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wie Jrenäus (1. V. adv. haer. c. 35) redet, bis sie dereinst in die vollkommenste himmlische Glückseligkeit versezt würden" 1).

Auch andere Kirchenlehrer, bemerkt Löscher (in Beckers Mitth. II. p. 76) welche von Papias und dessen Schülern zu den chiliastischen Träumen verleitet worden, sind diesem Irrthume angehangen, indem nach ihrer Meinung die Seelen der selig Verstorbenen in diesem paradiesischen Zustande des völligen Genusses der himmlischen Herrlichkeit „nach und nach gewohnt werden sollen." Der nämliche Verfasser erwähnt (ibid.) auch der Lehre Einiger aus dem XVII. Jahrhundert, welche sagen, es gäbe vor dem jüngsten Tage keine Höllenstrafe.

Hieher gehört auch der Irrthum der Priscillianisten, welche ein langwieriges Auf- und Absteigen der Seelen nach dem Tode lehrten 2). Der Verfasser der Schrift „Système des anciens et des modernes sur l'état des âmes", Amsterdam 1733, schreibt (p. 162): Weil es dreierlei Leute gebe, solche, welche mehr Böses als Gutes gethan, und wieder Andere, bei denen Böses und Gutes das Gleichgewicht haben, so würden die ersten in ihren Behältnissen nach dem Tode mehr glücklich als unglücklich, die anderen mehr unglücklich als glücklich, die dritten aber würden harte Kämpfe ausstehen müssen, ehe das Gute bei ihnen die Oberhand erlangte. Diese Kämpfe hätten viele Veränderungen des Zustandes oder manches Auf- und Absteigen der Seele zur Folge. Ueberdieß soll nach der Meinung dieses Autors der gute Zustand der Frommen nicht ohne Unglück, und der böse Stand der Gottlosen nicht ohne Glück sein.

Auch die alte Lehre von der Seelenwandrung (μɛtɛμvýzwois, μeTεvowμάTwois, transfiguratio cf. Plin. hist. nat. VII. p. 55), welche in verfeinerter Form von Lessing, Schlosser, Ehrenberg und Ungern-Sternberg wieder erneuert wurde, gehört hieher 3). Nach dieser erneuerten Lehre nimmt. man an, die Seelen der Menschen verknüpften sich nach dem Tode wieder mit neuen menschlichen Körpern bei deren Empfängniß und würden so durch eine fortgesetzte Wandrung ́im Ablaufe der Zeit auf Erden vervollkommnet. Von dieser neuen Seelenwandrungslehre thut Schmidt Erwähnung *), indem er sagt: Seitdem das peripatetisch - scholastische Einschachtlungssystem und die Theorie von so und soviel um die Erde als ruhenden Centralpunkt lagernden Sphären, die durch ewige (persönliche) Gestirngeister bewegt werden, durch das Copernikanische Sonnensystem durchbrochen und theilweise umgestoßen ist, hat sich für die Freunde und Gönner der Seelenwandrungslehre wieder ein Feld gefunden, das sie für sich ausbeuten. Da nämlich

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4) Vide Petavius, T. I. de dogm. theol. 1. VII. c. 14. n. 2-4. 509. ed. Paris. 2) Ursinus, „vom Zustand der Seelen", p. 292. 3) Unter den Gnostikern glaubten besonders die Carpocratianer, Marcioniten und Manichäer an d. Seelenwandrung (bei Beckers, Mitth. II. p. 59 ff.). — ) in dem Artikel „Die peripatetischscholast. Lehre von den Gestirngeistern“ in Frohschammer's Athen. 1. p. 589. Die betr. Literatur über neuere Seelenwandrungslehre s. bei Bretschneider, Dogm. p. 482.

durch Copernikus u. A. jenen die Himmelssphären bewegenden Gestirngeistern durch Supposition von, gleichförmige Bewegung mittheilenden Naturkräften (der Attraktion und Abstoßung) gleichsam der Dienst und Aufenthalt im Raume und den Raumkörpern genommen ist, beeilen sich die Vertheidiger der Metempsychose, jene Körper mit menschenähnlichen Wesen zu bevölkern und sogar zu einem Ort der Wanderung für diesseitig ausgelebte und zum Behufe der Läuterung dorthin versette Menschen zu machen: Diese moderne Weltansicht bevölkert die Gestirne mit Millionenmal Millionen menschenähnlicher Wesen, die gleich uns die Nöthen des Lebens kennen und eine zeitliche Geschichtsentwicklung durchmachen müssen oder gar ihr irdisches Leben dort in zweiter, verbesserter Auflage als Platonische Sternenwanderer wiederholen müssen ').

Neben dieser verfeinerten Seelenwandrungslehre finden sich aber auch Theorien, welche den früheren Ansichten in dieser Beziehung wieder näher stehen. So behauptet Franziscus Mercurius von Helmont 2) im Gegensatz zu einer bloßen Wandrung der Seelen in thierische Körper eine durch die eigene Phantasie unreiner Seelen bewirkte thierähnliche Körperbildung: Da alle Sünden nicht gleich hier in diesem Leben gestraft werden, sagt er, so dauert die Seele nach dem Tode des Leibes fort, damit sie nämlich, wie es das Gesetz der Gerechtigkeit fordert, den Lohn ihrer Thaten empfange. Wer daher wie ein Engel gelebt hat, wird billig den Engeln, wer wie ein Teufel gelebt hat, billig den Teufeln beigesellt, wessen Geist hingegen dem Geiste der Thiere ähnlicher als den reinen und guten Intelligenzen, in diesem Leben zu handeln gewohnt war, dessen Seele wird billig dem thierischen Geiste, dem sie folgte, zur Knechtschaft hingegeben, der, wenn er sich nach eigener Phantasie einen neuen Körper nach dem Tode des menschlichen Leibes bildet, die von ihm beherrschte Seele in diese neue Form mit sich fortreißt und daselbst einkerkert. Dieser Ansicht huldigt auch Jung-Stilling in seiner „Theorie der Geisterkunde", wenn er schreibt (§. 191): Der Geistkörper ist ganz in der Gewalt des Gemüthes und er bildet sich im Aeußeren und Inneren nach der Imagination und den Grundtrieben. Welch' schreckliche Carrikaturen und Scheusale müssen also aus Menschen entstehen, die so ganz unter der Gewalt ihrer bösen Leidenschaften stehen? Mißstellen schon hier Zorn, Wollust, Neid, Selbstsucht unsern festen Körper, wie vielmehr jenes feine Wesen, das im Augenblick alle Formen annimmt. Aber nun denke man sich auch eine Seele, die mit Gott versöhnt durch und durch geheiligt und mit hohem Gottesfrieden beseligt ist, muß sie nicht nach ihrem Tode das höchste Jdeal menschlicher Schönheit erreichen? Und §. 192 sagt Stilling: Der Geist nimmt die Gestalt an, die ihm seine Imagination gibt. Denn die abgeschiedenen Seelen haben eine schöpferische Kraft, und nach dem Tode kann ihr Wille das auch wirklich darstellen, was

1) cf. dagegen oben I. Th. p. 69-70.) Opusc. phil. p. I. c. 6. §. 7-8; c. 7. §. 4.

sich die Imagination vorstellt 1). Es läßt sich vermuthen, daß die abgeschiedenen Menschenseelen von Stufe zu Stufe aufwärts und abwärts ihre Gestalt ändern, so daß sie im ersten Falle schöner und glänzender, im anderen aber häßlicher und finsterer werden 2). Eine eigene Ansicht von Reinigung und Strafe der Seelen im Jenseits hat unser Verfasser (1. c. §. 196), indem er die Leiden im Hades als „Heimweh nach der auf immer verlornen Sinnenwelt" bezeichnet.

Eine Frage ist noch zu erwähnen, deren Lösung das „Wie" des Jen= seits etwas bestimmen würde und die mehrfach Gegenstand des Nachdenkens und der Erörterungen geworden ist, nämlich, ob sich die Seelen dort kennen. Diese Frage nun hat Hugo Etherianus) nach eingehender Untersuchung bejaht. Wenn Einige sogar die Beschäftigungen der Abgeschiedenen im Jenseits wissen wollen *), so laffen wir diesen ihre deßbezüglichen Ansichten.

Die Thnetopsychiten.

Der Lehre vom Seelenschlaf verwandt ist die der Thnetopsychiten, nach welcher Leib und Seele zugleich mit einander sterben, aber am Ende der Welt wieder auferstehen. Diese Lehre ist in Arabien entsprungen 5), wie Eusebius (lib. VI. c. 30) und aus diesem Augustinus 6) nachweist, welcher sie auch, weil ihr Stammvater unbekannt, von dem Lande, wo ihr Anhang überhand genommen, Arabici heißt. Damascenus dagegen nennt sie an der Seele Sterbliche" (vntoчvzítαi). Origenes widerlegte sie, auch wurden sie zum Widerruf gezwungen nach dem Berichte des Eusebius (c. 36) und Nicephorus (V. 23). Von dort an erlosch diese Ansicht, bis sie von den Wiedertäufern') und nachher von den Photinianern vorzüglich wieder geltend gemacht wurde.

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1) cf. Theorie d. Geisterk. §. 38. 2) Dieß stimmt überein mit der Lehre des Hl. Paulus, daß die Einen glänzen wie die Sonne xc., nur gilt es dem Apostel erst von den Auferstandenen, wodurch jedoch nicht ausgeschlossen sein kann, daß sogleich nach dem Tode wenigstens die Seelen glorificirt erscheinen können. 3) gegen Ende des 12. Jahrh. in f. liber de anima corpore exuta. c. X. 4) Bei Beckers, Mittheil. aus Löscher, II. 184. cf. 187. 189. 5) Nach Josua Arud um das J. 207, nach Anderen um 244 n. Chr. cf. D. Buddei progr. de Arabicorum haeresi (in Syntagm. diss. acad. p. 738). 6) Lib. de haer. ad quod vult Deum haeres. 83. 7) In ihren Säßen v. 1568, zu Krakau gedruckt, lautet d. X.: Wir leugnen, daß irgend eine Seele nach dem Tode noch fortbestehe, sondern nennen dieß eine Erfindung des Antichrist. Ein Anhänger dieser Lehre, Demamosky, hat in seiner disput. 1589 mit voller Ueberzeugung die These vertheidigt: Die Seele gehe zugleich mit dem Leibe unter und sterbe. Im 18. Jahrh. haben in England der Arzt William Coward und in Deutschland der ungenannte Verf. der Schrift „Vertrauter Briefwechsel zweier Freunde vom Wesen der Seele" 1713 den Thnetopsychitismus vertheidigt. Coward in seiner Schrift "Cogitationes posteriores de anima». Londini 1704 sagt u. A.: Nach dem Zeugnisse der ganzen hl. Schrift sei die Seele nichts Anderes als das Leben des Menschen, d. h. eine und dieselbe Kraft, wodurch der Mensch bewegt wird, lebt, empfindet

Die Jesuiten von Coimbra sollen, wie Meisner) will, gelehrt haben: Der Menschen Seelen blieben auch nach dem Tode eine Zeit lang in den Körpern, ob sie wohl dieselben nicht belebten 2). Gregor von Valencia S. J. glaubte sogar, daß die Seele nicht nur im gestorbenen Leibe, sondern auch in den von einander gesonderten Theilen bleiben könne 3). Verwandte Ansichten habe, meint Meisner (1. c.) auch Theo = phylact gehegt, der sich auf Chrysostomus) berufend annahm, das Paradies sei etwas vom Himmelreich Abgesondertes.

Wir kommmen nun zur Frage von dem

Aufenthaltsort der abgeschiedenen Seelen.

Diese ist auf Grund christlich-positiver Lehren verschieden beantwortet, aber von der Kirche nicht entschieden worden. Die Topographie für Himmel, Hölle, Fegefeuer, welche Bretschneider in seiner Dogmatik (p. 845 ff.) als der römischen Kirche eigenthümlich vindicirt, beruht bloß auf der Ansicht einiger Kirchenlehrer und Theologen. Da die katholische Kirche schlechterdings hierüber keine Bestimmung gibt, so kann man auch nicht sprechen, wie Beckers gethan, von einem „Orte, den die Römisch - Katholischen dem Fegefeuer bestimmen", außer man versteht darunter Privatansichten einzelner Katholiken. So konnte auch Jung-Stilling für sich behaupten 5), im Mittelpunkt der Erde befinde sich die eigentliche Hölle, von dieser fange der Hades an, welcher durch die Erdrinde und durch den Dunstkreis bis an

und denkt, und welche auch so lange im menschlichen Körper gefunden werde als er lebe, gänzlich aber aufhöre, sobald er untergehe, und nur erst, wenn der Körper bei der allgemeinen Auferstehung der Todten in's Leben zurückkehre, wieder zur Eristenz gelangen werde. Coward's Schrift wurde vom Parlament und vom König verdammt und öffentlich verbrannt. Meisner (bei Beckers, Mittheil. aus Löscher, p. 23) hält die fragl. Meinung für so ungereimt, daß sie nicht allein „von den klugen Weltweisen, sondern auch von den barbarischen Völkern verworfen wird.“

1) Bei Beckers, Mittheil. p. 26. 2) de anima sep. disput. VI. art. 11: Potentia, de qua loquimur, sicut motiva loco est, ita non majorem quam localem unionem sui cum re movenda desiderat, ut in actum prodeat. Qua propter cum ea unio inter animam et corpus dari possit absque informatione (ut liquet in anima Christi ab inferis regressa, quae sepulto corpori prius adstitit quam per informationem illud animaret; liquet etiam in cujus vis hominis anima in morte, ubi dissoluta in instanti informatione perseverat adhuc localis praesentia animae ad corpus, cum nonnisi immediate post sit abitura) nulla ratio est, quin motum illi nequeat impertiri, si movendi potentia sit praedita. 3) Exam. Myst. Calvin : Certe nihil obstat, quominus in divulsis etiam partibus et alibi atque alibi collocatis possit divina virtute anima praesens (ut erat in iisdem partibus conjunctis prius) retineri sublata tantum informatione. — ) hom. VII. de ligno scientiae Boni et Mali. Chryfoft. sagt: Das Paradies, in welches der Schächer verseßt war, sei einerlei mit dem Himmel, jedoch ein solcher Ort, der noch nicht die allergrößte, allervollkommenste Glückseligkeit aller Güter in sich fasse. — 5) Geisterkunde p. 88. 380. Apologie ders. 31-42.

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den Himmel im hohen reinen Aether, an den Ort der Seligen sich erstrecke. Aehnliches findet sich bei Dante.

Die Ansicht über den Ort, an welchem sich die Abgeschiedenen aufhalten, ist zweierlei: Die eine Ansicht läßt die Seelen der Guten und Bösen nach dem Tode beisammen, die andere sondert sie. Demnach weisen Diejenigen, welche eine Sonderung annehmen, den Seelen der Frommen nicht den Himmel der Auserwählten, sondern einen anderen angenehmen Ort an. Die Arnheimer, eine Sekte in Geldern, von Joh. Archer') zu Arnheim gestiftet, nennen denselben den Feuerhimmel" - coelum empyreum 2). Dieselben glaubten auch, daß Christus ein tausendjähriges Reich auf Erden gründen werde, worin die Frommen auf's glücklichste lebten, sowie daß die Seelen der Frommen nicht eher als am jüngsten Tage in den Himmel kommen würden. — Andere wählen den Sternhimmel zum Aufenthaltsort 3). Bei den Alten, wie z. B. Cicero erwähnt), galt die Milchstraße als Wohnsitz der tugendhaften Seelen. Mehr Redeschmuck ist es, wenn der christliche Lehrer Paulinus von seinem frommen Felir schreibt, daß dessen Seele den Gestirnen überlassen sei, und „daß er im stillen Lande der Frommen, wo die Milchstraße gesehen wird, leuchte." Dagegen haben die Manichäer in vollem Ernste geglaubt, daß die Frommen zuerst in den Mond und von da in die Sonne versetzt würden. Viele Kirchen väter haben von einem „Abkühlungsort“ (locus refrigerii) gesprochen 5). In einigen ziemlich alten Liturgieen ist von der Hütte Gottes", in welcher die Verstorbenen wären, in anderen von einem „lichten Orte" die Rede. Einige, besonders Chrysostomus, Decumenius und Theophylact nennen den Ort, in welchem die Seligen wohnen, ehe sie zur himmlischen Freude kommen, Paradies, Eden" 6), Andere nennen ihn „Schooß Abrahams“ (s. oben) nach Luc. 16, 22.

Löscher) berichtet von einer alten "Sage" (?), nach welcher es auf dem Wege zur Ewigkeit „Gasthäuser der Seelen" (diversoria) gebe, in welchen sie sich als an fremden Orten nur eine Zeit lang aufhielten. Tertullian soll nebst anderen Autoren behauptet haben, daß es eine allgemeine Seelenherberge gebe (psychodocheum, diversorium), in welcher sich die frommen wie die bösen Seelen zugleich bis zum jüngsten Tage aufhalten sollen. St. Ambrosius bedient sich (de bono mortis c. 10) dafür des Ausdruckes,,animarum promptuarium". Dagegen lehrt St. Augusti

p. 467.

1) cf. dessen Schrift „Vom persönlichen Reiche Christi“ und Rosaeus de relig. 2) Auch die Seele Christi sei in triduo mortis in jenem Feuerhimmel gewesen u. s. w. Die Seelen der Gottlosen seien in der „Unterluft“ oder in der Tiefe des Meeres als Raben, Seefische 2c. 3) Vielfach erinnern diese Vorstellungen an Philo's Luftgeister. 4) in seinem Traume des Scipio und Makrobius. Schelling über die Gottheiten von Samothrace" p. 74. Anmerk. (in annot. ad II. Cor. 12, 4; idem ad Luc. 23, 43; Gr.) meint, daß die Väter diese Ausdrucksweise von den Juden entlehnt hätten. Ueber das „Ober- und Unterparadies“ der Juden cf. II. Th. „Hebräer“, 7) bei Beckers, Mittheil. II. p. 97 ff.

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*) cf. 6) Grotius

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