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Menschen oder an den Menschen, Gott aber regiert alles dergestalt, daß er dennoch den Wesen eigene Bewegungen ausüben läßt 2c.1).

Schließlich noch eine Bemerkung: Viele Kirchenväter, namentlich die Apologeten lehren, so sehr sie den menschlichen Geist als einen unsterblichen prädiciren, im Widerspruch mit ihren sonstigen Aussprüchen hierüber, derselbe sei nicht von Natur oder an sich unsterblich, sondern sterblich (ov× čótiv ἀθάνατος ἡ ψυχὴ καθ ̓ ἑαυτὴν, θνητὴ δέ). 2lein bie ift gegen bie Platoniker gerichtet, welche unsterblich mit ungeschaffen sein identisch sezten. Da sie den Schöpfungsbegriff nicht kannten, war ihnen unsterblich nur, was ungefcaffen (εἰ ἡ ψυχὴ ἀθάνατός ἐστι καὶ ἀγέννητος δηλαδή). Τη diesem Sinne läugneten die Väter die Unsterblichkeit der Seele und machten. den Ausspruch I. Tim. 6, 16 geltend: Gott allein hat Unsterblichkeit (μóvos ἔχων ἀθανασίαν) 3).

Was noch die Literatur betrifft, so soll (nach Löscher) Claudianus Mamertus († circa 470) in Gallien der Einzige unter den Kirchenvätern sein, welcher ein eigenes Buch „de statu animarum" (scil. post mortem) geschrieben und hinterlassen habe.

C. Der Gnosticismus

ist jene bedeutungsvolle Erscheinung, in welcher sich das Christenthum zuerst mit der Weisheit und Philosophie des alten Heidenthums, und wäre es auch, wie schon die Kirchenväter meinten, in einer wilden Ehe vermählte 3). Der Gnosticismus ist übrigens in der neuesten Zeit verschieden abgeleitet worden in Folge unverhoffter Entdeckung einer neuen reichhaltigen Quelle, welche auf den Gnosticismus überhaupt ein ganz neues Licht zu werfen schien, nämlich des unter dem falschen Namen des Origenes aufgefundenen Werkes gegen alle Keßereien aus der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts *), für dessen Verfasser man gewöhnlich Hippolytus hält, wodurch die Schriften von W. Müller und R. A. Lipsius veranlaßt wurden und der Gnosticismus eine neue Darstellung erhielt 5). Freilich wird in diesen Darstellun=

') cf. St. Augustin's betr. Werke vor dem pelag. Streit: de quantit. animae, de libero arbitr. 3; de vera religione; de duabus animabus; acta cum Felice Manichaeo; Werke nach dem Streite: de gratia et libero arbitrio; lib. retraction. et epist. ad Bonifac. II.; epist. Pelag. sowie Bellarmin. op. controvers. 2) cf. dissert. III. art. 8. n. 104. p. 142. opp. Irenaei ed. Mass. tom. II. 3) Hilgen= feld, „der Gnosticismus und die Philosophumena“ in der Zeitschr. für wissenschaftl. Theologie. Halle 1862. V. 400 ff.) Origenis Philosophumena ed. Eman. Miller Oxonii 1851. Hippolyt. refutationis omnium haeresium, librorum decem quae supersunt, ed. Lud. Dunker et F. G. Schneide win. Gotting. 1859. 5) Möl= ler, die Geschichte der Kosmologie der griech. Kirche bis auf Drigenes, mit SpezialUntersuchungen über die gnostischen Systeme." Halle 1860. Lipsius, „der Gnosti

gen zuweilen der alte Gnosticismus am Ende gar zu sehr nach der Anlage der neueren Zeit-Philosophie aufgefaßt, wie Hilgenfeld (Gnosticismus p. 405) zugibt'); es dürfen aber die ursprünglichen Ideen des Gnosticismus mit denen der späteren Entwicklungen nicht auf gleiche Stufe gestellt und lettere für erstere ausgegeben werden.

Durch die Philosophumena (V. 23 ff.) wurde uns zunächst die eigen= thümliche Lehre des von dem Gnostiker Justinus benutzten Buches Baruch bekannt. Der Elohim dieses Buches soll das Mittelglied zwischen den jüdischen Engelsvorstellungen und der gnostischen Lehre von dem Demiurgen als dem vollkommenen Weltschöpfer und Judengott sein, wie Lipsius (p. 79) sagt, der dieses Buch als eine der ältesten uns bekannten Gestalten der Gnosis bezeichnet (p. 74). Der Elohim dieses Buches stehe noch ganz in alt= licher Weise als Herr und Vater über den Engeln, sei nicht der vom höch sten Gotte losgerissene Judengott, sondern Werkzeug des höchstens Gottes (p. 79). Läßt man nun, bemerkt Hilgenfeld (p. 407), bei dem Wesen des Gnosticismus gerade die Lehre vom Demiurgen als dem weltschöpferischen Gotte des Judenthums aus dem Spiele, so bleibt in dem Inhalte der gnostischen Weltansicht keine unterscheidende Eigenthümlichkeit mehr übrig, da sich der Dualismus und der Emanationismus ja auch in dem außerchristlichen Heidenthum nachweisen lassen. Lipsius, die esoterische Seite des Gnosticismus von der eroterischen unterscheidend (p. 97) und die mythologische und theosophische Haltung der gnostischen Spekulation herbeiziehend (p. 100 ff.), will hierin das eigentlich Häretische des Gnosticismus erklären, ohne mit Baur vom Gegensatz des Geistes und der Materie, mit Hilgenfeld von der Unterscheidung des christlichen und jüdischen Gottes auszu= gehen (Hilgenfeld, Gnosticismus p. 407). Jedenfalls steht fest, daß wirklich die Wurzel des ganzen Gnosticismus in dem Verhältnisse von Gnosis und Pistis enthalten ist. Es liegt übrigens nicht im Interesse unseres Gegenstandes, den Einfluß, den die Philosophumena auf die Auffassung der einzelnen Gnostiker ausüben, hier näher darzulegen und wir verweisen auf Hilgenfeld's Untersuchungen hierüber (in den genannten Zeitschriften V. p. 400 ff.). Einverstanden aber müssen wir uns erklären mit der Definition, die Lipsius von der Gnosis gibt: „Die Gnosis ist der erste umfassende Versuch einer Philosophie des Christenthums; aber dieser

cismus, sein Wesen, Ursprung und Entwicklungsgang." Separat-Abbruck aus Ersch u. Gruber's allgem. Encycl. I. Sekt. 71. Bd. Leipzig 1860.

1) Lipsius (p. 62 xc.) findet „in dem Begriffe der Gnosis als solcher, sofern sie den Anspruch macht, absoluter Maßstab der christlichen Wahrheit zu sein, das diesem Kreise von Erscheinungen charakteristische Merkmal, nicht aber in der beliebigen Herübernahme fremder Elemente, etwa des heidnischen Dualismus oder der Vielgötterei.“ Möller geht von dem Inhalt der gnostischen Weltansicht aus und erhält so als das Wesentliche einen kosmologischen Entwicklungsprozeß des göttlichen und weltlichen Lebens; Ziel ist aber ihm (wie Lipsius) die Ausgestaltung des Pneumatischen, das Einswerden des gnostischen Bewußtseins mit dem Absoluten.

Versuch schlägt Angesichts der ungeheuren Tragweite der den Gnostikern in genialer Weise sich aufdrängenden und doch weit über ihr wissenschaftliches Vermögen hinausgehenden spekulativen Ideen in Mystik, Theosophie, Mythologie, kurz in eine durchaus unphilosophische Darstellung um 1).“

Da im Gnosticismus die Unsterblichkeitsidee nicht allenthalben eine spezielle Behandlung erfahren und eigentlich nur vom Standpunkt einer eigenthümlichen Prädestinationslehre und eines gewissen Determinismus Berücksichtigung gefunden hat, so genügt es hier, einen allgemeinen Ueberblick über die zahlreichen gnostischen Systeme zu geben und dann die unsern Gegenstand berührenden Doktrinen hervorzuheben.

Nach der Darstellung des Lipsius zeigt der Gnosticismus drei Stadien der Entwicklung: Wenn die Gnosis auf ihrer ersten Stufe mit der Auseinandersetzung zwischen Christenthum und Judenthum beginnt, auf der zweiten die Spekulationen und Mythen der hellenischen Welt im umfassendsten Maße in ihr Bereich zieht, so erwacht auf der dritten das Bedürfniß, das spezifisch christliche Element diesen schrankenlosen Erweiterungen gegenüber sicher zu stellen. Die erste Periode der Gnosis beginnt mit der Identificirung von Christenthum und Judenthum und endigt damit, die Absolutheit der christlichen Religion im Gegensatz zum Judenthum festzustellen, aber um einen bewußten Gegensatz der gnostischen Weltanschauung zum gemeinchristlichen Glauben handelt es sich hier noch ebenso wenig, als um metaphysische Unterschiede zwischen zwei Menschenklassen (πνευματικοί υπό ψυχικοί) in ber Chriftenbeit felbft. Die Gonderung des Christenthums vom Judenthum bekundet sich in immer schrofferer Form in den Lehren des Cerinth, des Cerdo und des Saturninus, welche sämmtlich den durch Moses und die Propheten verkündeten Gott von Gott, den Vater Jesu Christi, unterschieden und des Marcion, der (eigentlich dem dritten Stadium des Gnosticismus angehörig 2)) aller äußeren Gesetzlichkeit feind, das Christenthum als die schlechthin selbstständige und voraussegungslose, absolute Religion gegen die alttestamentliche Offenbarung völlig isolirte, deren Urheber ihm als ein bloß gerechtes, aber nicht gutes Wesen erschien 3). In demselben Maße, als die von Anfang an der Gnosis innewohnenden spekulativen Ideen an Selbstständigkeit und Zusammenhang gewinnen, vermindert sich die Widerstandskraft, welche das positiv christliche Element jener Spekulation entgegenseßen kann, heidnische Elemente strömen immer reichlicher zu, daher denn auf dem zweiten Stadium unter dem

1) Encycl. von Ersch u. Gruber. I. 71. Leipzig 1860. p. 269. Die Eintheilung der Formen der Gnosis muß (mit Baur, das Christenth. der 3 ersten Jahrh. p. 225), sagt Ueberweg (Grundr. 1866. II. 27), auf die Religionen gegründet werden, deren verschiedenartige Elemente den Inhalt der Gnosis bedingen. Der Begriff der Gnosis ist beträchtlich älter als die Ausbildung der gnostischen Systeme (ibid.) — 2) cf. Baur, chriftliche Gnosis, p. 241-300. — 3) Ueber die Kabbala werden wir später handeln.

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vorherrschenden Einflusse griechischer Philosophie die Gnosis zwar ihre höchste spekulative Blüthe entfaltet, aber gleichzeitig auch zum bewußten Gegensaße gegen die gemeinchristliche Pistis, und zur metaphysischen Unterscheidung der Pneumatiker und Psychiker" fortschreitet, als zweier spezifisch verschiedener Menschenklassen innerhalb der Christenheit selbst. Durch den Einfluß des Heidenthums bestimmt und zum Theil gerade auf das Verhältniß desselben zum Christenthum gerichtet war nun die Spekulation des Karpokrates, eines christlich-platonischen Universalisten, der Ophiten oder Naassener (die sich selbst Gnostiker nannten) und der Peraten, die in der Schlange ein weises und gutes Wesen erblickten '), des Syrers Basilides, der in einen überweltlichen Raum die obersten göttlichen Mächte setzte, dem von den Juden verehrten Gotte nur eine beschränkte Machtsphäre zuschrieb, die Menschen aber, die an Christus glauben, durch das vom höchsten Gott ausgegangene Evangelium erleuchtet und befehrt werden ließ; endlich die in wesentlichen Beziehungen durch den Parsismus bedingte Gnosis des Valentinus und seiner zahlreichen Anhänger, wornach aus dem Urvater die göttlichen, überweltlichen Aeonen emanirt sind, die das Pleroma ausmachen, die Sophia aber, der lezte der Aeonen, durch ungeregelte Sehnsucht nach dem Urvater dem Sterben und Leiden verfiel, aus dem eine niedere, außerhalb des Pleromas weilende Weisheit, die Achamoth, ferner die psychische und die Körperwelt sammt dem Demiurgen hervorging, und wonach eine dreifache Erlösung stattgefunden hat: innerhalb der Aeonenwelt durch Christus, bei der Achamoth durch Jesus, das Erzeugniß der Aeonen, und auf Erden durch Jesus, den Sohn Mariens, in dem der heilige Geist oder die göttliche Weisheit wohnte. Der Dualismus des Mani erscheint als eine mit gnostischer Spekulation durchsetzte Combination von Magismus und Christenthum 2). Auf dem dritten Stadium mündet die Gnosis in die katholische Weltanschauung allmählig wieder ein; das spekulative Element tritt hinter das ethische., die bloß phänomenologische Seite der Erlösung hinter ihre praktisch-sittliche Bedeutung zurück. In der Pistis-Sophia ist es, neben der Idee der absoluten Gerechtigkeit, namentlich die Willensfreiheit und in Verbindung mit ihr die unendliche Entwicklungs- und Erlösungsfähigkeit des endlichen Geistes auf der einen, die unerschöpfliche Gnadenfülle und Erlöserbereitschaft der Gottheit auf der andern Seite, in welcher das ganze System seinen Schwerpunkt findet. In dieser Richtung schrieb und lehrte der Syrer Bardesanes.

Wenn wir die Gnosis näher betrachten, so finden wir eine gewisse Aehnlichkeit mit den Mysterien der Griechen, insofern dort die Eingeweihten durch die Teletä eines höheren Einblicks in die Geheimnisse des Jenseits, ja, wie Einige (z. B. Diodor) wollen, sogar auf Grund der Einweihung eines ewig seligen Lebens theilhaft werden, hier bei den Gnostikern, wo

') Das Weitere bei Lipfius in Ersch's Encl. I. 71. p. 279 ff.—2) Ueberweg, Grundr. II. p. 25 ff.

ebenfalls einer eroterischen Ueberlieferung eine esoterische gegenübersteht, die Wissenden, Vollkommenen" - яνενμаτixоí, welche die Tiefen“ (và πνευματικοί, Bán) der göttlichen Geheimnisse zu erkennen befähigt sind, das Wo und Wie der einst eintretenden Apokatastase nichts bloß für's Allgemeine, sondern sogar für jeden Einzelnen wissen und erkennen, während dieses Glück den der Materie zugewandten Menschen, den Psychikern (wvxızoi) nicht zu Theil wird und ex praedestinatione nicht zu Theil werden kann, weil schon von Geburt aus der Eine Psychiker, der Andere Pneumatiker ist, somit der Eine zu Grunde gehen, der Andere selig werden muß 1). Später wurde dieser Gegensatz von Geistigen und Materiellen, in welchem sich nach Baur die gnostische Weltanschauung durchaus bewegt, bedeutend verwischt und alle Menschen der gnostischen Vollkommenheit für fähig erklärt; es ge= schah dieß in der lezten dem Praktischen zugewendeten Periode des Gnosticismus (s. unten). Wir brauchen wohl nicht zu bemerken, daß dieser gnostische Determinismus im Allgemeinen die christlichen Begriffe von Himmel und Hölle zur Voraussetzung haben konnte; wenigstens sehen wir keine gegentheiligen Anschauungen in der Gnosis geltend gemacht und selbst in der zweiten, vorzugsweise heidnischen Periode eignen sich die Gnostiker keine Vorstellungen aus dem Ethnizismus an, wie die vom Hades, Elysium und vom Schattenleben 2c. (cf. Lipsius 1. c. p. 259 ff.). Wenn die Gnosis im weiteren Verlaufe Alles, was sie in den heidnischen Kosmogonien und Mythen Brauchbares findet, in sich aufnimmt, so geschieht es nur, um in dieselben ebenso wie in die Erzählungen und Aussprüche des alten und neuen Testamentes ihre eigenen Mythen hineinzudeuten. Daher macht Baur darauf aufmerksam, daß „was uns in so vielen Mythen der alten Religionen nur in der engen beschränkten Sphäre des jährlichen Wechsels des Naturlebens erscheint, auf dem hohen, spekulativen Standpunkte der gnostischen Systeme zum großen, die höchsten Principien und Gegensätze, Gott und Welt, Geist und Materie, Gutes und Böses, Sünde und Erlösung, Abfall und Rückkehr umfassenden Gegensaße geworden ist 2)."

Als das letzte uns bekannte Glied in der großen Entwicklungsreihe der Ophitischen Systeme und der dritten Periode des Gnosticismus angehörig, wie Lipsius nachweist (1. c.), ist die Pistis - Sophia3), aus der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts. In dieser Schrift findet sich eine ausgeprägte Annäherung an den katholischen Glaubensbegriff: Fällt schon bei den Doketen der Unterschied zwischen Pneumatikern, Psychikern und Hylikern weg, so hebt die Pistis-Sophia auch die letzten metaphysischen Unterschiede auf. Wie hoch auch noch immer der Werth sei, der hier der Gnosis als der höchsten Stufe der Vollkommenheit zukommt, so hängt der Grad der Erkenntniß, zu welchem ein jeder gelangt, überhaupt nicht mehr von seiner

') ef. Lipsius in Ersch's Encl. I. 71. p. 241 ff.

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2) Chriftliche Gnofis p. 35. 3) Eine Hauptquelle für unsere Kenntniß des Gnosticismus: e Cod. Coptico descr. lat. vertit M. G. Schwartze, ed. J. H. Petermann. Berol. 1851.

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