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legt Pomponatius in die Erfüllung der Pflichten gegen das Ganze und ruft auswer möchte lieber ein langdauernder Stein als ein Mensch sein?"

Die Möglichkeit der sittlichen Güte dehnt er auf Alle aus, kennt aber keine göttliche Gerechtigkeit oder Strafe für diejenigen, welche diese Güte nicht anstreben zum Verderben des Allgemeinen, wie er andererseits den Lohn für sittliche Thätigkeit einzig in den damit verbundenen Genuß legt, das Böse wiederum trägt seine Strafe in sich selbst. Diese „reine" Ethik, welche das Gute um des Guten willen gewirkt sehen will und darin dann den Lohn selbst findet, scheint uns sehr egoistisch und „das Andenken, sei es ein gutes eder schlechtes, das sich der Mensch in den Thaten seines Geistes selber sett", ein sehr wenig bewegendes Motiv zum gut oder schlecht Handeln.

Wie wir schon angeführt haben, sind nach Pomponatius die meisten Menschen in ihrem Lebenswandel den Thieren ähnlich, obgleich für Alle sittliche Güte möglich wäre. „Auf Erden wandelnde Götter" d. h. Menschen, die Tugend um ihrer selbst willen üben und darin ihren genügenden Lohn finden, gibt es nur Wenige; einen intellektuell Unmündigen (puer ratione carens) findet man dagegen immer und überall, diese Klasse von Menschen müssen nun nach der Meinung unseres Philosophen durch die Religion ihrer sittlichen Aufgabe entgegengeführt werden, diesen kann um des pädagogischen Zweckes willen von einer Fortdauer gesagt werden, obgleich immer die Idee von einer jenseitigen Vergeltung 2c. ein mit dem Wesen wahrer Tugend unvereinbares serviles Moment mit sich schleppe. Nach Pomponatius ist die Unsterblichkeitslehre in der Philosophie unzulässig, in der Theologie mag sie ihre Geltung haben. Die theologische Begründung der Unsterblichkeitsidee, wie sie Pomponatius gibt, können wir hier füglich übergehen, da sie nichts Besonderes bietet.

E. Mystit.

Ehe wir die Unsterblichkeitslehre einiger Mystiker des Mittelalters darstellen, wollen wir im Interesse mancher unserer Leser den Begriff von Mystik überhaupt etwas erörtern. Nach J. Görres') ist Mystik ein Schauen und Erkennen unter Vermittlung eines höheren Lichtes und ein Wirken und Thun unter Vermittlung einer höheren Freiheit, wie das gewöhnliche Wissen und Thun durch das dem Geiste eingegebene geistige Licht und die ihm eingepflanzte persönliche Freiheit sich vermittelt findet. Obgleich sich auch in anderen Religionen eine mystische Richtung kundgibt, so ist doch das eigentliche Heimathland der Mystik das Christenthum; sie findet sich deßhalb schon in der Patristik 2), ja sie findet ihre Vertreter be=

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1) Christliche Mystik (4 Bde.) Regensburg 1836. I. p. 1. 2) cf. C. Greith, die deutsche Mystik im Prediger-Orden (von 1250-1350) Freiburg i. B. 1861. p. 22 ff.

reits im Evangelium, indem Richard von St. Victor (lib. de contempl. I. 1) von Maria, der Schwester Martha's schreiben konnte: „Sie erkannte die unendliche Weisheit Gottes, welche im Fleische verborgen war, mittelst des Gehöres, und sah sie durch die Erkenntniß, und indem sie auf diese Weise sah und hörte, gab sie sich der Beschauung der höchsten Wahrheit hin. Dieß ist jene Beschäftigung, welche niemals ein Ende nimmt, denn die Beschauung der ewigen Wahrheit wird in diesem Leben angefangen und im zukünftigen fortgesezt." Dieses Beschauen ist um so mehr ein mystisches, wenn man, wie ein heiliger Paulus in den dritten Himmel emporgetragen wird, bis an den Thron Gottes, wo er göttliche Geheimnisse mit unverhülltem Angesichte schaute, für ihren Ausdruck aber in der menschlichen Sprache keine Worte fand. In der Mystik finden sich somit Visionen und Offenbarungen. Wenn auf den Stufen der Beschauung die menschliche Seele sich zu den Himmlischen erhob, sagt Greith (1. c. p. 24), so stiegen in den Visionen und Ansprachen die Himmlischen zu den Gottesbegnadigten herab. „Die Dinge über uns, sagt der heilige Bernhard, werden nicht durch Schulbegriffe und Worte gelehrt, sondern vom heiligen Geiste reinen Seelen geoffenbart; was das Gebet erfleht, soll die Betrachtung aufsuchen, und die Heiligkeit des Lebens muß in der Beschauung erreichen, was bloße Worte nicht auszudrücken vermögen. Darum steht ge= schrieben: Selig, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott anschauen. Nun ist aber Gott die Wahrheit selbst, und um sie im Schooße ihrer geheimnißvollen Tiefen zu erschauen, muß man einen Weg der Reinigung durchmachen, der uns von Allem befreit, was zwischen uns und der Wahrheit, zwischen unserem von der Sünde verdunkelten Auge und zwischen dem himmlischen Lichte liegt." Auf verschiedenen Stufen steigt der Mensch zur reinen Gottesliebe empor, welche der Schlüssel zur göttlichen Erkenntniß und zum Schauen der ewigen Dinge ist. Die Seele muß ihrer Sinnlichkeit und Eigenheit ersterben, und von Tugend zu Tugend fortschreiten, um des Lichtes theilhaftig zu werden, worin sie das Licht der Gottheit zu erkennen vermag. Denn in dem Maße, als durch das thätige Tugendleben angefacht, das Feuer der Liebe sie erweitert, wird auch der Blick ihrer Vernunfterkenntniß heller und umfangreicher; sie liebt, was sie betrachtet, und betrachtet, was sie liebt. Beide Akte werden in der Ewigkeit in einen und denselben zusammenfallen; denn sobald unser Geist Gott sehen wird, wie er ist, wird auch unser Wille mit ihm vereinigt werden und göttliche Werke mit ihm vollbringen. Steigt die Seele auf den Stufen des reinigenden Lebens zu Gott empor, dann läßt sich das ewige Wort, die Weisheit des Vaters, zu ihr hernieder und erhöht und erweitert auf übernatürliche Weise ihre Er kenntniß, und es wird der Seele so, als erwachte sie aus dem Schlummer, in welchem das gewöhnliche Leben sie bei all' ihrem Erkennen gefangen hielt 1).

1) Greith, deutsche Mystik p. 27 ff. Im Gegensatz zu den Mystikern im bezeichneten Sinne stehen nach Fr. Baader (kl. Schr. ges. v. Fr. Hoffmann p. 359) u.

So ist die Mystik eigentlich Philosophie als Gottesweisheit und zerfällt in spekulative, praktische und theosophische Mystik '). Daß die Mystik ihrem Wesen nach auf das Jenseitige gerichtet und deßhalb der fruchtbarste Boden für die Unsterblichkeitsidee und ihre Fortentwicklung ist, braucht wohl nicht bemerkt zu werden.

§. 1. Bernhard von Clairvaux.

Unter den orthodoren Mystikern des zwölften Jahrhunderts ragt vor Allem hervor Bernhard von Clairvaux, der Gegner Abälard's. Das Wissen schätzt er nur insoweit, als es der Erbauung dient, und ein Streben nach dem Wissen um des Wissens willen hält er für heidnisch; unablässig arbeitet er an der Begründung eines wahrhaft christlichen Lebens.

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Wiederholt weist Bernhard auf die Kürze des Lebens, auf die Eitelkeit der Welt, der er selbst ganz abgestorben war, und auf die leßten Dinge hin, ermahnt mit heiligem Ernste zu einem höheren auf das Jenseits hinzielenden mystischen Lebenswandel 2), und sagt, daß der Gerechte den Tod nicht fürchte (justus mortem non pavet), um so mehr als derselbe Ausgang aus diesem und Eingang in ein besseres Leben ist" für die Gerechten; anders ist es bei den Sündern, deren Tod der übelste); der Tod entscheidet, je nachdem er im Stande der Gnade oder der Sünde erfolgt, über den Zustand des Menschen im Jenseits (ibid.). Das Gericht Gottes nach unserem Hinscheiden aus dieser Welt ist furchtbar (§. 2635-2653); um so lieblicher ist die Seligkeit und Freude des Himmels, von der S. Bernhard schreibt (1. c. §. 2654 ff.): „ feliges Gefilde überirdischer Kräfte, wo die heilige Dreieinigkeit von Angesicht zu Angesicht geschaut wird; wo jene hehren Schaaren unter der Begeisterung höherem Fittige ohne Unterlaß singen: Heilig, heilig, heilig ist der Herr Gott Sabaoth! Ein Ort der Freude ist es, wo die Gerechten trinken aus dem Strome der Wonne; ein Ort der Herrlichkeit, wo die Gerechten schimmern wie der Glanz am Firmamente; ein Ort der Lust, wo ewiges Entzücken weilt über den Häuptern; ein Ort des Ueberflusses, wo denen nichts abgeht, die Ihn sehen. Ein Ort der Lieblichkeit, wo der Herr milde erscheint. Allen zumal; ein Ort des Friedens, wo im Frieden gebaut ist der Auf

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A. die Mystifikateurs, „welche sich die Alleinvernünftigen nennen: sie wollen dem Menschen dieses Forschen in die Tiefe als irrational ausreden, weil ja alles Wißbare oder zu wissen Nöthige schon auf dem Wasserspiegel des Zeitstroms schwimme, folglich mit ihren Schaumlöffeln ganz leicht abschöpfbar oder vielmehr längst schon von ihnen abgeschöpft sei."

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') cf. Erdmann, Gesch. der Philos. I. 470-486. 2) Sermo 1. de divers. bei P. J. A. op. s. Bern. Medulla sex libri. Monast. 1855. §. 2587 - §. 2602 3) Epist. 105 ad Romanum Rom. cur. subdiac. in d. Medulla §. 1618.

sequ.

1619. 2624.

enthalt; ein Ort der Bewunderung, wo wunderbar sind seine Werke; ein Ort der Sättigung, wo wir ersättigt werden bei dem Anblick seiner Glorie; ein Ort der Beschauung, wo Großes erschaut wird. Dort wird Gott Alles in Allem sein, wo das Weltall in wundersamer Harmonie dem Schöpfer die Ehre, dem Geschöpfe Seligkeit bereiten wird. Durchfliege daher, geistige (d. h. mystische) Seele, mit den Augen der Sehnsucht jene Gefilde, und siche den König der Glorie, herrlich in seinem Glanze, gefolgt von Legionen der Engel, begleitet von den Schaaren der Heiligen."

Auch die Herrlichkeit der auferstandenen Leiber der Gerechten hebt Bernhard hervor in Uebereinstimmung mit der Lehre der Kirche '); ferner spricht er über vier Klassen von Menschen, welche das Himmelreich erlangen werden (sermo 99. de divers.): Diejenigen, welche um Christi willen Alles verlassen; die ihre zeitlichen Güter gut anwenden; die menschliches Lob verachten; die ihre Armuth geduldig ertragen 2). Bei allen diesen muß auch der Körper mitwirken zur Erlangung der Seligkeit, weßhalb unser Mystiker eine eigene Ermahnung an den Leib richtet zur Ermunterung 3).

Bernhard schreibt endlich vom Fegfeuer: „Ich will gehen in jenes Gefilde und schauen diese große Vision, wo der milde Vater die zu verherrlichenden Kinder in der Gewalt des Versuchers zurückläßt, nicht zum Tode, sondern zur Läuterung; nicht nach seinem Zorne, sondern gemäß seiner Barmherzigkeit; nicht zum Verderben, sondern zur Herstellung, auf daß sie nun nicht seien Gefäße des Zornes, reif für den Untergang, sondern Gefäße des Erbarmens bereitet für das Himmelreich. Darum will ich mich erheben. zu ihrem Beistande, will fürbitten mit Seufzern, will rufen mit Anmuthungen, will eintreten für sie mit Gebeten, will sühnen durch das hohe Opfer; damit der Herr, wenn Er etwa auf sie sieht und richtet, ihre Qual in Nuhe, ihr Elend in Herrlichkeit, ihre Strafe in Lohn verwandle. Denn durch diese und ähnliche Dienstleistungen kann ihre Buße abgekürzt, ihre Pein geendet, ihre Strafe aufgehoben werden."

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Von der Hölle schreibt Bernhard: „O Gefilde hart und ernst! Gefilde, das zu fürchten und zu fliehen ist! Land der Vergessenheit, Land der Bedrängniß! Land des Elends, in welchem keine Ruhe, sondern ewiger Schrecken wohnet! Ort ohne Erinnerung, wo brennende Gluth, starrender Frost, niesterbendes Gewürm, durchdringende Schläge, dichte Finsterniß, Verwirrung der Sünder, unlösbare Fesseln, schauerliche Teufelsfraßen! Ganz zittere ich und schaudere bei der Erinnerung an jenes Reich (der Hölle) und gelähmt sind alle meine Gebeine. O Gott! welch eine Kluft zwischen den Freuden des Paradieses und dem zernagenden Wurme der Hölle! Ich weiß es, daß jenes Feuer dem Teufel bereitet ist und seinen Genossen, und den Menschen, die ihm ähnlich; dort wird ihnen ohne Ende das Ende bereitet, ohne Sterben das Sterben, ohne Aufhören werden fie

') Medulla §. 2673 ff. 2) Medulla §. 2681-2688. *) ibid. §. 2689--2702.

gepeiniget. In deinem Leibesleben steige daher hinab in die Hölle, durchblicke mit den Augen des Geistes die Stätten der Qual, fliehe Verbrechen und Laster, um deren willen verbrecherische und lasterhafte Menschen zu Grunde gegangen sind 1)!" - Indem die Seligen im Himmel diese Qualen der Verdammten schauen, freuen sie sich darüber, daß sie nicht auch wie jene den Himmel verloren, daß sie von den Verdammten abgesondert, daß sic sicher vor den Feinden des Heils, und daß ihr Zustand so verschieden ist von dem der Gottlosen in der Hölle 2).

§. 2. Johannes Gerson

lebte in einer Zeit, in der sich das theologische Studium in logisch metaphysischen Untersuchungen verflüchtigt hatte, die mit der christlichen Wahrheit und dem christlichen Leben meistens nur in einem sehr äußerlichen Verbande standen. Im Gegensatz zu dieser Behandlung der Theologie wählte Gerson als Professor der Theologie (in Paris) in einer Reihe von Vorlesungen „das geistige Leben der Seele" in seinem Wesen, seiner Begründung und seiner Vollendung als Gegenstand der Behandlung 3). In diesen Vorlesungen findet sich bereits die bei Gerson später hervortretende Richtung auf das Contemplative. Was seine philosophische Richtung betrifft, so ist er dem Nominalismus gewogen, weil dieser mehr als der Realismus mit dem Lehrsystem der Kirche vereinbar sei *). Gerson ist aber Nominalist nicht nur in seiner auf empiristischer Grundlage ruhenden Erkenntnißtheorie, son= dern vor Allem in dem realen Unterschiede, den er zwischen Sein und Denken, zwischen dem Ding an sich und der Vorstellung davon seßt. Hier wird es sichtbar, daß er das Unsichtbare in re und post rem zusammenfaßt, indem er dem Universale in den Einzeldingen sein reales Substrat, in der abstrahirenden Thätigkeit des Geistes aber seine constituirende Form gibt"). Im Realismus findet Gerson ebenso die Einheit des göttlichen Wesens, wie die Freiheit des göttlichen Wellens und Wirkens gefährdet. Doch nähert er sich dem Realismus u. A. in dem Saße, daß eine intuitive Erkenntniß Gottes hier im Leben nicht deßhalb unmöglich sei, weil Gott als Objekt des Erkennens in keinem entsprechenden Verhältniß zum Auge des Geistes stehe, die Natur des Geistes also dafür unzureichend wäre, sondern weil Gott nicht wolle; denn an sich betrachtet, je vollkommener ein Objekt der Erkenntniß sei, desto mehr entspreche es dem Auge des Geistes, das nicht, wie das leibliche Auge, durch die Fülle des Lichtes leide 6). Wenn Gott

1) Sermo 42. de divers. in d. Medulla §. 2703-2717. bis 2730. 3) de vita spirituali animae. Op. III. 1-72.

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philos. Grundanschauungen hat er am Ende seines Lebens in d. Traftaten: centilogium de conceptibus, de causa finali, de modis significandi etc. niedergelegt. cf. Schwab, Joh. Gerson. Monogr. Würzb. 1859. p. 291 ff. eine weitere Darstellung. simplic. cord. III. 458. ") Tract. VII. super Magnif. IV. 343.

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