Pagina-afbeeldingen
PDF
ePub

insofern er isolirt, d. h. außer Beziehung auf vernünftige Wesen seines Gleichen betrachtet wird 1).

=

er=

Was ist hiemit für die Unsterblichkeitsidee gewonnen? Nichts als dieses: „Jedes Ich ist wahrhaft individuell und eigenthümlich nur in der Darstellung seines besonderen Zweckes. Die Jche sind daher zur gegen= seitigen Ergänzung und Integrirung bestimmt und sind als das Eine Gesammt Ich der göttlichen Erscheinung die Gemeinde der durch den sittlichen Willen und die harmonisch sich ihnen stellenden Lebensaufgaben vereinigten Geister 2)." Weiter hinaus gibt es für diese „Geister" keinen Zwed und somit auch kein Dasein. Und so macht unser Kritiker im Allgemeinen das Zugeständniß: Vom höchsten Standpunkt aus betrachtet, reicht Fichte freilich die innerste Tiefe und Wahrheit des ethischen Prinzips des Christenthums, nach welchem er ringt, nicht. In der ersten Gestalt seiner Philosophie urgirt er das Prinzip der Selbstständigkeit bis zum höchsten Uebermaß, in der zweiten will er sichtlich dieß gut machen und geräth nun in das entgegengesetzte Uebermaß der Vernichtung des Willens in Gott. Nicht, daß die Individualität damit vernichtet würde, im Gegentheil werden nach ihm nur diejenigen Individuen vernichtet, die nicht mit ihrem Willen in Gott eingehen, aber in den an ihn sich hingebenden Individuen wirkt Gott nur noch allein (ibid. p. 22) sie sind also keine freien persönlichen Wesen, wenn sie auch forteristiren.

Darüber mag Fichte mit sich wohl im Reinen gewesen sein, daß der Geist nicht untergehen könne, aber die Beschaffenheit desselben in der künftigen (pantheistischen?) Fortdauer und diese selbst war, wie es scheint, ihm selbst ein Räthsel. Oder was soll es heißen, wenn unser Philosoph in einem Sonett3) von einer „einst'gen künftigen Landung" redet, wenn er andererseits wieder erklärt: „Mit der Erkenntniß der Freiheit geht uns zugleich der Sinn für eine andere Welt verloren." Was will Fichte sagen mit den Worten: „Ich bin unsterblich, unvergänglich, ewig, sobald ich den Entschluß fasse, dem Vernunftgesetze zu gehorchen; ich soll es nicht erst werden. Erst durch Verzichtleistung auf das Jrdische tritt der Glaube an das Ewige hervor in unserer Seele," wenn er andererseits sich dahin äußert: In der normalen Ordnung der Dinge soll das irdische Leben selber wahrhaftig Leben sein, dessen man sich erfreuen, und das man, in Erwartung eines höheren dankbar genießen könne, und obwohl es wahr ist, daß die Religion auch der Trost des widerrechtlich zerdrückten Sclaven, so soll doch vor allen Dingen religiöser Sinn sich gegen die Sclaverei stemmen und nach Möglichkeit verhindern, daß die Religion bis zum bloßen Troste der Gefangenen herabsinke. Der natürliche und nur im Falle der Noth aufzugebende Trieb des Menschen ist der, den Himmel

1) Fichte, „Einige Vorlesungen über die Bestimmung des Gelehrten“. Jena und Leipzig 1794. S. 1. 6-9 ff. - 2) S. W. II. 664. Nachgel. W. I. 558-559 bei Hoffmann, akad. Feftr. p. 21.

bei Fr. Hoffmann, akad. Festr. p. 23.

schon auf dieser Erde zu finden und ewig dauerndes zu verflößen in sein irdisches Tagewerk, das Unvergängliche im Zeitlichen selbst zu pflanzen und zu erziehen. Jeder Edeldenkende wünscht in seinen Kindern und wieder in den Kindern dieser 2c. sein Leben auf verbesserte Weise zu wiederholen und in diesem Leben veredelt auch auf dieser Erde nach dem Tode fortzuleben. Jeder Edeldenkende will durch Thun oder Denken ein Samenkorn streuen zu unendlich fortgehender Vervollkommnung seines Ge= schlechtes.... Die wahrhaftige Liebe, sagt er weiter, erwacht und entzündet sich und ruht allein in dem Ewigen. Nicht einmal sich selbst vermag der Mensch zu lieben, es sei denn, daß er sich als Ewiges erfasse. Außerdem vermag er sich sogar nicht zu achten, noch zu billigen. Noch weniger vermag er etwas außer sich zu lieben, außer also, daß er es aufnehme in die Ewigkeit seines Glaubens und seines Gemüthes. Wer nicht zuvörderst sich als ewig erblickt, der hat überhaupt keine Liebe und kann darum auch kein Vaterland lieben. Wer zwar vielleicht sein unsichtbares Leben, nicht aber ebenso sein sichtbares Leben als ewig erblickt, der mag wohl einen Himmel haben, und in diesem sein Vaterland, aber hienieden hat er kein Vaterland; denn auch dieses wird nur unter dem Bilde der Ewigkeit, und zwar der sichtbaren und versinnlichten Ewigkeit erblickt. Wem aber ein Vaterland überliefert worden und in wessen Gemüth Himmel und Erde, Unsichtbares und Sichtbares sich durchdringen und so erst zu einem wahren und gediegenen Himmel erschaffen, der läßt auch freudig sein Leben für sein Vaterland. Volk und Vaterland als Träger und Unterpfand der irdischen Ewigkeit (weil wir es fortüberliefern) liegt daher noch weit hinaus über den Staat im gewöhnlichen Sinne des Wortes. ... Die Verheißung eines Lebens auch hienieden über die Dauer dieses Lebens hinaus, ist es allein, die bis zum Tod für das Vaterland begeistern kann und von je nur mehr oder minder bewußt dazu begeistert hat 1).

Einen bestimmten und klaren Ausspruch über die persönliche Fortdauer des Menschen nach dem Tode finden wir somit bei Fichte nicht, wohl aber die allgemeine Lehre, daß der Geist nicht zu Grunde gehe. Hieraus wird erhellen, was es mit dem Ausspruch Erdmann's für eine Bewandtniß hat, wenn er sagt: „Für das achtzehnte Jahrhundert, und darum auch für Fichte in der ersten Zeit war die Unsterblichkeit des Menschen das Dogma par excellence 2)." Derselbe Verfasser gibt übrigens zu, daß Fichte's Ausspruch: „Durch das Begrabenwerden könne kein Mensch selig werden", so verstanden werden könne: Der Tod unterbreche die Seligkeit nicht, oder: nach dem Tode gebe es keine mehr.

') Fichte's s. W. VII. 359-396. 2) Gesch. d. Philos. II. p. 650.

§. 4. Schelling,

der Begründer der neuen Unsterblichkeitstheorie", wie ihn Beckers, sein eifriger Anhänger, nennt '), sagt von sich selbst: „Durch meine Doktrin wurde zuerst die sogenannte Unsterblichkeitslehre der abstrakten Behandlungsweise entrissen, die man ihr in den philosophischen Schulen bis dahin allein hatte angedeihen lassen 2);" Schelling's Lehre ist daher (wie Beckers hervorhebt) teine bloße Lehre von Unsterblichkeit der Seele, sondern die Lehre von einer persönlichen Fortdauer des ganzen Menschen nach seinem wahren innerlichen Wesen" (p. 22).

Schelling sucht die große Frage in ihrem ganzen Zusammenhang mit dem System der rationalen wie positiven Philosophie in's Auge zu fassen 3). „Was nicht in einem nothwendigen Zusammenhang an uns kommt, vermag sich nie recht in die Seele einzuwirken." (Schelling I. 9. 54). Um Aufzeigung eines solchen nothwendigen Zusammenhanges war es auch Schelling zu thun. Beckers sagt daher: Eine spekulativ-geschichtliche Behandlung der Unsterblichkeitstheorie ist bis jetzt allein von Schelling geleistet worden (p. 17).

Ueber die leßtmöglichste Entwicklung der Unsterblichkeitslehre spricht sich Schelling folgendermaßen aus: Gelänge es der Philosophie auch nur annäherungsweise, die Furcht vor dem Tode also zu beschwichtigen, wie dieß die Wirkung der Mysterien war, und wohin nach Plato auch die wahre Weisheit führen soll, oder was ihr noch zu ganz anderem und höherem Verdienst gereichte, - wäre sie im Stande, den posi= tiven Aussichten in die Ewigkeit, die das Christenthum der Menschheit

1) Unsterblichkeitslehre Schelling's im ganzen Zusammenbang ihrer Entwicklung (Aus den Abb. der k. bayer. Akad. d. Wissensch. 1. Cl. XI. Bd. 1. Abth.) München 1865. Beckers weist auch darauf hin (p. 7), „daß es Schelling geglückt sei, die entsprechende Methode durch den Begriff des Prozesses zuerst in die Philosophie einzuführen; er war es, der stets wieder von Neuem und mit immer größerem Nachdruck darauf hinwies, daß die Bewegung das Wesentliche in der Wissenschaft und die Natur wahrer Wissenschaft nur im Fortschreiten bestehe“ (während Hegel im Absoluten Abschluß sucht. 2) s. gesammelte Werke II. 1. p. 476. Beckers bedauert die geringe Anerkennung der Schelling'schen Doktrin in diesem Punkte. 3) Die christliche Lehre wurde (von Schelling) in den Kreis der Forschung gezogen, bemerkt Beckers. Dieß geschah in Schelling's erster Schrift über Unsterblichkeit mit dem Titel „über das Wesen der menschlichen Freiheit"; in ihr war es die Idee der Freiheit, der göttlichen wie der menschlichen, die zum ersten vollen Durchbruch gelangte und durch die von nun an Jegliches erst seine wahre und tiefste Erklärung finden sollte. — Die ersten ankündenden, aber noch unentwickelten Ideen über Unsterblichkeit finden sich in der Schrift „Philosophie und Religion“; eine ältere Abhandl. über die Unsterblichkeit ist das fragmentarische Gespräch über den Zusammenhang der Natur mit der Geisterwelt" (ges. W. Bd. IX), wozu der Tod seiner Gattin Veranlassung war; dagegen sind in den „Stuttgarter Vorlesungen“ vom J. 1809-1810 die Hauptpunkte der Schelling'schen Unsterblichkeitslehre auf das Bestimmteste und Deutlichste bereits ausgesprochen.

"

eröffnet, eine wahrhaft befriedigende Entwicklung und Begründung auch auf spekulativem Wege zu geben, dann wäre wohl ihre schönste Zeit erschienen, die Zeit, wo der Mensch, wie er allmählich sich zum Herrn aller ihm zugänglichen Naturkräfte gemacht hat, auch die Kette gefunden, durch die sie an die höhere Welt geknüpft sind, wo das Tiefste und Höchste wirklich sich vereinigt und über die verschiedenen, disparat, ja zum Theil entgegengesetzt scheinenden Theile des menschlichen Wissens der Geist allseitiger Vermittlung wie ein Balsam sich ausgießt, der zuletzt auch die verborgensten Wunden heilt, die der menschliche Geist im eifrigen Ringen nach Licht und Wahrheit sich selbst geschlagen und aus denen zum Theil unsere Zeit noch blutet (I. 9. 467. II. 3. 10). Doch gehen wir jezt zur Beweisführung Schelling's für die Unsterblichkeit über.

Vor allem ist die Nothwendigkeit einer in sich abgeschlossenen Succession bestimmter Zustände zu erweisen, damit der Begriff der Fortdauer nicht des positiven Inhalts entbehre. Zugleich ist mit dem Begriff einer solchen Succession der eines stufenweisen Fortschritts verknüpft, der, wenn er nicht ein sinnloser, ein progressus in infinitum sein soll, unerläßlich einen Ausgangs-, Durchgangs- und Endpunkt, einen terminus a quo, per quem und ad quem voraussetzt. Einmal aber ein solches Fortschreiten angenommen, wird dasselbe auch nicht anders zu denken sein, als daß es sich dabei um etwas handelt, das noch nicht ist, was es sein soll; denn wäre schon dieß gesezt, dann wäre überhaupt keine Bewegung und keinerlei Fortschreiten nöthig. Also nur etwas Nichtseinsollendes kann uns den Gedanken nahe legen, ja uns gerade dazu nöthigen, eine Frage an die Zukunft zu stellen, da wir in letter Instanz vernünftiger Weise doch überall nur das Seinsollende wollen können.

Daran reiht sich die Frage: warum in der Welt überhaupt ein Nichtseinsollendes, ein Frrationales, warum nicht lautere Vernunft und in welcher Stellung der Mensch diesem Nichtseinsollenden gegenüber sich befinde ? ....... Wenn nicht Gott als die Ursache davon sich denken läßt, so kann nur der Mensch selbst es sein, von dem der gegenwärtige nicht seinsollende Zustand der Dinge, der nur in einem von Gott unabhängigen Grunde, ein etwas, was nicht Gott selber ist, wurzeln kann, sich herschreibt; aber einen solchen von Gott unabhängigen Grund nachzuweisen, ist freilich der schwierigste Punkt in der Freiheitslehre, bemerkt Beckers. Wenn nun auch schon seit den ältesten Zeiten die Lehre von einer ursprünglichen Verschuldung des Menschen ausgebildet und fortgepflanzt wurde, so ist es ganz billig, wenn Schelling dem Nationalismus zugesteht, daß es nicht einzusehen, auf welche Weise es möglich, daß Menschen, wie wir in der Jeßtzeit sind, bei ihrem ersten Eintreten in die Schöpfung durch irgend eine auf sich geladene Schuld einen Abfall und eine Verstoßzung des ganzen Geschlechts in dem gegenwärtigen Elend der Welt bewirkt haben sollten 1).

') Auch wenn, bemerken wir, „der ganze außerordentliche Vorgang, der in den

Auf der immergöttlichen Welt, von der Schelling redet ') und in welcher das Schicksal des Urmenschen sich entschieden hat, folgte die außer göttliche, die allein das gegenwärtige menschliche Bewußtsein erfüllt und die nun gleichfalls erklärt sein will. Bei dieser Erklärung wird davon ausgegangen, daß, wenn jenes in dem Mittelpunkt der ganzen Natur erschaffene und darum die Natur mit seinem universellen Bewußtsein umfassende und beherrschende Centralwesen aus diesem seinen Centrum heraustrete und eine von Gott unabhängige und selbstständige Bewegung versuchte, ein Umsturz dieses Bewußtseins und eine Umwandlung desselben in ein peripherisches, individuelles Geistesleben erfolgen müßte, da der urmenschliche Geist nicht, wie Gott, der Herr des Seins auch in seinem Heraustritt aus der Einheit ist und, wenn er denselben Schritt versucht, jene Katastrophe herbeiführt, durch welche die ganze Natur und mit ihr der Mensch auf den gegenwärtigen nicht sein sollenden Zustand zurücksinken mußte. Der Grund aber, weßhalb die Gottheit diese zweite Welt zugelassen und auch nach erfolgtem Umsturz der ersten die Hand nicht von ihr abgezogen, konnte nur in der Absicht des Schöpfers gelegen sein, daß der Mensch die universelle Geistigkeit, Freiheit und Seligkeit, die ihm in der ursprünglichen Schöpfung ohne sein Zuthun zu Theil geworden, nur mit individuellem Bewußtsein und mit Selbstständigkeit sich erringen sollte. Und so ist denn an die Stelle des Geisteslebens, das nach der ursprünglichen Schöpferabsicht ein mit dem Naturleben völlig harmonisches und es beherrschendes sein sollte, ein gegentheiliges getreten, in welchem umgekehrt das natürliche Leben das vorherrschende und das geistige nur im beständigen Kampf mit demselben zum Durchbruch gelangt. An die eben entwickelte Grundanschauung knüpft sich nun zunächst die Schellingsche Unsterblichkeitslehre, die, bemerkt Beckers wohlweislich (ibid) gewissermaßen in sich begründet und verständlich wäre, wenn sie auch nur von der dann freilich unerklärten Thatsache ausginge, daß das gegenwärtige Leben des Menschen ein nicht seinsollendes sei. Dann auch also läge der Schluß nahe auf eine Succession dreier Zustände, von denen der erste der unrechte Zustand, der zweite die Negation des unrechten und der dritte die Erreichung des rechten, sein sollenden wäre. (Schelling II. 4. 211.)

alten Mythen und Traditionen als Selbstverschuldung des Menschen dargestellt wird, als ein universeller gefaßt und in einen unvordenklichen und vorgeschichtlichen Zeitpunkt, den wir uns als Schlußmoment der ersten ursprünglichen Schöpfung zu denken haben, in welchem als leßtes und höchstes Produkt — nicht der individuelle, beschränkte Mensch, wie er jezt ist, sondern der Urmensch, der ideale Mensch, mit dem alle vorausgegange= nen Momente der Schöpfung in sich concentrirenden Bewußtsein“ gesezt wird, ist für die philosophische reine Vernunftanschauung nichts Erhebliches gewonnen, zu dem ist hier schon anfangs die Bahn der reinen Philosophie verlassen und sind Voraussetzungen angenommen, deren Erörterung der spekulativen Theologie eignen.

1) cf. Beckers 29 ff.

« VorigeDoorgaan »