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aber von dem unsrigen verschieden und wahrscheinlich unter der Erde (qu. 97.) Der Wille der Verdammten ist insofern ganz schlecht, als sie auch das Gute, was sie etwa wollten, in unrechter Weise (non bene) wollen; sie bereuen auch ihre Sünden bloß wegen der Strafe, die sie dafür leiden müssen; sie wünschen mit Recht, lieber gar nicht zu eristiren, und möchten haben, daß auch die Seligen verdammt seien; auch sind sie von Haß gegen Gott erfüllt. Die Sühne, welche die Verdammten für ihre Sünde leisten, ist ihnen zur Pein, abverdienen können sie nichts; auch die Erinnerung an die verbotenen Freuden und an die verlernen Gnaden quält sie; besonders erfüllt sie der Gedanke an den lieben Gott mit größter Traurigkeit, sowie der an die Herrlichkeit der Auserwählten, die sie beim Gerichte erschaut und deren sie unwürdig sind (qu. 98)'). In der folgenden Quästion handelt Thomas über die Barmherzigkeit und Gerechtigkeit Gottes, wie sie sich an den Verdammten zeigt.

Im Anhange zum Supplement des dritten Theiles seiner Summa handelt Thomas vom Zustand der Ungetauften nach dem Tode und vom Fegfeuer:

Die einzige und eigentliche Strafe derer, welche mit der Erbsünde behaftet aus dieser Welt scheiden, ist die Beraubung der Anschauung Gottes; solche Ungetaufte trauern bloß deßhalb, daß ihnen viele Gnaden nicht zu Theil wurden, welche Andere erhielten (Appendix, qu. I.).

Was die Pein des Fegfeuers betrifft, so übersteigt sie alle Peinen dieses Lebens, weil pure Seelenpein, aber sie ist eine freiwillige, weil dadurch zur Seligkeit zu gelangen ist. Weder die Engel, noch die Dämonen vollziehen die Strafe an jenen Seelen. Durch diese Strafe werden die läßlichen Sünden abgebüßt und die darin involvirte Schuld aufgehoben; die Einen werden früher, die Anderen später erlöst aus dem Fegfeuer (qu. II), in welches die mit leichter Schuld Behafteten sogleich nach dem Tode kommen. Sie werden mit denselben Flammen, aber nicht an demselben Orte, wie die Verdammten, gepeinigt (art. I-II. propr.).

§. 5. Dante Allighieri.

Die Darstellung der Unsterblichkeitslehre Dante's hat ihre großen Schwierigkeiten; abgesehen von der überaus zahlreichen Literatur, die über Dante erschienen ist, erfordert das selbstständige Studium der Schriften dieses großen Dichters Vorkenntnisse, deren Aneignung Jahre in Anspruch nimmt. Wir benüßen unsererseits die anerkannt gediegeneren Werke über diesen Gegenstand und hoffen damit den Zweck unserer Abhandlung auch zu erreichen. In eine Untersuchung über den inneren Zusammenhang der

1) Gute Werke der Lebenden können die ewigen Strafen der Verdammten nicht mildern. 1. c. qu. 14. art. 5.

Werke Dante's können wir uns hier nicht einlassen. Witte') nimmt einen solchen an zwischen Dante's Vita nuova, dem Convito und der Divina Comoedia (das Buch de Monarchia schließt er aus) und erklärt diese drei Werke als die drei Theile eines großen Gedichts, worin Dante uns die drei großen Stufen seines eigenen Lebens und somit, da unser Dichter das ganze gefallene und zur Erlösung berufene Menschengeschlecht darstellt, die Geschichte des geistigen Lebens aller Menschen gibt, nämlich die Geschichte der gläubigen Einfalt, des Abfalls und der Rückkehr zum Glauben entwickelt in den genannten Werken.

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„In der Vita nuova, sagt Witte, tönte dem kindlichen freudigen Sinne aus allen Stimmen der Schöpfung nur ein Hymnus auf den Schöpfer, strahlte das Abbild des Ewigen in den schönen Zügen der Geliebten. Die Geliebte wurde ihm durch den Tod entrissen. Ein ganzes Jahr lang lebte Dante noch in den beseligenden Gedanken an sie; aber immer öder ward es ihm auf Erden, immer herber seine Gemüthsstimmung und der Glaube an Gottes Güte und Liebe in seinen Grundfesten erschüttert. Da der findliche Glaube, der ihm in den Tagen seines Glückes die Sprache seiner Liebe geredet hatte, ihm keinen Trost mehr geben konnte, so suchte er diesen in der Weltweisheit. Die Spekulation in allen Richtungen ihres weiten Gebietes erschien ihm als tröstende Freundin. Aber die Weltweisheit ist nur eine Weisheit dieser Welt. Die Wege der Philosophie sind andere als die des gläubigen gottergebenen Gemüthes. Wohl wird dem lezteren, wenn es ihn demüthig sucht, wahrer Friede zu Theil. Jene Bahnen der Philosophie aber, sie verheißen es zu Licht, Trost und Frieden zu führen und verschwinden dann dem verleiteten Wanderer zwischen Dornen und Klippen. Bald sind die hoffnungslosen Schranken der menschlichen Erkenntniß erreicht, und von dem anfänglichen Trost bleibt nichts zurück, als die Ermattung vergeblichen Kampfes. Jahrelang verharrt der Dichter in diesem qualvollen Zustande, sucht den Grund der Fruchtlosigkeit seines Forschens in seiner persönlichen Unreife, statt zu erkennen, daß irdische endliche Weisheit ihrem Wesen nach die unendlichen, das Diesseits mit dem Jenseits verknüpfende Räthsel nicht zu lösen vermag. Endlich gelangt er dazu, nicht mehr zu begehren, daß die Philosophie seine Zweifel beantworte, sondern den wahren Lohn in der Liebe zur Weisheit selbst zu finden, möge sie nun versagen oder gewähren. Dieß ist der Uebergang zur dritten Stufe in Dante's geistiger Entwicklung zu der göttlichen Komödie. Der Geist jagt nicht mehr auf menschlichen Wegen nach Erkenntniß, sondern sehnt sich bescheiden nach dem höheren Licht; er ist also vorbereitet, dieses Licht nicht mehr von irdischer Spekulation zu erwarten, sondern nur in Demuth von Gott zu erflehen. Beatrice verklärt zum lebendigen Anschauen Gottes, bietet ihm ewigen Trost und reicht dem in der Wissenschaft Gereiften Licht aus dem Urquell

1) Dante Alighieri, lyrische Gedichte, übersezt von Kannegießer und Witte. 2. Aufl. II. 48.

des Lichts für jedes Dunkel, das die Philosophie ihm einst verwehrt hatte. Die Liebe zur Philosophie war also eine Untreue an dem Gott ergebenen Glauben, und das fruchtlose Suchen nach Licht war ein Abweg."

Ruth') läßt diesen von Witte angenommenen und entwickelten inneren Zusammenhang der genannten drei Dichtungen Dante's nicht gelten. Sei dem nun wie ihm wolle, es steht fest, daß bei jedem Dichter, also wohl auch bei Dante ein innerer geistiger Entwicklungsprozeß wenn auch unbewußt und nicht immer formell ausgesprochen und von dem Dichter selbst abgegrenzt, stattfinde. Für unseren Zweck handelt es sich zunächst um den Inhalt der Schriften Dante's.

Unser Dichter, hauptsächlich der Lehre des heiligen Thomas von Aquin, Albertus Magnus, heiligen Bernhard und heiligen Bonaventura folgend, gibt nachstehende Erklärung von der

Natur und Bestimmung des Menschen.

Um die gefallenen Engel zu ergänzen, wurde die menschliche Natur geschaffen (Convito II. 6). Der Mensch steht nur wenig unter den Engeln, ist in einigen Dingen vorzüglicher begabt; aber die Seligkeit der Engel ist ihm nicht gleich gegeben, sondern er soll sie erst erwerben. Daher ist er auf den untersten Theil der Welt, die Erde versett 2), aber mit dem glühendsten Streben nach dem Höchsten. Der Mensch hält allein in der Ord

1) Studien über Dante Alighieri, p. 55. cf. dessen Geschichte der italienischen Poesie. I. Theil: Die Biographie Dante's. 2) Dante's Anschauung über das All ist diese: Es gibt einen Himmel, der aus dem edlen Himmelskörper oder dem unerzeugten, unzerstörbaren Himmelsstoff besteht (Parad. VII. 66-69). Mit dem Himmelsstoff ist eine Himmelskraft verbunden, wie die Seele mit dem menschlichen Leive. Diese Kraft geht von den Intelligenzen aus und ist das belebende Prinzip des Himmels (ibid. II. 139). Er hat sein Dasein und Wesen unmittelbar von Gott. Der Himmel ist der ursprünglichen Beziehung nach vor der Zeit gewesen, weil seine Bewegung die Zeit hervorbringt, aber in Hinsicht auf die Dauer zugleich mit der Zeit, weil seine Bewegung in dem Moment der Schöpfung angefangen hat. Seine Bewegung ist die kreisförmige, welche als die vollkommenste ihm allein zukommt. Sie ist aber keine Ortsbewegung, sondern nur in Beziehung auf die Erde, als Mittelpunkt der Welt betrachtet.

Um diesen Mittelpunkt sind neun Himmelskreise oder eigentlich durchsichtige Hohlkugeln eine in der andern eingeschlossen (purg. III. 29). Die sieben untersten Himmel gehören den (damals bekannten) Planeten an. Der innerste und nächste um die Erde ist der Mondhimmel, diesen schließt der Merkurhimmel, diesen der Venushimmel, in welchem Dante seine Beatrice im Leben schaute, diesen der Sonnenhimmel, diesen der Marshimmel, diesen der Jupiterhimmel, diesen der Saturnhimmel ein. Der achte Himmel ist der Firsternhimmel und der neunte ist der Krystallhimmel oder das Primum mobile (convito II. 4). Alle diese Himmel umschließt dann der sogenannte Feuerhimmel oder das Empyraeum, der eigentliche Siß der göttlichen Herrlichkeit, der Engel und der seligen Menschen. Dieses Empyräum ist kein Körper, sondern außer allem Raum umschließt es die ganze Welt und reicht in die Unendlichkeit hinaus. Es ist in ewiger Ruhe und besteht aus reinem Lichte 2.

nung der Dinge die Mitte zwischen den zerstörbaren und unzerstörbaren Dingen, wie der Horizont die Mitte zwischen zwei Hemisphären (monarch. III. 15). Er hat unter seinen Füßen die Hölle, über sich den Himmel, er kostet die Versuchungen der Hölle und ahnt die Seligkeit des Paradieses. Er hat aber zu beiden freie Wahl, damit er desto glorreicher aus der militia, wie Dante das irdische Leben nennt, hervorgehe. Die menschliche Natur vermittelt Erde und Himmel und fast alle verschiedenen Arten des Seins in sich: sie hat das reine Sein mit den Elementen, das zusammengesetzte Sein mit den Mineralien, das belebte Sein (esse animatum) mit den Pflanzen, das sinnliche Sein (esse apprehensivum) mit den Thieren. Dafür hat sie noch für sich den sich selbst bestimmenden Verstand. Dieß hat kein anderes Geschöpf weder über noch unter dem Menschen und er steht in dieser Hinsicht über den Engeln; denn die Engel sind wohl auch des Verstandes theilhaftig, aber ihr Verstand (intellectus) ist nicht von sich aus nach vielen Seiten hin aktiv, sondern sie sind Verstandesgattungen, d. h. der Verstand jedes Einzelnen ist nach je einer Richtung, für die er bestimmt ist, thätig (monarch. 1. 4). Daher ruft Dante aus: Unter allen Werken der göttlichen Weisheit ist der Mensch das bewunderungswürdigste, wenn man bedenkt, wie in ihm die göttliche Kraft drei Naturen (die vegetabile, empfindende und denkende) in einer Form vereinigt hat, und wie subtil und harmonisch sein Körper zu solcher Form eingerichtet sein muß, da er die Werkzeuge für die Kräfte aller drei Naturen enthält (Convit. III. 8).

In Beziehung auf die Zeugung des menschlichen Leibes hat Dante der Hauptsache nach die gewöhnliche Ansicht, wir übergehen das Nähere ) und führen nur eine Stelle aus dem Convito (IV. 21 cf. III. 2) an, welche eine Abweichung enthält: „Wenn der Same in die Gebärmutter fällt, so führt er mit sich die Kraft der zeugenden Seele und die Kraft der Gestirne. Die gebundene Kraft der Elemente zeitigt und bereitet den Stoff für die bildende Kraft, welche die zeugende Seele gibt. Und die bildende Kraft bereitet die Organe für die himmlische Kraft der Gestirne, welche aus der Potenz des Samens die Seele zum Leben hervorruft."

Die ganze Natur, der Einfluß der Sterne und ihrer Intelligenzen 2) nimmt also Theil an der Entstehung des Menschen. Sie gibt die Seele dem Körper zur Form (parad. IV. 54), deßwegen heißt es in der Mo

1) und verweisen auf Ruth, Stud. p. 33 ff. 2) oder nach der Volkssprache die Engel, find nur Ideen oder von der Materie getrennte Substanzen (convito II. 5); sie bewegen die Himmelskörper. Sie sind nicht vielseitiger Richtung fähige, also frei darunter wählende Persönlichkeiten, denn ihr geistiges Wesen ist nur Eins und unwandelbar, also nur einer und zwar unwandelbarer Anwendung fähig. Sie haben daher nicht wie die Menschen die zwei Arten von Lebensrichtung, das aktive und das contemplative Leben zugleich, folglich auch nicht die zwei Glückseligkeiten zugleich, die des aktiven und contemplativen Lebens, sondern es gibt verschiedene Gattungen von Intelligenzen für die eine, und bestimmte Gattungen für die andere Art von Lebensrichtung (Convito II. 5).

narchia (I. 11): Das Menschengeschlecht ist ein Sohn des Himmels, und der Mensch wird gezeugt von dem Menschen und der Sonne. Der Kreislauf der Gestirne ist ein Siegel, das dem Wachs der Menschheit ein verschiedenes Gepräge gibt, und eine zum rechten Leben nothwendige Manichfaltigkeit der Fähigkeiten unter den Menschen bewirkt. Ohne diese durch Gottes Vorsehung angeordnete Einwirkung der Sterne würden alle Menschen gleich sein. Diese Einwirkung unterscheidet ein Haus vom andern, und selbst Zwillinge sind verschieden wie Esau und Jakob (parad. VIII. 97). Sobald im Fötus die Organisation des Gehirns vollendet ist, haucht ihm der Schöpfer den mit Kraft erfüllten Geist ein (intelletto possibile). Dieser nimmt dann Alles in sein Wesen (alle allgemeinen Formen in der Potenz) auf, was er dort thätiges findet. So wird er eine einzige Secle, die lebt und fühlt und sich selbst bestimmt (purg. XXV. 68).

Da die Complerion des Samens, die Disposition des Besamenden besser oder schlechter sein kann und die Disposition des in seiner Constellation immer wechselnden Himmels gut und besser und am besten sein kann, so geschieht es, daß von dem menschlichen Samen und dessen Kräften eine reinere Seele hervorgeht, und nach dem Grad ihrer Reinheit das Vermögen der intellektuellen Kraft in sie herabsteigt (virtu intellettuale possibile). Und wenn es geschieht, daß wegen der empfangenen Reinheit der Seele die intellektuelle Kraft (der Geist) wohl befähigt und frei von jedem körperlichen Schatten ist, so vermehrt sich in ihr die göttliche Güte und dadurch auch die Intelligenz. Und dieß ist der Same der Glückseligkeit. In einer solchen Seele ist die eigene Kraft, und die intellektuelle und die göttliche. Daher hat jede Seele drei Thätigkeiten (oprazioni): die animale, die intellektuelle und die göttliche. Und wenn alle nöthigen Kräfte (des Zeugenden, der Gestirne 2c.) sich in ihrer besten Disposition zur Zeugung einer Seele vereinigten, so würde in sie soviel von der Göttlichkeit herabsteigen, daß sie beinahe ein anderer incarnirter Gott wäre (convito IV. 21. III. 2). Die Seele ist genau mit dem Körper verbunden wie Ursache mit der Wirkung, wie Ausübung mit Vermögen. Sie hat ihren Siz im Blut, aber das Gehirn ist der Siß ihrer geistigen Thätigkeit 1).

Diese Verbindung von Stoff und Form in dem Menschen war bei den Erstgeschaffenen vor dem Sündenfall unauflöslich. Nach dem Fall löst der Tod bei jedem Menschen die Verbindung auf bis zum jüngsten Gericht, wo sich jede Seele wieder mit ihrem Leibe bekleidet und dann in Ewigkeit mit ihm verbunden bleibt 2).

Wenn die Seele sich vom Leibe trennt, nimmt sie alles Göttliche (die Kräfte der intelligiblen Seele) und alles Menschliche (die der sensiblen Seele) mit sich. Die Kräfte der zweiten Art verstummen und bleiben in

1) Inf. XXVII. 73; parad. II. 133; purg. V. 74; XXXIII. 79.

2) Thatkraft und Fähigkeit schlang in der Mitten

Ein Band, das nimmer auseinander fällt. (parad. XXIX. 36. cf. VII. 145.)

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