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Wir sind und sind nicht: eiμév te zaì ovx ɛiμɛv (Alleg. Homer. p. 442. Gal. p. 82. Schol.).

Auf Grund dieser Stellen und in Uebereinstimmung mit der Auffassung Lasalle's können wir nun feststellen, daß dem Heraklit Leben und Sterben an sich identische Naturprozesse waren und sein mußten, wie er ja von einer Trennung des Psychischen und Physiologischen kein wirkliches Bewußtsein hatte und ihm beide Gebiete unterschiedslos in das Eine göttliche Leben zusammenfloßen, genährt, wie er sagt, von dem Einen Göttlichen, das überall herrscht und Alles durchwaltet 1). Mit dem Tode des Körpers hört nach Heraklit die Lostrennung vom allgemeinen Urfeuer auf, die Seele des einzelnen Menschen kehrt, weil sie nur ein Theil der sich im Universum kundgebenden Lebenskraft war, in das Ganze zurück. Eine individuelle Fortdauer der Seele ist also nach diesem Systeme, welches purer Hylozoismus ist, insofern aller Stoff als beseelt gedacht wird, Monismus insofern die ewige Vernunft dem Individuellen und Veränderlichen selbst immanent betrachtet wird durchaus nicht zulässig 2). Ob Heraklit sich etwa außerdem an den Unsterblichkeitsglauben des Volkes angeschlossen habe, erscheint zweifelhaft, wenn wir bedenken, daß er sich im Gegensatz gegen die allgemeinen Anschauungen der Menge und ihrer Führer, der Dichter stellt und die Götterlehre bekämpft. Er macht es der Menge zum Vorwurf, daß sie nichts wisse von dem Einen allwaltenden Feuergeist 3).

§. 3. Pythagoras.

Es bleibt eine offene Frage, ob die Lehre der Pythagoråer über die Unsterblichkeit der Seele vor Sprengung ihres Bundes dieselbe gewesen sei, wie nach dieser Auflösung, denn daß die Pythagoräer sich dem orphischen Mysterienwesen zuwandten, ist unzweifelhaft *). Schwer läßt es sich aber bestimmen, wann und durch wen diese Verschmelzung vollzogen ward. Die Angabe, daß Pythagoras selbst von dem Priester Aglaophamos in die orphischen Mysterien aufgenommen wurde, ist zu unsicher. Die unzweifelhafte Verbindung beider Schulen beginnt erst mit Kerkops, denn er ist der erste Pythagoråer, von dem man weiß, daß er auch Orphiker gewesen 5). Die Seelenwandrungslehre haben die Pythagoräer und Orphiker gemeinsam.

Ehe wir Näheres über die Lehre des Pythagoras bezüglich der Fort

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1) Den weiteren Nachweis bei Lasalle I. 158 ff. sowie p. 180 ff, wo von „der Seelen Auf- und Niederweg" gehandelt wird. 2) cf. Ueberweg, Grundr. I. p. 38. ff. 3) Ἓν τὸ σοφόν· ἐπίστασθαι γνώμην. Diefe γνώμη, δiefen ewigen λόγος fennen die Menschen nicht. *) Herodot (II. 81) identificirt Orphiker und Pythagoräer wegen der gleichen Einrichtung der Schule beider: Quoloyéovői dè ravra roiбi 'Oopκοῖσι καλεομμένουσι καὶ Βακχικοῖσι ἐοῦσι δὲ Αἰγυπτίοισι καὶ Πυθαγορείοισι. 5) Auf ihn folgt Onomakritos. Von Cercops sagt Cicero (nat. deor. I. 38): Hoc Orphicum carmen Pythagoraei ferunt cujusdam fuisse Cercopis. cf. oben Homer.

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dauer der Seele anführen, bemerken wir, daß nach pythagoräischer Kosmologie die ganze Welt eine geschlossene Kugel mit dem Centralfeuer (Hestia) in der Mitte ist. Von diesem Centralfeuer, dessen Abglanz die Sonne ist, geht eine Lebenskraft aus, die Weltseele, welche alle Theile der Welt durchdringt. Aus dem Centralfeuer gehen die Götterseelen, aus dem Sonnenlichte die Menschenseelen hervor; man möchte also erwarten, sagt C. Arnold'), daß nach pythagoräischer Lehre die Seele des Menschen beim physischen Tode in die Weltseele, von der sie ein Theil ist, zurückkehre. Ein anderer Fall tritt ein, wenn die Seele als Zahl, also als auflösbar, weil zusammengesetzt aufgefaßt würde, wie es der pythagoräischen Zahlenlehre entsprechen würde. Aber beides findet sich nicht, sondern die Pythagoräer lehrten, um ihr Hauptdogma von der Seelenwandrung festzuhalten, daß eine Masse von Seelen in der Luft schwebe, Dämonen oder Heroen genannt, die theils nie in einem Körper gewesen, theils in einem Körper gelebt und denselben wieder verlassen hatten. Von der Gottheit wurden. diese Seelen in den Körper wie in ein Grab (oñμɑ) verseßt oder wie in ein Gefängniß (oqovoά cf. Phaed. 62), um die Schuld eines früheren Daseins Präeristenz abzubüßen. Machen sie von diesem Zustande der Buße oder Reinigung einen guten Gebrauch, so werden sie nach Eintritt des Todes wieder zu dem körperlichen Zustande, den sie vorher im Weltall hatten, erhoben; benußten sie aber diese Reinigungszeit nicht, so werden sie zu schwerer Strafe in den Tartarus gestoßen oder sie müssen neuerdings durch verschiedene Thier- und Menschenkörper wandern, um die Reinigung zu erlangen 2). Von dieser Wandrung der Seelen durch Menschenund Thierkörper war Pythagoras selbst überzeugt, denn er behauptete von sich selbst, schon mehrmals auf Erden gewesen zu sein und selbst Erinne= rungen an diese früheren Eristenzen zu besißen; zuerst habe er Anthalides geheißen, im trojanischen Krieg Euphorbus, dann Hermotinus, dann noch delischer Fischer unter dem Namen Pyrrhus 3). — Nach Herodot (II. 81 und 123), wie schon oben bemerkt wurde, ist die Seelenwandrungslehre, sowie gewisse religiöse Vorschriften der Pythagoråer (und Orphiker) von Pythagoras aus Aegypten herübergebracht worden bei Gelegenheit einer Reise durch Aegypten. Diese Angabe Herodots besitzt einen großen Grad von Wahrscheinlichkeit *). Insofern die Seelenwandrungslehre des Pytha= goras ein Dogma aus den orphischen Mysterien oder ein Element aus dem ägyptischen Unsterblichkeitsglauben, nicht aber eine aus der pythagoräischen

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1) Progr. über d. Unsterblichkeit nach d. Ansicht der Alten, I. p. 10. 2) Döl= linger, Heidenthum, p. 232. 3) Arnold, C. Progr., p. 12. 4) cf. Ueberweg, Grundr. I. 31. Arnold, C. Progr. I. 16, hält es für ausgemacht, daß der Occident vom Orient alle Lehren über Spiritualismus, Providenz, Seelenwandrung und Unsterblichkeit erhalten habe. Nach Morhef, Voß, Walch hätte Pythagoras die Seelenwandrungslehre von den Aegyptern, nach Slevogt von den Hebräern, nach Grotius von den Essäern. cf. „Seelenwandrungshypothese" p. 25.

Philosophie entspringende und sich ergebende Lehre ist, gehört sie eigentlich nicht in diese Abtheilung von der Unsterblichkeitsidee in der griechischen Philosophie".

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§. 4. Empedokles.

Die pythagoräische Lehre von der Sühnung und Reinigung der Seele wurde mit besonderem Nachdruck fortgeseßt und vorgetragen von Empedokles (460 v. Chr.) vorzüglich in seinen Sühngedichten. Er sagt dort, es müßten die Dämonen, welche in einem höheren seligeren Leben durch Tödtung eines Lebenden Wesens sich selber befleckt, drei Myriaden von Zeiten fern von den Unsterblichen umherirren; auch er sei ein irrender Flüchtling und Vertriebener auf Erden und habe beim ersten Anblick dieses fremden Ge= bietes geweint und treibe sich nun unter den Sterblichen, unter Frevelthaten und Vergänglichkeiten umher.

Ueber die Entstehung und Wandrung der Seele hat Empedokles eine völlig pantheistische Weltanschauung: In dem von Ewigkeit her existirenden Sphäros, einer kugelförmigen Welt, welche die vier Grundelemente enthält, und von zwei ethischen Kräften, Haß und Liebe, bewegt wird, wohnen von je selige Geister, Götter und Dämonen. Sobald diese dem Hasse zugänglich wurden und sich somit befleckten, wurden sie aus dem Sphäros ausgestoßen und hinabgeworfen in den Wechsel der in Unvollkommenheit sich befindenden Sinnenwelt, mit anderen Worten, verdammt, durch irdische Leiber zu wandeln. Darum wohnen in den Menschen, Thieren und Pflanzen dieser Welt jene aus dem Sphäros entwichenen Dämonen 1). Wenn sich auf dieser Wandrung oder Verbannung diese Dämonen oder Seelen in sich veredeln, so gehen sie nach dem Tode des Körpers in den Körper eines höheren edleren Geschöpfes über z. B. in Löwen (bei Thieren), in Lorbeerbäume (bei Pflanzen); haben sie sich endlich ganz emporgeschwungen, so werden sie auch gewürdiget, ihre lezte Wohnung in den höchst gestellten Geschöpfen dieser Welt zu nehmen, nämlich in Propheten, Dichtern, Aerzten, Fürsten. Nach dieser lezten Stufe werden sie zu Göttern und kehren endlich als völlig gereinigt wieder zum seligen Leben in den Sphäros zurück (Döllinger, Heidenthum p. 236-238).

Nach Plutarch 2) stellte Empedokles bezüglich der Metempsychose diese Säße auf: „Die Seelen müssen in sterblichen Körpern ihre Verbrechen büßen, daher gehen Menschenseelen in Thierkörper, ja gar in Pflanzen über ; ich selbst war Knabe, Mädchen, Pflanze, Vogel, Fisch, aber nun werde ich

1) Nach Empedokles sind somit die Seelen unvergänglich, eristiren aber zulezt nicht als solche, sondern als Dämonen. Ueber die Natur und Thätigkeit dieser Seelen cf. Arnold, C. Progr. I. p. 13. Anmerkung. Cicero fagt: Empedocles animum esse censet cordi suffusum sanguinem. Tusc. I. 9. 2) de esu carnium orat. I. p. 996. cf. Diog. Laërt. VIII. 17. Aristoteles de plant. I. 1; Clemens Alexr. strom. V. p. 607.

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nach meinem Tode als unsterblicher Gott erscheinen. Auch die übrigen Menschen werden nach vollbrachten Wandrungen an der Göttertafel speisen und mit ihren Vorfahren in glücklichem Umgange leben."

Nach Gladisch 1) war Empedokles nicht Pythagoräer, sondern Vermittler des parmenideischen Wettstreites zwischen Erkenntniß und Erfahrung und es ist von demselben Gelehrten die Uebereinstimmung der philosophischen Lehre des Empedokles im Wesentlichen mit der Weltanschauung der alten. Aegypter dem ägyptischen Pantheismus nachgewiesen. Wenn auch eine solche Uebereinstimmung des griechischen Philosophen und der ägyptischen Lehre bezüglich des Leibes der Gottheit, der aus vier Elementen besteht, nachgewiesen wird, so ist ein solcher Nachweis doch, wie es scheint, am meisten in Beziehung auf empedokleische und ägyptische Seelenwandrungslehre gelungen (cf. p. 60 ff.), sofern für Gladisch Herodot nicht als einzige Quelle bezüglich Aegyptens gilt. Empedokles legt wie die Aegypter die göttliche Vernunft oder die Seele in die Mischung des Blutes und Herzens, aber sie ist ihm in dieser Mischung nicht aufgegangen, wie Sturz2), Ritter), Zeller) meinten, sie ist ein selbstständiges, von den körperlichen Bestandtheilen unterschiedenes Wesen, ein Theil der Gottheit, der im Menschen wohnt und vor seinem Körper eristirte, wie er auch nachher sein wird, aber nicht mehr als Einzelwesen. In diesem Sinne sind z. B. die Verse zu deuten:

"

Nimmer wohl wird, wer darin belehrt ist, solches vermeinen,

Daß, nur so lange sie leben, was man nun Leben benennet,

Nur so lange sie sind und Leiden empfangen und Freuden,

Doch, eh' Menschen sie wurden und wann sie gestorben, sie nichts sind." ")

Empedokles lehrte ferner, daß die Seele einst in seliger Gemeinschaft oder Einheit mit der Gottheit gelebt habe, aber durch Versündigung sei sie des Glückes verlustig geworden und in das irdische Dasein herabgefallen, wo sie nun durch alle Arten der sterblichen Leiber wandern müsse, bis sie endlich durch diese Büßung geläutert, ihre Göttlichkeit zurückempfange und in das selige Leben mit der Gottheit zurückkehre. Er schreibt:

1) Empedokles und die Aegypter mit Erläuterungen von H. Brugsch und J. Passalaqua. Leipzig 1858. p. 16. 2) Emped. p. 471 ff. 3) Gesch. d. Phil. I. 563 ff. − 1) Gesch. Th. I. p. 547 ff.

5)

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οὐκ ἂν ἀνὴρ τοιαῦτα σοφός φρεσὶ μαντεύσαιτο,

ὡς ὄφρα μὲν τε βιοῦσι, τό δή βίοτον καλέουσι,

τόφρα μὲν οὖν εἰσὶν καί σφιν πάρα δειλὰ καὶ ἐσθλά,

πρὶν δὲ πάγεν τε βροτοὶ καὶ ἐπεὶ λύθεν, οὐδὲν ἄρ εἰσίν. (carm. reliqu. v. 350 ff.) cf. 1. c. v. 379 (402) aus Porphyrios bei Stob. Eclog. phys. I. p. 1050, mo ber Bers alfo eingeführt with: αὐτῆς γὰρ τῆς μετακοσμήσεως εἱμαρμένη καὶ φύσις ὑπὸ Ἐμπεδοκλέους δαίμων ανηγόρευται σαρκῶν αἰολύχρωτι περιστέλλουσα χιτώνι, καὶ μεταμπίσχουσα τὰς ψυχάς. – Mad Plutarch., Symposiac. V. 8, 2 fagt Nach Empedoffee: ἀμφιβότην χθόνα τὸ τὴν ψυχὴν περικείμενον σῶμα.

„Also besteht ein Verhängniß, ein alter Beschluß von den Göttern,
Der für die Ewigkeit gilt, durch mächtige Eide besiegelt:
Wer mit Frevel im Sinn entweder die theueren Hände
Hat mit Blut befleckt, oder wer sich vergangen durch Meineid,
Von den Dämonen, so vielen verliehn langdauerndes Leben,
Muß unzählige Jahr' entfernt von den Seligen irren,
Wo er von Zeit zu Zeit sich in allerlei Wesen verwandelt.
Die mühseligen Bahnen des irdischen Lebens vertauschend.

So leb' ich auch jezo verbannt von den Göttern, ein Flüchtling,
Dienend dem rasenden Zwist." ')

§. 5. Die Eleaten,

die ganz mit der Entwicklung der Alleinslehre (des ev xai nāv) beschäftigt waren (Xenophanes, Parmenides, Zeno), geben uns keinen Aufschluß über die hehre Idee von der Unvergänglichkeit des menschlichen Geistes.

§. 6. Anaxagoras

entwickelte dem Materialismus jener Periode gegenüber die damals neue Theorie von der Weltseele, vous, d. h. einem Denkenden, bestimmte Weltzwecke verfolgenden Weltordner 2). Die Weltseele, diesen innerweltlichen vous versucht Gladisch 3) mit dem überweltlichen Schöpfer, dem Jehovah der Israeliten zusammenzustellen, den anaragoreischen (unüberwundenen) Pantheismus zu dem alttestamentlichen Theismus zu erheben. Bezüglich der menschlichen Seele nahm Anaragoras an, daß sie nach dem Tode mit Aufgebung ihrer Individualität in die Weltseele zurückkehre. In dieser Beziehung bemerkt Gladisch: Nur diesen (menschlichen) vous konnte Anaxagoras, wie wir von den Alten (Aristoteles ?) vernommen, „von außen her“ als die belebende Seele in den Körper des Menschen hereintreten und beim Tode sich wieder vom Körper scheiden lassen *). Insofern ihm die Seele

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εὖ τέ τις αμπλακίησι φρενών φίλα γυῖα μήνῃ
αἵματι ἢ ἐπίορκον ἁμαρτήσας ἐπομόσση
δαίμων, οἵ τε μακραίωνος λελάχασι βίοιο.
τρὶς μυρίας ὥρας μιν ἀπὸ μακάρων ἀλάλησθαι
γιγνόμενον παντοῖα διὰ χρόνου εἴδεα θνητῶν,
ἀργαλέας βιότοιο μεταλλάσσοντα κελεύθους.

τῶν καὶ ἐγώ νῦν εἰμι, φυγὰς θέοθεν καὶ ἀλήτης,

νείκεϊ μαινομένῳ πίσυνος. (carm. reliqu. V. I. sequ. 369 sequ. mit Stein's Ergänz. B. 4 (372) und 8 (376) bei Gladisch, Empedocl. p. 62.) 2) Die Abhandlung über Anaragoras von Prof. Dr. Fr. Hoffmann in Würzburg ist uns leider nicht zur Hand gekommen 3) Anaragoras und die Israeliten p. 139 2c. -) Im Interesse der Aristotelischen Unsterblichkeitslehre bemerken wir hier, daß eine Identificirung des Aristotelischen und Anaragoräischen voës nicht zulässig ist, insofern Arist. nirgends von einem Ausfluß des menschl. vous aus dem göttlichen redet. Das

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