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Luft, oder noch mehr das Innerste der Erde, und der Beweisgrund für diese Annahme wurde von den häufigen Todtenbeschwörungen hergenommen, gerade weil es eigene Drakel gab, wo die Seelen der Verstorbenen aus der Unterwelt citirt und wegen der Zukunft befragt wurden. Ein solches Psychopompeion war eben zu Heraclea in Bithynien, wo einst Pausanias die Seele Cleonikens, einer von ihm getödteten byzantinischen Jungfrau durch Sühnund Todtenopfer heraufbeschwor, die ihn sofort mit den Worten: „Eile der Strafe entgegen, denn Wollust bringet Verderben!" dem Tode weihte. Was Plutarch (cit. 10 und Cimon. 6) erzählt, berichtet der Beschreiber Griechenlands (III. 17) vom Seelenorakel zu Phigalea in Arkadien. Ein anderes war die Grotte des Trophonius bei den Böotiern. Ebenso reiste Callondes nach Tänarum am südlichen Vorgebirge des Peloponnes, wo die Griechen den Eingang zum Orkus suchten, um die Seele des von ihm im Treffen erschlagenen Dichters Archilochus auf Befehl der Pythia zu fühnen. Als die Spartaner nach dem Hintritt ihres Königs Pausanias, den sie als geheimen Verräther am Vaterlande im Tempel der Athene, wohin er geflohen war, eingemauert und des Hungertodes hatten sterben lassen, vom delphischen Orakel die Weisung erhielten, der Göttin den Schußanflehenden wiederzugeben, riefen sie, in Verlegenheit, wie sie dem Gebote nachkommen sollten, Geisterbeschwörer (yvxaɣwyoi) bis aus Italien herbei, um die abgeleibte Seele in den Tempel bannen zu lassen, stellten aber zuletzt zwei eherne Statuen des Königs an der besagten Stätte auf ').

Hieher gehören auch die sogenannten Heroenorakel, welche späterer Zeit angehören. Ein vor anderen hervorragendes Heroon war aber das Heiligthum des Amphiaraos zwischen Theben und Potniä, wo der Held von der Erde verschlungen worden war; auch zu Oropos an der Grenze von Böotien und Attika ertheilte er Traumorakel. Amphilocho 8, des Amphiaraos Sohn, hatte nach der Heimkehr von Jlion mit dem Seher Mopsus ein Orakel zu Mallos in Cilicien gestiftet, das unter beider Namen noch zu Pausanias Zeit (I. 34, 3) hochberühmt war (cf. Plat. defect. oracl, 45). Herakles hatte ein Orakel zu Bura in Achaja Pausan. VII. 25,10).

Bon all diesen Orakeln ist das (oben erwähnte) des Trophonius von Lebadea, wo für diesen die Erde sich aufgethan hatte, für unseren Geenstand von besonderer Bedeutung, weil es Aufschlüsse über die jenseitig n Zustände gab, welche wir später, wo wir über den Unsterblichkeitsglaube der Griechen handeln (cf. II. Theil 1. Abschnitt II.), mittheilen werden. Der Heroenkultus überhaupt ist hier zu erwähnen2), die nähere Darstellung desselben, besonders bei den Griechen, behalten wir uns für später vor.

1) Sepp, Heidenth. III. p. 226. cf. ibid. die Vision des Thespesios. 2) Sepp, Heidenth. III. 246. Man vergleiche übrigens über den Heroencultus im AU

Nach all den vorausgegangenen Erörterungen und Angaben, welche insgesammt auf den Glauben an die Unsterblichkeit hinweisen, und die Unsterblichkeit selbst als eine im Allgemeinen wohl begründete Annahme erscheinen lassen, wollen wir nun zu einer speziellen Untersuchung über die Fortdauer der Seele und dem Begriffe davon übergehen.

§. 3. Tod und Unsterblichkeit.

Die Erde ist ein großer Friedhof, wo alle Geschlechter, eines nach dem andern begraben, unseren Augen nichts als übergebliebene Trümmer und Staub vorstellen '). Aber sollte vom Menschengeschlechte nichts weiter übrig bleiben und fortbestehen, als was unsere Augen sehen können, Staub und Trümmer, Materie? Gibt es etwa außer der Materie nichts, ist vielleicht „der menschliche Leib nur ein Ergebniß der chemischen und physikalischen Zusammenwirkung zufällig verbundener Stoffatome", wie Büchner will, und der Tod nichts als die Unsterblichkeit des Kreislaufs", 2) wie Moleschott uns versichert 3). Ist vielleicht gar „mit dem Tode Alles aus“, ein materialistisches Dogma, womit, wie Böhner (Vorr. XII) sich ausdrückt, die Mehrheit der sittlich Verkommenen sich tröstet? Wird der Mensch mit Mirabeau ohne Selbstbetrug sich auf dem Sterbebette sagen können: "Ich gehe in das Nichts?" - Wollen wir uns diese Frage kurz beant worten und sie in Erwägung ziehen, soweit es nicht schon geschehen ist.

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Daß die geistige Individualität des Menschen nicht in der Materie enden kann, geht schon daraus hervor, daß der Mensch sein Dasein als besonderes geistiges Wesen nicht aus der Materie als seinem Ursprung hat, da die Materie ja überhaupt nicht, wie wir nachgewiesen haben *), als Grund und Quelle des Geistes betrachtet werden kann, und der Materialismus in seiner absoluten Form sich selbst widerspricht, weil der Saß es gibt nur Materie" gegen alles Bewußtsein streitet 5), und der andere Saß der Geist ist nichts als die Thätigkeit des Hirns“ schon längst wissenschaftlich widerlegt ist, ebenso wie die Ansicht Büchner's, wenn er sagt: Der Mensch ist nach seinem körperlichen, wie nach seinem geistigen Wesen ein rein chemisches Produkt der Materie (Kraft und Stoff, 3. Ausg. p. 286); sein Wesen ist die Summe der Zusammenwirkung der Atome seines Leibes mit der Außenweltein reines Erzeugniß des körperlichen Stoffwechsels, der sich planlos von selbst in Anregung setzt und stetig bis zur Auflösung bewegt. Unsinn

gemeinen, Sepp 1. Theil 3. Abschnitt. Cap. I. §. 2. Ueber die Abgötterei mit den römischen Imperatoren. cf. Sepp, Heidenthum III. p. 258.

1) Caraccioli, Bildniß des Todes. p. 18.

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2) Die Todten leben fort als Mist, Gras, Thier — vielleicht wird wieder einmal ein Mensch daraus? welch' erhabener Gedanke! 3) cf. Böhner, Naturforschung. p. 27 ff. — 1) p. 47 ff. „Geist und Körper".) cf. Geiße, Forschungen. p. 144.

ist es, daß eine höhere Macht dem Fötus Seele und Geist einbläst (1. Aus. gabe p. 159) 1). Da die Physiologie es erst bis zu „Anfängen einer Theorie der Nerven" gebracht hat, und daher nicht einmal die Nervenreizungen zu erklären vermag, noch weniger den Ursprung der Empfindung, die auf die Nervenreizung folgt, und da die ausgezeichnetsten Physiologen ausdrücklich eingestehen, daß z. B. die Empfindung physiologisch unerklärbar sei 2), was sollen wir dann von den anmaßenden und unerwiesenen Behauptungen eines Büchner, Vogt und Moleschott halten, welche dem Stoffe und stofflichen Organen Wirkungen vindiciren, wie z. B. dem Hirn das Denken als solches, während sie diese Organe und ihre Beschaffenheit 2c. noch gar nicht kennen, und welche bei ihrer materialistischen Theorie tausend Phänomene geistiger und immaterieller Natur in ihren Anfängen unerklärt lassen? Muß ferner nicht dasjenige, was die augenscheinliche Zerstörung des Körpers mit Gleichmuth ansehen und bis auf den letzten Augenblick bemerken kann, nothwendig etwas Anderes sein als der Körper selbst, ein höheres dem Staube sich entschwingendes Wesen? Moriz (Magaz. I. 56) führt Bei= spiele von Sterbenden an, die ihren Tod und das Schwinden der Kräfte an sich beobachteten und aussprachen von Stunde zu Stunde; Lauvergne (I. Band) berichtet diese Beobachtung von einem Arzte bis zum letzten Augenblick. Indem wir daher diesen irrationalen Monismus des Stoffes verlassen und den bereits erwiesenen, thatsächlich in der Welt vorhandenen Dualismus von Geist und Materie zur Voraussetzung nehmen, wollen wir den Begriff des Todes weiter entwickeln.

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Empirisch als Erscheinung betrachtet, ist der Tod das Aufhören oder die Beraubung des irdischen Lebens, das Aufhören des Erscheinens des Menschen als Menschen in der Sinnenwelt 3). Sobald nämlich der Körper, schreibt Jacob (empir. Psychologie p. 301 3. Auflage), durch Beraubung der Sensibilität die Tauglichkeit, ein Organ der Seele zu sein, verliert, hört auch das Lebensgefühl auf, und wenn der Körper der Sensibilität so beraubt wird, daß sie nicht wieder zurückkehrt, so ist der Mensch todt, daß heißt aller Gefühle in dieser Welt unfähig. Der Tod ist also derjenige Zustand, in welchem die Vorstellungskräfte auf immer außer aller Verbindung mit organischen Körpern gesezt werden (cf. ibid. p. 398). In diesem Sinne steht das Wort „Tod“ gewöhnlich in der Schrift, z. B. Gen. 3, 19; II. Tim. 4, 6*). Der Tod in diesem Sinne steht dem Leben gegenüber. Wenn aber Tod nicht bloß die Beendigung

Materialismus“.

1) cf. oben „S 2) cf. Ulrici, Gott und der Mensch. p. 83 ff. 3) Geiße drückt sich aus: „Der Tod scheint das Aufhören zeitlicher Erweisung in irgend einer besonderen Daseinsform zu sein“ (Forschung p. 115). 4) cf. Bret= schneider, Dogm. p. 818 ff. Im neuen Testament bezeichnet Tod (Jávaros) außerdem auch das Todtsein der Seele im Hades oder ihren Zustand daselbst: Röm. 5, 12; 6, 9. 16; I. Cor. 15, 26. 54; und auch metonymisch den Hades Apoc. 1, 18; 20, 13; Hebr. 2, 14.

dieses Lebens, das wir bloß als Modifikation des Daseins betrachten, sondern das Ende alles Lebens oder Zerstörung, das ist eine gänzliche Auflösung des ganzen Menschen und aller seiner Theile nach Leib und Seele bezeichnet, so daß diese Summe von Kräften nie wieder zu einem Bewußtsein vereinigt wird, so steht der Ted in diesem Sinne der Unsterblichkeit entgegen. Vernichtung (annihilatio) ist aber nicht gänzliches Erlöschen des Bewußtseins und Decomposition aller Theile, sondern diese würde dann stattfinden, wenn auch das Wesen dieser Theile aus der Reihe der vorhandenen Dinge verschwände 1).

Wenn wir den Begriff vom Tode in seiner historischen Genesis betrachten, so ist er nach den Meinungen, die sich durch Ueberlieferungen unter den Völkern fortpflanzen, ein sehr vielfacher, das Wort „Ted" kann nämlich eine gewichtige und erhabene, geheimnißvolle und traurige, oder auch vollkommen gleichgiltige Vorstellung ausdrücken. Religion, Sitten, Erziehung, äußere Verhältnisse und Krankheiten ändern und entstellen die Idee, die man sich vom Tode macht, in allen fünf Welttheilen. Wie verschieden aber auch diese Idee aufgefaßt werden mag, sagt Lauvergne (I. p. 75), so führt sie zurück auf zweierlei Glauben: entweder an die Unsterblichkeit der Seele, oder an die absolute Vernichtung. Wenn man alle lebenden Geschlechter zusammenriefe, meint unser Verfasser, um von ihnen zu hören, ob sie an Vernichtung oder an ein Leben nach dem Tode glauben, so würden neunzehn Zwanzigtheile von denen, die des Nachdenkens fähig sind, selbst die mit einer niederen Seele begabten, sich in der Todesstunde für den Sieg der erhabenen Lehre von einer andern Welt aussprechen. Empfindet doch der arme Wilde unter seiner Hütte das Wehen des großen Geistes, der ihn besucht, und in seiner Todesstunde erzählt er seinen Freunden von den neuen Freuden seines künftigen Lebens, von seinen alten Eltern, die er wiedersehen wird, und daß er morgen im Stande sein wird, allen, die er auf der Erde zurückläßt, in ihren Träumen zu erscheinen. Der große Geist, der während seines Todeskampfes zu ihm trat, und durch seinen Mund die Unsterblichkeit der Seele verkündigt, ist bei einem Bewohner

1) Man unterschied leiblichen oder zeitlichen Tod (mors temporalis), von dem hier die Rede ist, und ewigen oder zweiten Tod (mors aeterna), von welchem die heilige Schrift redet Apoc. 20, 6. 11- 14; 21, 8; 2, 11; das ist der Zustand der ewigen Verdammniß, ein geistlicher Tod (mors spiritualis), wovon Eph. 2, 5; Röm. 8, 2; Col. 2, 13 handelt, dieß ist der Verlust des geistlichen Lebens (der Gnade) oder eine gänzliche Kraftlosigkeit des Menschen zur Heiligung und zu guten Werken. Nach der Schrift ist der Tod eine Strafe der Sünde für alle Menschen: denn durch die Sünde ist der Tod in die Welt gekommen und auf Alle übergegangen". Christus hat den ewigen und zeitlichen Tod durch seine Erlösungsthat von der Menschheit weggenommen; der Einzelne verfällt dem ewigen Tod von jezt nur durch eigene Schuld, wie die katholische Kirche lehrt; die abweichenden Ansichten protestantischer Theologen siehe bei Bretschneider, dogm. p. 820 ff.

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Oceaniens ebenso merkwürdig, wie die begeisterten Gesänge eines Mönches, der in seinem Kloster im Geruche der Heiligkeit starb (ibid.).

Es ist ein durch Dichter, Philologen und Philosophen verbreiteter Wahn, um einen anderen Punkt zu berühren, daß nur erst die Christen die Vorstellung des Todes fürchterlich und schreckhaft ge= macht hätten, daß dieselbe aber bei den Heiden heiter und freundlich gewesen sei, wie z. B. Lessing damit erweisen will, daß die Christen den Tod auf ihren Gräbern als einen Knochenmann malen, dagegen die Heiden ihn als einen schönen Jüngling mit gesenkter Fackel bildeten. Da= gegen zeigt Lasauly in seiner Schrift de dominatu mortis in veteres" durch Zusammenreihung der bedeutendsten Stellen aus den Klassikern über den Tod, in schlagender Weise, in wie düsterer und grauenhafter Verzweiflung die Heiden hierüber waren, welche sie selbst nicht immer hinter eine theils affektirte Gleichgiltigkeit und Verachtung des Menschen, theils in oft blasphemische, kalte Fronie versteckten (cf. Baader's W. IV. 289. Anmerk.). Dem gottlosen Materialismus unserer Tage ist es vorbehalten, die Nolle des alten Heidenthums wieder zu spielen und dem allgemeinen menschlichen Bewußtsein und Gefühle zum Troß von — Vernichtung zu reden; nach dem dualistischen Systeme der Kirche und des Christenthums aber, nach welchem der Mensch aus Leib und Seele als wesentlich verschiedenen Theilen besteht, ist der Tod (im metaphysischen Sinne) die Auflösung der Verknüpfung des Leibes und der Seele zu einem Individuum.

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Im Widerspruch mit dieser christlichen Auffassung findet sich Richter (die letzten Dinge I. 65), wenn er sich äußert: Ich kann mich nun und nimmer damit einverstanden erklären, daß die Seele ein eigenthümliches, vom Leibe unabhängiges Leben führe, von welchem man wohl erwarten dürfe, es werde über den leiblichen Tod hinaus fortdauern, sondern es bleibt mir die Ueberzeugung, das Leben des Leibes und der Seele zusammen mache erst das Leben des Menschen aus und so ist mir auch der Tod nicht die Trennung der Seele vom Leibe, sondern Vollendung und Auflösung des ganzen Individuums'). Der kirchlichen Auffassung tritt auch Schelling gegenüber, indem er meint: Nicht der Mensch dem Theile nach, sondern der ganze Mensch dauert fort nach dem Tode. Diese Lehre ist direkt der gewöhnlichen Vorstellung entgegengesetzt, daß nämlich die zwei Bestandtheile, aus denen der Mensch im

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1) Loze scheint ähnliche Ansicht zu hegen, wenn er sagt (Microc. I. 155): Keine Beobachtung zeigt uns geistiges Leben anders als in beständiger Verknüpfung mit der körperlichen Gestalt und ihrer Entwicklung; zusammen sehen wir beide sich entfalten und mit dem Zerfallen der körperlichen Bildung verschwindet spurlos für uns auch die Fülle und Macht des Geistes, der sie beseelte. I. p. 425 meint der Verfasser: Ebenso wie die Fortdauer nach dem Tode, so ist das Dasein der Seele vor der Geburt dieses irdischen Lebens kein Gegenstand unserer menschlichen Kenntniß.

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