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euten, wobei er nicht nur eine vertraute Bekanntschaft mit der olitischen Lage Europa's, sondern auch im Ganzen einen gefunen, richtigen Blick zeigt. Von der Thronbesteigung des gegen värtigen Kaisers beginnend, schildert er die schwierige Lage, velche Alerander II damals vorfand, wie er zum Frieden einlen end doch den Schein einer Systemsveränderung zu vermeiden vugte: wie er, isoliert und aller Allianzen entbehrend, doch unermerkt neue Verbindungen anzukn pfen und verborgene Symsathien zu pflegen wußte.

Handel und endlich die Eintheilung. Der specielle Theil beschreibt sehr umständlich die Juwelen und die Schmucksteine zuweilen bis fünften Ranges, anhangsweise auch die Perlen und Korallen. Zum Schlusse folgen Tabellen zur Bestimmung der am häufigsten im Handel vorkommenden Schmucksteine. Außer den auf dem Titel genannten Interessenten empfehlen wir dieses Buch ganz besonders noch den Lehrern der Mineralogie an Real- und Gewerbeschulen, für welche es sehr wichtiges Unterrichtsmaterial enthält.

Ein weiter Abschnitt:,,das Krónungsjahr 1856–1857," veist auf die Reformplane, die Eisenbahnprojecte und die Verefferungen in der Armee hin, bespricht den Besuch in Berlin, ie neuen asiatischen Erwerbungen, die Anknüpfungen in Sarinien und schließlich die Krönung. Der dritte Abschnitt:,,das jahr der Anbahnungen 1857 1858," zeigt, wie die Reform rojecte ernstlich angefaßt wurden, wie auch die Versuche in aus värtiger Politik günstigen Erfolg hatten und durch die Stutt arter Conferenz den Keim zu einer vielverheißenden russisch: ranzösischen Allianz legten. Ein vierter Abschnitt über das mancipationsjahr erörtert die Aufhebung der Leibeigenschaft, egt die Aufgabe, die zu überwindenden Schwierigkeiten, den jeziz en Stand der Vorbereitungen und die nothwendigen socialen Folgen des Gelingens dar. Ueber die Möglichkeit der Ausführ ng spricht sich der Verfasser zwar nur zweifelhaft aus, neigt sich ber eher zu einer bejahenden Antwort, und glaubt, selbst dann, cenn der dagegen erhobene Widerstand sich stärker erweise als er Wille des Kaisers und die Machtmittel des Staates, so vürde schon die Inangriffnahme des Werkes bleibende Verbesser ingen der focialen Verhältnisse zur Folge haben. Der fünfte and lehte Abschnitt, in welchem die Beziehungen Rußlands_zur französisch - italienischen Frage besprochen werden, hat den Ref. weniger befriedigt, da der Verfasser hier in das unsichere Gerede der Tagespolitik hineingeräth und in jenen gehässigen Ton der unbilligen und leichtfertigen Anklagen und Verdächtigungen ge gen Preußen einstimmt, der um so mehr befremdet, da der Verf. fonst eine ruhige, objective Haltung bewahrt. Im Ganzen können wir die Schrift Jedem, der sich über den gegenwärtigen Stand und die Tendenzen der russischen Politik näher unterrichten will, nur empfehlen. Der Verfasser hat wohl schwerlich aus geheimen, sonst unzugänglichen Actenstücken der russischen Regierung gefchöpft, aber er hat die in öffentlichen Blättern vorliegenden Materialien mit Aufmerksamkeit verfolgt, benugt und combiniert und daraus ein Verständniß gewonnen, wie es nicht edem Zeitungsleser zu Gebote steht. Vielleicht mögen auch brief iche Verbindungen und mündliche Mittheilungen ihm dazu geolfen haben, eine genauere Kunde und lebendigere Unschauung =ussischer Verhältnisse zu gewinnen. Den Eindruck bekommen vir aus seinem Buche, daß Rußland auf dem Wege entschiedes mer, tief eingreifender Reformen ist, und daß seine Bedeutung für das übrige Europa eher im Wachsen als im Abnehmen ist, und daß wir nöthig haben, wohl auf der Hut zu sein und nicht u wähnen, die traditionellen Plane der russischen Politik in Beziehung auf das Ausland seien nun wegen der inneren Ange: egenheiten ganz bei Seite gelegt. Aber andererseits muß seine Dieses, wie es scheint von dem Ferdinandeum zu Innsbruck Auffassung auch jener blinden Russenfurcht entgegenwirken, herausgegebene Sammelwerk vermischten Inhalts, welches wahrelche Rußland die Vernichtung europäischer Cultur und Wieder-scheinlich in zwanglosen Heften oder Bänden erscheint, bringt in erstellung asiatischer Despotie zutraut.

Blum, Dr. J. Reinhard, Prof. in Heidelberg, Handbuch der Lithologie oder Gesteinslehre. Mit 50 Figg. (Holzschn. im Text.) Erlangen, 1860. Enke. (XII, 356 S. Lex.-8.) 2 Thlr.

Der Gesteinslehre kann in den Hand- und Lehrbüchern der Geognosie gemeinlich nur ein kurzer Abschnitt gewidmet werden, in welchem sie kürzer und oberflächlicher behandelt wird, als sie es in ihrer hohen Bedeutung für den Mineralogen und Geologen sowie für den praktischen Bergmann verdient. Der Verfasser genügt daher mit Herausgabe dieses Handbuches einem wirklichen Bedürfnisse, und wir zweifeln nicht, daß dasselbe eine allgemeine beifällige Aufnahme finden wird. Die Einleitung verbreitet sich über die allgemeinen Verhältnisse der Gesteine, ihre Zusammenfegung, Structur, Tertur, Uebergange, Veränderungen u. s. w. Der specielle Theil behandelt zuvorderst die krystallinischen Gesteine, dann die Trümmergesteine und in einem Anhange die Kohlen. Bei der Beschreibung der einzelnen Gesteine vermissen wir nichts, was zur Kenntniß derselben nothwendig ist. Söchting, Dr. E., die Einschlüsse von Mineralien in krystallifirte Mineralien, nebst Betrachtungen über die Entstehung von Mineralien und Gebirgsarten. Freiberg, 1860. Engelhardt. (VI, (357 S. gr. 8.) 1 Thlr. 24 Sgr.

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Der Verfasser hat sich schon seit einer langen Reihe von Jahren sehr eingehend mit dem Vorkommen von Mineralien in Krystallen beschäftigt und die Resultate seiner ersten mit Seyfert gemeinschaftlich angestellten Untersuchungen in einer von der Haarlemer Societat gekrönten Preisschrift veröffentlicht, später vereinzelt in Zeitschriften mitgetheilt, und fäßt hier nun das gesammte sehr reichhaltige Material feiner eigenen, sowie Anderer Beobachtungen zusammen. Der Gegenstand ist für die Bildung der Mineralien und Gesteine von der höchsten Wichtigkeit und bietet zugleich so viele schwierige und dunkle Räthsel auch für den Chemiker, daß seine selbständige und umfassende Bearbeitung die allgemeinste Aufmerksamkeit der betreffenden Fachgenossen bean= sprucht. In der Deutung der einzelnen Thatsachen bekundet der Verfasser viel Umsicht und hat sich nicht von einseitigen Theorien beirren lassen, wodurch er seiner Arbeit einen höheren und dauernden wissenschaftlichen Werth gesichert hat.

Beiträge zur Naturgeschichte von Tirol. Innsbruck, 1860. Wagner in Comm. (222 S. mit 2 Steintaff. in Fol. u. gr. 8.) 20 Sgr.

dem vorliegenden Bande Auffäße geognostischen, entomologischen. und botanischen Inhalts, in welchem die Ergebnisse selbständiger zum Theil langjähriger und sehr gründlicher Forschungen niedergelegt sind, nämlich folgende: 1) Zur Geognosie Tirols (zweite Folge), von Adolf Pichler; mit 1 (geognostischen) Karte (in Farbendruck) und 2 Profilen (es werden der Schwazer Bergbau, die Knochenhöhle bei Kufstein und die Orthocaratiten aus dem oberen Lias der Kammarker beschrieben). 2) Zur Hypsometrie und Orographie von Nordtirol (mit 1 großen Karte: Verticalprojectionen des Gleirsch- und Hinterauthaler Gebirgszuges), von L. Pfaundler, Joseph v. Trentinaglia und Graf v. Enzenberg. 3) 3ur Botanik Nordtirols, vom Grafen v. Enzenberg (botanische. Notizen aus dem Gleirschthale bezüglich der Verticalverbreitung einer Unzahl von Pflanzen enthaltend, ein erganzender Nachtrag zu der vorhergehenden Abhandlung). 4) 3ur Kenntniß der Coleopteren um Innsbruck, von J. v. Trenti naglia (bezicht sich ebenfalls vorzüglich auf die Höhenverbreitung der um Innsbruck vorkommenden Käfer). 5) Zur Flora Tirols, von Dr. Chr. Brügger (ist der umfangreichste Auffe

und bloß der Anfang einer, wie es scheint, sehr umfangreichen | endlich vom Beginne der Offensive des kaiserlichen Heeres bis Arbeit, denn es sind auf mehr als 9 Bogen noch nicht einmal zur Räumung der Stadt Pesth seitens der Ungarn dar. In der die Thalamifloren zu Ende gebracht. Es ist ein systematisches, ersten beiden Abschnitten scheint uns das Görgen'sche Werk als nach De Candolle geordnetes Verzeichniß aller (?) Pflanzen Tirols Hauptquelle gedient zu haben, ohne die Ereignisse auf den Nevenmit ganz specieller Angabe der horizontalen und verticalen Ver- kriegsschauplägen zu vernachlässigen; die Beurtheilung tee breitung bei jeder Pflanze, bildet daher einen wichtigen Beitrag Banus Jellachich ist mehr als hart, und der Verfasser verfäli zur Kenntniß der Vegetationsverhältnisse der Alpen). Die hier in jene nicht zu billigende, die Grenze des Erlaubten über Ausstattung dieses reichhaltigen Sammelwerkes läßt nichts zu schreitende scharfe Schreibweise, die nur einer kleinen Minderzahl wünschen übrig. Beifall abgewinnen wird. Der Fürst Windischgräß ist im Ganzen glimpflicher beurtheilt, doch kann er einzelnen scharfen Seis tenhieben nicht entgehen. Bei der Bearbeitung des dritten Abschnitts macht sich der Einfluß des Ramming’schen Winterfeldzuges bereits bemerkbarer.

Heuffel, Dr. Joa., enumeratio plantarum in Banatu Temesiensi sponte crescentium et frequentius cultarum. (Aus d. Verhandlga. der k. k. zoolog.-botan. Gesellsch. in Wien.) Wien, Braumüller in Comm. (204 S. gr. 8.) 20 Sgr.

Der durch seine sorgfältigen Untersuchungen der Banater Flora längst wohlbekannte Verfasser übergiebt in der vorliegenden Schrift dem botanischen Publicum das Ergebniß 30jähriger Forschungen. Außer den von ihm selbst gesammelten und beobachte ten Pflanzen sind die von Rochet, Wierzbicki, Grisebach, Schenk u. A. beschriebenen Banater Pflanzen, sowie die von des Verfassers noch lebenden Freunden gefundenen, in dem Verzeichnisse, welches nach dem Systeme von De Candolle geordnet ist und gewissermaßen eine örtliche Ausdehnung von Koch's Synopsis Florae germanicae bildet, abgehandelt. Dasselbe enthalt nur die Phanerogamen, umfaßt aber 600 Pflanzengattungen mit 2055 Arten, darunter gegen 50 neue, der Mehrzahl nach von Heuffel entdeckte und beschriebene (auch 2 neue Eichenarten, Qu. pallida Heuff. und Qu. Budayana Haberl.), sowie eine Menge interessanter dem Banat eigenthümlicher Varietäten und Formen. Sowohl die neuen Arten und Varietäten als die bereits bekannten aber dem Banat eigenthümlichen sowie kritische Pflanzen sind mit genauen Diagnosen versehen, und bei allen Arten die nöthigen Synonyme, das Vorkommen und die Verbreitung angegeben. Diese Notizen werden genügen, die Bedeutung der Schrift für die Kenntniß der mitteleuropäischen Flora überhaupt und der Donaulander insbesondere hervorzuheben. Sie ist für jeden Systematiker und Pflanzengeographen Europa's, welcher sich nicht bloß mit der Flora seiner Heimath beschäftigt, unentbehrlich. Der Druck ist etwas blaß, aber correct, die Ausstattung zweckentsprechend.

Kriegswissenschaft.

Nüstow, W., Geschichte des ungarischen Insurrectionskrieges in den Jahren 1848 u. 1849 mit Karten u. Plänen. (In 4 Ubthign.) 1. Abthlg. Zürich, 1860. Schultheß. (1. Bd. S. 1–190. gr. 8. u. 1 lith. Karte in Fol.) 1 Thlr. 15 Sgr.

Nach einer längeren Pause, die mit der allbekannten Thätigkeit des Verf.'s auf dem wirklichen Kriegstheater zusammenfällt, kehrt er zu seinen früheren Arbeiten zurück, und es steht zu erwarten, daß der ihm nicht abzusprechende scharfe militärische Blick manche feiner hartnäckig verfochtenen Ansichten als irrig erkannt haben wird. Das vorliegende Werk, obgleich der Hauptsache nach jedenfalls früher bearbeitet, bietet gerade in dieser Beziehung Stoff genug, um zu erkennen, in wie weit dies der Fall ist, und schon der ungewohnte Mangel einer Vorrede möchte darauf hindeuten. Die Geschichte des ungarischen Insurrectionskrieges ist, wie alle frü heren Arbeiten des Verfassers, soweit es die erste Abtheilung des Werkes übersehen läßt, im populär militärischen Stile gehalten, und es ist auch dieser Arbeit der Vorzug einer gedrängten, übersichtlichen und sich über alle influierenden Verhältnisse verbreitenden Darstellung der allgemeinen Sachlage eigen. Die Einleitung beschäftigt sich hiermit ausschließlich und enthält manche treffende Erläuterung, die wir in den officiellen und nichtofficiellen zahlreichen Bearbeitungen dieses Krieges vermissen, wogegen wir andererseits unsere Verwunderung aussprechen müssen, daß jener Quellen nirgends mit einem Worte gedacht ist. Die der Einlei tung folgenden drei ersten Abschnitte stellen die Perioden vom Zusammentritt des Presburger Reichstages bis zum offenen Ausbruche des serbischen Aufstandes, von da bis zum Einrücken des österreichischen Heeres unter Fürst Windischgräß in Ungarn, und

Campagnes du Feldmaréchal Comte Radetzky dans le nord de l'Italie en 1848-1849 par un ancien officier supérieur des gardes impériales russes. (Par Prince Alex. Troubetzkoi.) Nouv. édition. Leipzig, 1860. Brockhaus. (XI, 272 S. 8. u. 13 lith. Taff. in Fol.) 3 Thir.

Eine, der eben angezeigten in ihrer Tendenz gerade entgegengesezte, Arbeit des Fürsten Troubeßkoi, der aber eine größere Eleganz des Ausdrucks und eine gleiche Klarheit der Darstellung nicht abzusprechen sind. Der italienische Feldzug 1848–1849 ist hier vorzüglich in der Absicht bearbeitet, um den italienischen, in der That zum Theil völlig erlogenen Machwerken entgegenzutre ten; es ist daher die vorzügliche deutsche Literatur hierüber, namentlich das bekannte Werk von Schönhals, der Bearbeitung zu Grunde gelegt worden. Außerdem haben dem Verfasser, der sich an Ort und Stelle aufhält, noch viele officielle Nachweise zu Gebote gestanden, was namentlich die angehängten zahlreichen Standesausweise der Heerkörper bezeugen, die in solcher Aus führlichkeit felten anzutreffen sein möchten. Die ganze Darstel lung ist übrigens sehr objectiv gehalten, und kritische Bemerkungen finden sich nur da vor, wo sie geradezu nicht zu umgehen waren.

Schmoelzl, Jos., Oberstlicut., das System La Hitte für die gezo gene Vier-Pfünder-Kanone der französischen Feldartillerie, deren Construction, Ausrüstung, Bedienung und Versuchsergebnisse. Nach verläss. Quellen bearb. Mit 1 Steintaf. in 4. München, 1860. Liter.-artist. Anstalt. (VIII, 64 S. gr. 8.) 14 Sgr.

Der rühmlichst bekannte Verfasser giebt hier nicht allein eine vollständige Beschreibung der französischen gezogenen 4pfündigen Feldkanone (Système la Hitte) und des zugehörigen Munitionswagens, sondern auch einen Auszug aus den französischen Reglements über die Bedienung dieses Geschüßes und das Mandvrieren mit bespannten derartigen Batterien. Den Schluß bilden die 1858 und 1859 stattgefundenen russischen Versuche mit einem ähnlichen Geschüße, welches aus einem pfündigen Einhorn dem französischen 4-Pfünder nachgebildet wurde. Diese Versuche weisen die Ueberlegenheit jenes Geschüßes über die 12pfündige Positionskanone nicht allein glänzend nach, sondern ergeben auch bei'm hohen Bogenwurf, natürlich mit verminderter Ladung, erheblich bessere Resultate als die preußische 7pfündige Haubige. Bedenkt man neben diesen Resultaten die große Beweglichkeit, das geringere Munitionsgewicht und den mindern Pferdebedarf, den dieses System dem preußischen gezogenen 6: Pfunder gegenüber besist, so muß man allerdings zu dem Schlusse gelangen, daß der praktische Franzose auch hier den richtigen Weg zur Erlangung eines wirklichen Einheitsgeschüßes eingeschlagen zu haben scheint.

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Deutsche Zeitschrift für die Staatsarzneikunde. Red. von Dr. | ser sehr eingehend und gut kritisierend die verschiedenen therapeu=
Sigmund A. J. Schneider. N. F. 17. Bd. 1. Heft.
Inh. Dr. Spengler, die Nassau'sche Medicinalverfassung.
Schaible, der Aberglaube u. die Vorurtheile rücksichtlich ihres
nachtheil. Eiuflosses auf die öffentl. Gesundheit. Dr. G. Hafner,
Untersuchung auf Kindsmord. Dr. Hofmann, aus der gerichts-
arztl. Praxis. -J. H. Schürmayer, aus dem Gerichtssaale. F.
Orth, Tödtung oder Zufall?

-

Lebert, Herm., Prof. d. med. Kliuik in Breslau, Klinik des acuten Gelenkrheumatismus. Erlangen, 1860. Enke. (VIII, 149 S. Lex.-8.) 24 Sgr.

lau.

Das Buch ist eine Gratulationsschrift im Namen und Auftrag der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur zur Feier des sechzigjährigen Doctorjubiläums Kroker's in Bres In der Hauptsache kann man das Werk wohl als eine monographische Arbeit bezeichnen, bei der jedoch die subjectiven Ansichten des Verfassers den Grundton angegeben haben, indem er uns wesentlich eine systematische, analytische Darstellung der von ihm besonders während seines Aufenthaltes in Zürich und sonst beobachteten Fälle von acutem Gelenkrheumatismus giebt, von denen besonders 140 Fälle, die dem Verfasser in genaueren Krankengeschichten vorlagen, zerlegt werden. Nur der acute, multiple, fieberhafte Gelenkrheumatismus und die Monarthritis rheumatica find berücksichtigt, die pathologische Anatomie er streckt der Verfasser absichtlich nur auf die Befunde in und um die Gelenke; einzelne interessante Krankheitsfälle sind mit befon= derer Ausführlichkeit mitgetheilt. In der Hauptsache bestätigen die Resultate, zu denen Lebert gelangt, die wesentlichsten, bisher als gültig angenommenen Punkte. Besondere Aufmerksamkeit schenkt der Verfasser den im Verlaufe des acuten Gelenkrheumatismus auftretenden Zufällen von Seiten des Gehirnes oder des übrigen Nervensystemes mit meist tödtlichem Ausgange ohne nachweisbare anatomische Veränderung im Nervensysteme, namentlich in den Centralorganen. Er theilt zunächst die einzelnen bierher gehörigen eigenen, wie fremden Beobachtungen mit, gruppiert alsdann die dabei sich ergebenden Erscheinungen und baut darauf die Schlußfolgerungen. Der Referent kann sich mit die: sem Theile der Arbeit am wenigsten einverstanden erklären; die mitgetheilten Fälle sind in Bezug auf die bei ihnen beobachteten Erscheinungen unter sich zu verschiedene, um namentlich bei der Neuheit und Dunkelheit des Gegenstandes als Unterlagen zu analytischen Betrachtungen sich zu eignen, die Anzahl der Fälle ist ferner eine zu geringe, als daß man schon jezt Schlußfolgerungen in weiteren Kreisen daraus ziehen dürfte; es werden, wenn man sich bei folchen Verhältnissen nicht an große Zahlen hält, auf diese Weise leicht irrthümliche Ansichten firiert, die später mit einiger Anstrengung wieder aus der Wissenschaft entfernt werden müssen. Nach den Erfahrungen des Referenten müßten z. B. die Fälle aus einer Altersepoche über 60 Jahr ausgeschieden wer den, da in diesem Alter plößliche Todesfälle unter gleichen Er scheinungen bei den verschiedensten Erkrankungen gar nicht so selten vorkommen, ohne daß die Section über die Todesursache Aufschluß giebt. Ebensowenig können wir des Verfassers Un ficht, daß ein toråmischer Zustand durch seinen Einfluß auf das Nervensystem diese Erscheinungen bedinge, theilen; der ganzen Darstellung zufolge mußte man nach dieser Richtung eine rein negative Antwort erwarten, eine solche war aber um so gerechtfer: tigter, als dadurch nicht von vorneherein, wie dies so geschehen, die Aufmerksamkeit vom Gehirne abgelenkt worden wäre (dessen pathologische Anatomie immer noch eine terra incognita ift), auf welches vielmehr in Zukunft gerade das Hauptaugenmerk zu rich: ten sein dürfte. Die Feststellung der Monarthritis rheumatica als einer specifischen, wenn sie nicht nach Polyarthritis zurückge: blieben, läßt an charakteristischer Begrenzung vermissen, die Behauptung, daß die scrophulöse Gelenkentzündung der Zeit vor der Pubertät angehört, muß Referent nach seinen Erfahrungen, in so kategorischer Weise ausgesprochen, entschieden verneinen. Aufgefallen ist dem Referenten noch die Aeußerung auf S. 114: ,,die den acuten Gelenkrheumatismus begleitenden Herzkrankhei ten sind eigentlich nur die direkten Wirkungen jenes rheumati schen, unbekannten Principes." Es dürfte dem Verfasser schwer werden, auch nur einen stichhaltigen Beweisgrund für diese Behauptung, durch welche zudem die ganze Sache in keiner Weise an Klarheit gewinnt, aufzustellen, wie denn auch das Werk selbst teinen enthält. Im therapeutischen Theile bespricht der Verfaf

tischen Methoden. In den Hauptpunkten mit dem Verfasser einverstanden, ist Referent nur in Beziehung auf das erspectative Verfahren anderer Meinung, dasselbe hätte nach des Referenten Erfahrungen wie nach des Verfassers eigenen Beobachtungen mehr Empfehlung verdient, namentlich auch in Hinblick auf die S. 135 gegebene Tabelle und in Berücksichtigung des der Krankheit an sich so eigenthümlichen, schwankenden Verlaufes. Auch kann Referent der numerischen Methode bei therapeutischen Erperimenten keineswegs weder für die Wissenschaft, noch für die Praris den Werth beilegen, als dies der Verfasser, den darauf basierten Folgerungen nach, thut ein Gegenstand, dessen nåhere Erörterung an diesem Orte zu weit führen würde. Die Wiederholung einer und derselben Receptformel auf S. 126 und 139 ist überflüssig. Der Stil grenzt an einigen Stellen an das Flüchtige. Druckfehler finden sich mehr, als man namentlich in einer Gratulationsschrift zu finden erwartete. Der Druck auf S. 49 ist Alles, nur nicht übersichtlich; der leßte große, gesperrte Sak gehört unter Weglassung des Querstriches entschieden als Ueberschrift zu S. 50. — Möchte dem Buche, dessen Werth wir durch eine etwas eingehendere Betrachtung am besten zu signalisieren glaubten, die gebührende Beachtung zu Theil werden. M. F.

Rechts- und Staatswissenschaft.

Preußische Gerichts - Zeitung. Red.: C. C. E. Hiersemenzel. 3. Jahrg. Nr. 9-12.

Inh. Ueber ein einbeitliches Deutsches Ehe-Güterrecht. Ueber das soge= nannte Anklage-Monopol der Staats-Anwaltschaft. Siegm. Meyer, zur Concurs-Ordnung. Die gerichtliche Bestätigung der Accorde und die Praris. (Forts.) Die wichtigern Entscheidungen des Kreis- u. See- u. Handelsgerichts zu Stettin, mitgeth. von Aff. Saran. G. Brauer, über die That- u. Rechtsfrage im Geschwornengericht, insbes. die betreff. Schrift von Dr. H. Meyer. Dr. R. Elvers, die wissenschaftl. Probearbeit des preuß. 3. jurist. Gramens. Die Freigebung der Advocatur. Desterreichische Vierteljahresschrift für Rechts- u. Staatswis senschaft. Hrsg. von Fr. Haimerl. 7. Bd. 1. Heft.

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Lenz, G., das Recht des Besizes und seine Grundlagen. Zur Einleitung in die Wissenschaft des Römischen Rechts. Berlin, 1860. G. Reimer. (XVI, 304 S. gr. 8.) 1 Thlr. 10 Sgr.

Seltsam! während vor noch nicht langer Zeit ein unberufener, jugendlicher Praktiker in einer wenig reifen civilistischen Abhandlung seine Stimme erhob, um mit keckem uebermuthe die,,Heroengestalten" der Römischen Juristen aus dem Tempel der Themis zu stoßen und statt des Corpus juris feinen eigenen gesunden Menschenverstand zur Rechtsquelle zu erheben: so ist auch vorliegendes Buch, welches gleichfalls einem, durch seine Schrift,,über die geschichtliche Entstehung des Rechts" schon hinlänglich bekannten Praktiker seine schwere Geburt verdankt, und bezeichnend genug auf die,,juristische Jugend" geschleudert wird, zu nichts weniger als zu einer Revolution auf dem Gebiete des Privatrechts" und zur Grundlage einer,,nova methodus discendae einem,,Kampfe auf Leben und Tod" gegen die,,bisherige Plan- und docendaeque jurisprudentiae" bestimmt; es will den Schlachtruf zu Biellosigkeit unserer Bestrebung in der Rechtswissenschaft" weit in die Welt hinaus, über die Grenzen unseres deutschen Vaterlandes (f. die Kehrseite des Titelblattes) ertönen lassen. Ihre Phalanx sollen die Juristen, welche,,auf dem Felsen des Römischen Rechts ihre orthodore Kirche bauen wollen, unter dem Banner des Verfassers,,Alle gecint in dem Glauben an die Gewißheit des Einen Römischen Rechts, kraft deffen wir uns doch einzig und allein Juristen nennen dürfen,'' in einer neu zu gründenden Zeitschrift für die,,Wissenschaft des geschichtlichen Rechts" bilden, die im Laufe der Zeit zu einer,,definitiven Organisation des Rechts selber," zu einem,,neuen edictum perpetuum/ hinführen soll. Das endliche Ziel dieser unblutigen Revolution ist aber nichts anderes, als eine Apotheose und Verklärung des Röm. Rechts, von dem allein Heil zu erwarten, weil es das eine, weil es ,,das Recht in seiner autarkischen Heiligkeit und Selbständigkeit" ist.

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Wir versagen es uns ungern, auf den reichen Inhalt der Schrift, welche nach Abzug aller subjectiven Eigenthümlichkeit des Verfassers doch manchen werthvollen Baustein für den,,Rechtstempel" zu Tage fördert und durchweg von dem ernsten und tüchtigen Streben des Ver

faffers Zeugniß ablegt, nåher einzugehen, und wollen von den drei Abtheilungen derselben (1. über den Begriff des Rechts und seine Genesis, S. 3-42; II. über den Begriff der Singularsuccession 2c., S. 45 76; III. der Befiş, als das einzige Recht auf die Sache, S. 79—282) — nur die erste, da sie ein allgemeineres Interesse beansprucht, ihrem In halte nach genauer betrachten. Der Verfasser zieht hier gegen die „zu große, traditionelle Uebereinstimmung aller über die hauptsächlichen Grundlagen unserer Wissenschaft“ zu Felde, welche die Gefahr des ,,ex vinculis sermocinari" stets auf's Neue hervorrufe. Aues unheil fließe nåmlich aus dem irrigen Fundamentalprincipe unserer Doctrin, welche bei ihrer Unterscheidung zwischen subjectivem und objecti vem Rechte lehteres als die Voraussehung des ersteren betrachtet. Diese irrige Auffassung sei aber eine Folge jenes allgemeinen,,unseligen Dualismus, wie er bereits seit fast zwei Jahrtausenden den Grundtypus unseres ganzen Seins und Denkens bildet, die äußere und innere Welt durchweg verchriftlicht und in ein Diesseits und Jenseits gespalten hat." In einem derben Realismus glaubt nun der Verfasser das Cor rectiv der bisherigen idealistischen Abstraction und Transcendenz zu finden; die,,Vernunft der Wirklichkeit" erblickt er in dem,,immanens ten Wesen der neben einander, durch und in sich bestehenden concre ten Dinge, deren jedes in sich selbst sein Centrum hat, und basiert so das Recht (d. h. das subjective, das,,einzig wahre Recht, das sich selber Grund und Norm ist") auf die,,Souverainität des menschlichen Willens." Das sogenannte objective Recht ist ihm nur der Compler und soll sein das System der typischen Erscheinungsformen der subjectiven Rechte, wie sie sich geschichtlich in Rom entwickelt haben.",,Denn in Rom ist eben jene Allgewalt des Willens historisch Fleisch geworden; in Rom war es, wo in den Plebejern zum ersten und legtenmal in der Geschichte jene Summe unverbundener, von allen natürlich - sittlichen Verhältnissen losgerissener, wirklich absoluter, aber doch auch leibhaft = concreter Ich - Monaden auftrat, denen es allein gelingen konnte, in dem Jus das bindend verbindende Recht zu finden und zu gründen. Daher,,ift auch das Römische Recht das allgemein und endgültige, und seine Reise um die Welt eine Nothwendigkeit geworden.“

Das dürfte schon genügen, um von dem Scharfsinne des Verfassers einen Begriff zu geben, sowie seine Darstellung zu charakterisieren. Wie sehr auch sein Fleiß, sein,, energischer Wille“, sein Gedankenreichthum anzuerkennen ist; wieviel Bewunderung man auch an manchen Stellen seiner präcisen und geistvollen Ausdrucksweise zollen mag: so wird doch auf der anderen Seite sein offenbares Bestreben, Kie rulff's Manier zu copieren, seine Freude daran, einen einfach klaren Gedanken in ein geistvoll-paradores Gewand zu kleiden, sein Hang zum Excentrischen und Barocken, welcher ihn mitunter unwiderstehlich antreibt, durch übertriebene Consequenzen theilweis wahre Behauptungen bis in's Fragenhafte zu verzerren kurz, die Maßlosigkeit in Inhalt und Form gewiß nicht dazu beitragen, die Hoffnungen des Verf.'s zu erfüllen, von denen beseelt er die,,juristische Jugend" zu einem ge: meinsamen,,Bau des Rechtstempels" auffordert. Zwei Beispiele mögen unser Urtheil rechtfertigen. S. 104, Anm. 2 heißt es von der manus, daß in ihr,,nebst dem Nerum in voller, energischer, meerent friegener Schönheit die Summe alles Rechts enthalten war." und .59 a. E. steht wörtlich:,,Ordre und Inhaberpapiere laffen sich in der That nicht unter die Normen des Römischen Rechts subsumieren, und sind deßhalb überhaupt nicht juristisch zu construieren. Ihre Er scheinung kann nur aus der Zerrüttung unserer socialen und ökonomischen Verhältnisse erklärt werden."

In dem Proteste gegen die Kunge'sche,,Zucht- und Haltlosigkeit" (S. 51) finden sich treffliche Worte über die,,versittlichende Kraft des Studiums des Römischen Rechts. Uber wahrlich nicht das geringste Verdienst der römischen Juristen besteht in ihrer ruhig klaren, sicheren Beherrschung des Stoffes, welche sich auch außerlich in der kühlen und nüchternen Verständigkeit der Darstellung manifestiert. Und in dieser Beziehung hätte der Verfasser auch noch von Savigny, dem er an vielen Stellen seine,,vorsichtige Besonnenheit" fast zum Vorwurfe macht, unendlich viel lernen können.

Σ.

Schwabe v. Waisenfreund, C., Minist.-Concip. in Wien, Versuch einer Geschichte des österreichischen Staats- Credits- und Schuldenwesens. 1. Heft. (Einleitung: Geschichtliche Rückblicke. — Desterreichs Lage und Zustände, seine Staats- Credits- und Münz Verhältnisse beim Beginne des 18. Jahrh.) Wien, 1860. Gerold in Comm. (1 Bl., S. 1–60. gr. 8.) 10 gr.

Ubermals ein Beitrag zur Geschichte der österreichischen Finanzen. Der Verfasser beabsichtigt nach und nach diese Geschichte feit dem Anfange des 18. Jahrhunderts bis auf die Gegenwart darzustellen; er unterscheidet dabei fünf Perioden: die erste, bis zum Tode Karl's VI, 1740, in welcher zuerst umfassende Staatscreditoperationen vorkommen und die Staatsschuld bereits sich sehr merkbar zu entfalten beginnt, der zweite bis zum Tode Leo

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pold's II, 1752, in der namentlich Maria Theresia sich bemüht, die beste Ordnung in den Staatshaushalt zu bringen, der dritte bis 1815, die Napoleonische Zeit mit ihren zerrüttenden Einwickwelche die Friedenszeit der Regierungen der Kaiser Franz und . ungen auf die österreichischen Finanzen, umfassend; die vierte, Ferdinand enthält und mit 1847 abschließt, endlich die fünfte von da an bis auf die Gegenwart, eine Periode, die, wie der Verfasser richtig bemerkt, als abgeschlossen würde betrachtet wer den können, wenn die wiederholt angestrebte und verwickelte Herstellung des finanziellen Gleichgewichts und der Valutaverhält nisse endlich erreicht würde, die aber nach diesem Merkmale leis der alle Aussicht hat, noch eine unbestimmbar lange Zeit fortzudauern, wenn ihr nicht einmal in ganz anderer Weise, als der hier in Aussicht genommenen, ein plößliches Ende gemacht wer: den sollte. Das vorliegende Heft hat es nur erst mit dem Anfange der ersten dieser Perioden zu thun. Es enthält außer einer Einleitung, die namentlich den Plan und die Eintheilung des Werkes, sowie Zusammenstellung der Literatur über die öfterreichischen Finanzen in der älteren Zeit giebt, eine Darstellung der finanziellen Verhältnisse des Kaiserstaates bei Beginne des 18. Jahrhunderts, aus welcher namentlich die Uebersichten über die Behördenorganisation und über den Zustand des Münzwesens in der damaligen Zeit Manchem willkommen sein werden. Die Darstellung ist ziemlich unbeholfen und gewaltig trocken, die Sprache nicht frei von jenen in der österreichischen Berwaltung üblichen Ausdrücken und Redewendungen, die einen ehrlichen Deutschen mit Entsehen erfüllen; aber als fleißige Zusammenstellung von Material hat das Unternehmen gleichwohl seinen Werth, und es ist zu wünschen, daß es in der projectierten Weise fortgesezt und zu Ende geführt werde.

Sprachkunde. Literaturgeschichte.

Reinardus Vulpes. Emendavit et adnotavit Guil. Knorr. Eutin, 1860. Voelckers. (X, 62 S. 8.) 15 Sgr.

teinisches Gedicht, Reynardus Vulpes, in Distichen, das ein geBekanntlich veröffentlichte Campbell im Jahre 1859 ein la= wisser Baldwin, vermuthlich ein Geistlicher, im Jahre 1280 nach dem niederländischen Originale dichtete und das, wie es scheint, nur in einem einzigen Eremplare des Druckes von 1473 erhalten ist. Die Vergleichung mit dem niederländischen Gedichte führte Hrn. Knorr auf manche Besserung des Tertes, für eine Anzahl anderer Stellen gab M. Haupt Emendationen, und so entstand die erste kritische Ausgabe, die an Sorgfalt wie an äußerer Ausstattung nur wenig zu wünschen übrig läßt. Die Vorrede untersucht das Verhältniß Baldwin's zu seinem Originale, zuerst die Reflerionen, die der geistliche Dichter unabhängig von jenem einzuschieben liebt, ferner die verschiedene Anordnung und Reihenfolge einzelner Erzählungen, eine Anzahl einzelner Lesarten, die namentlich Eigennamen betreffen, und endlich die Stellen des niederländischen Gedichtes, die durch Vergleichung mit dem las teinischen gebessert werden können. Sie bestätigen nicht selten Vermuthungen Jonckbloet's auf schlagende Weise, an andern wird der scharfsinnige Gelehrte allerdings widerlegt, den Lesarten der Comburger Handschrift wird durch die Vergleichung zu gröBerem Ansehen verholfen. Zu dem Terte haben wir einiges zu bemerken. Die Lücke, die der Herausgeber nach 46 annimmt, scheint nicht begründet, das niederländische Gedicht weist auf eine solche nicht hin; 205 scheint die Lücke nicht am Schlusse des Verses anzunehmen, indem zu verbinden ist teque fraudabit verbis, vielmehr nach nimis; vielleicht ist factis zu ergänzen, als Gegenfag zu verbis. — 75 hätte infra nach mittellateinischem Sprachgebrauche stehen bleiben können, ebenso 149, 1598.664, wo der Druck quod cogebat nudam hat, Haupt cogebat et undam vermuthet und der Herausg. quod cogeret undam schreibt, scheint das echte zu sein quod congelat undam, was dem Ueberlieferten am nächsten kommt. 687 liest der Druck cur intra, Haupt schreibt curre intra, was der Herausgeber aufgenommen, aber dem Dichter kommt die Elision nicht zu; nur 106 findet sich am Schlusse des Pentameters enim est, wozu der Herausgeber mit Recht bemerkt, est fei wohl zu streichen; aus gleichem Grunde wie 687 ist die Besserung altiliumque anatumque statt altilium et anatum des Druckes zu verwerfen; die Nichteliston in altilium

entspricht dem Meiden der Elision, das sehr viele mittelalterliche
Dichter haben; die Betonung anátum findet sich auch 994, wo
anatas ungut in anetas geändert worden ist. Ebenso war 839
das überlieferte verbis astutis beizubehalten und nicht verbisque
zu schreiben, und 1176 ist das von Haupt vorgeschlagene poenam
atque metus statt des überlieferten poenasque metus ebenfalls zu
verwerfen.
p.

Bodenstedt, Friedrich, Shakespeare's Zeitgenossen und ihre Werke.
In Charakteristiken und Uebersehungen. 2. Bd.: John Ford. Ber-
lin, 1860. K. Geh. Ober- Hofbuchdruckerei (R. Decker). (XXXIX,
389 S. 8.) 1 Thlr. 15 Sgr.

A. u. d. T.: John Ford's dramatische Dichtungen nebst Stücken von
Dekker und Rowley. Von 2c.

Der erste Band dieses Werkes, der 1858 erschien, beschäftigte sich mit John Webster; der vorliegende zweite giebt Auszüge und Charakteristiken aus John Ford's dramatischen Dichtungen, nebst Stücken von Dekker und Rowley. Ueber die Verdienstlichkeit des Unternehmens selbst kann unter Verständigen kein Zweifel walten, und die ungerechten Ungriffe Hebbel's im Abendblatte der Wiener Zeitung, gegen die sich das Vorwort des vorliegenden Bandes wehrt, werden Niemand irre gemacht haben. Vollstän: dig überfest ist,,die Here von Edmonton', an welcher nächst Ford auch Rowley und Dekker Antheil haben;,,Perkin Warbeck“, ein Stoff, den bekanntlich auch Schiller, wenngleich, wie der vorhandene Entwurf zeigt, ganz verschieden von Ford zu bearbeiten gedachte und der dadurch ein gesteigertes Interesse in Anspruch nimmt, wird in långerem Auszuge, viele Scenen ganz, mitgetheilt; dasselbe gilt von,,Giovanni und Annabella" und,,das gebrochene Herz, dessen Prolog von hoher dichterischer Schönbeit ist. Nur Inhaltsangabe haben die übrigen Stücke:,,die Melancholie des Liebenden,,,der Liebe Opfer",,,die Phantasien keusch und edel'',,,die Prüfung der Frau" uno,,der Liebling der Sonne", letzteres zugleich von R. Dekker herrührend, gefunden. Der Dichter verdient die Beachtung, die ihm hier zu Theil wird, gewiß, und zeigt, wie die anderen Zeitgenossen und Vorläufer Shakespeare's, daß manches an diesem Genius, Gutes und Böses, Gemeingut der Zeit ist, was man früher als zu individuell auffaßte. Die Quellen der Stücke haben wir zum Theil in italienischen Novellen zu suchen, jener großen Fundgrube, aus der auch Shakespeare so viele Stoffe zu Tragödien und Lustspielen schöpfte; doch ist es dem Bearbeiter nur vereinzelt gelungen, fie nachzuweisen. Wir sehen der Fortsetzung des Werkes mit Spannung entgegen, um so mehr, als es dem Verfasser geglückt ist, bei seiner legten Reise nach England eine Anzahl vorshakespeas rischer Stücke im Manuscript zu benußen, auf die ihn Sir Fres derick Madden aufmerksam machte.

B.

lung zuerst erschienen ist, sind nun 17 Jahre verflossen, während
welcher das Gebiet der deutschen Prosa um manche bedeutende
Leistung in den verschiedensten Richtungen reicher geworden ist.
Sollte jegt bei einer neuen Ausgabe der Gegenwart ihr Recht ge-
schehen, dabei aber doch die Arbeit, welche Schwab angelegt,
nicht allzu große Ausdehnung erfahren, so blieb nichts übrig, als
die von diesem geübte Kritik nochmals und noch schärfer vorzu-
nehmen, um so durch ausgeschiedene Autoren Raum für Größen
der Mitwelt zu gewinnen. So hat denn auch der neue Heraus-
geber 32 Schriftsteller, die früher vertreten gewesen, entfernt,
und dafür 34 neu aufgenommen. Auf diese Weise ist es möglich
geworden, daß wir in dieser prosaischen Mustersammlung Na:
men wie Gagern, Radowik, R. v. Mohl, Dahlmann, Duncker,
Mommsen, Sybel, Liebig, Löher, Heyse u. 2. nicht vergeblich
suchen dürfen. Und so haben wir denn ein wahrhaft vaterländi-
fches Werk erhalten, das wir dringend den weitesten Kreisen em-
pfehlen können.
h.

Mythologie. Alterthumskunde.

Zacher, Jul., Oberbiblioth. u. Prof., die Historie von der Pfalzgräfin Genovefa. Ein Beitrag zur deutschen Literaturgeschichte und Mythologie. Königsberg, 1860. Schubert u. Seidel. (63 S. gr. 8.) 12 gr.

Die Grundlage dieser kleinen Schrift bildet ein im königlichen Schlosse zu Königsberg von dem Verfasser gehaltener Vortrag, dem derselbe nur die für den Druck in manchen Punkten nöthige Erweiterung durch die literarischen Nachweisungen und die Historie von der Genovefa literargeschichtlich behandelt, weist andere Zugaben hat angedeihen lassen. Der erste Theil, welcher lateinischen Aufzeichnung nach, die sich vor der Mitte des 15. mit umfassender Gründlichkeit den Ursprung derselben aus einer ist. Ihr Inhalt unterscheidet sich nur insofern von dem späteren Jahrhunderts im Kloster Lach befand und unbekannten Alters Volksbuche, als sich aus demselben ergiebt, daß es eine schlichte, an eine bestimmte Oertlichkeit geknüpfte Marienlegende ist, welche nichts Weiteres bezweckt, als eben nur die Gründungsgeschichte Licht zu sehen. Der Verfasser weist darauf im Folgenden die der Frauenkirche zu berichten und hierdurch deren Heiligkeit in's Versuche, welche gemacht worden sind, um die historische Existenz des Siegfried zu beweisen, zurück, und weist durch sechs andere Sagen, welche sich mehr oder minder eng mit der Genovefalegende berühren, den fagenhaften Ursprung auch dieser nach. Da in allen derselben fünf wesentliche Punkte übereinstimmen, so glaubt der Verfasser in ihnen wie in der Genovefalegende die Niederschläge eines alten Mythus nachweisen zu können, was ihn veranlaßt, zunächst einen kurzen Blick auf die älteste Mythenbildung im Allgemeinen zu werfen, um dann weiter als Grundlage der Legende den uns von Saxo Grammaticus überlieferten Mythus von der freiwilligen Verbannung des Odhin sowie den nordischen vom Ullr, der, wie Mitodhin, eine Zeit lang an der Stelle des Es ist noch nicht lange her, daß uns in einer mit Liebe aus verbannten Odhin herrscht, nachzuweisen. Da aber in jenen geführten Arbeit Leben und Wirken Gustav Schwab's geschil Ueberlieferungen nur entstellte und verstümmelte Berichte vorlie dert worden, und schon bietet sich ein neuer Anlaß, dieses Man- gen, so sucht er die Grundgedanken aus anderweitigen Mythen nes und seiner literarischen Thätigkeit zu gedenken. Schwab hat herzustellen, und man kann nicht in Abrede stellen, daß er auf uns bekanntlich zwei Mustersammlungen hinterlassen, jede gro- diese Weise den mythischen Ursprung der Legende im Ganzen sehr fen Lobes werth, die eine den Dichtern, die andere den Schrift- wahrscheinlich macht, den auch ein paar einzelne Züge, welche die stellern in ungebundener Rede gewidmet. Von der leßteren, unter Legende nicht enthält und durch welche Genovefa sowohl mit dem dem Titel:,,die deutsche Prosa von Mosheim bis auf unsere Gewitter (S. 55) als mit dem Kampfe zwischen Sommer und Tage," ist kürzlich eine zweite vermehrte Auflage erschienen, bes Winter (S. 59) in Verbindung gefeßt wird, weiter zu bekräftigen forgt durch Karl G. Klüpfel. Die Absicht, in der Schwab dieses geeignet sind. Läßt sich bei dem lückenhaften Charakter unserer Werk unternommen, war, das Beste, Edelste jeder Periode seit ältesten Mythenüberlieferungen nicht immer die Wahrheit einer Festlegung der modernen Sprachformen in ganzen Auffäßen oder aufgestellten Hypothese mit voller Evidenz beweisen, so sind doch in Bruchstücken zu geben, die soviel als möglich sich zugleich als des Verfassers scharfsinnige Untersuchungen sowie die darauf geein Ganzes lesen ließen. Was den Inhalt der Darstellungen be- bauten Schlüsse von der Art, daß sie alle Beachtung verdienen. trifft, so werden der Religion, der Wissenschaft, der bildenden Die während der Abwesenheit ihres Gatten in feindliche Hand und zeichnenden Kunst, der Natur, dem öffentlichen und bürger- gerathende, dann in die Wildniß gehende Genovefa steht im lichen, dem häuslichen und geselligen Leben, der Geschichte, der Ganzen den in die Gewalt der Zwerge gerathenden Frauen und Vaterlands- und Völkerkunde, vollkommen gleiche Rechte einge- Mädchen, die gewöhnlich sieben Jahre, d. i. Monate, oder einen räumt. Jedem Stücke und es ist dies eine schäßbare Bei- Winter bei ihnen weilen, sowie den nach vielen Sagen in die gabe- werden genaue Nachrichten über die Lebensverhältnisse Hand eines graufen Räubers gerathenden Jungfrauen gleich, seines Verfassers vorangeschickt. Seitdem diese von Schwab mit und auch bei den letteren geben die Frühlingsspiele (die Räuberunleugbarem Fleiße und Geschicke ausgewählte Beispielsamm=bande suchen, die Prinzessin erlösen u. d.) wie bei der Genovefen

Schwab, Gustav, die deutsche Prosa von Mosheim bis auf unsere Tage. Eine Mustersammlung. 2. verm. Aufl. in 3 Thln., besorgt von K. Klüpfel. Stuttgart, 1860. S. G. Liesching. (XVI, 500; VII, 512; VII, 516 S. 8.) 3 Thlr.

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