser 2c. gethan haben, ein Schluß auf Unsterblichkeit und Auferstehung machen läßt. Herr Du Chéne, ein berühmter Chemiker, erzählt: ein Arzt in Krakau bewahre Gewächse und Blumen aller Art in Destillir-Gläsern auf; wenn Jemand eine Rose oder andere Blume sehen wolle, so halte er das Glas über ein Licht; da steige zunächst ein dunkles Wölkchen auf und dann nach einigen Bewegungen erscheine die Blume so schön und frisch, als wenn sie am Stocke stände. Dettinger fieht aus zerhackten, gedürrten Melissen in einer Retorte mit Wasser, welches heiß gemacht worden, das gelbe Del der Melissen entstehen oben auf dem Wasser in Form der Melissenblätter so schön, daß alle Linien der Blätter aufs deutlichste wahrzunehmen sind. 1) Der Verfasser führt auch die spuck- und geisterhaften Dinge an, die sich um und bei Göthe bemerklich gemacht haben sollen (II. p. 30). — Auch von Spuckhäusern und sogar von einem „Theater der Geisterwelt" ist die Rede. Hicher gehört auch die

Es gehört ja, sagt Perty'), zum Wesen der menschlichen Natur als ein Hauptmoment, an unsichtbare Gewalten zu glauben, die in das menschliche Schicksal wie in das Leben der Körperwelt eingreifen, das Gemüth theils mit Furcht und Schrecken, theils mit Liebe und Bewunderung erfüllen, und welche der Mensch zu versöhnen, zu gewinnen, zu verehren sich gedrungen fühlt.

Cap. II.

§. 1. Das Menschenleben.

Die Pforten des Lebens schlagen auseinander und aus dem Dunkel, das still und heimlich hinter ihnen liegt, heben unsichtbare Geisterarme das schlafende Kind herauf und legen sanft es in den Eingang nieder. Da küßt der erste Sonnenstrahl das Antlig des Neugebornen und lächelnd grüßt die Welt den jungen Ankömmling; aber durch die enge Pforte flattern freundliche Genien herbei; die Mutterliebe hat aus den Tiefen der Ewigkeit beschwörend sie hervorgerufen und in schöner Geschäftigkeit regen sie sich um des holden Säuglings Wiege, jegliche Gefahr wehren sie von ihm und weben zarte Träume, in die sie Vergangenheit und Zukunft, die Ansichten des Lebens, seine Poesie und seine Anschauungen wie weiche Rosenknospen flechten, und wehen den Kranz, in milde harmonische Laute aufgelöst, dem jugendlichen Gemüthe zu, daß sein Entzücken sich in dem sanften Lächeln malt, das auf des Säuglings Wangen spielt und um seine Lippen schwebend ihn verklärt. Durch das ganze frohe Kindesalter flattern die freundlichen Gespielen dem zarten Wesen liebkosend zur Seite; in kindischem Geschwätz erklären sie ihm die stummverschwiegenen Hieroglyphen des Lebens, die Bildersprache, in der die Natur mit ihm sich unterhält; alle kleine Kinderfreuden laden sie zusammen und lassen sie um den Liebling gaukeln, alle glimmenden Gefühle fachen sie in seiner jugendlichen Seele an, alle schlummernden Empfindungen wecken sie mit sanften Worten auf, und wann sie dann erwachen, sehen sie sich von einer phantastischen Zauberwelt umfangen, überall nicken ihnen liebliche Blumen freundlich zu und aus den Blumen strecken überall dem Kinde kleine Engelgestalten einladend die Arme hin und wollen es umarmen, und Alles glüht, brennend in schönen hellen Farben mit Gold besäumt, von reißenden Tönen durchklungen. Aber da, wo sich die Zeiten scheiden, wo das Kind zum Jüngling wird, da müssen auch die lieben Jugendgefährten scheiden; weinend klammern sie sich an den Liebling fest, der sie nicht lassen will, sie gehen und kehren wieder; aber der Vater, in ihm

Schrift von Just. Kerner „eine Erscheinung aus dem Nachtgebiete der Natur ". Stuttg. 1836.

1) Anthropolog. Vorträge p. 173.

die Wahrheit, winkt streng und fest und sie müssen trauernd von einander lassen und die Himmlischen wieder zurück zur Heimath kehren. Eine zweite Schaar ernsterer Genien gesellt sich dem Verlassenen, Einsamen zu, über Höhen führt der Pfad, aus der Dämmerung der Gefühle in den lichten Aether der Erkenntniß hinauf, in die Fernen des Alls dringt der Blick unaufgehalten vor; die Unermeßlichkeit schlägt ihren Sternenmantel auseinander, entlegene Welten thauen in Lichttropfen hernieder auf das Auge und die Tiefen des Geistes durchbligen andere höhere Sonnen, entlegene geistige Welten dämmern dort in matten Lichtnebeln trüb und dunkel auf, und unten um den Fuß der Alpe liegt das Leben ausgebreitet und in seinen, Schooß führt hinab der Weg; da weckt der Ruhm, da ringt die Kraft, da tost der Krieg, die Stärke herrscht, die Energie gebietet, hinunter zieht's den Jüngling in den Sturm. Aber noch blickt er sehnend nach dem fernen Morgenland zurück, da sieht er die lieben Gespielen seiner Jugend die Monumente der Vergangenheit umschweben; unter den Blumen sind sie zurückgeblieben, die freundlichen Flügelkinder, am Himmel stehen wie goldene Wölkchen die zarten Träume, die sie webten und schwermüthig bewegt horcht er den verklungenen Lauten, die wie ferne Echos von dort her zu ihm herübertönen. Und die geflügelten Kinder stehen von ferne und reichen winkend die Arme zu ihm hinüber und schweben flatternd näher und die Echos werden kürzer; da fällt blizend eine Flamme vom inneren Himmel hinunter und schlägt in den äußeren hinein und verwandelt ist die Umgebung; die Blumen des Frühlings schließen sich von Neuem auf und duften stärker, die ernsten Genien spielen die Spiele der Jugend und die Genien der Jugend tändeln ernsthaft geschäftig mit Maßstab und Cirkel, und der lieblichste, der freundlichste umarmt zart umfangen den trunkenen Jüngling in der Gestalt der Geliebten, und wie sie sich umfassen, ist die Vergangenheit mit der Gegenwart eins geworden und die Wahrheit mit der Schönheit, und die Anmuth mit der Kraft in Liebe. Und gemeinschaftlich steigen die Verbundenen nun hinab in's wilde Leben und kämpfen seine Kämpfe mit und ringen mit nach dem großen Ziele, das der Menschheit aufgegeben ist, und bewegen sich um das ferne Ideal; aber in dem kleinen Kreise, in dem sie sich um sich selbst bewegen, ist nicht Hader, Zwist und Krieg: ein neues, frisches Leben sproßt freudig in ihm auf und die Unschuld fesselt in ihrem Schooße das Losungswort des Krieges und aller Zwiespalt ruht, so lange sie das Wort bewahrt 1). Das ist Menschenleben.

Von einem anderen Gesichtspunkt aus betrachtet Mises (Fechner) das Leben, indem er sagt: Der Mensch lebt auf der Erde nicht Einmal, sondern Dreimal! Seine erste Lebensstufe ist ein steter Schlaf, der zweite eine Abwechslung zwischen Schlaf und Wachen, die dritte ein ewiges Wachen. Auf der ersten Stufe ist des Menschen Leib Theil eines andern Menschen

1) Görres J., Glauben und Wissen p. 7 ff.

leibes, auf der zweiten hat er seinen Leib für sich und hat keinen Theil an andern Leibern, auf der dritten sind anderer Menschen Leiber Theile seines eigenen Leibes. Auf der ersten Stufe lebt er einsam im Dunkel, auf der zweiten lebt er gesellig aber gesondert neben und zwischen andern in einem Lichte, das ihm die Oberfläche abspiegelt, auf der dritten verflicht er sich mit andern Geistern zu neuen Geistern und durchschaut das Wesen der endlichen Dinge. Auf der ersten Stufe entwickelt sich der Körper aus dem Keime und erschafft sich seine Werkzeuge für die zweite, auf der zweiten entwickelt sich der Geist aus dem Keime und erschafft sich seine Werkzeuge für die dritte; auf der dritten entwickelt sich der göttliche Keim, der in jedes Menschen Geist liegt und schon hier in ein für uns dunkles, für den Geist der dritten Stufe tage shelles Jenseits durch Ahnung, Glaube, Gefühl und Instinkt des Genius über den Menschen hinausweist. Der Uebergang von der ersten zur zweiten Lebensstufe heißt Geburt, der Uebergang von der zweiten zur dritten heißt Tod'). Die Eristenz des Menschen von seiner Geburt bis zu seinem Tode ist aber als eine Wanderung zu betrachten. Sichtbar eilt die Natur mit uns durch dieses Leben soviel sie kann, bemerkt Baader. Freilich bestreut sie nach ihrer mütterlichen Art alle unsere Lebenspfade mit Blumen, aber diese, sobald wieder verwelkend, sollten uns selbst immerdar in der nüchternen Besinnung erhalten, daß wir hienieden nirgend zu Hause und daheim sind, und wehe dem Träumer, der diese Besinnung verliert, und dieses Pilgerleben für seine wahre Heimath nimmt 2). Er gleicht dem Reisenden, der sich im Wirthshaus betrinkt, all' seinen Reiseproviant dort aufzehrt, und sich hiedurch in die schreckliche Lage versett, auf seiner weiten Reise Hunger sterben zu müssen (Tagb. 110).

§. 2. Sinnbilder des Todes und der Unsterblichkeit.

Was die Vorstellung vom Tode betrifft, so ist, wenn anders diese Deutung Giltigkeit hat, eine der großartigsten die Odyssee des Homer: Odysseus, der Mann, welcher auf der Rückkehr in sein Vaterland auf dem Meere irrend umherfährt, ist die im Kreislauf des Lebens umhergetriebene Seele; die Jrrsale, die Gefahren, die er besteht, sind die Lockungen und Verführungen der Sinnenwelt, das Vaterland, das er sucht, ist der ursprüngliche rein geistige Zustand der Seele, aus welchem sie erst in diese Welt der Sinne und des leiblichen Seins herabgekommen sind und von welchem ihnen als Bürgschaft und Unterpfand der einstigen Rückkehr eine mehr oder

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1) Büchlein vom Leben nach dem Tode. Dresden 1836 p. 1 ff. 2) Dieß sollte uns um so weniger begegnen, als „das Loos der Welt und der Menschheit, wie Schelling (II. 1. 486) bemerkt, von Natur ein tragisches, und Alles, was im Laufe der Welt Tragisches sich ereignet, nur Variation des Einen großen Thema's ist, das sich fortwährend erneuert.“

minder getrübte Idee ihrer höheren Abkunft und Natur innewohnt, deren Bewußtsein aber die in der Jrrfahrt des Lebens ringende und gequälte Seele mit stetem Unmuth und Leid erfüllt. Daher ist er selbst der irrende Dulder, ein Odysseus, ein Mann des Unmuthes und der Klage, wie schon die Alten zum Theil seinen Namen gedeutet haben 1). Auch der lezte Zug, mit dem diese Dichtung so schön schließt (Odys. XIII. 187): Der schlafend in sein Vaterland gebrachte und es beim Erwachen nicht erkennende Odysseus paßt vollkommen gut zu dieser höheren Ansicht 2). Eigentliche Symbole des Todes und der Unsterblichkeit sind folgende:

Der Burba u m.

Als immergrünende Pflanze ist derselbe Symbol des Lebens und der Freude. Der Prophet Isaias nennt (41, 19) unter anderen schönen Bäumen und Gesträuchen, von denen der Herr sagt, daß er sie in der Wüste wolle wachsen lassen, auch den Bux. Der Bur ist aber auch Symbol des neuen Lebens im Tode, daher in einigen Gegenden der Gebrauch, die Leichen der Kinder und unverheiratheter junger Leute, sowie ihre Särge und die Grabeskreuze mit Sträußen und Kränzen von Bur zu zieren 3).

Die Biene.

Der Aegypter läßt die Biene aus dem Leibe eines verwesenden Stieres hervorgehen (cf. Virg. Georg. IV. 284), woher sie von dem Elegifer Philetas die „Stiergeborne" genannt wird). Berücksichtigen wir außerdem, daß die Bienen von ihrem geordneten Staate sich zwar entfernen, aber doch immer wieder auch aus der weitesten Ferne nach ihrem Staate zurückkehren, so erklärt sich's, warum sie Sinnbild derjenigen Seelen wurden, welche zwar, wie die Alten lehrten, aus der Götterwohnung in die Welt der Geburten herabstiegen, aber eingedenk ihrer ursprünglichen Heimath hienieden ein heiliges gerechtes Leben führen und zur baldigen Rückkehr in die höheren Sphären sich bereit halten, und darum uɛhiooni (Bienen) genannt 5). So findet sich in der aus einem verwesenden Körper hervorgehenden Biene das Sinnbild der Unsterblichkeit °).

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1) cf. Creußer, Briefe über Homer p. 220. 2) Schon den Alten fiel dieser Schlaf des Odysseus auf, und Aristoteles hatte wohl bei seinem Urtheil über die Odyssee (Poet. p. 25), meint Baur (I. 50 Symb.), auch diese Stelle vor Augen. Die Scholiasten hingegen, am Buchstaben hängen bleibend, reden von „Schlafsucht“ des Odysseus. 3) Friedrich, Symb. und Mythol. der Natur p. 238. Unter die Kräuter, welche sich auf den Tod beziehen, ohne gerade Symbol des Todes zu sein, gehört das todtbringende und todtabwendende sogenannte Christophkraut, cf. Friedrich, Symb. p. 262. 4) Fragm. bei Antigonus Charystius cap. 23. Philetae Coi fragmenta ed. Kayser p. 63. Archelaus nennt in einem Epigramme die Bienen „geflügelte Kinder des verfaulten Ochsen." 5) Creuzer, Symbol. II. p. 586. IV. 351. 6) Daß zu diesem Bilde gerade der Stier gewählt wurde, scheint darin gegründet, daß beide, Stier und Biene, bei den Alten königliche Symbole waren (Friedrich p. 633). Aehnlich wie mit den aus dem verfaulten Stier entsproffenen Bienen, die ein Sinnbild der Unsterb

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