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kann. Gleichwohl nehmen wir wahr und erfahren, daß wir ewig sind. Denn der Geist nimmt diejenigen Dinge, die er durch den Verstand begreift, nicht minder wahr, als diejenigen, die er im Gedächtnisse hat. Die Augen des Geistes, womit er die Dinge sieht und beobachtet, sind eben die Beweise. Obgleich wir uns deßhalb nicht erinnern, daß wir vor unserm Körper eristirten, so nehmen wir doch wahr, daß unsere Seele, insofern sie das Wesen des Körpers unter der Form der Ewigkeit in sich schließt, ewig ist, und daß diese ihre Existenz nicht durch die Zeit bestimmt, oder durch zeitliche Dauer erklärt werden könne. Unserer Seele kann daher nur insofern zeitliche Dauer beigelegt, und ihre Eristenz nach einer gewissen Zeit bestimmt werden, insofern sie die jeßige Eristenz des Körpers in sich schließt, und nur insofern hat sie das Vermögen, das Dasein der Dinge nach der Zeit zu messen und sie unter der Form der Dauer zu begreifen."

Aus diesem geht ein für alle Mal soviel hervor, sagt Orelli (p. 140): Es gibt etwas Wesentliches, wie im Körper, so in der Seele. Gleichwie der einzelne menschliche Körper aus Theilen besteht, die von Ewigkeit her waren, und wie die ihn gerade beim Tode ausmachenden Theile wieder in anderer Form fortbestehen werden, so ist auch im Geiste etwas Substantielles, das nicht durch die zeitliche Eristenz des Körpers bedingt ist. Wir sehen ferner, daß die Einbildung (imaginatio) und das Gedächtniß derjenige Theil der Seele ist, welcher im Tode untergeht, die Intelligenz (intellectus) da= gegen der Theil, welcher übrig bleibt und das ist der hauptsächliche Theil. -Mehr Aufschluß ertheilt uns Spinoza nicht. Drelli und Andere begnügen sich damit, ja Ersterer findet es (1. c.) sogar beachtenswerth, wie Spinoza nicht nur frei von der Furcht vor gewissen Uebeln nach dem Tode, sondern auch frei von der Hoffnung auf die meisten Güter, welche die Menge jenseits des Grabes sich verspricht, und ebenso frei von der Furcht vor dem Tode selbst, der ihm als ein Naturgesetz erscheinen mußte, dem sich Jeder willig fügen soll über das Denken an den Tod sich äußert: Der freie Mensch denkt an nichts weniger als an den Tod, und seine Weisheit besteht nicht in Todes- sondern in Lebensbetrachtungen" (IV. Eth. pr. 67).

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§. 6. Locke

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sucht in seinem Hauptwerk, dem „Versuch über den menschlichen Verstand" den Ursprung der menschlichen Erkenntniß zu ermitteln, um dadurch das Maß und die Grenzen von objektiver Gültigkeit derselben zu bestimmen. Er negirt die sogenannten angebornen Ideen; der Geist ist ursprünglich eine tabula rasa. Nichts ist im Intellekt, was nicht vorher in den Sinnen war. Alle Erkenntniß stammt theils aus der Sensation oder sinnlichen Wahrnehmung, theils aus der Reflexion oder inneren Wahrnehmung her. Die verschiedenen Elemente der sinnlichen Wahrnehmung stehen in verschiedenem Verhältnisse zu der objektiven Realität. Alle räumlichen Bestimmungen

kommen auch den Objekten an sich selbst zu; die Empfindungsqualitäten sind nur in dem percipirenden Subjekte und nicht im Objekte an sich selbst, sie sind nur Zeichen, nicht Abbilder von räumlichen Vorgängen, die in den Objekten stattfinden. Durch die innere Erfahrung oder Reflerion erkennen wir unser Denken und Wollen. Durch die äußeren Sinne und den inneren Sinn zugleich erhalten wir die Ideen der Kraft, der Einheit und andere. Aus den einfachen Ideen bildet der Verstand durch Combination die zusammengesetzten (compleren) Ideen. Diese sind theils Ideen von Medis, theils von Substanzen, theils von Relationen. Wenn wir mehrere Modi beständig mit einander verbunden finden, so sehen wir eine Substanz oder ein Substrat, dem sie inhäriren, als ihren Träger voraus; doch ist dieser Begriff dunkel und von geringem Nußen. Das Prinzip der Individuation ist die Existenz selbst 2c. Vernunftgemäß sind Säße, deren Wahrheit wir durch Untersuchung und Entwicklung der Begriffe, die aus Empfindung und Reflerion entspringen, entdecken können, z. B. die Eristenz eines Gottes; über die Vernunft hinausgehend sind Säße, deren Wahrheit oder Wahrscheinlichkeit wir auf diesem Wege nicht entdecken können, z. B. die Auferstehung der Todten; auf solche Sätze geht der Glaube. Gegen die Vernunft sind Sätze, die mit sich selbst streiten oder mit klaren und deutlichen Begriffen unvereinbar sind, z. B. die Existenz mehrerer Götter; derartige Säge können nicht geoffenbart sein und nicht geglaubt werden.

Für das Dasein Gottes führt Locke den kosmologischen Beweis 1). Daß die Seele immateriell sei, ist ihm wahrscheinlich, aber das Gegentheil nicht undenkbar, da Gott auch die Materie mit der Fähigkeit zu denken begabt haben könne. Das Hirn ist der Sitz des Bewußtseins, gleichsam das Audienzzimmer der Seele 2). Vom Standpunkt seiner Psychologie aus läßt somit Locke die Unsterblichkeit der Seele dahingestellt sein.

Dagegen will Locke andererseits, daß die biblische Lehre nicht umgedeutet, sondern wörtlich genommen werde; sodann ergibt sich als ihre Summe: daß durch Adams Fall physisches Wohlsein und physische Unsterblichkeit, die etwas dem Menschen Accidentelles, verloren wurden; ferner daß zur Bedingung, die Unsterblichkeit wieder zu erlangen, nur der Glaube, daß Jesus der Messias sei, -zur Bedingung aber, unter der man am jüngsten Tage Lohn empfange, der Gehorsam gegen seine Gebote gemacht worden sei. Die letzteren stimmen ganz mit der natürlichen Moral überein; daß Gott sie geoffenbart hat, ist nicht unnütz gewesen. Sehr schwer wäre es auch den geistig Begabtesten, den minder Begabten sogar unmöglich gewesen, sich ohne solche Hilfe von der Wahrheit der moralischen Vorschriften zu überzeugen. Zugleich hätte einer der mächtigsten Hebel des sittlichen Lebens, die Hoffnung auf Lohn und die Furcht vor Strafe, gefehlt, welche die christ

1) Den Atheisten gesteht Locke, im Widerspruch mit seinen philosophischen Argumenten für Toleranz, keine Gewissensfreiheit zu. 2) cf. Ueberweg, Geschichte der Philosophie 111. 77 ff.

liche Religion zu Hilfe ruft, während nach der Moral der Heiden die Tugend bloß um ihrer selbst willen geliebt werden solle. Wie sehr Locke auf christlichem Boden zu stehen sich bemüht, erhellt, abgesehen von seiner Anerkennung der christlichen Eschatologie, noch daraus, daß er Wunder zur Beglaubigung der göttlichen Offenbarung für nothwendig erachtet, und sich gegen diejenigen erklärt, welche in Christo nur einen Erneuerer der natürlichen Religion sehen. Christus habe nirgends Widervernünftiges gelehrt, wohl aber Solches, das die sich selbst überlassene Vernunft nie gefunden hätte, z. B. daß Er der Messias ist, d. h. die ganze Summe dessen, was wir, eben weil wir es nicht selbst finden können, zu glauben haben ').

§. 7. Leibnit,

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der Begründer der deutschen Philosophie des 18. Jahrhunderts, theilt mit Descartes und Spinoza im Gegensatz zu Locke die dogmatische Richtung des Philosophirens oder das unmittelbare Vertrauen zum menschlichen Denken, durch volle Klarheit und Bestimmtheit zugleich zur Uebereinstimmung mit der Wirklichkeit zu gelangen. Aber er überschreitet den Cartesianischen Dualismus zwischen Materie und Geist ebensowohl, wie den Spinozistischen Monismus durch die Anerkennung einer Stufenreihe von Wesen in seiner Monadologie 2). In dieser Beziehung bemerkt Hegel): Im Gegensatz zur spinozistischen einfachen allgemeinen Substanz legt Leibnitz die absolute Vielheit, die individuelle Substanz zu Grunde, die er nach dem Vorgange der Alten Monaden nannte, ein schon von den Pythagoräern ge= brauchter Ausdruck. Leibnitz sagt: Substanz ist ein Ding, das der Thătigkeit fähig ist; sie ist zusammengesetzt oder einfach, die zusammengesetzten können nicht sein ohne einfache. Diese Monaden sind einfache *). Den Beweis hiefür, den Hegel (ibid.) eine oberflächliche Reflerion, eine Tautolegie nennt, gibt Leibnitz mit den Worten: Weil es zusammengesetzte Dinge gibt, so müssen die Prinzipien derselben das Einfache sein, denn das Zusammengesetzte besteht aus Einfachem 5). Diese Monaden sind nun aber nicht ein abstraktes Einfaches in sich die leeren epikureischen Atome; diese sind das in sich Bestimmungslose, alle Bestimmung kommt bei Epikur nur her von der Aggregation der Atome. Die Monaden sind dagegen substanzielle Formen) ein Ausdruck von den Scholastikern entlehnt

1) cf. Erdmann, Geschichte der Philosophie III. 95 ff. 2) Ueberweg Grundriß der Geschichte der Philosophie. Berlin 1866. III. p. 88. 3) sämmtliche Werke. Berlin 1836. Bd. XV. p. 455. Principes de la nature et de la grace; Leibnitzii Op. T. II. P. I. ed. Dutens §. 1 p. 32. In diesem Werke hat Leibniz seine eigentlichen philosophischen Gedanken am meisten zusammenhängend vorgetragen. 5) Principia philosophiae. op. T. II. P. I. §. 1. p. 20. Dieß ist ein Schließen aus dem, was es gibt, bemerkt Hegel (1. c.), es fragt sich aber, ob das, was es gibt, wahr. ") de ipsa natura sive de vi insita actionibusque creaturarum, op. T. II. P. II. §. 11.

Entelechien des Aristoteles als reine Thätigkeit begriffen '), sie find Formen in ihnen selber. Diese Monaden, sagt Leibniz, sind nicht materiell oder ausgedehnt, sie entstehen auch nicht, noch vergehen sie auf natürliche Weise, sondern sie können nur anfangen durch eine Schöpfung Gottes, und nur enden durch Vernichtung 2). Dadurch unterscheiden sie sich von den Atomen, die eben als Prinzip betrachtet werden. Um ihrer Einfachheit willen werden die Monaden durch eine andere Monade nicht in ihrem inneren Wesen verändert, es findet keine ursachliche Verbindung zwischen ihnen statt 3). Es gibt aber drei Weisen der Verbindung von Substanzen, wie Leibniz weiter sagt: 1) Ursächlichkeit, Influenz (diese, als von der philosophie vulgaire angenommen, gibt er nicht zu); 2) das Verhältniß der Assistenz. Von diesem sagt er: „Das System der Assistenz (nach Cartesius) ist überflüssige Sache - Deus ex machina weil immer Mirakel in natürlichen Sachen angenommen werden; es bleibt also nur 3) Harmonie, an sich seiende Einheit übrig *).“ Die Monade ist also einfach in sich beschlossen, kann nicht durch Anderes bestimmt werden; dieses Andere kann nicht in sie gesetzt werden. Sie kann weder außer sich heraus, noch Anderes in sie hinein. Eine Auffassung gleich der des Spinoza: Jedes Attribut stellt die Essenz Gottes für sich ganz dar, Ausgedehntes und Denken wirken nicht auf einander. Aber diese Monaden müssen zugleich gewisse Qualitäten haben, Bestimmungen in sich selbst, innere Aktionen, durch welche sie von anderen unterschieden sind. Es kann nicht zwei gleiche Dinge geben, denn sonst eben wären sie nicht zwei, nicht unterschieden, sondern ein und dasselbe *). Der hier zur Anwendung kommende Grundsaß Leibnizen's vom Nichtszuunterscheidenden will sagen, daß jedes Ding an sich selbst ein Bestimmtes sei, ein sich von einem andern Ding an sich selbst Unterscheidendes. Ob zwei Dinge gleich oder ungleich sind, ist nur eine Vergleichung, die wir machen, die in uns fällt, das Nähere aber ist der bestimmte Unterschied an ihnen selbst. Der Unterschied muß Unterschied an sich selbst sein, nicht für unsere Vergleichung, das Subjekt muß an sich selbst diese eigene Bestimmung haben, die Bestimmung muß dem Individuum immanent sein. Sind zwei Dinge bloß dadurch verschieden, daß sie zwei sind, so ist jedes Eins, Zwei macht aber an sich kein Verhältniß aus, sondern der bestimmte Unterschied an sich. - Die Bestimmtheit nun, sagt Leibnitz, und die dadurch gesetzte Veränderung ist aber ein innerliches, an sich seiendes Prinzip, es ist eine Vielheit von Modificationen, von Verhältnissen zu den sie umgebenden Wesen, aber eine Vielheit, die in der Einfachheit eingeschlossen bleibt. . . .

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') princ. philos. §. 18. p. 22. - 2) princ. phil. §. 2. p. 20. principes de la nature et de la grace §. 2. p. 32. 3) princ. phil. §. 7. p. 21.) troisième éclaircissement du système de la communication des substances. op. T. II. P. I. p. 73. cf. Recueil T. II. p. 402. 5) princ. philos. §. 8-9. p. 21. op. T. II. P. I. p. 128.

Eine solche Bestimmtheit und Veränderung, die so im Wesen selbst bleibt und vorgeht, ist nun eine Perception (Vorstellung), alle Monaden sind vorstellend, darum nicht bewußte '). Die Monade als vorstellendes ist also thätig, auch Veränderung ist in ihr; sie verändert sich in sich selbst und bleibt doch absolut, was sie ist. Diese Veränderung gründet sich auf Thätigkeit. Nach Leibnitz ist die Thätigkeit des inneren Prinzips, wodurch es von einer Perception zur andern fortgeht, ein Begehren (appetitus) 2). Die Veränderung im Vorstellen ist Begehren. Das ist Spontaneität der Monade; es kommt Alles nur ihr selbst zu, Influenz fällt weg. Der Intellektualismus Leibnizens ist in dem Satz kurz ausgesprochen: „Alle Vielheit ist in die Einheit eingeschlossen“ 3).— Diese Vorstellungen, lehrt er ferner, sind nicht nothwendig bewußte Vorstellungen. Bewußtsein ist zwar selbst Perception, aber ein höherer Grad derselben, Perceptionen des Bewußtseins nennt er Apperceptionen. Den Unterschied von den bloß vorstellenden Monaden und den selbstbewußten sezt Leibnitz in einen Gradunterschied der Deutlichkeit. Er nimmt bewußtloses Vorstellen an und sagt z. B., daß wir in Ohnmacht und Schlaf bloße Monaden sind, denn unmittelbar nach dem Aufwachen hätten wir Perceptionen, es müssen also andere dagewesen sein, denn eine Perception entspringt aus anderen *).

Diese Monaden machen das Prinzip alles Seienden a u 8. Die Materie ist nichts Anderes, als ihr leidendes Vermögen. Dieses leidende Vermögen macht eben die Dunkelheit der Vorstellungen aus oder eine Betäubung, die nicht zum Unterscheiden, zum Begehren oder zur Thätigkeit kommt 5).

Die Körper als solche sind Aggregate von Monaden, sie sind Haufen, welche nicht Substanzen heißen können, so wenig als eine Heerde Schafe diesen Namen führen kann 6) 2c. Es gibt unorganische, organische und bewußte Monaden. Erstere haben keine innere Einheit, deren Momente bloß durch den Raum oder äußerlich verbunden. sind, übrigens ist bei Leibnitz der Raum nichts an sich". Diese Monaden haben keine Entelechie oder Monade, die über die übrigen herrscht 7). — Eine höhere Stufe des Seins sind die belebten und beseelten Körper, in welchen Eine Monade die Herrschaft über die übrigen hat d. i. ein Thier.... Die bewußte Monade unterscheidet sich von der nackten

') ibid. §. 10-14. p. 21.

§. 2. p. 32.

nature §. 4

2) princ. phil. §. 15 p. 22. Princ. de la nature 3) princ. phil. §. 16 p. 22. ') ibid. §. 19-23. p. 22. princ. de la p. 33. cf. nouveaux essais sur l'entendement humain (oeuvres phil. de Leibnitz par Raspe) Liv. II. Ch. IX. §. 4. p. 90. bei Hegel W. 1836. XV. p. 460. 5) de anima brutorum op. T. II. P. 1. §. 2. P. I. 214. §. 3; p. de ipsa natura sive de vi insita §. 11. p. 55; système nouveau de la nature de la communication des substances. op. T. II. P. 1. p. 50. 7) op. T. II. P. I. p. 39. nouveaux essais. L. III. Ch. VI. §. 24. p. 278; §. 39 p. 290.

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p. 230. 6) op. T. II.

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