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um sich, die selbst das himmlische Reine und Schöne zum Häßlichen und Gemeinen herabzieht. Dort aber, wo ebenso das Aeußere ganz dem Innern untergeordnet ist, wie hier das Innere dem Aeußeren erliegt, dort muß sich alles nach seinem inneren Werth und Gehalt Verwandte anziehen und nicht in zerstörlicher oder vorübergehender, sondern ewiger und unauflöslicher Harmonie bleiben ")."

§. 5. Franz von Baader.

Was die wissenschaftliche Richtung Baader's betrifft, so erklärt Fr. Hoffmann, sein hauptsächlichster Vertheidiger: 2) Er ist aus Prinzip Mystiker, kennt aber alle Verfälschungen ächter Mystik und tritt gegen sie mit derselben Schärfe und Energie auf, mit welcher er die hohle Form- und Schablonenphilosophie bestreitet. Den Gefühlsphilosophen als solchen, Rousseau, Jacobi, Schleiermacher ist er nicht zugethan, er ist keineswegs Gefühlsphilosoph; den Pietismus bekämpft er, die schwächliche quietistische Mystik verfolgt er in alle ihre Schlupfwinkel; aber die doktrinelle Mystik gilt ihm für Eins und dasselbe mit der ächt spekulativen Philosophie. Eine spekulative Erkenntniß, die nicht mystisch wäre, ist ihm keine, und eine mystische Erkenntniß, die nicht spekulativ wäre, ist ihm keine Erkenntniß3). Diese seine Auffassung rechtfertigt Baader, wie Hoffmann bemerkt (ibid.), durch seine Erkenntnißtheorie und durch seine Metaphysik, worin er sich, gleichweit von dem Extrem der Kant'schen Unwissenheitslehre, wie von dem Extrem der Hegel'schen absoluten Wissenschaftslehre entfernt hält. Seine Beweisführung für die Wahrheit seiner Lehre ruht auf der Erkenntniß Gottes als des absolut Unendlichen, Unbedingten, wonach die Gesammtheit des von ihm Geschaffenen, somit Unterschiedenen, in seinem Urstand gedacht als das Spiegelbild der göttlichen Unendlichkeit erfaßt werden muß. Hieraus folgt die vernunftmäßige Einsicht, daß Gott der absolut Unendliche nur von sich selbst absolut und unendlich erkannt werden kann, also seine Schöpfung nicht minder nur von Gott absolut begriffen werden kann und begriffen ist. Die Erkenntniß der menschlichen Vernunft vom Wesen Gottes, der Welt und des Menschen kann daher in alle Ewigkeit nur eine bedingte und begrenzte sein, und wiewohl ihre Grenzen bewegliche sind, und für deren Erweiterungsfähigkeit kein bestimmtes Maaß angegeben werden kann, so sind sie doch niemals, auch in der Vollendung nicht, absolut aufheblich. Gott und Welt umschließen daher eine Unendlichkeit von Mysterien und keines

1) Man vergleiche noch über die Nichtunsterblichkeit der Thierseele bei Beckers p. 109 ff. 2) Das Weltalter p. 17. cf. p. 256. 3) cf. Baader's eigene Bemerkungen hierüber in dessen Werk B. XVI. 339 2c. Wir brauchen wohl nicht zu be merken, daß der Gedanke Jak. Böhme's (s. ob.) von einem finsteren negativen Prinzip

in Gott, wie auf Schelling und Hegel, so auch auf Baader in seiner Philosophie Ein fluß übte.

wegs ist der Begriff des Mysteriums mit dem Umfang dessen, was man Mysterien der Religion nennt, erschöpft.... In Folge dessen ist für Baader die christliche Religionswahrheit eine, wenn auch vorbereitete, doch in ihrer erreichten inneren Vollendung neue Weltanschauung gegenüber allen früheren Weltanschauungen, mechten sie in der Form der Religion oder in der Form der Philosophie aufgetreten sein. Sie schloß alles Wahre der früheren religiösen wie philosophischen Weltanschauungen dem Wesen nach in sich ein und schloß alles Unwahre derselben von sich aus. (1. c. p. 20.)

Den Standpunkt der Baader'schen Philosophie bezeichnet daher Hoffmann (p. 21) mit den Worten: Baader's Philosophie schöpft als freie Vernunftforschung ihre Prinzipien aus dem menschlichen Denkgeist, ihrem Inhalte aber nach steht sie im wesentlichen Einklang mit der geoffenbarten Religion Jesu Christi '). Obgleich nicht systematische, ist sie dennoch wesentlich philosophische Begründung und Entwicklung desselben Ideengehaltes, welcher in der Form der vollkommenen Religionswahrheiten und ihrer unausdenklichen Tiefen ausgeprägt ist 2).

Werfen wir einen Blick auf Baader's Anthropologie; auch hier findet sich eine religiös-christliche Auffassung. Vom Ursprung der Seele sagt er: Von edler himmlischer Abkunft ist des Menschen Seele, Ebenbild, Tochter Gottes. In lichten, ruhigen, besseren Momenten erinnert sie sich dessen, und edles Selbstgefühl schwellt sie. Ihre volle Kraft ist dann gen Himmel gerichtet und dieses sind die wenigen stetigen Momente, wo sie von innerem Leben, Dauer und Unzerstörbarkeit leise, doch unläugbar Ahnungen überkommt. Von woher?) Soll uns übrigens diese Erhabenheit des menschlichen Ursprungs wundern, da der Mensch, wie Baader (1. c. p. 193) hervorhebt, hier auf Erden Repräsentant Gottes (μixoodéos) gemäß der Schrift sein soll?

Was ferner das Wesen des Menschen betrifft, so scheint unser Philosoph einer Art Trichotomie zu huldigen *), wenn er sagt: Die Wiederverbindung der Erde mit dem Himmel, welche Satan entzweit hatte, wurde bezweckt und bewirkt durch die Auferstehung des Menschensohnes, somit durch die Wiederherstellung jener Triplicität von Himmel, Mensch und Erde. Aber dieselbe Triplicität zeigt sich im Menschen selber als Geist - Seele

1) Leider müssen wir Hagemann beistimmen, welcher in seiner Kritik der Baader'schen Philosophie (Münsterer Handw. 1868 Nr. 66 p. 150) bemerkt, daß dieselbe in den Hauptpunkten mit dem Christenthum (resp. dem katholischen) nicht vereinbar sei - so in der Lehre von der immanenten Selbstpotenzirung Gottes, von der Entstehung der Materie in Folge der Sünde, von der Androgynie, Erlösung, vom Primat 2c. 2) Erste und lehte Philosophie, sagt Baader (ibid.) ist und bleibt doch immer Religion, und wenn gleich hie und da am festen Stamme der Religion die Vernunft in eigenmächtigen Gespinnsten sich loswand und fortspann, so sollte sie doch nie vergessen, daß sie den Grundstoff ihres ganzen Gewebes nur der Religion zu verdanken hat. 3) Hoffmann's Weltalter p. 29. cf. 299.) f. Hoffmann's Weltalter p. 191. cf. 373, wo er die Ekstase nur aus der Trichotomie erklären kann.

Leib, und die Worte Mosis „und Gott der Herr bildete den Menschen aus Erdenstaub (Leib) und hauchte in sein Angesicht den Odem des Lebens (Geist) und also ward der Mensch zum lebenden Wesen (Seele!)')" hätte den Schriftforschern längst die Einsicht geben sollen, daß primitiv der Umstand der Seele jenen des Geistes und des Leibes voraussetzt, indem jene durch den Anhauch und Einhauch des Geistes aus und in dem Leibe ent= zündet ward und aus ihm hervorging. Hieraus läßt sich denn auch der Seele den Geist und den Leib vermittelnde Funktion begreifen, daß nämlich der Wohlstand und der Uebelstand des leiblichen Menschen unmittelbar jenem des seelischen Menschen folgt. Denn nach der Schrift ist der Tod des Leibes nicht etwa debitum naturae, sondern die Frucht der Sünde der Seele, sowie seine Wiedererweckung oder sein Leben die Frucht ihrer Gerechtigkeit ist. Der Wiedererweckung des Leibes muß darum die Bekleidung der Seele mit dem Geiste vorgehen. So lange der Leib seine Verwandlung nicht erlangt hat, hält derselbe die Seele von ihrer wahrhaften und innigen Verbindung mit ihrem Geistbilde zurück, und dieses dient ihr so lange nur als ein ihre natürliche Blöße vor Gott verhüllendes Kleid bis jene Verwandlung des Leibes die wirkliche Vermählung mit diesem Geistbilde möglich macht, als einem nun nicht mehr ablegbaren oder verlierbaren Kleide, womit erst ihr Leib zum om̃μɑ nVEVμatizóν, wie Paulus sagt, wird und die bis dahin bestehende Composition von Seele, Geist und Leib in eine wahrhafte Union übergeht. Wenn es schon richtig ist, sagt Baader wiederum (p. 374), daß die einzelne Seele des Menschen nicht ohne universelle Seele (âme principe) in ihrem Urstand wie Bestand denkbar ist, so muß man doch die dermalige Zersetzbarkeit des Menschen nach Seele, Leib und Geist weder für eine normale, noch für eine bleibende Seinsweise desselben halten, sondern diese Zusammenseßung als die Folge einer Versetzung jener drei Prinzipien betrachten, sowie die wirkliche Zersetzung derselben, den irdischen Tod als die nothwendige Bedingung zur Aufhebung beider, der Versetztheit sowohl als der Zusammengeseztheit, an deren Stelle die unauflösbare Einigung derselben treten soll. Denn allerdings geht durch den Tod nicht bloß, wie man sagt, eine Scheidung der Seele vom Leibe vor sich, sondern es findet dabei eine dreifache Scheidung statt, indem zuerst die Seele vom Leibe, sodann der Geist vom Leibe, endlich auch der Geist von der Seele geschieden werden 2).

1) Der Mensch vernimmt den Geist, empfindet den Leib und fühlt die Seele (Baader 1. c. p. 244). Und wiederum lesen wir: Das Individuelle jedes Geschöpfes ist seine Seele und das Leben der Seele ist eigentlich das Leben des Geschöpfes. Jede Seele aber bedarf, um in das Leben ausgeboren zu werden und sich zu erhalten, des ununterbrochenen Beistandes einer ihrer Natur entsprechenden Begeistung und Beleibung als gleichsam zweier Geburtshelfer, und der Kreislauf jedes Lebens ist somit nur durch den Ternar von Seele, Geist und Leib verständlich (p. 261). 2) Unser

Aus den Darlegungen Baader's über Ekstase, Hellsehen 2c. sehen wir noch mehr als aus den bisher angeführten Grundsätzen seiner Anthropologie, daß er ein Sein der Seele außer dem Leibe, unabhängig vom Leibe für möglich und in der Natur der Seele begründet hält. Man hat es bekanntlich versucht, den nicht durch Körpersinn (Nerven) geschehenden, magischen Verkehr als im Grunde doch einerlei mit dem durch diese Organe geschehenden nachzuweisen, jenen also aus diesem zu erklären, Baader aber (Bd. IV. p. 4 u. w. unten) beweist und stellt den Satz auf: Es gibt für eine und dieselbe Region oder Welt (sohin für jede Region) eine doppelte Gemeinschaft, eine leibliche nämlich und eine außer dem Leibe oder die magische. Dieser magische Verkehr, sagt er ferner, folgt ganz anderen Gesezen als der körperlich-sinnliche und zwar verhält er sich zu diesem wie eine organische Gemeinschaft zu einer nicht-organischen '). Der magische Verkehr ist bedingt von einem zuvor eingetretenen Zustande der temporären Entkörperung des Menschen, theilweiser Entbindung der Psyche und kann als Anticipation. des leiblichen Todes bezeichnet werden. Selbst beim Scheintode ist eine getrennte Seinsweise von Geist und Körper anzunehmen, nur mit dem Unterschiede, daß Somnambulen ihr Fernsehen 2c. in ihr körperliches Sein mit herübernehmen können, während Scheintodte in dieser Beziehung ge= bunden sind, sich nicht körperlich-sinnlich mittheilen können, weil eben ein gewisses Getrenntsein von Geist und Körper thatsächlich hiebei eristirt und ein Rapport zwischen beiden nicht vermittelt wird, wie es von Seite des Magnetiseurs bezüglich einer Somnambule der Fall ist. (cf. Baader IV. p. 13.) Auch an das Besessensein des Menschen durch einen bösen Dämon glaubt unser Philosoph, wie aus der „Geschichte einer magnetischen Hellseherin" (Fragment im IV. Bd. p. 43 ff., cf. p. 243), bei der er selbst Zeuge war, hervorgeht. Bei der Erklärung aller erwähnten Erscheinungen

Philosoph scheint an dieser Theorie festzuhalten, um die Erscheinungen des magnetischen Schlafes, der Ekstase 2c. erklären zu können (Bb. IV. p. 152). Während die Seele durch den Leib und seine Sinne mit dieser Welt in mittelbarem Verkehr steht, ist das Schauen des Geistes im magischen Zustande ein unmittelbares (1. c.). „Es gibt für eine und dieselbe Region oder Welt, somit für jede Region eine doppelte Gemeinschaft, eine leibliche nämlich und eine außer dem Leibe oder die magische (auch nächtliche genannt).“ – „Magisch ist schon jene Gemeinschaft zu nennen, in welcher ein einze n beweglicher Körper als gravitirend mit dem Universum, obschon durch die Erde vermittelt, steht; und zwar zeigt sich dieser Körper virtuell magisch, allgegenwärtig, insofern er in jedem Punkt seiner magnetischen Seinssphäre nicht nur beweglich, sondern auch bewegend sich kundgibt, weil jene Gegenwart nur durch das Zusammentreffen dieser Passivität und Aktivität begründet wird.“

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1) Doch steht ihm fest, daß es so gut ein Sehen, Hören, Fühlen x. von Innen heraus, als von Außen hinein gibt, oder daß der Mensch eine Reaktion seiner Sinnenfunktion erfährt, d. i. Sensation hat, bei welchem seine äußeren Sinneswerkzeuge nicht von Außen afficirt werden, und daß diese concentrische Sensation“ von subjektiven Einbildungen zu unterscheiden und auf Objektivität Anspruch zu machen hat. Bd. IV. p. 135-137.

auf dem „Nachtgebiete der Natur", über welche sich Baader mit Vorliebe verbreitet, spielt seine Trichotomie eine Hauptrolle, um so mehr als ihm diese Lehre vom Leibe, von der Seele und vom Geiste des Menschen eine alte biblische" ist (IV. p. 152), und „vorausgesetzt werden muß, um zu einem Begriff der Ekstasis zu gelangen, wobei man sich gegen die gewöhn= liche irrige Vorstellung zu verwahren hat, gemäß welcher man auch hier sich eine geschlossene Figur oder einen Driangel ohne Centrum denkt, und folglich nicht einsicht, daß es doch nur ein und dasselbe individuelle Wesen ist, welches als Mensch in der normalen Integrität seines Seins leiblich, seelisch und geistig zugleich cristirt".

Aus dem Angeführten erhellt wohl, daß nach Baader's anthropologischen und psychologischen Ansichten die Forteristenz der Seele nach dem Tode an und für sich denkbar ist; eine Unsterblichkeit der Seele und des Leibes hält aber unser Philosoph noch entschiedener fest auf Grund der christlich-positiven Offenbarung, die er vielfach, freilich nicht immer nach streng dogmatischem Sinne der Kirche, im fraglichen Punkte erläutert, wie wir im Folgenden sehen werden.

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Als allgemeine Basis der Unsterblichkeitslehre Baader's können wir einige Gedanken dieses Philosophen über zeitliches und ewiges Leben und die Beziehung zwischen diesem und jenem1)" voran= stellen, deren tiefer Sinn mit der Schönheit des Ausdrucks gleichen Schritt hält: Man kann sich, sagt er, oft genug kaum der Fronie, sicher aber nie des Mitleides und der Wehmuth erwehren, wenn man den ganz verzeitlichten Menschen (homme du Torrent) mit seinen endlosen Projekten und seiner unruhigen Geschäftigkeit, Freting und Strating, wie Shakespeare sagt (sein Thun mit dem eines schlechten Komödianten vergleichend), oder als einen Ardelio multum agendo nihil agens betrachtet. Ersteres darum nicht, weil die an sich begriff wie gemüthlose Zeit als die allem Begriff als Totalität, Absolvirtheit und Integrität sich widerseßende und vermöge ihrer Natur nur desintegrirend, mordellirend abstrakt und abstrahirend sich kundgebende Macht zwar täglich und stündlich dem Menschen sein phantastisches Spiel und Concept verrückt und zerreißt, selber aber hiemit doch nie enttäuscht und klugwerdend, dasselbe ihm immer abgewonnen werdende Spiel doch immer von neuem wieder anfängt, hoffend, das gestern ihm noch unmöglich Gewesene doch heute möglich zu machen, d. h. dem flüchtigen Augenblick innerhalb der gegenwartflüchtigen, der Gegenwart als Wahrheit nicht Stand haltenden Zeit, Dauer und Bestand, d. i. Nichtzeitlichkeit geben zu können 2). Dieses Mitleid kann man aber darum dem armen Menschen

1) Ges. Schr. IV. Bd. p. 287 ff. cf. kl. Schr. ges. v. Fr. Hoffmann (1847) p. 84 und 90. 2) Die Zeitlichkeit hat überhaupt nach Baader einen wesentlichen Einfluß auf die Auffassung der Unsterblichkeitsidee; er meint (s. Hoffmann's Weltalter p. 100): Sobald man dieser Zeitform los ist, so verbindet man mit dem Worte Unsterblichkeit einen ganz anderen Gemüthszustand. Statt synthetisch zu sein, wird dann

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