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Gott geflossen sei, habe zu seinem eigentlichen Wesen den Geist 1). Wir sehen hier, daß der Geist das Wesen der menschlichen Vernunft ausmacht, daß er folglich auch zum Wesen des Menschen gehört, daß er aber auch ein Abdruck einer göttlichen Kraft ist, die der Bezeichnung nach offenbar der Logos ist; es ergibt sich daher, daß der Logos das Allgemeine und der Geist das Besondere ist, eine Offenbarung Gottes im Wesentlichen von derselben Natur wie der Logos, nur etwa von beschränkterem Umfang, der sich namentlich aus dieser Stelle ergibt, wo der Geist bloß in Verbindung mit dem Menschen gedacht wird. Ganz in derselben Weise, erwähnt Keserstein (ibid.), spricht sich Philo quis rer. div. haer. s. 489. A. aus, nur daß das Empfangen des göttlichen Geistes von Seiten des Menschen mit der Bildung desselben nach dem göttlichen Ebenbilde völlig gleich gesetzt wird, wiederum zum Beweise, daß der Geist etwas Bleibendes im Menschen und im Wesentlichen vom Logos nicht verschieden ist. Zugleich ge= braucht hier Philo die doppelte Natur der yuzń zu einer moralischen Anwendung, indem er daraus erklärt, daß sich ein Theil der Menschen zur geistigen Natur, dagegen der andere zu den Lüsten des Fleisches hinneige 2).

Wenn wir auch absehen von Philo's Platonismus, der, wie wir später sehen werden, im Wesen Pantheismus ist, so können wir Philo troß seines vorangestellten jüdischen Monotheismus von pantheistischen Anschauungen auf Grund der angeführten Stellen durchaus nicht freisprechen 3); und was somit die Unsterblichkeit in der Auffassung des Pantheismus zu bedeuten habe, erhellt von selbst. Hören wir noch, was Philo vom Zustand nach dem Tode sagt: Bekanntlich sind ihm Engel, Dämonen und Seelen nur verschiedene Namen für ein und dieselben Wesen; ihre Zahl ist unendlich wie die Sterne und ihr Aufenthalt ist die Luft, die als das Beste vom Irdischen auch mit dem besten Organismus lebendiger Wesen versehen ist *). Ein Theil dieser Seelen steigt, von der Lust zur Erde und zum Körper ergriffen, herab, um sich mit sterblichen Leibern zu verbinden. Viele von diesen werden hier, von der Gewalt des sinnlichen Strudels ergriffen, verschlungen und gehen in der Sinnlichkeit völlig unter 5), andere durch Ringen

1) Ἡ δὲ ἐκ τῆς λογικῆς ἀποῤῥεῖσα πηγῆς (δύναμις οὐσίαν ἔλαχε) πνεύμα, οὐκ ἀέρα κινούμενον, ἀλλὰ τύπον τινα καὶ χαρακτῆρα θείας δυνάμεως, ἣν ὀνόματι κυρίῳ Μωϋσῆς εἰκόνα καλεῖ, δηλῶν, ὅτι ἀρχέτυπον μὲν φύσεως λογικῆς ὁ Θεός ἐστι, μίμημα δὲ καὶ ἀπεικόνισμα ἄνθρωπος, οὐ τὸ διφυὲς ζῶον, ἀλλὰ τὸ τῆς ψυχῆς ἄρι στον εἶδος, ὅ νοῦς καὶ λόγος κέκληται. 2) Ueber die besondere Spezies des Geistes, über δαδ πνεῦμα φροφητικόν cf. Referftein p. 166. 3) Döllinger sagt (Heidenth. p. 846) in dieser Beziehung treffend, daß in Philo gleichsam zwei Seelen, eine Hellenische und eine Jüdische, thätig sind, die nicht selten in Conflikt mit einander gerathen. ') de somn. I. p. 585. — 5) Philo, einen zuerst hervorgebrachten Ur- oder Idealmenschen, der Hermaphrodit gewesen, annehmend (Quis rer. div. 503 u. a. D.), findet den Sündenfall darin, daß das Weib den Mann dort zu geschlechtlicher Vermischung verführt habe; hicbei habe sich die Wollust, der Anfang aller Ungerechtigkeit und Sünde entwickelt. Da sich in einem körperlich-geistigen Wesen die Lust unfehlbar entwickelt, so

nach höherer Erkenntniß stark genug, dem Andrange zu widerstehen, trachten vom Anfang bis zum Ende dem leiblichen Dasein abzusterben, um das höhere Leben zu gewinnen 1). Diese kehren nach dem Tode zum himmlischen Wohnsiß zurück, um so sicherer, als Einige von ihnen, die Seelen der Weisen, in der That die Wandrung auf die Erde nur aus Wißbegierde unternommen haben 2). Die Lasterhaften läßt Philo zugleich mit der Zerstörung des Leibes untergehen. Einige der zurückgekehrten Seelen lassen sich indeß neuerdings durch irdische Neigung verleiten, die Erde zum zweitenmal zu besuchen. Andere Seelen dagegen, welche die Ges meinschaft mit Jrdischem ihrer nicht würdig halten, die Engel der Bibel, die Herren der Griechen, deren Wohnstätte in dem über der Luftregion befindlichen Aether ist 3), pflegt Gott als seine Diener und Geschäftsträger zur Beaufsichtigung der Sterblichen zu verwenden, wie wir bereits bemerkt haben. Böse Engel gibt es nach Philo's Behauptung allerdings auch, er beschreibt sie aber als böse Menschen, wie er denn auch, da er das Böse einzig in die Sinnlichkeit seßt, den Fall und das Schlechtwerden der Geister mit dem Eingehen derselben in die Sinnlichkeit, ihrer Verbindung mit Körpern zusammenfallen, oder aus dieser im weiteren Verlaufe entstehen Lassen muß. In dieselbe Klasse himmlischer Seelen sezt Philo auch die Seelen der Gestirne, das sind die vornehmsten, die Herrscher im Weltstaate (de monarch. 1, 812) *).

§. 8. Neupythagoräismus.

Diesen vertritt besonders Apollonius von Thana. Er gibt eine Theorie von der allgemeinen Metamorphose vermöge der Modifikationen der Einen Substanz, welche etwas früher bereits Ovid dem Pythagoras selbst in den Mund gelegt hatte, die also wohl damals von den Pythagoräern

ist allen Menschen die Sünde schon angeboren, die eben in der Herrschaft der sinnlichen Lust über die Seele besteht (de mundi opif. 37 u. a. D.). Das Böse kommt also von der irdischen Umhüllung, dem Leibe, diesem häßlichen Kerker des Geistes, aus welchem er sich wegsehnt, wie Israel aus Aegypten (quis rer. div. haer. 518), um erst nach dem Tode in's wahre Leben einzutreten. Es gibt aber Menschen, die sich durch ihre Ascese in einen Zustand der Selbstentäußerung und leidenden Hingebung an Gottes Einwirkung verseßen, in welchem sie, wie ein sprach- und bewußtloses Kind, vom göttlichen Wahnsinn ergriffen“, einzig vom göttlichen Geiste wie die Saiten eines mufikalischen Instrumentes bewegt sind freilich ein Mysterium nur für Eingeweihte (Quis rer. div. haer. 490 f.). cf. Döllinger, Heidenth. p. 847 ff.

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1) de gigant. 284-285. 2) Confus. linqu. p. 331. - ) Auch den mensch= lichen Geist erklärt Philo für einen Ausfluß jenes Aethers oder fünften Elements, aus welchem der Himmel und die Gestirne gebildet find (quis rer. div. haer. 521) „zu welchem bei der Trennung vom Leibe der Geist wie zu seinem Vater hingehen werde", eine Ansicht, die, wie er selbst bemerkt, von den Alten (Pythagoräern) entlehnt war. 1) cf. Döllinger, Heidenthum p. 845 xc.

vorgetragen wurde. In den Briefen unter seinem Namen (Apoll. Tyn. Ep. 58. 25. 26) wird ihm die Lehre beigelegt, daß alles Entstehen und Ver= gehen, Geburt und Tod nur scheinbar sei und eigentlich nicht eristire. Geburt sei der Uebergang aus dem Zustande der Substanz in den der Natur, Tod die Rückkehr der Natur in die Substanz. Was dabei vorgehe, sei ein bloßes Erscheinen und Verschwinden der Materie, je nachdem sie sich verdichte oder verdünne, oder zwischen Entleerung und Erfüllung abwechsle. Erfüllt die Materie das Sein, so wird es sichtbar, was man Geburt heißt; zieht die Materie sich vom Sein zurück, so nennt man das Tod. Die Substanz der Dinge bleibt immer dieselbe, es ist nur Wechsel von Bewegung und Ruhe. Der Mensch wird durch den Tod, indem nicht die Natur, sondern nur die Form des Seins sich ändert, zum Gott (cf. Döllinger, Heidenthum p. 579).

Troß dieser pantheistischen Anschauung scheint Apollonius an Todtenbeschwörungen geglaubt zu haben, denn nach Philostratus (IV. 16) citirte er, wie wir bereits (I. Th. 2. Abschn. p. 130) erwähnten, unter Verrichtung gewisser Gebete den längst zu den Schatten hinabgestiegenen Achilles: Es entsteht eine schwache Erschütterung, und es tritt die fünf Ellen hohe Gestalt eines Jünglings heraus, mit einer Chlamys nach thessalischer Weise bekleidet. Die Erscheinung wächst vor seinen Augen bis zur Höhe von zwölf Ellen, und klagt, indem sie zu reden scheint, daß die Thessalier schon so lange Zeit ihrem Helden die Todtenopfer zu bringen unterlassen hätten. Er entschwindet darauf nach einer längeren Unterredung unter Wetterleuchten kurz vor dem Hahnenschrei. Wie Philostratus ferner (VIII. 9) berichtet, kam Apollonius bei Besuch der Orakelhöhle des Trophonius erst nach sieben Tagen davon heraus.

§. 9. Neuplatonismus.

Plutarch, der unter Hadrian in hohem Alter starb, war der platonischen Lehre zugethan. Kein anderer Mann jener Zeit hatte eine so warme theilnehmende Liebe zur Religion seines Volkes, wie er; es ist sein ernstliches Streben, dem sinkenden Götterglauben Stüßen zu bereiten, zugleich aber auch die religiösen Vorstellungen und Gebräuche zu reinigen und dem, was ihm die rechte Mitte zwischen Aberglauben und Unglauben schien, näher zu bringen. Nur den Philosophen wird von ihm das entscheidende Urtheil über göttliche Dinge eingeräumt. Plutarch war Monotheist, insofern er einen persönlichen höchsten Gott, Zeus, annahm, dem er jede denkbare ethische und geistige Vollkommenheit beilegte und dessen Seligkeit in seinem Wissen besteht. Er ist jedoch zu hoch und fern, um mit der Welt in irgend einer Berührung zu stehen, obgleich das Weltall durch seinen Willen und sein Denken erhalten wird. Es gibt also Mittelwesen, die dem höchsten Gotte untergeordnet, sich direkt mit der Welt, der Natur und dem Menschen beschäftigen oder selbst zur Natur gehören; das sind die hellenischen Götter (die göttlichen Eigenschaften personificirt?). Plutarch_ist Dualist,

insofern er ein dem vollkommenen Gott von Ewigkeit gegenüberstehendes böses Prinzip (Typhon, Ahriman, Hades, Ares) annimmt. Im Grunde aber sind es bei ihm drei Prinzipien, Gott, Hyle und die böse unvernünftige Weltseele, welche die Ursache alles Bösen in der Welt und aller bösen Triebe in der menschlichen Seele ist 1). Um die Gemeinschaft zwischen den Göttern und Menschen herzustellen, nahm er Dämonen an, mit einem Luftkörper bekleidete Seelen, veränderlicher, mangelhafter Natur 2).

Wie Plutarch fest am Glauben an Gott hielt, so war er auch ein ganz entschiedener Anhänger des Glaubens an die Unsterblichkeit. Diese vertheidigt er. So fragt er in seiner Schrift „über den Verzug des göttlichen Strafgerichts“ (17): „Glaubst du wohl, daß Apollo, wenn er wüßte, daß die Seelen der Sterbenden, sobald sie den Körper verlassen, wie Nebel und Rauch vergehen, soviele Sühnopfer für die Abgeschiedenen anordnen, und solche Ehrenbezeugungen für die Todten fordern, also den leichtgläubigen Menschen einen Betrug spielen und sie zum Besten halten würde? Ich für meinen Theil werde die Unsterblichkeit der Seele nicht eher aufgeben, bis ein anderer Herakles den Dreifuß der Pythia weggenommen und dieß Orakel zerstört haben wird! Es ist ein und derselbe Grund, worauf die göttliche Vorsehung und die Fortdauer der menschlichen Seele beruht, und wer die eine läugnet, kann die andere unmöglich mehr festhalten. Wenn also die Seele nach dem Tode fortdauert, so ist es noch wahrscheinlicher, daß sie alsdann ihre Belohnung oder Bestrafung empfangen wird. In diesem Leben muß sie wie ein Fechter kämpfen, wenn sie aber ausgekämpft hat, trägt sie den verdienten Lohn davon. Freilich bekümmern all die Belohnungen und Strafen, welche die Seele jenseits für den hier geführten Wandel ganz allein trägt, uns in diesem Leben nicht, weil wir sie nicht glauben und uns verhehlen; diejenigen aber, welche schon hienieden über Kinder und Kindeskinder hereinbrechen, fallen den Menschen in die Augen und können Viele vom Bösen abhalten und zurückschrecken.“

Die dionysischen Mysterien sind für Plutarch eine besondere Stüße und Gewähr seines Glaubens an Unsterblichkeit (consol. ad. ex. p. 611). Allerdings rechnet er die Furcht vor den Dingen nach dem Tode zu den Wirkungen der Superstition, und redet einmal von der auf die mythischen Darstellungen sich gründenden Hoffnung der Unsterblichkeit 3), aber obgleich er die Mythen von Hades verwirft und gleich anderen Philosophen meint, daß nach dem Tode nichts zu fürchten sein könne (f. ob. Stelle), die Sache selbst, die Fortdauer der Seele hält er fest und er hat sogar in der wohl von ihm ersonnenen Erzählung des Thespesios eine Ansicht über den Zustand der Abgeschiedenen gegeben. Thespesios, ein Zeitgenosse und

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*) de def. orac. 12. cf. K. Eich 3) ἡ περὶ τὸ μυθώδες τῆς

1) De Isid. 46-49; de An. proc. 6, 9. hoff, Gymnasial-Progr. über Plutarch. Elberfeld 1833. aidióryros élais. Non posse suav. viv. sec. Epic. p. 1104.

Landsmann des Apostels Paulus, aus Soli in Cilicien gebürtig, war ein Wüstling von Jugend auf. Er hatte vom Orakel des Amphilochus in der Stadt Mallus die Antwort erhalten: „er werde glücklich sein, aber erst nach seinem Tode." Bald darauf nahm er kopfüber von einer Höhe herabstürzend allem Anscheine nach den Tod, aber am dritten Tage, als er begraben werden sollte, erwachte er plötzlich wieder, wurde fortan ein Muster von Frömmigkeit und erzählte als Grund seiner Bekehrung seinen Freunden folgendes: Als sein Geist vom Körper geschieden, habe er sich gefühlt, als schwebe er mitten im Wasser, bis er eine unendliche Menge Sterne von wunderbarem Lichtglanze und erstaunlicher Größe mit der gleichsam ganz Auge gewordenen Seele um sich sah und auf diesem Lichtmeere, wie ein Schiff auf klarer See, sanft und mit ungemeiner Geschwindigkeit dahin glitt. Andere Seelen tauchten gleich ihm in leuchtender Blasenform in die Luft auf, wo sie zergingen, und eine menschliche Gestalt, doch in kleinerem Umfange zeigten, einige leichthin hüpften und sich zur Höhe emporschwangen, andere dagegen verwirrt im Kreise sich drehten. Verwandte Seelen schloßen sich oft unter dumpfem Geräusch einander an und flohen die übrigen; ebenso hielt von Allen, die er kannte, nur Einer ihm Stand und ertheilte ihm Auskunft:

Adrastea, die Tochter der Nothwendigkeit, ist als oberste Rächerin gesezt, vor ihren Augen kann sich kein Laster verbergen. Drei Dienerinnen stehen zur Vollziehung der Strafe ihr zur Seite. Der einen, Pône oder Vergeltung, fallen alle, welche noch im Körper sich befinden, anheim und sie züchtigt dieselben, doch so, daß noch Manches, was einer Reinigung bedarf, an ihnen zurückbleibt. Der anderen, Dike oder Gerechtigkeit genannt, werden die schwereren Sünder nach ihrem Tode vom Genius zur Heilung zugeführt. Die ganz unheilbaren aber, welche sie zurückweist, fallen in die Gewalt der dritten und grausamsten Dienerin der Nemesis, Erinnys, der Furie, welche sie im Flichen erhascht, erbärmlich und schauderhaft zurichtet und sie in den unbeschreiblichen Abgrund stürzt, den noch kein Auge gesehen. Jene Schatten aber, welche im Leben noch durch keine Strafe gereinigt worden, ergreift Dike und stellt sie in ihrer ganzen Blöße und Nacktheit dar, so daß kein Schlupfwinkel mehr für ihre Bosheit bleibt; ja selbst vor Eltern und Verwandten müssen sie sich als Scheusale, die ihrer unwürdig gewesen, zeigen, oder gegenseitig einer des andern Qualen mit ansehen. Diese Strafe dauert so lange, bis jede Leidenschaft unter Martern und Peinen abgebüßt ist, und ist so heftig, daß hinter ihr alle körperlichen Leiden wie der Traum hinter der Wirklichkeit zurückbleiben. Nach Verschiedenheit ihrer Verbrechen erscheinen die Seelen auch unter manichfaltigen Farben: schwarzdunkel der Geiz und die Niederträchtigkeit, blutroth die Grausamkeit und Mordlust, bläulich die Geilheit, rostgefleckt der Neid und die Feindschaft. Am Ende der Reinigung, wenn die Farbe gänzlich verschwindet, wird die Seele wieder glänzend und von allen Flecken rein; unter den Rückfälligen aber gelangen noch manche durch wiederholte Züchtigungen zur erforderlichen Reinigkeit, und hören dann auf, Schatten

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