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hineinzuschauen, welche Wonne für den Menschen, wenn der Flor, der seine Erkenntniß übersinnlicher Wahrheiten trübt, plötzlich weggezogen und diese in durchsichtigem Glanze ihm werden bloßgelegt werden.

b) Die Freude an der erkannten Wahrheit zählt bekanntlich schon hienieden zu den reinsten Genüssen, gegen welche alle Sinnenfreuden verschwinden. Welchen Wissensdrang hat nicht der Schöpfer in unsere Brust gelegt, und welche Seligkeit liegt in der so dürftigen Befriedigung (denn all' unser Wissen ist hier doch nur Stückwerk), welche wir diesem Durste gewähren können! Wie lassen es sich viele Menschen so sauer werden, welche Opfer von Gesundheit und Leben bringen sie, bloß um zu lernen, um zu wachsen in der Erkenntniß oft der geringfügigsten Dinge! Und sind wir in irgend welchem Zweige des menschlichen Wissens über die ersten Ele= mente hinaus, überall stoßen wir auf Schwierigkeiten und ungelöste Räthsel. Welches Nachtwachen und Kopfbrechen läßt es sich der edle Forscher nicht kosten, irgend ein schwieriges Problem, das ihn beschäftigt, zu lösen; was würde er nicht oftmals bieten, so ihm Jemand Aufschluß über irgend eine Frage, welche ihn beschäftigt, ertheilen könnte, und welches Entzücken, das er empfindet, wenn ihm irgend eine mühsam erforschte Wahrheit einleuchtet? Wer denkt nicht an das evonxa des Archimedes? Und siehe! Dort werden. alle Probleme der Wissenschaft gelöst vor uns liegen. Die Philosophie wird sich zu den letzten Gründen frei von Scepticismus erschwingen; die Theologie wird ihre Streitpunkte geschlichtet finden; in der Geschichte, welche zu einer vollendeten Theodicee geworden, werden wir den Leitfaden der göttlichen Weisheit und Gerechtigkeit bewundern; die Seelenkunde wird uns die tiefsten Geheimnisse des menschlichen Herzens erschließen; die Naturkunde wird uns Einsicht geben über die Harmonie des Weltalls, das Sonnensystem und den unermeßlichen Aetherraum, in welchem die Weltkörper kreisen, den Tanz der Sphären und die leßten Gründe der Phänomene, welche uns jezt so oft in Erstaunen seßen. Doch was ist alles dieß? Durchschauen werden wir die Geheimnisse des Glaubens: Die Trinität, die Jnkarnation, die Natur der Freiheit und ihre Wechselwirkung mit der Gnade, Materien, über welche die tiefsten Denker nur gestammelt haben und nur schüchtern zu Wort gekommen sind, werden uns in ungeahnter Klarheit einleuchten. Aber alle Ahnung übersteigt es, daß wir einen klaren und geraden Blick hineinwerfen werden in die Tiefe der Gottheit selbst, welche die Wahrheit aller Wahrheit ist.

c) Beachten wir endlich, daß die jenseitige Erkenntniß der Seligen die Würde des Schauens besißt: Die Schönheit ist es, welche dem Organe des Schauens, dem Auge, den entzückenden Reiz gewährt; die körperliche Schönheit dem leiblichen Auge, die geistige dem geistigen. Ein kunstgerechtes Gemälde, eine herrliche Landschaft, die aufgehende Sonne in ihrer Pracht, welche Freude und welcher Genuß für den sinnigen Beobachter! Wir wollen nun nicht sprechen von der Schönheit der verklärten Welt, wir wissen, in welchen Prachtbildern die Apokalypse sich erschöpft, die Herrlich

keit des himmlischen Jerusalems zu zeichnen, nicht sprechen von der Schönheit der verklärten Leiber, welche leuchten werden einige wie die Sonne, andere wie der Mond, andere wie die Sterne; nicht sprechen von der geistigen Schönheit der Himmelsbewohner bis zum höchstgestellten Seraph hinauf, wir werden schauen den Urquell aller leiblichen und geistigen Schönheit selbst: Gott den Dreieinen. Pracht und Majestät ist Jehovah's Gewand!" - fulgor et decus indumentum ejus, und wo er auch nur im Symbol wohnte, da durfte im alten Bunde der Priester, wenn er am Versöhnungstage in's Allerheiligste hineintrat, den Blick nicht erheben, bis er die Glorie (2) des Herrn mit einer Rauchwelke verhüllt hatte. Das lumen gloriae wird das Geistesange der Seligen stählen, daß er Adler- gleich unge= blendet den Blick in die Sonne der Geister hineinwerfen kann 1).

Die Seligkeit des Himmels, alle Geisteskräfte des Menschen beschäftigend, besteht auch in der Liebe und im Genusse Gottes. Die bes feligende Liebe des Himmels wird selbstverständlich die Mängel, welche ihr hienieden ankleben, abstreifen. Hienieden ist die Liebe Liebe der Sehnsucht, an der immer noch das Unbefriedigtsein haftet, dort ist sie die Liebe des genießenden Besitzes; hienieden ist die Liebe nicht ohne Schmerz d. h. nicht ohne Gefühl trennender Ferne verbunden mit bittersüßem Heimweh, dort ist sie die Liebe ruhender Einigung; hier die Liebe in der Prüfung, dort die Liebe in der Belohnung für die Treue in guten und bösen Stunden. Pantheistische Deutung ferne haltend sagen wir: Wie im Meere der Fluß sich verliert, so werden die Seligen im Ocean der göttlichen Liebe sich auflösen; wie die Gluth des Feuers das Eisen, wird die Gluth der Liebe den Seligen schmelzen. Hieraus erklärt sich die sog. unio beatifica. Wie selig ist schon reine menschliche Liebe! aber was ist sie gegen jene himmlische ?

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Wir haben dort auch den Genuß Gottes (fruitio divina): die Ruhe in Gott, von der geschrieben steht Apoc. 14, 13: Selig die Todten, welche im Herrn sterben, denn von nun an werden sie ausruhen von ihren Werken." Hiezu kommt noch die Genossenschaft mit den übrigen seligen Menschen und den Chören der Engel. Der arme Lazarus ruht in Abraham's Schooß. Und Luc. 13, 28 lesen wir: In der Hölle ist heulen und Zähneknirschen, weil die Verdammten die Patriarchen und Propheten erblicken, sich aber von ihrer Gemeinschaft ausgestoßen finden in die äußerste Finsterniß. Näheres über diese Zustände wissen wir nicht. Im Vergleich mit dem irdischen Elend ist die Himmelsseligkeit überaus tröstend, wie sie Apoc. 21, 4 geschildert wird: „Gott wird jegliche Thräne abwischen von den Augen der Heiligen, dann wird kein Tod mehr sein und kein Wehklagen noch Trauer, denn das Alte ist vergangen"; dann werden wir dem Apostel Paulus beistimmen (I. Cor. 2, 9): „Kein Auge hat es gesehn, kein Ohr gehört und in keines Menschen Herzen ist es gedrungen,

') Oswald, Eschat. p. 47 ff.

was Gott Denen bereitet hat, welche ihn lieben" cf. I. Petr. 1, 8. Ja wir werden bestätigen, was der Völkerlehrer (Röm. 8, 18) uns sagt: „Die Leiden dieser Zeit sind nicht zu vergleichen mit der Herrlichkeit, welche sich an uns offenbaren wird."

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Cap. IV. Die Hölle.

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Unter Hölle verstehen wir den Zustand der von Gott verworfenen Menschen im andern Leben, das Loos Jener, welche mit schwerer Sünde behaftet aus diesem Leben scheiden '). Die kirchliche lateinische Bezeichnung ist Infernus, womit die Vulgata im Neuen Testament das griechische dns überträgt (cf. Math. 11, 23; Luc. 10, 15); daneben findet sich der Ausdruck gehenna Math. 5, 22; ferner ¬vo äoßɛotov, ignis inexstinguibilis Luc. 12, 5. Mehr umschreibende Bezeichnungen für die Hölle sind in der Bibel: Die Finsterniß“, „äußere Finsterniß" (tenebrae exteriores) d. h. Finsterniß draußen, als Ort der Verstoßung von Gott und dem Himmel, "Ort, wo Heulen und Zähneknirschen sein wird" (cf. Math. 8, 11); ferner Feuer und Gehenna des Feuers" Math. 5, 22; ewiges Feuer" Math. 25, 41; „Kamin des Feuers" ib. 13, 42; „unauslöschliches Feuer“ Mark. 9, 42; „der Abgrund" (abyssus, wo der Drache, die alte Schlange aufbewahrt wird) Apoc. 20, 1; endlich sehr häufig der „Tod", der zweite (Apoc. 2, 11) oder ewige Tod. Weitere Umschreibungen dieses Zustandes sind: „Das Verderben" (perditio, analia Phil. 3, 19); Untergang" (interitus, öλεdoos II. Thess. 1, 9); „Verwesung" (corruptio, Dogá. Gal. 6, 8) 2c. Schon ein flüchtiger Ueberblick der genannten Bezeichnungen, bemerkt Oswald (p. 59), muß jeden Bibelgläubigen davon überzeugen, daß der Zustand der von Gott Verworfenen als ein Stand erschrecklicher Qualen und unsäglicher Schmerzen beschrieben wird. Was jedoch die Hölle erst wahrhaft zur Hölle macht, das ist die zeitliche Endlosigkeit oder die Ewigfeit ihrer Strafen. Dieser Punkt hat die volle kirchlich-dogmatische Sanktion erhalten, die anderen Bestimmungen sind nicht stricte de fide. Daß die Wahrheit von der Ewigkeit der Höllenstrafe eine der bedeutsamsten und wichtigsten aus der Theologie ist, sowie daß sie etwas Schreckliches und Grauenhaftes an sich hat, ist unleugbar. Wer kein gutes Gewissen hat, bebt zurück bei dem Gedanken an diese Lehre, und selbst wer sich redlichen Strebens bewußt ist, fühlt sich kalt überrieseln beim Nachdenken an solch' ernste Wahrheit. Das ascetische Moment dieser Idee ist unabweisbar. Umsonst leugnet der Ungläubige die Hölle, besser wäre es ihm, sich an den Spruch zu erinnern: Descendamus in infernum viventes, ne descendamus in eum morientes. Je lebendiger der Glaube an die Hölle jeßt, desto minder die Gefahr, einst der Hölle zu verfallen.

1) Hölle von Hel, Unterwelt; "helle» von helan = hehlen, also Hölle ein dunkler, verborgener Ort.

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Die Ewigkeit der Hölle läßt sich aus der hl. Schrift klar und bündig beweisen. Die Stellen aus dem alten Testament z. B. Daniel 12, 2; Isaias 66, 24 c. haben wir bereits (II. Th. „Hebräer“) angeführt. Dagegen be= gegnet uns sogleich an der Schwelle des neuen Testamentes der Ausspruch des hl. Johannes des Täufers: Seinen Waizen sammelt er in die Scheuer, die Spreu aber verbrennt er mit unauslöschlichem Feuer." Matth. 3, 12. „Besser ist es, verstümmelt in's Leben einzugehn, als mit zwei Händen zu kommen in die Gehenna, in's unauslöschliche Feuer, wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt." Mark. 9, 42. Bei der Beschreibung des letzten Gerichtes lesen wir Matth. 25, 41: „Gehet von mir, ihr Verfluchten, in's ewige Feuer, welches dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist." cf. II. Thess. 1, 8-9 xc.

Troß dieser biblischen Zeugnisse für die Ewigkeit der Hölle, suchte man aus anderen Schriftstellen einen Lehrsatz zu beweisen, welcher mit dieser Ewigkeit der Höllenstrafe unverträglich ist, nämlich die seg. Apokatastase (restitutio in integrum), nach welcher zu guter Leht doch alle Verworfenen: Menschen wie Engel dereinst wieder in den uranfänglichen Zustand zurückversezt, mit Gott versöhnt und vereinigt werden sollen. Die hl. Schrift kann sich aber nicht widersprechen, somit ist diese Anschauung a priori als unbiblisch zu betrachten. Die Stelle, auf die man sich beruft, ist Acta 3, 21, wo Petrus redet: Thuet Buße zur Vergebung der Sünden, damit die Zeiten der Ruhe kommen, und Gott Den sende, welcher Euch gepredigt ist, Jesum Christum, den die Himmel behalten müssen bis zu den Zeiten der Bieberberftellung aller Dinge (ἄχρι χρόνων ἀπὸ καταστάσεως πάντων), von denen der Herr gesprochen hat durch den Mund der Propheten vor Alters." Daß hier von einer Apokatastase in vorgedachtem Sinne nach dem Contert nicht die Rede sein könne, leuchtet unmittelbar daraus ein, weil eine solche die Mahnung zur Buße hätte abschwächen, ja aufheben müssen. Diese Zeiten der Wiederherstellung bedeuten eben nichts Anderes, als die zweite Parusie Christi. Das návτæv heißt, daß beim Weltende, nach Ueberwindung der Bösen und des Bösen (cf. II. Petr. 3, 13) „Alles" d. i. nicht bloß die Menschheit, sondern auch die sichtbare Schöpfung wiederhergestellt" d. i. erneuert werden soll. Die Folgen der Sünde sind dann auf allen Gebieten aufgehoben und die Erlösung ist durchgeführt — an allem Erlösbaren. Ferner, wenn nach I. Cor. 15, 26 Gott Alles in Allem" zuleht sein wird, wo bleibt Hölle und Teufel? Nach der authentischen Erklärung der Kirche an der Hand der Tradition heißt dieser Ausdruck so

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') Daß „ewig“ aluvios, aeternus bloß eine lange Dauer bedeute in den betreffenden Stellen, läßt sich aus dem Contert nirgends nachweisen, auch ist eine solche Interpretation von der kirchlichen Lehrautorität zurückgewiesen; ebensowenig sind die Ausdrücke „Untergang, zweiter Tod, Verderben" als Vernichtung der Gottlosen (nach kirchlicher Erklärung) zuläßig. Diese Ausdrücke als bloße Drohungen Gottes nehmen zu wollen, wäre lächerlich.

viel als: Gott Vater wird die Herrschaft über das Weltall, die er bis dorthin dem Gottmenschen überlassen hatte, wieder selbst übernehmen. Uebrigens fann man von einer Apokatastase im orthodoxen Sinne reden '), insofern auch die Bösen der Herrschaft Gottes zuletzt unterworfen werden und seine Gerechtigkeit verherrlichen durch ihre Strafe. cf. Coloss. 1, 19 ff.

Man wird uns wohl nicht zumuthen, daß wir die ganze Tradition über diesen Gegenstand, die ganz einstimmig in dieser Lehre durch alle Jahrhunderte ist, hier anführen sollen. Wir verweisen auf die verschiedenen dogmatischen Werke. Doch wollen wir eine Stelle aus dem Martyrium des Hl. Polycarp (c. II.) citiren: „Sich haltend an die Gnade Christi, verachteten sie (die Märtyrer) die irdischen Qualen, indem sie in Einer Stunde sich von der ewigen Strafe loskauften, und das Feuer ihrer grausamen Peiniger war ihnen kühl; denn sie faßten in's Auge, zu entgehen dem ewigen und nie erlöschenden Feuer."

Schließlich bringen wir die feierliche Erklärung des V. oecu= menischen Concils (d. II. Constant. v. J. 553) über die Ewigkeit der Höllenstrafe: „Wenn Jemand sagt oder meint, daß die Bestrafung der Dämonen und gottlosen Menschen nur zeitlich sein, und in irgend einer Zeit ein Ende nehmen werde, oder daß eine Wiederherstellung der Dämonen und gottlosen Menschen sein werde, der sei im Banne" (anath. 9. in edicto Inst. imper.) 2). Auch die sog. Reformatoren sind diesem Dogma beigetreten, weßhalb das Trienter Concil keine Ursache hatte, besonders darauf zurückzukommen 3).

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Wollen wir noch einen Blick werfen auf die Art der Höllenstrafe, so ergibt sich aus den obigen Schriftstellen die Trennung und Verstoßung von Gott (poena damni): „Weichet von mir, ihr Verfluchten!" -in die äußere" Finsterniß (Matth. 8, 12) als eine unübersteigliche Sonderung vom Himmel (Luc. 16), obgleich die Verdammten Gott kennen und bei seinem Anblick ausrufen: „Ihr Berge fallet über uns und ihr Hügel bedecket uns" Luc. 23, 30. Wird so die Anschauung Gottes bei den Verworfenen statt zum Quell unaussprechlicher Seligkeit zur Ursache der beschämendsten Schande, so schlägt verständlich die Liebe der Seligen bei ihnen in den Haß Gottes um. Sie müssen Gott hassen. Und doch hat der Mensch ein unaustilgbares Bedürfniß zur Liebe; das gänzliche Verzichtenmüssen auf die Liebe Gottes kann im Menschen nur einen furchtbar öden, klaffenden Abgrund eröffnen, der jenseits durch nichts auszufüllen ist; schon hier wäre es eine Hölle, wenn der Mensch gar nichts sollte lieben dürfen. Hiezu kommt als zweites Moment der poena damni die Qual des Gewissens: Die Verworfenen erkennen, und müssen zugleich anerkennen,

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1) Im häretischen Sinne soll u. A. Origenes die Apokatastase genommen haben; Al. Vincenzi suchte ihn neulich zu rechtfertigen. 2) cf. Hefele, Conc. Gesch. III. 766. 3) Ueber die Ewigkeit der Höllenstrafe vor dem Forum der Vernunft cf. Oswald, Eschat. p. 68 ff. sowie die Einwendungen (unten).

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