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Desgleichen findet sie sich in seiner Eschatologie, in seiner Lehre vom Ende und Zweck der Welt: Der Mensch hat in sich die Sehnsucht nach seinem natürlichen Ziele — nach Gott, und ruht nicht eher bis er zurückgekehrt ist zu Gott, von dem er ausgegangen. „Wenn schon die Flamme immer in die Höhe strebt, wie soll die geistige Substanz in der Tiefe zurückgehalten werden?" (de div. nat. V. 3).

Die erste Rückkehr der menschlichen Natur findet statt, wenn der Körper aufgelöst und in die vier Elemente der sichtbaren Welt, woraus er zusammengesetzt wurde, zurückgerufen wird. Die zweite wird in der Auferstehung erfüllt, wenn ein Jeder seinen eigenen Leib aus der Vereinigung der vier Elemente wieder empfangen wird. Die dritte, wenn der Leib in den Geist verwandelt wird. Die vierte, wenn der Geist, und damit ich es offener sage, wenn die ganze Menschennatur in die Urgründe zurückkehren wird, welche immer und unveränderlich in Gott sind. Die fünfte, wenn die menschliche Natur mit ihren Gründen zu Gott bewegt werden wird, sowie die Luft in Licht verwandelt wird; denn Gott wird Alles in Allem sein, wenn nichts mehr sein wird, außer Gott allein. Damit wird aber nicht behauptet, daß die Substanz der Dinge untergehe, sondern daß sie durch die genannten Stufen nur in eine bessere zurückkehren werde. Denn wie soll das untergehen, von dem bewiesen wird, daß es in Besseres zurückkehrt. Die Verwandlung der menschlichen Natur in Gott ist nicht ein Untergang ihrer Substanz, sondern nur eine wunderbare und unaussprechliche Rückkehr in den früheren Zustand, den sie durch die Sünde verlassen hatte. Denn wenn Alles, was rein erkennt, eins mit dem Erkannten wird, was ist es zu wundern, wenn unsere Natur, Gott von Angesicht zu Angesicht schauend in denen, die es würdig sind, soweit es der Creatur möglich ist, auf den Wolken der Anschauung sich erheben und eins mit Gott und eins in ihm wird 1)?" -In der menschlichen Natur findet sich ja nichts, was nicht geistig und intelligibel wäre; denn auch die Substanz des Körpers ist durchgängig intelligibel, weßhalb es nicht unglaublich noch widervernünftig ist,

') de div. nat. V. 8: Prima igitur humanae 'naturae reversio est, quando corpus solvitur, et in quattuor elementa sensibilis mundi, ex quibus compositum est, revocatur. Secunda in resurrectione implebitur, quando unusquisque suum proprium corpus ex communione quattuor elementorum recipiet. Tertia, quanto corpus in spiritum mutabitur. Quarta quanto spiritus, et, ut apertius dicam, tots hominis natura in primordiales causas revertetur, quae sunt semper et incommutabiliter in Deo. Quinta quando ipsa natura cum suis causis movebitur in Deum, sicut aër movetur in lucem. Erit enim Deus omnia in omnibus, quando nihil erit nisi solus Deus. Nec per hoc conamur astruere, substantiam rerum perituram, sed in melius per gradus praedictos redituram. Quomodo enim potest perire, quod in melius probatur redire? Mutatio itaque humanae naturae in Deum non substantiae interitus aestimanda est, sed in pristinum statum, quem praevaricando perdiderat, mirabilis atque ineffabilis reversio etc.

daß die intelligiblen Substanzen sich gegenseitig einigen, so daß sie sowohl Eins sind, als auch eine jede ihre Eigenthümlichkeit und Subsistenz zu besitzen nicht aufhört, doch in der Weise, daß das Niedere von dem Höheren enthalten wird. Die Luft verliert z. B. ihre Substanz nicht, wenn sie ganz in Sonnenlicht verwandelt wird, so daß nur dieses in ihr erscheint. Das Licht herrscht nur in ihr 2c. Auf dieselbe Weise dürfte auch die körperliche Natur in Geist übergehen, nicht auf daß sie als das untergehe, was sie ist, sondern daß sie in einer kostbaren Wesenheit bewahrt sei. Aehnlich ist es mit der Seele, daß sie, in den Intellekt verwandelt, schöner und gottähnlicher wird. Dasselbe endlich gilt von dem Uebergang der vernünftigen Creatur in Gott (ibid. V. 8)').

Die Rückkehr des Menschen aus der Gottesferne in die Versöhnung und Einigung mit Gott 2) wird durch den Logos, der dem Kosmos als waltendes Gesetz innewohnt, ermöglicht: „Gott, nämlich das göttliche Wort, in welchem Alles der Ursache nach gemacht wurde und subsistirt, stieg nach seiner Gottheit in die Wirkungen der Ursachen, die in ihm eristiren, herab, nämlich in diese sichtbare Welt, indem er die menschliche Natur annahm, in welcher alle sichtbare und unsichtbare Creatur enthalten ist. Er stieg aber deshalb herab, damit er die Wirkungen der Ursachen, die er nach seiner Gottheit ewig und unveränderlich besißt, nach seiner Menschheit rettete und in ihre Ursachen zurückrufe, damit sie selbst darin in einer unsaussprechlichen Einigung, sowie auch die Ursachen selbst gerettet würden" (ibid. V. 25).

Die Erlösung vollzieht sich in acht Weltaltern, wovon die zwei letzten bereits in das jenseitige Leben fallen. Das erste geht von der Austreibung Adam's aus dem Paradies bis zum Altar, den Noe nach der Sündfluth baute. Das zweite von da bis zum Altar Abrahams, worauf er Isak schlachten wollte, das dritte von da bis zum Altar David's auf der Tenne Ornan's des Jebusiters. Das vierte von da bis zum Altar des Zerobabel in dem wiedererbauten Tempel; das fünfte bis zur Taufe des Johannes, oder, wie Vielen nicht unrichtig dünft, bis zum wahren Altar d. i. zum Kreuze Christi, welchen alle vorausgehenden Altäre vorbildeten. Von diesem dehnt sich das sechste Weltalter, das jetzt verlauft, bis zum Ende der Welt aus; dann wird in einem andern Leben das siebente in den vom Körper freien Seelen vollendet, das mit dem Martyrium Abels beginnt und am Ende der Welt mit der allgemeinen Auferstehung schließt. Hierauf erst

1) Wir begreifen nicht, wie Hanne behaupten kann, „von einer wirklich persönlichen Fortdauer des menschlichen Wesens kann consequenter Weise in diesem System nicht die Rede sein“ und wie durch das Aufgehen der am meisten gereinigten Seelen in Gott selbst (nach Auffassung Erigena's!), jedes individuelle Bewußtsein in jenem reinen Licht erlöscht, welches Erigena (de div. nat. V. 30) als tenebrae, in quibus causae omnium absconduntur, bezeichnet. 2) Siche hierüber auch Helfferich, chriftl. Mystik. II. 104 ff. Joh. Scotus Erigena. V. „Rückkehr zu Gott". cf. p. 123 ff.

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bricht das achte an, das durch kein Ende mehr begrenzt wird (comment. 333 b. c.).

Unser Weltalter, das sechste, schließt mit dem Anbruch des jungsten Gerichtes. Dieses aber dürfen wir nicht äußerlich verstehen, es ist vielmehr ein Vorgang im Bewußtsein der Menschheit. „Wenn es im Glaubensbekenntniß heißt: „Von dannen wird Christus kommen, zu richten die Lebendigen und die Todten, so dürfen wir dabei nicht an eine Ortsbewegung denken, oder an einen Hervorgang aus den innersten Tiefen der Natur in diese Welt, damit er den Sinnen der zu Richtenden erscheine, sondern die Ankunft des Weltrichters wird ein Jeder der Guten oder Bösen innerhalb seiner selbst in seinem Bewußtsein schauen, wenn die Bücher erschlossen werden und Gott die Abgründe der Finsterniß aufdecken wird (adventum ipsius unusquisque bonorum et malorum intra seipsum videbit in sua conscientia. de div. nat. V. 38).

Mit dem Weltgericht findet die Auferstehung der Leiber statt. Die Kraft zur Auferstehung wehnt von Natur aus dem Menschen ein, da ihm ja der ewige Tod durchaus entgegengeseßt ist (comment. 315 d.). Die allgemeine Auferstehung ist eine Erhebung Aller aus dem Tode in das Leben, aus dem thierischen und zerstörbaren Leib in den geistigen und unzerstörbaren (de div. nat. ibid. V. 6. cf. V. 37). Sie ist die zweite Stufe der Rückkehr, indem in ihr die Elemente des Leibes wieder zusammengerufen werden, die in der ersten, im Tod, auseinander flüchteten (ibid. V. 22). Nicht die Materialität der sinnlichen und sichtbaren Körper wird auferstehen, sondern diese verschwindet in ihre Ursachen und Gründe, die im Menschen gesetzt worden sind (ibid. V. 25); denn überhaupt wird Alles, was in dieser Welt sichtbar und räumlich und zeitlich und der Veränderlichkeit unterworfen ist, vergehen d. h. in seine Substanz oder Natur selbst übergehen. Die Natur desselben aber, welche unkörperlich und intelligibel in den allgemeinen Urgründen unveränderlich und unzerstörbar enthalten ist, wird immer bleiben (ibid. V. 38). Zeit und Raum werden mit den Welteristenzen vergehen — nur nicht der geistige Raum, der mit der Definition identisch ist und im Geiste ewig bleibt (ibid. V. 18). Der ganze Sternenhimmel, die Firsterne und Planeten werden vergehen (ibid. V. 19). Unter der Flamme, die Alles dieß verzehren soll, ist vielleicht nur die Erscheinung des göttlichen Wortes in allen Creaturen zu verstehen, wenn in allen, in Guten und Bösen das intelligible Licht offenbar wird (ibid. V. 38). So ist demnach die Auferstehung auch in dieser Hinsicht ein Akt der Rückkehr, weil in ihr der materielle Leib in die Urgründe oder in die ideale Welt zu rückkehrt, welche ja die Substanzialität für die unserige ist; denn wie Erigena sagt, ist Alles, was durch Naum oder Zeit bestimmt wird und Objekt der Sinne ist, nicht substanziell und wahrhaft existirend, sondern nur vorübergehendes Bild und Erscheinung der wirklich existirenden Dinge. Sowie das Echo der Stimme und der Schatten des Körpers nicht durch sich existiren, weil sie keine Substanzen sind, so sind auch jene sinnlichen

Körper nur wie Abschattungen der eristirenden Dinge und eristiren durch sich selbst nicht. In der Auferstehung also werden alle sinnlichen Körper vergeistigt und damit zeit- und raumfrei (ibid. V. 25). Alles, was in Folge der Sünde Materielles dem ursprünglich substanziellen Leib hinzugefügt wurde, wird hinweggenommen und in Geist verwandelt, was nicht unmöglich ist, da die Materie ja selbst aus intelligiblen Faktoren entstand (ibid. V. 13). Mit der Materie aber wird die Zeugungsluft, Wachsthum und Abnahme, Tod und Corruption, kurz alle Folgen der Sünde vertilgt (ibid. V. 30).

Die Möglichkeit der Auferstehung oder der Annahme des= selben aber nun vergeistigten Leibes, der die Seele in ihrem irdischen Leben schon einmal bekleidet hatte, sucht Erigena nach Gregor von Nyssa auf folgende Weise einleuchtend zu machen: Wenn es auch nothwendig war, daß der äußere und materielle Leib in die Elemente aufgelöst wurde, woraus er genommen ist, wie Alles, was in dieser Welt aus ihr sich zusammenseßend in's Dasein tritt wieder aufgelöst wird und wieder mit der Welt untergehen muß, so war es doch nicht nothwendig, daß er untergehe, da er aus Gott ist, und in dem innerlichen Leibe, in der Idealwelt, seine immerwährende Begründung hat, nach welchem er mit der Seele und in ihr und durch sie und wegen ihr geschaffen wurde. In der Seele bleibt der Begriff des materiellen und unauflöslichen Leibes nicht allein, so lange dieser lebt, sondern auch nach seiner Auflösung und Rückkehr in die Elemente, wie schon die Unterredung des Reichen mit Lazarus zeigt; darum aber kann die Scele die Theile ihres Leibes, wo unter den Elementen sie auch sein mögen, nicht vergessen oder in Bezug auf sie unwissend sein. Ferner beseelt die Lebenskraft auch noch die getrennten Theile und belebt sie nach einiger Zeit wieder'). Auch im aufgelösten Körper ist sie noch gegenwärtig; denn wie sie mit seiner Zusammensetzung nicht zusammengesetzt wird, so wird sie mit dem aufgelösten auch nicht aufgelöst, noch wird er belebt mit dem wiederauflebenden, denn die Auflösung durch den Tod trifft nur die Materie, nicht die Natur selbst, die in sich unveränderlich ist. Wenn auch die Theile des Menschen getrennt werden, denn die Seele verläßt das Regiment über ihren Leib, bei welchem Verlassen der Leib aufgelöst und seine Theile den Elementen zurückgegeben werden, so bleiben doch diese Theile durch einen innerlichen Naturgrund immer auf das Ganze und das Ganze immer auf die Theile bezogen, so daß die Seele auch noch den aufgelösten Leib beherrscht. Um so mehr ist ihr dieß möglich, als die Körper, wenn sie in ihre Elemente übergehen, die der geistigen Natur am nächsten ist, ihre grobe Materialität verlieren und selbst in die geistigen Qualitäten und Elemente übergehen, und dann um so leichter von der Seele beherrscht werden können, da sie weit eher Aehnliches als Unähnliches erreicht (ibid. IV. 13. cf. III. 36). Uebrigens da die Auferstehung nicht bloß ein Werk der Natur, sondern auch

1) Hier widerspricht sich Erigena, wie Huber bemerkt, p. 399.

der Gnade ist. Da diese zwar nie gegen dieselbe, wohl aber mit ihr, ihre Kräfte erhöhend, wirkt (ibid. V. 23), so fällt sie überhaupt in das Bereich der göttlichen Allmöglichkeit, welche die Naturmöglichkeit überragt. Jm Menschen, in welchem Alles geschaffen ist, wird auch Alles auferstehen. Wenn daher die menschliche Natur aus Geistigem und Sinnlichem, Seele und Körper zusammengesetzt ist, was ist daran zu wundern, wenn die Totalität alles Sinnlichen im Körper aufersteht und übergeht, wohin dieser übergeht, nämlich in die Urgründe, nicht aber in die Vergottung selbst, die nur den reinsten Geistern geschenkt wird (ibid.) Und zwar wird, wie in Christus zuerst, so in jedem Auferstandenen die allgemeine Einigung der Gegensäte wieder statthaben, in welche das Universum durch die Sünde auseinanderging. Zuerst tritt die Einigung des Geschlechtes ein, es wird das Geschlecht gänzlich hinweggenommen und nur mehr der Mensch sein, wie er geblieben wäre, wenn er nicht gesündigt hätte. Dann wird die Erde mit dem Paradics vereinigt werden und nichts außer dem Paradiese sein. Hierauf gehen Himmel und Erde in eine Einheit zusammen, und nichts wird außer dem Himmel selbst sein; denn immer wird das Niedrige in das Höhere verwandelt. Weiter folgt die Einigung der ganzen sinnlichen Creatur mit der intelligiblen, so daß die ganze Creatur intelligibel wird. Endlich aber geht diese intelligible Creatur in Gott selbst über, wobei es aber zu keiner Confusion und zu keinem Untergang ihrer eigenthümlichen Substanz kommt 1).

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Was den Zustand des Menschen im Jenseits betrifft, so stimmt Erigena mit der Lehre der Kirche in der Hauptsache überein; wir wollen daher seine deßbezügliche Lehre nicht in ihrer ganzen Ausdehnung anführen. Der zukünftige innerliche Zustand der Auferstandenen hängt von der Aufnahme ab, die Christus in ihnen sand. Der freie Wille eines Jeden ist Ursache, ob er mehr oder minder an dem Lichte theilnimmt; wie der Sonnenstrahl das Glas durchdringt, vom Kiesel zurückgeworfen wird, die reine Luft durchfliegt, durch die wässerige Wolke zurückspringt" (de div. nat. V. 38. cf. exp. in coel. hier. 217 a. d.). Alle Diejenigen, die in diesem Leben Gott nicht dienen wollten, abgehalten aus Liebe zu den zeitlichen Dingen, werden im Jenseits nicht zu den höchsten Geschenken der göttlichen Gnade gelangen, denn diese sind den Gerechten allein aufbewahrt (ibid. V. 32).

Am Schlusse des Weltlaufs wird ein doppelter Sabath gefeiert, im Allgemeinen in der natürlichen Rückkehr aller Creatur in die Urgründe und in Gott, im Speziellen in Denen, welche würdig sind, die lauterste Theilnahme Gottes selbst zu genießen, in den hl. Engeln und Menschen, die im Hause des Herrn ein Jeder in seinem Range, der eine niedriger, der andere höher, einige in der Erhabenheit der Natur, andere über alle natürliche

1) ibid. V. 20. cf. II. 8; expos. in coel. hier. 167. b. c. de div. nat. V. 6. Die ganze Creatur wird Intellekt, um Gott zu betrachten. cf. Huber, p. 400 ff.

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