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meisten deutschen Philosophen bieten jetzt, wie die griechischen des Alterthums und die französischen und englischen der neueren Zeit, keine andere Schwierigkeit für das Verständniß als die in der Sache selbst liegt aber, fügen wir hinzu, sie werden eben wenig gelesen.

Daß ferner die neuere deutsche Philosophie theilweise dem Christenthume widerspricht, läßt sich nicht in Abrede stellen, allein die Irrthumsfähigkeit liegt im Wesen der menschlichen Wissenschaft, und somit auch der Philosophie. Es verriethe Mangel an Sachkenntniß, etwa von einer christlichen Philosophie" zu reden und von ihr etwas Besseres zu erwarten. Christliche Philosophie — kann nur den Sinn haben, daß eine Philosophie, die natürliche Philosophie, nichts enthalte, was der geoffenbarten, der christlichen Wahrheit entgegen sei, ja Vieles enthalte, was die christliche Wahrheit bestätige, an und für sich ist die Philosophie irrthumsfähig. In gewissem Sinne ist die Bezeichnung: christliche Philosophie, eine Absurdidät; wenn nämlich unter Philosophie die natürliche Erkenntniß zum Unterschied von der Theologie als übernatürliche Wissenschaft im strengen Sinne genommen wird, so bezeichnet „christliche Philosophie“ ein natürliches Uebernatürliches, i. e. ein absurdum '). Eine christliche Philosophie als Wissenschaft in diesem Sinn eristirt nicht 2).

Was nun die Unsterblichkeitsfrage betrifft, so müssen wir eine phil o

-') Plaßmann Schule des hl. Thomas I. p. 131. "Christlich" fann in einem doppelten Sinn verstanden werden: christlich ist entweder ein quoad substantiam Christliches oder quoad modum Christliches; das Erstere ist das eigentlich Chriftliche, ein supernaturale in sensu strictissimo; das Andere ist nur quoad modum ein Christ= liches, während es quoad substantiam ein naturale est. Es können uns nämlich auch die natürlichen Wahrheiten, die der natürlichen Vernunft erreichbar sind, geoffenbart werden, nämlich wie Thomas sagt, ad melius et facilius. Sum. e. Gent. l. 1. c. 4.

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2) Jedoch sagt Dischinger z. B. von Günther (in fr. desbezügl. Schr. Vorr. V): „Der Zeitphilosophie gegenüber, welche sich offen zum Pantheismus bekennt, will die Günther'sche eine theistisch-religiöse und christliche sein.“ - Den christlichen Standpunkt bezeichnet van der Linde („Spinoza u. s. Lehre“ XXX), wenn er sagt: „Die Lösung aller Probleme, auch der höchsten Probleme der Philosophie liegt für uns im Christenthume, weil wir in ihm nur die Antwort finden auf die Näthsel unserer Eristenz, und weil alles Sinnen und Forschen in seiner wahren Bedeutung immer das einfache tiefe Bekenntniß des berühmten Kirchenvaters ist? Inquietum est cor nostrum donec requiescat in Te." Von der ethischen Richtung der christl. Philosophie schreibt hinwiederum Baader (Hoffmann, Weltalt. p. 223): „Die religiöse Philosophie geht zuerst dahin, den Menschen zu lehren, wie der verdorbene Baum wieder gut zu machen ist, und alle Werke, die sie fordert, haben nur diesen Zweck, wogegen die irreligiöse Philosophie von dem verdorbenen Baume verlangt, daß er selber sofort gute Früchte hervorbringe, und, wie Kant erklärt, daß ihm auch nicht zu helfen sei, wenn er fie nicht selbst hervorbringe." So könnten wir von dieser Philosophie eine sittlichgeistige Welterneuerung erwarten, und Baader's geistreicher Ausspruch (ibid. p. 23) fände seine Stelle: „Die Philosophie ist nicht, wie Hegel will, die Eule der Minerva, die ihren Flug mit dem Einbruch der Dämmerung beginnt, sondern sie leuchtet stets dem Aufgange des neuen Welttages vorauf."

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sophische Lösung derselben anstreben ohne dabei mit dem Christenthume in Conflikt zu kommen, d. h. wir müssen einen positiven Standpunkt einnehmen. Denn nur tiefe Unerfahrenheit könnte sich einbilden, bemerkt Schelling bezüglich der Unsterblichkeitsfrage, daß die Welt bereit sei, jedes Resultat, das man ihr als Ergebniß gründlicher und strenger Wissenschaft versichert und darstellt, jedes Resultat ohne Unterschied sich auflegen zu lassen (II. 4. 363). Wohl wissen wir, daß der Geist der Verneinung auf jene Frage mehr als Eine Antwort längst gegeben hat, aber je entschiedener die Verneinung war, desto mehr erwachte das Bedürfniß und das Verlangen nach einer anderen und zwar positiven Behandlung der Frage. Indeß auch eine solche Behandlung, wenn sie keine wahrhaft wissenschaftliche ist, kann wenig fruchten und am allerwenigsten ist mit bloßen Flügen der Einbildungskraft oder mit gewissem leichtherzigen Reden von Unsterblichkeit der Seele, bei dem sich Schriftsteller und Publikum gleichsehr zu gefallen scheinen, etwas gewonnen" (I. 9. 7). Es kann übrigens eine Behandlung unserer Frage als wissenschaftliche erscheinen, und dabei doch unfruchtbar bleiben für die Menschheit, indem sie einen Standpunkt einnimmt, den, wenn wir uns so ausdrücken dürfen, nicht Alle, ja nur Wenige, erschwindeln können. Aus den vielen Schriften solcher Art wählen wir beispielshalber die von M. A. Sunderhoff „Die Unsterblichkeit vom Standpunkt der Natur" 1853. Diese Schrift schließt mit den Worten: „So halte denn immerdar uns aufrecht, so schließe mit linderndem Balsam die schweren Wunden unseres Herzens, so lächle uns fort und fort, ein milder, freundlicher, tröstender Engel, so stärke uns immerdar zu kühner, muthiger, rüstiger Edelthat; so lasse dem dornenvollen, klippenreichen Pfade, den wir wandeln, die schönsten, lieblichsten und duftendsten Blumen immerdar entsprießen, so erscheine dereinst, wenn sich dies Auge im Tode verdunkelt uns den umflorten Blick mit Himmelsglanz erhellend als der lieblichste und — geliebteste Engel: Der Unsterblichkeit große Hoffnung!" Das ist wohl nach Schelling's Ausdruck, „leichtherziges Reden, bei dem sich Schriftsteller und Publikum gleichsehr gefallen," dessen inneren Werth man aber nicht entziffern kann, wenn man bedenkt, daß derselbe Autor den Menschen als „Theil des einheitvollen Weltganzen betrachtet, in sich und durch sich selbst darstellend die ewige Gottheit;" wenn er das Weltganze als einheitvolles so auffaßt, daß alles Ursprüngliche, der große Zusammenhang der gewordenen Dinge, durch eine innere Nothwendigkeit aus sich selbst hervorgegangen sei und durch sich selbst bestehe, ein Theorem, das ich als nur für große und edle Geister (1) als sittlich gefahrlos erklären kann." Große Geister zeichnet unser Verfasser mit fühnem Griffel also: „Ein solcher Geist findet in sich selbst den ruhigen Mittelpunkt seines Lebens und Handelns; sich selber sein eigenes Gesetz, erfüllt er immerfort die große sittliche Gesetzmäßigkeit, welche dem Menschen vorgezeichnet ist, durch sich selbst darstellend die ewige Gottheit, vermag er sich zur Höhe ächt menschlicher Tugend zu erheben, und wird den Weg, den er geht, durch schwarzes nächtliches Dunkel ihm ganz verhüllt,

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und thürmen sich gleich Bergen Hindernisse vor ihm auf, die zu übersteigen, auch dem kraft- und muthvollsten Willen nicht gelingt, so hüllt er sich ruhig in seine Tugend ein, blickt mit einem großen Blicke des Gleichmuthes auf das Treiben um ihn her herab und lebt ruhig fort in der Erinnerung an sein reines Wollen und sein thatenvolles Wirken mit gefaßter Seele günsti gere Zeiten und Umstände erwartend.... Nach bloß formellen und ma teriellen Rücksichten erkühnen sich pygmäenartige Geister, das große reiche Leben, die mächtigen, gewaltigen, aber in sich urreinen Entwicklungen desselben zu messen; ihre Schneiderelle legen sie an an den mächtigen Geist -das große, reine, reiche Herz, den kühn und majestätisch dahinrollenden bis auf seinen reinen Grund krystallhellen Lebensstrom; in ihr Förmchen, welches nicht einmal für Zwerge, geschweige denn für Riesen paßt, möchten sie die stolze freie Form eines großen Lebens pressen. Die Armen! sie führen durch das Alles den bündigsten Beweis, daß in ihre verdüsterte Seele noch kein warmer Lichtstrahl der ewigen Vernunft, die in Gott ist, gefallen, daß ihre starren, kalten, verschrumpften, vereisten Herzen noch kein warmer Lebensschlag der lebensvollen, lebensreichen Natur getroffen hat, daß sie in Bezug auf Geist, Gemüth und ächte, menschliche Sittlichkeit (!) noch in dem glücklichen Alter unmündiger Kindheit sich befinden" (p. 9. ff.). Wir überlassen den Verfasser seinem pantheistischen Traume und wundern uns nicht, daß soviel Unbegreifliches in demselben ist. Wir können uns nämlich nicht klar machen, wie der stoische Hochmuth,,ächte menschliche Sittlichkeit“ sein soll, wie der die Gottheit in und durch sich selbst darstellende Mensch seufzend schmachten kann nach — „dem geliebtesten Engel: der Unsterblichkeit großer Hoffnung ?" wie zuerst vom „Ursprünglichen, das mit innerer Nothwendigkeit aus sich selbst hervorgegangen ist" die Rede sein kann, und dann von einer freien stolzen Form eines großen Lebens" wie sich mit einer solchen pantheistischen Auffassung die menschliche Freiheit, die Voraussehung der persönlichen Fortdauer und letztere selbst vereinigen lasse? Wir finden es sonderbar, daß es Weltanschauungen geben sollte, die nur für große Geister sittlich gefahrlos" wären, während doch die Wahrheit, wenn sie zum vollen Bewußtsein wird, Niemand schadet. Solche Theorieen blieben also unfruchtbar für die Menschheit, in deren Interesse es doch läge, sie zu kennen und praktisch zu verwerthen, wenn es möglich ist. Ein wahrer Pantheismus dagegen führt eine andere Sprache, diesen vertritt Walther in seiner Schrift Geburt, Dasein und Tod" 1808, wenn er sagt: Das, von dem man eigentlich nicht sagen kann, daß es da ist, und was eben auch mit der Geburt nicht entsteht, mit dem Tode nicht vergeht, ist die ewige Einigung des Allgemeinen und Besonderen, die lebendige Idee, das Leben, das durchbricht in der Erscheinung, wovon das zum Dasein gelangte Einzelne die wundervolle Offenbarung ist. Es gibt wahrhaft und an sich keine Geburt und keinen Tod denn die durch das daseiende Einzelne durchscheinende Idee ist ja ewig, und es wird nur das durch die Relation der Wesenheiten zu einander entstehende verzerrte Bild

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geboren, durch welches diese eine Idee für die Erscheinung durchblickt; dieses, was durch Geburt zum Dasein gelangt, ist aber nichts, da es bloß in und durch Relation besteht, wie kann es also wohl vergehn, wenn es nie wahrhaft gewesen, wie kann es sterben, wenn es nie lebte?" (p. 6)1). — Das nennt man philosophische Lösung" der Unsterblichkeitsfrage! Etwas verschämter, nicht so direkt „lösen“ die Frage alle diejenigen, welche eine gänzliche Unfähigkeit der menschlichen Vernunft zur Erkenntniß der übersinnlichen Dinge lehren, wie z. B. Kant und Herbart, indem sie vorgeben, daß der Mensch durch Erkenntniß seiner Erkenntnißunfähigkeit am sichersten zum Glauben an das Ucbersinnliche, an Gott als absolute Persönlichkeit, an die göttliche Weltregierung und an die Unsterblichkeit der menschlichen Seele geleitet werde. Diese Lehre aber, bemerkt Fr. Hoffmann (Theism. u. Panth's p. 13), führt zur Forderung, daß der Mensch glauben soll, was er doch nach dem, was er als gewisses Wissen aufstellen zu können meint, für unmöglich, weil für widersprechend und absurd halten muß. Einen Schritt weiter gehen diejenigen, welche geneigt sind, geradezu zu fordern, daß die Philosophie nicht mit dem Christenthume übereinstimme, wenn sie als solche gelten soll und es erscheint ihnen diese Nichtübereinstimmung schon als Kriterium ächten philosophischen Geistes und Strebens. Anderen steht es fest, daß eine ächte Philosophie von vorneherein dem gesunden klaren und gebildeten Menschenbewußtsein in's Angesicht schlagen, daß ihre Methode eine Art Schwindelei und ihr Resultat etwas recht Appartes und Ungeheuerliches sein müsse (cf. Frohschammer hierüber Athen I. 22). Was dabei für die Unsterblichkeit herauskommt, läßt sich denken.

Aus allem zulet Angeführten erhellt nun, daß der Glaube an und die Ueberzeugung von der Unsterblichkeit sehr durch die philosophische oder wissenschaftliche Richtung des Einzelnen, welche ihrerseits wiederum von der philosophischen Zeitrichtung 2c. abhängen kann, bedingt ist.

Cap. II.

§. 1. Ursprung und Wesen des Menschengeschlechtes.

Bekanntlich werden die doktrinären, christlichen Bestimmungen von der unmittelbaren Erschaffung des ersten Menschenpaares durch Gott von der modernen Naturwissenschaft mehr oder minder in Frage gestellt oder auch, was viel bequemer ist, geradezu geläugnet; freilich nicht, wie Frohsch ammer2) zugesteht, mit denselben entscheidenden Gründen, wie dieß bei andern Fragen der Fall ist; denn weder können diese Lehren von der Naturforschung durch

1) Eine eingehenderc Behandlung der pantheistischen Auffassung der Unsterblichheitsidee s. unt. „Pantheismus“. 2) Christenth. und moderne Naturwissensch. p. 126.

gängig mit Evidenz widerlegt, noch auch andere dafür bis jezt überzeugend begründet werden. Tief erschüttert aber sind immerhin auch diese theologischen Lehren von der Schöpfung und dem Urzustand des Menschen, bemerkt dieser Autor weiter, und es läßt sich kaum die Möglichkeit läugnen, daß durch weitere Forschung dieselben mehr und mehr auch als unhaltbar (?) sich erweisen. Die Lehre von der unmittelbaren göttlichen Schöpfung des Menschen durch einen ganz besonderen Schöpfungsakt wird von der Naturwissenschaft fast durchgängig in Abrede gestellt, namentlich in Folge der Darwin'schen Transmutationslehre und der Fortbildungs- oder Vervollkommnungstheorie in Betreff der organischen Welt'). Zwar unmittelbar aus der Materie, aus den bloß materiellen Stoffen, oder einem zuerst sich von selbst bildenden Riesenei (nach Oken) läßt man den Menschen nicht mehr hervorgehen, sondern man betrachtet denselben als das Resultat eines großen Entwicklungsprozesses der Natur, hervorgegangen als die Blüthe und Krone derselben aus einem unermeßlichen Verlaufe fortdauern= der Umbildung und Vervollkommnung der thierischen Organisation. Dieß ist indeß nicht geradezu so zu verstehen - wie allerdings einige weniger besonnene Naturforscher behaupteten und wie die Gegner anzunehmen lieben — als ob die Menschen von den Affen abstammten, aus diesen als den nächst verwandten organischen Gebilden hervorgegangen und sich dann weiter gebildet hätten, sondern man nimmt an 2), daß die menschliche Natur schon von Anfang als solche angelegt war, wenn auch noch in sehr unvollkommener Form, und sich allmählig durch manche Metamorphosen hindurch entwickeln mußte bis zur eigentlich fertigen Menschennatur, mit welcher dann die Menschengeschichte, das historische Dasein der Menschheit begann. Damit wird dann allenfalls noch die Ansicht in Verbindung gebracht, daß die anderen Geschlechter der lebendigen Erdenwesen sich allmählig vom Grundstamm, der zur Menschheit strebte, abzweigten, und in ihrer eigenthümlichen Weise sich fortbildeten, degenerirten und sich vervollkommneten. Der Mensch erscheint also hier zwar als höchstes Lebenwesen der Erde, hoch alle andern überragend, aber doch in seiner natürlichen Wurzel mit ihnen verbunden und erst mittelst eigenthümlicher Metamorphosen aus dem Thierreich herausgearbeitet 3).

„Findet die Lehre von der Entstehung der Arten der Thiere durch _allmählige Umwandlung einmal eine ganz sichere Begründung, dann wird in der That allen Ernstes die Frage sich aufdrängen, ob nicht auch das Menschen

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1) Dagegen vergl. Strodl „Die Entstehung der Völker," Studie aus einer Philosophie d. Gesch. in 3 Vorles. Schaffhausen 1868. p. 55 ff. über die Krisis der Bölkerentstehung. Die Darwin'sche Theorie ist übrigens nicht neu, sondern bereits im J. 1748 von einem gewissen Demaillet zu Amsterdam aufgestellt worden. 2) z. B. K. Snell d. Schöpfung des Menschen. 1863. — 3) Diese Hypothesen haben natürlich bloß Geltung, wenn sich die Darwin'sche Theorie von der Entstehung der Arten der Thiere bewährt; dieß ist aber thatsächlich nicht der Fall, die erwähnte Theorie ist selbst noch Hypothese. cf. J. Fichte „Seelenfortdauer“; Bischoff „über die Verschiedenheit der Schädelbildung des Gorilla, Chimpansé 2c.“ u. d. W. von Agassiz.

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