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sollen, frohlocken die Staubbewohner; denn Thau des Lichts ist dein Thau; die Erde gibt die Schatten wieder." Die Ahnung einer fünftigen Auferstehung findet sich auch bestimmt bei Daniel 12, 2: „Viele von den im Erdenstaub Schlafenden werden erwachen, diese zum ewigen Leben, und jene zur Schande, zur ewigen Schmach. Aber die Gutgesinnten werden glänzen, wie der Glanz der Veste, und die, welche Viele zur Gerechtigkeit geführt, wie die Sterne ewiglich und immerðar.“ Desgleichen weisen die Psalmen darauf hin').

Gleichwohl ist es überall doch nur erst ein Inbegriff von Keimen und immer wieder abbrechenden Ansätzen, bemerkt Hanne (p. 236 ff.), was sich an weiteren Folgerungen in Betreff des Begriffs der göttlichen und menschlichen Persönlichkeit aus der dem Jahvehthum zu Grunde liegenden tieffinnigen Bundesidee näher herausbildete. Das konnte nicht anders sein, meint er, da die weiteren Folgerungen aus der gegebenen Grundidee nicht mehr dem Gebiete der objektiven Offenbarung angehören, sondern der Thåtigkeit der subjektiven Reflexion zufallen, welche lettere aber bei der vorherrschenden Tendenz des hebräischen Bewußtseins zur unreflektirten Aufnahme und Verkündigung der allgemeinen göttlichen Offenbarungsthatsache im Jahvehthum mehr unentwickelt bleiben mußte. So ermangelte der hebräische Geist des Schatzes und der Kraft des auf wissenschaftlichen und selbstgewissen Begriffen und freien Forschungen fußenden Denkens ebensosehr, wie der Selbstständigkeit und Virtuosität auf den Gebieten der weltlichen Kunst, Politik und natürlichen Humanität 2). Deßhalb bemerkt Ritter 3):

„Von einigen asiatischen Völkern, deren Literatur uns besser bekannt ist, wagen wir es zu versichern, daß sie in den älteren Zeiten keine Philosophie gehabt haben, zu diesen gehören die Hebräer *). Wer sich den Geist des alten Testaments vergegenwärtigt, wird an der Wahrheit meiner Behauptung nicht zweifeln, und daß in keiner der von ihm umfaßten Schriften, so verschiedener Art sie auch sind, ein philosophischer Zusammenhang sich findet, ist wohl jezt ziemlich allgemein anerkannt. Einheit der Gesinnung findet sich in ihnen, aber nicht Einheit der Wissenschaft, auch nicht einmal ein Streben darnach; denn die Verfasser leben in ihrer unmittelbaren Ueberzeugung und wollen diese als einen ihrem Volke gemeinsamen Grund des Heils anerkannt wissen. Dabei ist es unmöglich, daß man auf das allgemeine Wesen der Vernunft, aus welchem die Wissenschaft stammt, zurück

1) Pf. 17, 15; 73, 24; 16, 10. Buch des Predigers theilen wir nicht.

2) Die Ansicht Hanne's p. 237 über das 3) Geschichte der Philosophie I. p. 48. 4) Philo dagegen hält bekanntlich den Moses für den größten Philosophen, wie andererseits Aristobulus den Mosaisch-Jüdischen Inhalt seiner Griechischen Dichter-Frag= mente durch die Annahme erklärte, daß Orpheus mit Moses in Aegypten zusammengetroffen, daß der leztere identisch mit dem Musäus der griechischen Sage und daß Pythagoras daselbst von Jüngern des Jeremias unterrichtet worden sei. cf. Döllinger Heidenthum p. 838-839.

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gehe." Von einer philosophischen Unsterblichkeitslehre ist somit keine Rede. Selbst was jene unmittelbare Ueberzeugung" einzelner Schriftsteller des alten Testaments betrifft, von der Ritter Erwähnung thut, so ist sie nicht immer durchaus sicher und entschieden. Ueber das Buch Job, c. 19, 25-27, bemerkt daher Hanne (p. 242):

„Zwar scheinen sich einzelne Ansätze höherer Ahnungen in Betreff der Fortdauer der Seele nach dem Tode im Herzen des frommen Dulders zu regen, allein abgesehen davon, daß der Sinn der Stelle Cap. 19') dech sehr zweideutiger Natur ist, so ist es nach dem ganzen Gange und Geiste des Buches offenbar mehr ein naturartig hervorbrechender, gegen den Gedanken einer absoluten Willkür der Gottheit Protest erhebender Troß, als die aus dem inwendigen Menschen geborne, des ewigen Kerns der eigenen gottähnlichen Persönlichkeit sich bewußtgewordene frohe Zuversicht auf das Leben nach dem Tode und auf ein höheres Gottschauen, was die Seele des kämpfenden und über sein Schicksal in allerlei Gedanken und Reflerionen. sich ergehenden Dulders so gewaltig bewegt. ... Es gebricht dem sonst so erhabenen Gottesbewußtsein, welches das ganze Buch Job durchathmet, selbst in den Momenten seines höchsten Auffchwungs noch ganz an allen sicheren Spuren jener höheren Zuversicht, welche das Endliche in das Unendliche, die Jchheit in die Gottheit versenkend zum Vorgefühl einer dereinstigen Verklärung der endlichen Persönlichkeit durch die absolute hindurchdringt und welche so zu einer unerschöpflichen Trostquelle für die Seele wird. Während der christliche Glaube das Jenseits als die erhabene und herrliche Gottesstadt der Zukunft, als das rechte Heimathland des neuen Menschen im schönsten Lichte der Hoffnung glänzen sieht, erblickt Job in ihm nur (10, 21): „Das Land der Finsterniß und Todesnacht, Das Land, gehüllt in mitternächtig Dunkel, Wo Grauen nur und keine Ordnung waltet, Von wannen es auch keine Rückkehr gibt." (cf. Thym, p. 11 ff.).

Deutlicher sind die Aussprüche der alttestamentlichen Bücher über das Gericht. Der Prophet Joel schreibt (3, 12): „Ich will alle Völker versammeln und sie in das Thal Josaphat führen, und daselbst will ich rechten mit ihnen über mein Volk und mein Erbe Israel, da will ich zu Gericht fißen über alle Völker ringsum."

Den Glauben an Himmel und Hölle verkündet Daniel (12. 2), wie wir bereits angeführt haben.

Die Juden unterschieden das Oberparadies oder den Ort der himmlischen Freude vom Unterparadies oder dem Schooß Abraham's. Reinking in seiner Schrift „Das Leben der Seelen im Tode" bemerkt: Aus der Stelle I. Sam. 25, 29: „So wird die Seele meines Herrn eingebunden sein im Bündel der Lebendigen bei dem Herrn deinem Gott, aber

1) Vers 25: „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt und ich werde am jüngsten Tage von der Erde auferstehen und werde wieder umgeben werden mit meiner Haut und werde in meinem Fleische meinen Gott schauen." cf. Is. 66, 14.

die Seele deiner Feinde wird geschleudert werden mit der Schleuder“ wollen die Juden schließen, daß es zwei Behältnisse (receptacula) der Seelen gebe, ein oberes (superius), welches sie eine Verwahrungs- oder Schazkammer nennen, worin die Seelen der Gerechten gleich dem Golde, Silber, Edelgestein und anderen Schäßen in ein Bündel zusammengebunden oder in einer wohlverwahrten Kammer aufgehoben werden; sodann auch ein unteres (inferius), welches sie fundae palmam, eine Schleuder nennen. Das obere Behältniß, sagen sie, sei unter Gottes Thron und die Seelen der Gerechten seien daselbst in sanfter Ruhe und stiller Sicherheit; von den Seelen der Gottlosen aber lehren sie jenem Spruche gemäß, daß sie umhergetrieben und gleichsam geschleudert werden, damit sie deren liebliche Gesellschaft nicht genießen und daß sie den Teufeln übergeben werden, um sie herumzutreiben und in den höllischen Kerker zu führen ').

Die Unterscheidung von Ober- und Unterparadies gehört jedenfalls späterer Zeit an, während die Lehre vom „Schooße Abrahams" allzeit ge= glaubt wurde.

Aus allem bisher Angeführten ersehen wir, daß im Pentateuch sich nur die einfachen Grundlinien der Unsterblichkeitslehre finden, daß in den alttestamentlichen Büchern überhaupt das Jenseits im Ganzen mehr Thesis geblieben ist ohne vollständige Vermittlung, mehr Ahnung als auf bestimmte Verheißung gegründete Hoffnung. Die Furcht des Todes war dort zugleich Zuchtmittel der Gnade, die Unsterblichkeitsidee diente ethischen Zwecken 2). Die Lehre der selbstbewußten Fortdauer des Geistes sollte nur allmählig in dem Grade offenbar werden, als mit der Fülle der Zeit" die Erlösungsthat selbst näher rückte 3). Daß somit die Unsterblichkeitsidee des alten und neuen Bundes als eine Totalität anzusehen ist, braucht wohl nicht bemerkt zu werden.

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1) cf. Galatinus 1. VI. de arcan. cathol. ver. c. 9. col. 354. Eine alte Grabschrift der Juden, aufbewahrt bei Calovius in Socinismo profligato p. m. 1047. lautet: Quies ejus in locis viventium cum reliquis justis. Amen. Amen. Amen Selah." 2) Dicß beweisen u. A. die Stellen: Sap. 2. 1. 21. Der Verfasser des Buches eifert gegen diejenigen, welche die Fortdauer des Menschen über das irdische Leben hinaus nicht annehmen, weil sie in der Welt nur Vergängliches sehen, und schließt mit der Bemerkung: „So denken und irren sie, denn ihre Bosheit verblendet fie; sie wissen die Geheimnisse Gottes nicht, hoffen nicht auf die Belohnungen ger Gerechtigkeit, und achten nicht die Ehren heiliger Seelen; denn Gott hat den Menschen unsterblich erschaffen und nach seinem Bilde und Gleichnisse ihn gemacht." cf. Sap. 3, 1. Ferner spricht der zweite der maccabäischen Brüder beim lepten Athemzuge zu Herodes: „Du Ruchlosester nimmst uns zwar das gegenwärtige Leben, aber der König der Welt wird uns, die wir für seine Geseze sterben, bei der Auferstehung zum ewigen Leben erwecken." II. Maccab. 7, 9. Achnliche Aussprüche Vers 23 aus dem Munde der andern Brüder und der Mutter. 3) Vom alttestamentlichen Glauben an Fortdauer, meint Thom wohl mit Recht (p. 9): „Es läßt sich zu= förderst nur soviel mit Wahrscheinlichkeit behaupten, daß sich die Hebräer eine unbestimmte Fortdauer der Verstorbenen gedacht haben und zwar im Schattenreiche unter der Erde. Sie können sich unmöglich bis zum Begriff von der Unsterblichkeit der Seele erhoben

Trotz der angeführten klaren Schriftstellen aus dem alten Testamente über ewige Belohnung und ewige Strafe 2c. läßt Werdermann') diesen Glauben bei den Hebräern ganz zweifelhaft erscheinen und gibt eine höchst willkürliche Deutung davon. Er sagt: Erhabene Stellen genug, um den natürlichen Menschenverstand in diesen Betrachtungen (über Unsterblichkeit und Schicksal) zur Ehrfurcht gegen Gott zu leiten, ohne sich eines kühnen Urtheils über seine verborgenen Rathschlüsse anzumaßen, und der ganze Geist dieser Schriften predigt Weisheit und Tugend, strengen Haß gegen alles Böse, und Barmherzigkeit gegen die Schwachheit des Menschen; soviel ist zur Beruhigung genug. Wie Gott Alles vorhergewußt und doch den Sünder gemacht haben könne, den er dann verdamme, das fiel der Gottesfurcht dieser Männer nicht so auf, daß sie eine Auflösung in der Natur Gottes und des Menschen gesucht hätten; wer darf Gott richten? Auch waren ihre Ueberzeugungen von diesen künftigen Strafen nicht so sicher, nicht so durch Tradition ausgemalt. Gibt es denn wirklich ein Leben nach dem Tode, und wird vielleicht nur der Fromme erweckt werden und der Böse ewig in der Hölle bleiben, oder wenn auch der Böse erweckt wird, wird er eingehen in einen Ort der Qual oder wird ihn Gott zerschmettern? In diesen Muthmaßungen wankten sie umher. Genug, sie hielten es der göttlichen Majestät unwürdig, daß Jemand verdammt werde, der es nicht verdient hat." Außerdem bemerkt er noch (p. 79): Die Paulinischen Briefe bestätigen, daß weder die Lehre von Unsterblichkeit, noch vom Schicksal deutlich in den kanonischen Schriften des alten Bundes enthalten ist 2).

haben, da sie von der Seele selbst nur einen sehr unvollkommenen und dunklen Begriff gehabt haben."

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1) Geschichte der Meinungen über das Schicksal 2c. Leipzig 1793. p. 50. Ueber den Glauben der jeßigen Juden bezüglich Unsterblichkeit, Jenseits 2c. cf. Fränkel, das moderne Judenthum (Reutlingen 1844) und die Schrift „Judenthum altes und neucs" (Wien 1852). 2) Auch Semmler diss. de argumentis pro animae immortalitate in V. T. Hal. 1760 versucht das Ungenügende der angeführten Beweisstellen zu zeigen. Dresde dagegen findet die Unsterblichkeitslehre bei den Patriarchen: diss. de immortal. animi patriarchis non ignota Lips. 1764. Am ausführlichsten handelt über die betreffende Literatur Thym 1. c. p. 59 ff. Schriften theils für, theils gegen das Vorhandensein der Unsterblichkeitslehre im alten Testament schrieben: Jortin, Lüderwald, Hänlein, J. E. Schmidt, Ziegler, Conz, Nachtigall, Süßkind u. A. (cf. Bretschneider Dogm. p. 838). Es ist übrigens beständige Meinung des größten Theils der Juden gewesen, daß schon im Pentateuch nicht bloß eine irdische, sondern auch eine ewige Glückseligkeit verheißen worden sei. cf. du Voisin observ. in prooem. pugionis fidei Raymundi Martini. Francf. 1687. p. 80 ff. Thym bemerkt jedoch (p. 60): "So lange unter den Juden seit dem 2. Jahrhundert über Orthodorie und Heterodorie gestritten wurde, und über Annahme oder Verwerfung einer Tradition, so lange waren auch die Meinungen ihrer Rabbiner getheilt darüber, ob im alten Testament die Lehre von der Fortdauer enthalten sei oder nicht. Wer unter ihnen neben der heiligen Schrift eine Tradition statuirt hat, mußte schon darum mit allem Eifer streiten für die Mei

In den Zeiten der Maccabäer-Kämpfe gab es unter den Juden eine Schule oder Partei der Chasidim, der Frommen oder Gottesfürchtigen, die nicht eigentlich verschieden waren von den Sopherim, den Gesetzeskundigen, aber durch besondere Strenge in der Beobachtung des Gesetzes und dessen, was zum Geseze gerechnet ward, sich auszeichneten. Die Antipoden dieser Chasidim waren die Sadducäer. Einer Ueberlieferung zufolge soll diese Partei ihre ersten Anfänge dem Sadok, einem Schüler des berühmten Gesetzeslehrers Antigonus von Socho (291-260 vor Christo) verdanken. Unstreitig ist ihre Entstehung aus den griechischen Einflüssen auf das Judenthum abzuleiten, philosophischen sowohl als socialen und politischen; sie waren zur Zeit, wo sie zuerst in der Geschichte erwähnt werden, nämlich unter dem Hasmonäer Jonathan (159-141), die Erben und Nachfolger der schon lange bestehenden Hellenisten, nur gemäßigt, von eigentlicher Apostasie weit entfernt und nicht gleich den früheren Hellenisten bestrebt, ihre griechische Gesinnung durch Nachahmung hellenischer Sitten zur Schau zu tragen. Unter den Hasmonäern war der Hellenismus besiegt worden und ein neuer Aufschwung von jüdischem Patriotismus und Eifer für das Gesez war eingetreten. Die Sadducäer, die von Anfang an als eine den Zeitströmungen sich anbequemende Schule von Reichen, Gebildeten, Staatsmännern erscheinen, fügten sich der herrschenden Stimmung im Volke; sie nahmen Theil am Tempel- und Opferdienst, beobachteten die Beschneidung und den Sabath, gaben sich demnach für ächte Juden und Befolger des Gesetzes, aber des richtig verstandenen und auf seinen einfachen Wortlaut und buchstäblichen Sinn zurückgeführten Gesetzes aus; sie verwarfen, sagten sie, die Autorität der neuen Gesezlehrer (jezt der Pharisäer) mit ihrer ganzen Tradition, ihrem Zaun, den sie um das Gesetz herumgezogen hatten. Zu dieser Tradition rechneten sie natürlich Alles, was ihnen lästig war.

Die eigentlichen Lehren der Sadducäer sind unverkennbar aus Einwirkungen der Epikureischen Philosophie entstanden, die besonders in Syrien großen Anhang gefunden hatte. Die Schöpfung scheinen sie zwar angenommen zu haben, aber sie läugneten jede fortgehende Thätigkeit Gottes in der Welt (Döllinger Heidenthum p. 745). Jede Handlung des Menschen sei frei, lehrten sie; nicht das Schicksal, sondern er selbst sei Urheber seines Glückes und seines Unglückes, und Vergeltung finde nur in diesem Leben statt '). Als ächte Jünger Epikur's läugneten sie die Fort

nung, daß Moses bereits ein zukünftiges Leben gelehrt habe, damit das Judenthum nicht als eine bloße Vorbereitung zum Christenthum angesehen werden möchte."

') Werdermann, Geschichte der Meinungen vom Schicksal p. 79. Dieser Verfasser bemerkt seinerseits p. 78: Die Sanktion, die Moses seinem Geseze beifügte, war keine andere, als „auf daß es dir wohlergehe in dem Lande, dahin du kommen sollst." Strafe an den Kindern bis in's dritte und vierte Glied wird dem Uebertreter gedroht, aber nirgends Qualen in einer andern Welt. Der Verfasser scheint der Ansicht zu sein, die Sadducäer hätten nur die Thora anerkannt, auf die sie sich oft allein

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