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zu finden und noch im Kanon des Eusebius zu den Antilegomenen ge- 1 stümmelt, mithin unbekannt ist, welche Schriften er ursprünglich entzählt, durch das Laodicenische Concil aber (363 oder 364) vom Kanon halten habe. Auch möchte die Beweiskraft dieses Argumentes an sich ausgeschlossen worden seien; endlich zwei charakteristische Lesarten des noch einige Einschränkung erleiden. Denn daß die Bestimmung des N. Testaments, nämlich das Fehlen der 12 legten Verse im legten Ca- Concils von Laodicea (363), wodurch alle dergleichen Schriften von pitel des Marcus und die Weglassung der Worte v splow, Eph. 1, 1 dem kirchlichen Gebrauche ausgeschlossen wurden, nicht sogleich zu allvon erster Hand, welche Lesarten nur noch im Cod. Vatic. (erstere auch gemeiner Geltung gelangt sei, geht daraus hervor, daß trog jenes noch im Cod. Taurin. der Itala) zu finden, aber durch ausdrückliche Verbotes Athanasius in der ep. fest. (365) und mit ihm Ruffinus Zeugnisse der Väter bestätigt seien. Daneben werden noch erwähnt die († 410) und Hieronymus (†420) den Hirten des Hermas (Athan. auch Orthographie, die mit dem Vatic. am meisten übereinstimme, die Ord die didazu tun áτooτólov) zwar nicht unter die kanonischen, aber doch nung namentlich der Neutestamentlichen Schriften, die Einfachheit der unter die kirchlich zu gebrauchenden Bücher zählten, und ebenso die Ueber- und Unterschriften der einzelnen Bücher, die eigenthümlichen Canones apost. (um 500) auch die beiden Clemensbriefe und die apoUnterschriften der Bücher Esra's und Esther (im Cod. Frid. Aug.) und | stolischen Constitutionen ohne Weiteres zum Kanon rechnen. Und eben die Beschaffenheit der Correcturen, deren älteste noch keine Accente zeig- daraus erklärt es sich, daß noch der im 5. Jahrhundert geschriebene ten. Endlich aber giebt der Verfasser noch eine Auswahl von Lesarten Cod. Alex. auch die beiden Clemensbriefe dem N. Testamente anhän des Sinaiticus aus den meisten Büchern des N. Testaments, desgleis gen konnte, eine Parallele, die der Verfasser zwar ablehnt, aber, wie es chen 18 Seiten Tertproben aus beiden Testamenten mit Commentar scheint, nicht mit zureichenden Gründen. Denn die Vorausseßung, daß und ein Facsimile der St. Luc. 24, 23-53. Alle diese Beigaben aber wenigstens der 2. Clemensbrief nie kanonisches oder kirchliches Ansehen sind um so dankenswerther, da sie schon jetzt einigermaßen gestatten, genossen habe, dürfte sich durch die Canon. app. widerlegen, die Ver sich ein Urtheil über den Werth des Coder zu bilden. So hält es auch muthung aber, daß jene Briefe aus irgend welchen andern Gründen anReferent für unzweifelhaft, daß derselbe in das 4. Jahrhundert und in gehängt worden seien, an sich wenig glaubhaft erscheinen. Und Xehnungefähr gleiche Zeit mit dem Cod. Vatic. gehöre, möchte aber dahinliches wie von jenen Anhängen des N. Testaments gilt ja auch von den gestellt sein lassen, ob er dem legteren im Alter sogar noch vorangehe. | Apokryphen des A. Testaments, die sich im Cod. Sin. ebenso wie in alDas erstere wird, wie durch die Argumente des Verfassers, so auch durchlen andern finden. Auch diese wurden durch das Laodicenische Concil den Umstand bestätigt, daß der Sinaiticus im Allgemeinen mit keinem vom kirchlichen Gebrauche ausgeschlossen, von Athanasius, Ruffinus, anderen Coder häufiger zusammentrifft als eben mit dem Vaticanischen. Hieronymus u. A. aber trogdem unter die Vorlesebücher gestellt, bis sie Dies hatte Referent in Bezug auf einzelne Stücke des Frid. Aug. schon durch Augustin auf den Synoden zu Hippo (393) und Karthago (397) früher nachgewiesen (Serapeum 1847, Nr. 17, S. 258 f.), und dasselbe fogar kanonisches Ansehen für die abendländische Kirche erhielten. gilt auch von den meisten Stücken des Sinaiticus. Denn allerdings Unlangend aber die Reihenfolge, namentlich der Neutestamentlichen ist auch hier ein Unterschied zwischen den einzelnen Büchern zu machen. Bücher, im Sinait., so weicht dieselbe zwar insofern von der gewöhn So bemerkt schon der Verfasser selbst, daß in den Büchern Tobias und lichen ab, als die Apostelgeschichte, nicht wie in ABC hinter den EvanJudith ein vom Vaticanus abweichender Tert vorliege, und Aehnliches gelien und vor den katholischen Briefen, denen die Paulinischen nachgilt auch von den Tertproben aus dem Prediger und dem Hohenliede, folgen, sondern zwischen den Paulin. und kathol. Briefen ihren Plat in welchem legteren namentlich die auf den Wechsel der Personen bezüg- erhalten hat; aber gerade die Stellung der Apostelgeschichte hinter den lichen, mit rother Farbe geschriebenen Ueberschriften einzelner Verse | Evangelien ist die von Alters her bezeugteste, die Voranstellung aber der eigenthümlicher Ärt sind. Dagegen in den Tertproben aus den Prophe= | Paulinischen vor den katholischen Briefen ist zwar nach der Natur der ten, Psalmen (mit Einschluß derer, die der Verfasser der 3. Ausgabe Sache die ältere, kehrt aber auch in späterer Zeit noch öfters wieder, der LXX beigegeben hat) und der Weisheit zeigt sich die Ueberein wie denn dieselbe Ordnung wie im Sinaiticus auch bei Epiphanius stimmung mehr oder weniger deutlich, soweit sich nämlich darüber nach († 403) haeres. 76, Hieronymus in der ep. ad Paulin. und im Abyssis Mai's Ausgabe des Vaticanus urtheilen läßt, da Holmes von allen die nischen Kanon gefunden wird, vergl. über dieses Ales_den Verfasser fen Stücken keine Collation des Vaticanus besaß. Und ebenso verhält selbst proleg. ad N. T. ed. mai. p. LXXII. Dagegen steht der Brief sich's im Neuen Testamente. So stimmen im Matthäus von 136 mit an die Hebräer im Sinait. wie gewöhnlich hinter dem 2. Briefe an die getheilten Lesarten 104 mit Vaticanus (theils allein, theils in Ver- Thessalonicher, während er im Vatic. zwar ebenda steht, aber nach den bindung mit andern Codices, besonders CDL), 25 mit andern Zeus beigeschriebenen Zahlen der Bücher hinter dem Briefe an die Galater gen (besonders den eben genannten, zuweilen auch nur mit einigen Mi- stehen sollte. Endlich auch die Unterschriften der einzelnen Bücher ste nuskeln, Vätern und Versionen) gegen B, während 7 von eigenthüm hen doch hie und da, wie hinter dem Propheten Maleachi (s. Tischend. licher Art sind. Ebenso kommen im Marcus auf 118 Lesarten 81 mit ad LXX, p. XCIX) und den Evangelien des Lucas und Johannes, an B übereinstimmende, 32 abweichende, 5 eigenthümliche; im Eucas gleich Einfachheit denen des Vatic. nach; den Schlußbemerkungen aber zu falls auf 118 Vesarten 79 übereinstimmende, 34 abweichende, 5 eigen- Esra und Esther läßt sich die ganz ähnliche des Cod. Coisl. (Hepp. thimliche; im Johannes auf 41 Lesarten 21 übereinstimmende, 14 ab- Paul.) an die Seite stellen, eines Coder, den unser Verfasser in das weichende, 6 eigenthümliche. Etwas anders zwar stellt sich das Ver- 6. Jahrhundert verseßt. Doch, wie dem auch sei, in jedem Falle ist die hältniß in den Tertproben, da in dem Abschnitte Matth. 27, 64-28, neue Handschrift, für die der Verfasser das Zeichen & bestimmt hat, 20 auf etwa 38 Lesarten (diejenigen nicht mitgezählt, in denen der von unschägbarem Werthe und wird auf die Kritik des A. und N. Testa= @inaiticus nicht nur mit B, sondern auch mit allen andern Zeugen bis | ments den bedeutendsten Einfluß üben. Und dieser Werth wird noch auf einen oder einige wenige zusammentrifft) 13 übereinstimmende, 14 um Vieles erhöht durch den doppelten Anhang zum N. Testamente, da abweichende und 11 eigenthümliche, und ebenso Joh. 21, 125 auf vom Barnabasbriefe bisher gerade der Anfang nur in der lateinischen 63 Vesarten 21 übereinstimmende, 29 abweichende und 13 eigenthüm Uebersehung, der Hirt des Hermas aber nur in der einzigen Handschrift Tiche kommen; aber das gewöhnliche Verhältniß stellt sich wieder her des Simonides vorhanden war. Und namentlich für Hermas hat der Marc. 1, 1--35, wo auf 84 Lesarten 53 einstimmende, 21 abweichende neue Fund schon jest den Erfolg gehabt, daß er theils die ursprünglichund 10 eigenthümliche kommen, sowie Luc. 24, 23-53 (f. das Facsim.), keit des griechischen Tertes auch für unsern Verfasser außer Zweifel wo auf 42 Vesarten 21 einstimmende, 15 abweichende und 6 eigenthüm gestellt, theils eine Anzahl Verbesserungen der ersten Herausgeber (wie tiche kommen. Und fragen wir noch nach der Beschaffenheit dieser Les den Namen dódn c. 1, v. 2, Lovoμívny sis Toν TOTаμov Tipo v. 9 arten, fo find fowobt unter denen, die der Sinaiticus mit dem Vatica--11, anýνeyxɛv v. 36, di' ȧvodias tuvos v. 37, Ted v. 46, sämmt: nus gemein bat, als auch unter denen, die mit anderen Codices über- lich von Dindorf, uaxágios v. 20 von Unger und Dindorf, aveanucintreffen, und unter den ganz eigenthümlichen gar viele von entschei9v c. 2, v. 15 von Tischendorf in Dressel's Ausgabe der apoftolischen benbem Merthe. Von der ersten Art sind außer den schon vom Verfasser Väter, evenev v. 28 von Anger) bestätigt hat. hervorgebobenen (Mare. 16, 9-20. Eph. 1, 1) z. B. auch Matth. 1, 2a, 28, 2:30b. 1, 10, 5, 4. 8, 1-12 u.f.w.; von der zweiten Art etwa wave. 1, 1. Puc. 24, 51. Job. 5, 1 u. f. w.; endlich von der legten Art A. M. Mattb. 6, 33. Marc. 8, 4. 10, 46. Joh. 5, 2. 21, 6. 16. Hebr. 4. 2 u. f. w. Außerdem dürften von Lesarten der legten Art noch Be achtung verbienen Matth. 6, 32. 7, 21. Marc. 1, 4. Luc. 2, 2. Joh. 4, 11, 6, 2. 21, 18 u. f. w., während freilich die Mehrzahl der übri gen efachtbümlichen Vesarten des Sinaiticus als offenbar irrig erbent unb nur auf Rechnung der Abschreiber zu segen sein wird.

un aber ber Sinaiticus fogar den Vaticanus an Alter noch über freife, bürfte burch den Umstand allein, daß jener statt der 3 Columnen Bea Maficanus beven 4 auf jeder Seite enthält, noch nicht hinreidenb erwieten fein, die übrigen Argumente des Verfassers aber gelten Avaleh and for ben Maticanus, und auch die Aufnahme des BarnaCombine unb bes pirten unter die biblischen Schriften dürfte wenig Houe bem Maticanus gegenüber nichts beweisen, da dieser am Ende ver- |

Geschichte.

Ossenbeck, Joh. Henr., de Willigisi archicancellarii regni Germaniae et archiepiscopi Mogontini vita et rebus gestis. Commentatio historica. 1859. (68 S. 8.)

Euler, Dr. C., Adj. in Pforta, Erzbischof Willigis von Mainz in den ersten Jahren seines Wirkens. Geschichtliche Abhandlung. Naum burg, 1860. Sieling. (II, 46 S. 4.)

Erzbischof Willigis von Mainz spielt in unserer Kaisergeschichte eine so hervorragende Rolle, daß eine Monographie über ihn als ein Bedürfniß erschien und ausgesprochen wurde. So ent

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tanden die beiden oben genannten Abhandlungen, von denen die 1
rste in der zweiten bereits benugt ist. Beide sind fleißig und mit
Benugung der besten Quellen und Hülfsmittel gearbeitet, Liebe
um historischen Studium und patriotische Wärme treten in beis
Den hervor; auch läßt sich nicht verkennen, daß die Glanzpunkte
in Willigis' Wirksamkeit, wie sie denn auch kenntlich genug in
Dem Gange der Ereignisse heraustreten, richtig hervorgehoben
sind. Dennoch möchten wir nicht sagen, daß eine von beiden
wirklich eine Biographie des bedeutenden Mannes giebt, wie sie
gewünscht werden muß, und zwar sind die Mängel beider Arbei-
ten sehr verschiedenartige. Der Verf. der erstgenannten Schrift
bemühte sich auf nicht allzu großem Raume seine Aufgabe nach
llen Seiten zu lösen, und in der That hat er Willigis von der
Wiege bis zum Grabe geleitet, nicht allein die politische und
irchliche Wirksamkeit desselben verfolgend, sondern auch seine
Berdienste um Kunst und Wissenschaft beleuchtend. Aber bei der
orteilenden Darstellung sind gerade die Specialitäten, auf deren
Intersuchung bei einer solchen Arbeit doch vorzugsweise Gewicht
jelegt werden muß, nicht eingehend genug behandelt, und die
Resultate des Büchleins sind, obschon es keinen ungefälligen
Findruck macht, doch wenig erheblich. Um Eingehendsten werden
ie Gandersheimer Streitigkeiten behandelt, aber hier verläuft
ich leider der Verfasser in eine Auslegung der Quellenstellen, die
or der Kritik nicht bestehen kann. Das feindliche Verhältniß
es Willigis zu Bernward von Hildesheim wird nach Gebühr
Jervorgehoben, aber auffällig ist, daß der Gegensas des ersteren
u Heribert von Köln so wenig betont wird, welcher doch schon
n der Rivalitat von Mainz und Köln gegeben war und durch
ersönliche Antipathien noch erheblich geschärft wurde. In den
Thronstreitigkeiten nach Otto's III Tode ist dieser Gegensaß ein
vichtiges Moment. Müssen wir die Hauptschwäche der ersten
Arbeit in der Vernachlässigung des Details sehen, so werden wir
Dagegen an der zweiten Abhandlung rühmend die Sorgfalt aner:
tennen müssen, mit der das weit zerstreute Material gesammelt
st. Uber hier fehlt es dagegen an Beherrschung des Stoffes, und
die Arbeit macht im Ganzen mehr den Eindruck verbundener
Collectaneen als einer durchgebildeten und gereiften Production.
Man findet viele interessante Notizen vereinigt, manche kritische
Resultate werden gründlich und sicher festgestellt, aber die Dar:
stellung trennt Wichtiges und Unwichtiges zu wenig, springt vom
Gebiete der Geschichte zu oft auf das Gebiet der Sage über und
verliert dadurch an Durchsichtigkeit und Klarheit. Die politische
Wirksamkeit des Willigis verfolgt der Verfasser nur in den Zeiten
Otto's I und II, den bedeutenderen Einfluß, den er unter Otto III
und Heinrich II geübt hat, verspricht er in einer Fortseßung zu
beleuchten. Sollte der Verfasser sich wirklich noch ferner mit dies
fer Aufgabe beschäftigen wollen, so möchten wir ihm dringend
rathen, auch den ersten Theil umzuarbeiten und dann Bieles,
was jest in den Tert aufgenommen ist, in Ercurse zu verweisen.
Wir wünschten, daß er sich zu einer solchen Umarbeitung ent-
schließen möchte, denn das gutgeschriebene Vorwort zeigt, daß er
die Bedeutung seines Helden ganz richtig erfaßt hat, und wir
weifeln nicht, daß er bei'm zweiten Anlaufe dem selbst gesteckten
Ziele weit nåher kommen wird, als es ihm diesmal glückte.
Dann möchten wir aber auch vor vagen Vermuthungen warnen,
wie sie hier und da in der Abhandlung auftauchen. Der Ver-
faffer bemerkt z. B. richtig, daß Willigis' Wirksamkeit in auf-
fälliger Weise in den Jahren 977-979 zurücktritt, und erklärt
dann diese Erscheinung aus der Spannung des Kaisers mit seiner
Mutter Adelheid. Er sagt:,,die Deutschen waren hierüber miß-
vergnügt, und die Vermuthung liegt nahe, daß auch Willigis
nicht zufrieden damit war." Die erste Behauptung ist in dieser
Algemeinheit unbedingt unrichtig, und Le Bret, der angeführt
wird, dafür kein zureichender Zeuge. Die daran geknüpfte Vers
muthung möchte an sich Manches für sich haben, aber sie ents
spricht wenig der sonstigen Darstellung des Verfassers, der
Willigis durch Theophano's Einfluß aufkommen läßt. Freilich
beruht auch Alles, was er S. 21 über Theophano als Hauptfür
sprecherin desselben sagt, so sicher es hingestellt wird, mehr auf
Bermuthung als ausdrücklichen Zeugnissen. Schließlich machen
wir noch auf eine neuerdings von Beyer (Urkundenbuch zur Ge:
schichte des Mittelrheins I, 297) veröffentlichte Urkunde aufmerk
fam; fie ist für das Kloster Dehren in Trier am 22. August 973
zu Trier selbst ausgestellt und recognofciert von Gunpaldus vice
Willigisi capellani. So auffällig diese Recognition und auch ein

Theil der Datierung ist, möchte die Echtheit der Urkunde doch einer Untersuchung noch bedürfen. Unmöglich wäre nicht, daß dieser Gumpold eine Person mit dem Verfasser der Vita Vencezlavi, die dieser als Bischof von Mantua unter Otto II schrieb. K.-G.

Wilcke, Dr. Fd., Geschichte des Ordens der Tempelherren.
Nebst Bericht über seine Beziehungen zu den Freimaurern und
den neuern pariser Templern. 2. durchaus umgearb. u. verb.
Ausg. 2.6. Liefg. Halle, 1860. G. Schwetschke. (gr. 8.) Jede
Liefg. 12 Sgr.

Gelegenheit genommen, nach dem Erscheinen des ersten Heftes
Wir haben bereits im vorigen Jahrgange dieses Blattes
dieser neuen Auflage über die wissenschaftliche Bedeutung des
Wilde'schen Werkes und über die Behandlungsweise des hier
gegebenen großartigen historischen Stoffes uns ausführlicher zu
verbreiten. Es möge daher an einer kurzen Angabe des Inhalts
der legterschienenen Lieferungen genügen. Der nun vollendet
vorliegende erste Band umfaßt die äußeren Schicksale des Ordens,
feine Ausbreitung und Machtentwickelung bis zum Untergange.
Die angehängten Beilagen enthalten außer einigen päpstlichen
Bullen und Breve's die Stiftungsregel des Ordens, einen Er-
curs über das Ordenssiegel und die Fahne Beauféant und ein
Bruchstück aus D. v. Horneck's Gedicht über den Fall von Accon
doch dem Leser als eine dankenswerthe Beigabe dieses Handbuchs
- Materialien, die freilich schon in Quellenschriften gedruckt,
immerhin willkommen sind. Der mit dem legten Hefte begon-
nene zweite Band schreitet zur Darstellung der innern Ordens-
geschichte. Die ersten Capitel geben eine sorgsam zusammenges
stellte und zweckmäßig geordnete Uebersicht sämmtlicher Befihun-
gen des mächtigen Ordens in allen 16 Provinzen des Abend- und
und Priorate. Das folgende Buch beschäftigt sich mit der Ent-
Morgenlandes mit Angabe der nennenswerthesten Comthureien
wickelung der politischen Idee im Schooße des Ordens, zunächst
im 12. u. 13. Jahrhundert. Der Verfasser weist als das eigent-
liche Geheimniß der politischen Templerei des Mittelalters die
Idee der Gründung eines Staates im Staate nach, die Erricht-
ung eines templerischen Ordensstaates nach dem Vorbilde des
in der Vorrede des lezten Bandes richtig hervorhebt, das eigent-
deutschen Ordensstaates in Preußen. Dies ist, wie der Verfasser
liche Mysterium des Unterganges der Templer. Mit Recht be=
zeichnet er demgemäß die oft ventilierte Frage nach der morali-
Mit demselben Rechte führt er an, daß die historischen Acten zur
schen Schuld oder Unschuld des Ordens als eine untergeordnete.
Beurtheilung der letteren Frage längst geschlossen und spruchreif
erscheinen, da das vorhandene und später von ihm zu benusende
Material hierüber vollständigen Aufschluß giebt. Die noch zu
liefernden Abschnitte werden das zweite Mysterium des Ordens,
die religiöse Templerei als rationalistische Geheimlehre, zur An-
schauung bringen. Die neue Ausgabe erscheint in allen Theilen
revidiert, erweitert und umgeformt, so daß das Vorwort mit Fug
den Anspruch erheben darf, daß hier eine an Inhalt und Form
neue Bearbeitung vorliege.

K.- v. H.

Neigebaur, I. F., Eleonore d'Olbreuse, die Stammmutter der Königshäuser von England, Hannover und Preußen. Ermittelungen zur Geschichte ihrer Heirath mit dem Herzoge von BraunschweigCelle und der damaligen Zeit, in besonderer Beziehung auf Ebenbürtigkeits heirathen. Mit dem Bildniß der Herzogin Eleonore (in Stahlst.). Braunschweig, 1859. Leibrock. (IV, 220 S. 8.) 1 Thlr. 7% Sgr.

Wir wissen nicht, ob der Verfasser mit dieser Schrift der Unterhaltung oder der Wissenschaft dienen wollte, nach beiden Seiten hin scheint er sich zu bemühen, aber keine wird sonderlichen Gewinn daraus ziehen. Die ersten Bogen enthalten halb gelehrte, mit vielen Citaten ausgestattete Betrachtungen über Mißheirathen, genealogische Untersuchungen über das welfische und braunschweigische Haus und die Familie d'Olbreuse, mit allerlei nicht zur Sache gehörigen Abschweifungen. Erst mit S. 58 gelangt der Verfasser zur Heldin seiner Geschichte, einem aus Poitou stammenden schönen, adeligen Fräulein, das die Fürstin von Tarent, eine geborene Prinzessin von Hessen-Kassel, als Hofdame an den oranischen Hof nach Breda brachte, wo sie der Herzog Georg Wilhelm von Braunschweig kennen lernte und

intereffieren.

sich in sie verliebte. Sie ließ fich bewegen ihm anzugebċren, ebne | len nach ihren Eigenschaften, Wachsthum und Bildung, ihrem Titel und Stand einer Gemahlin in Anspruch zu nehmen, gebar Handel, der künstlichen und natürlichen Vermehrung. Für die ihm 1666 eine Tochter, Sophie Dorothea, welche spater, nach künstliche Vermehrung hält der Verfasser die von verschiedenen dem die Ehe ihrer Mutter kirchuch vollicaen war, den Kurprinsen Seiten empfohlenen Vorschläge nicht für hinlänglich begründet, von Hannover heiratbete und dadurs die Mutter des nachherigen zum Theil für erfolglos, zum Theil für gar nicht ausführbar, die Königs Georg II von England und Schwiegermutter des Königs der natürlichen Vermehrung stüßen sich auf die eigenthümlichen Friedrich Wilhelm I von Preußen wurde. Der Verfaher weiß Lebensbedingungen des Thieres, und die hierüber gegebenen Winke von dieser Eleonore, nach weicher er sein Buh betitelt, eigentlich verdienen alle Beachtung seitens der Perlenfischer. So empfeh nicht viel mehr zu erzählen, als daß sie schön, liebenswürdig und von len wir das elegant ausgestattete und mit acht schön ausgeführten fanfter Gemütbsart gewesen, das hie von ihren bannoverishen | Tafeln begleitete Buch der Aufmerksamkeit Aller, die sich nach Verwandten als nicht ebenbürtig geringsfişig bebandelt und fo- irgend einer Seite hin für die Perlmuscheln und die Perlen gar gebaßt worden sei. Den Hauptinhalt des Buches bildet die | Geschichte der schon erwähnten Tochter der Eleonore, der unglücklichen unter dem Namen einer Herzegin ven Abiten bekannten Gemablin König Georg's I von England, welche ein Liebesverhältniß mit dem Grafen Königsmark batte, das dieser mit meuchelmörderischem Ueberfalle, die Herzogin aber mit 31jåbriger Gefangenschaft büßen mußte. Der Berfañer legt nun den geschichtlichen Kern dieser Sache mit Beiziebung der Zutha ten, welche durch romanbafte Bearbeitungen binjugekommen find, in geschwägiger Breite dar, und es scheint, daß diese Stan dalgeschichte eigentlich der Hauptzweck des Buches war, der durch das gelehrte Beiwerk und durch geschmack.ese Vertheidigungsvers suche schlecht verdeckt ist.

Naturwissenschaften.

Der zoologische Garten. Organ für die zoologische Gesellschaft in Frankfurt a. M., berausg. von Dr. D. F. Beinland. 1. Jabrg. 12 Nrn. (à 1 Ban.) Frankfurt a. M., 1860. Sauerländer's Berlag in Comm. (gr. 8.) 1 Thlr.

Die zoologischen Gårten sind seit einigen Jahren für unsere großen Städte ein Modeartikel geworden, freilich ein ebenso schwieriger wie kostspieliger, aber vollständig eingerichtet, doch ein sehr nüglicher, viel Unterhaltung und Belebrung für Jung und Alt gewährend. Die Frankfurter Gesellschaft bietet nun in vorliegender, in monatlichen Nummern erscheinender Zeitschrift ein Organ, welches die Interessen der verschiedenen zoologischen Gärten wahrnehmen und dem größeren Publicum vermitteln soll. Gewiß ein sehr verdienstliches und aufeitiger Theils nahme werthes Unternehmen. Die Nummern des ersten Jahr gangs bringen stete Berichte aus dem Frankfurter Garten, Auffäge über jabm- und acclimatisirbare Thiere, Correspondenzen aus anderen zoologischen Gärten und verschiedene zoologische Miscellen. Die Zeitschrift ist also nicht bloß für die Unternehmter solcher Gärten von böchstem Interesse, auch das dieselben besuchende Publicum und Jeder, der nach irgend einer Richtung bin Beziehung zur Zoologie bat, wird für sich Brauchbares darin finden, und der niedrige Ladenpreis von einem Thaler für den Jabrgang gestattet auch die allgemeinste Verbreitung. Die Redaction, von Dr. Weinland geleitet, verfolgt mit Umsicht die ver schiedenen Zwecke des Blattes, und die beigefügten Jülustrationen find ganz befriedigend.

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Pösche, hm., das Leben der Natur im Kreislaufe des Jahres. Seine heimischen Erscheinungen im harmonischen Zusammenhange dargestellt. Braunschweig, 1860. Westermann. (VIII, 388 S. u. 1 Holzschn. 8.) 1 Thlr.

Der vom Verfasser gewählte Gegenstand ist ohne Frage für jeden Freund der Natur wie für jeden denkenden Menschen ein höchst anziehender, aber er will mit gründlicher und tief eingehender Sachkenntniß, mit gewandter und schwunghafter Feder bes bandelt sein. Die Darstellung muß die wichtigsten und die überraschendsten Beziehungen in dem Zusammenwirken der verschies denartigen Kräfte vor dem Nebensächlichen hervorheben und mit frischen Farben die Hauptzüge des großen Bildes vorführen. Das finden wir nun in dem vorliegenden Buche nicht, wenn uns auch bei der flüchtigen Lecture desselben mangelnde Sachkenntniß nicht gerade aufgefallen ist, so vermissen wir doch Leben und Schwung in der ganzen Darstellung, vermissen die Begeisterung des Verfassers, durch welche die Aufmerksamkeit des Lesers ges spannt und gefesselt wird. Dem Streben nach Klarheit und Einfachbeit ist die Frische geopfert worden.

Volger, Dr. G. H. D., das Buch der Erde. Naturgeschichte des
Erdballs und seiner Bewohner. Eine Darstellung der physischen
Geographie, bearb. für gebildete Leser aller Stånde. 2. Bd. Mit
160 in den Tert eingedr. Abbildgn. u. 6 Tondrucktaff. Leipzig, 1859.
Spamer. (X, 376 S. gr. 16.) 1 Thlr.

A.

u. d. T.: Malerische Feierstunden. 2. Serie. 6. Bd.

Ein Blick in die Vorrede eröffnet uns, daß der Verfasser auch in dieser populären Schrift seine reformatorischen Pläne durchführt, mit denen er in der wissenschaftlichen Welt bis jest keinen Ruhm erwerben konnte. Er zählt eine lange Reihe von Capiteln auf, welche durchaus sein Eigenthum, selbständige Ergebnisse seiner Forschungen sind, also nicht von einem Verfasser berrübren, der in der Wissenschaft auf einer sehr untergeordneten Stufe steht, wie das von den neuesten Belehrungsschriften gilt. Wir bedauern nur, daß das Publicum, welches dieses Buch der Erde liest, darüber gar kein Urtheil hat, da es sich doch eben erst unterrichten will, und können es durchaus nicht billigen, daß in einem populären Buche, welches nur die feststehenden Resultate der Wissenschaft in weiteren Kreisen zu verbreiten die Aufgabe haben kann, die Wissenschaft einseitig reformiert wird. Aber Hr. Volger beansprucht nun einmal für seine Ansicht allein das Prádicat strengster Wissenschaftlichkeit und erklärt die Arbeiten anderer Forscher für Schwärmerei. Er behandelt in diesem zweiSeßling, Thdr. v., die Perlmuscheln und ihre Perlen natursten Bande die Gewässer, das Luftmeer, die Pflanzen- und Thier

wissenschaftlich und geschichtlich mit Berücksichtigung der Perlen= gewässer Baverns beschrieben. Mit 8 Taff. u. 1 Karte in Imp.-Fol. Leipzig, 1859. Engelmann. (VIII, 376 S. Ler.-8. u. 2 Tabb. in gr. Fol.) 6 Thlr.

Veranlassung zu dieser Schrift gab ein Auftrag des Königs Marimilian von Bavern zur Untersuchung der in den dasigen Flüssen vorkommenden Perlmuschel. Indem sich der Verfasser dieser Untersuchung mit ganzer Aufmerksamkeit widmete, dehnte, er zugleich auch seine Studien auf die Perlenmuscheln aller Ge= genden der Erde aus und legte die Resultate dieser weit umfassen: ben Forschungen in dem vorliegenden Buche nieder. Dasselbe enthält daher außer des Verfassers eigenen sehr schäßenswertben Beobachtungen Alles, was über diesen Gegenstand von irgend ei niger Bedeutung bekannt geworden ist. Nach einer culturhistorifchen Stizze beschäftigt sich der Verfasser zuerst mit der Lebensweife und geographischen Verbreitung der Seeperimuschel, dann wiel fpecieller noch mit der der Flußperlenmuschel und eingebend auch mit deren Anatomie und Physiologie, endlich mit den Per

welt und die Menschheit. Abgesehen von mancherlei Einseitigkeiten, bietet das Buch des Lehrreichen noch viel, kann aber nur neben anderer Lecture über denselben Gegenstand empfohlen

werden.

Quenstedt, Fr. U., Prof. in Tübingen, Epochen der Natur. Mit ca. 800 Holzschn. 1. 2. Liefg. Tübingen, 1860. Laupp. (S. 1 – 512. gr. 8.) 3 Thlr. 10 Sgr.

Eine vortreffliche allgemeine Uebersicht über den gegenwär tigen Stand der Geognofie im weitern Sinne, d. h. mit nåberer Berücksichtigung der Paläontologie und wichtiger Fragen der Geologie, allen denen angelegentlichst zu empfehlen, welche die Fort schritte der Forschungen nicht in den Fachjournalen und streng wissenschaftlichen Monographien verfolgen können. Auch der Geognost von Fach wird, wie in Quenstedt's früheren allgemeinen Schriften, gar manche beachtenswerthe Angabe finden.

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bandeln? Dr. Mansfeld, 3. Jahresbericht der Irren - Anstalt zu

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Dr.

Archiv der deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und gerichtl. Psychologie, hrsg. v. Dr. Erlenmeyer. 3. Bd. 1. Sem. 1860. Iob.: Dr. Güntz, wie sind die Seelenstörungen in ihrem Beginne zu beBraunschweig für das J. 1859. Dr. Erlenmeyer, welchen Werth hat das Opium bei der Behandlung von Seelenstörungen, in welchen Leidensformen u. in welchen Dosen kann es gegeben werden? Voppel, klinische u. pathologische Notizen aus der Irren-Versorgungs-Anstalt zu Colditz. Dr. Dagonet, allgemeine Statistik der Irren-Anstalten Frankreichs. Dr. Bergmann, Beiträge zur Pathologie des motilen Factors. Archiv des Vereins f. gemeinschaftl. Arbeiten zur Förderung d. wissenschaftl. Heilkunde hrsg. von Dr. J. Vogel u. A. 5. Bd.

2. u. 3. Heft. 1860.

Inh.

F. W. Beneke, Morbilitäts-Nachrichten aus dem J. 1857. Dr. C. Neidhardt, Mittheilungen über die Veränderungen der Zunge in Krankheiten. -Dr. C. Neubauer, Beiträge zur Harnanalyse. Dr. v. Mandach, Bemerkungen zu den Morbilitätsnachrichten aus Schaff hausen. Die Pneumonien u. die Typhen. Dr. Speck, Bericht üb. eine Ruhrepidemie des J. 1859. Ders., einige Versuche über die Einwirkung kalter Sturzbäder auf die Körpertemperatur. F. W. Beneke, Mittheilungen aus dem patholog.-anatom. Institut in Marburg: Zur Lehre vom Enchondrom u. Carcinom.

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-

Archiv der Heilkunde. Red. von E. Wagner. 2. Jahrg. 1. Heft. Inb.: W. Roser, zur Abscess-Mechanik. — C. A. Wunderlich, über E. Wagner, die Tuberculose der Leber. Dr. Herm. Weikart, Versuche über die Wirkungsart der Diuretica. Repertorium der Thierheilkunde. Hrsg. von E. Hering. 1. Heft. Inh.: E. Hering, üb. die Heilbarkeit der Rotzkrankheit. · C. Schmidt,

Gekrösdrüsenabscess; Entleerung dessen Inhalt in den Darm; spaLere Vergrösserung, Induration derselben; Enteritis und Tod beim

Pferde. Tröster, Bruch des Vorarmbeins bei einer Kuh.

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Hübener, Dr. E. A. L., Pathologie und Therapie der Scropheln.

Wien, 1860. Braumüller. (VIII, 184 S. gr. 8.) 27 Sgr.

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Es erscheinen in jedem Jahre eine Anzahl von Büchern, die fo zu sagen weder warm noch kalt find. Um sie zu den bedeutenderen und epochemachenderen Erscheinungen zu rechnen, steht ih nen Mangel neuer, fördernder Entdeckungen wie geistreicher Auffaffung hindernd im Wege; auf den Namen einer monographis schen Arbeit können sie bei der Unselbständigkeit ihres Charakters, Unvollständigkeit, kritischen Schwäche u. f. w. ebenfalls nicht Anspruch machen, und doch sind sie auch nicht so, daß man den Stab ganz über fie brechen dürfte; man reiht sie eben einfach in die literarischen Verzeichnisse ein und damit ist ihnen Genüge geschehen. Das vorliegende Werkchen scheint uns zu dieser Claffe zu gehören. Zur Charakteristik des Verfassers müssen wir junächst hervorheben, daß er der Ansicht huldigt, Scropheln und Tuberkeln feien für identisch zu erachten; demgemäß fließen beide Erkrankungen mit verwaschenen Umrissen in dem Buche in einander. Für eine 39jährige praktische Erfahrung, während welcher der Verfasser fast täglich Scrophelkranke gesehen, treten die dabei gewonnenen Resultate an Menge, wie an Wichtigkeit ftark in den Hintergrund. Die Literatur ist zwar in reichem Maße ausgebeutet, aber bunt und ziemlich kritiklos, vieles un wichtige, ja falsche in einer ihm nicht gebührenden Ausdehnung. Im patholog. Theile finden wir neue Untersuchungen gar nicht, die Beschreibung der einzelnen Krankheitsformen ist stellenweise recht dürftig, bisweilen, z. B. bei den Augenentzündungen und Hautkrankheiten, geradezu mangelhaft, und dies ist um so mehr zu tadeln, als der Verf. in der Literatur hier reiche Ausbeute hätte halten können. Unklaren Auffassungen, namentlich von Ansichten neuerer Forscher, begegnet man ebenfalls hin und wie ber. Die Therapie ist sehr weitschichtig abgehandelt, fie nimmt die Hälfte des Buches ein; jedenfalls wäre in diesem Theile durch eine wissenschaftlichere Anordnung nicht nur an Plas, sondern noch weit mehr für Klarheit und praktische Brauchbarkeit zu gewinnen gewesen: die Mittel sind doch gar zu bunt durchein

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ander gewürfelt. Auch lan Unrichtigkeiten fehlt es nicht. Gleich auf der ersten Zeile des Werkes sagt der Verfasser:,,die Scropheln find eine den Aerzten seit den ältesten Zeiten bekannte Krankheit." Dieser Behauptung können wir nicht beitreten. Zwar finden wir vielfach die Worte struma, yoipades bei den Alten erwähnt, man erkennt jedoch deutlich, daß damit nur Drüsenanschwellungen bezeichnet, sehr verschiedenartige Processe vom einseitigsten symptomatischen Standpunkte zusammengeworfen werden, während sich nirgends eine sichere Angabe dafür findet, daß mit diesen Worten die alten Aerzte einen Conner zwischen dem Localleiden und einer Allgemeinerkrankung, wie ihn die Gegenwart annimmt, bezeichneten und supponierten. — Auf S. 72 fagt der Verfasser:,,der Cretinismus, an dem in den Thälern ganze Geschlechter leiden, kommt nie über die Höhe von 3500 Fuß hinaus. Wir empfehlen dem Verfasser zur Verbesserung seiner Ansichten den ausgezeichneten Rapp. de la comm. créée p. le R. de Sardaigne pour étudier le crétinisme zum Studium. Wenige Zeilen weiter unten sagt er:,,dasselbe geschieht in engen Thalern, wo sich überall mehr chronische Krankheiten einstellen als auf den Bergen, wo sie mehr in acuter Form auftreten." Referent prakticiert seit Jahren in einer sehr hoch gelegenen Gegend und muß derartigen faden Behauptungen aus Erfahrung entgegentreten. Doch genug davon. Der Stil ist stellenweise ein ziemlich larer.

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Die Bedeutung der kleinen Schrift liegt zunächst und fast ausschließlich in dem Umstande, daß sie einen sonst meist ziemlich ftiefmütterlich behandelten Gegenstand einer specielleren Darftellung würdigt, so die Aufmerksamkeit auf denselben lenkt und zu einer forgfältigeren Diagnose und rationelleren Behandlung anreat. Dagegen können wir eine wesentlichere Bereicherung der Wissenschaft nicht in demselben finden, vermissen vielmehr vielfach Klarheit in der Auffassung und Schärfe der Darstellung Verhältnisse, die der Ueberseßer durch Umarbeiten und Noten zu verbessern sich bemüht hat. Die pathologische Anatomie erhält ift ebenfalls dürftig genug ausgefallen, und zahlreiche praktisch durch den Verfasser keinen Zuwachs, die vergleichende Diagnostik wichtige Umstände sind außer Acht geblieben. Was den angeb lichen, auch vom Ueberseßer beobachteten Uebergang des Nachtrippers in den acuten Tripper betrifft, so kann man einer solchen Behauptung gegenüber die ernstesten Bedenken nicht unterdrücken; ob das dabei wieder zum Vorschein kommende Secret von Neuem eine virulante Beschaffenheit zeigt, ob nicht eine neue Infection dann viel wahrscheinlicher u. f. w., dies berührt der Verfasser nicht. Um Eingehendsten ist die Therapie behandelt. Der Verfasser unterscheidet drei Arten. Die eine Form des Nachtrippers ist durch eine locale Schwäche, zuweilen in Verbindung mit einer constitutionellen Störung, bedingt; hier empfiehlt sich eine medicinische Behandlung (der Ueberseßer betont namentlich den Liqu. ferri sesquichlorat.). Die zweite Form ist durch pas thologische Veränderungen in der Urethra bedingt, welche das Ergebnis einer chronischen Entzündung (Geschwulst, Contrac= tion, Deviation) find; eine combinierte, mechanisch-medicinische Behandlung (Bougies) ist hier das Geeignetste. Als dritte Form bezeichnet der Verfasser die ausgebildeten Stricturen, die ent weder aus elastischem, nachgiebigem oder festem, unnachgiebigem Gewebe bestehen; hier ift Heilung nur auf operativem Wege zu erzielen. Der Besprechung dieser letzteren Form beabsichtigt der Verfasser ein eigenes Werk zu widmen. In dem ganzen Werke wird nur der Tripper des Mannes beachtet. Auf der ersten Tafel ist ein vom Verfasser angegebener Katheter zu tiefen Einfprisungen abgebildet, der dem Referenten, soweit sich hierüber a priori urtheilen läßt, recht praktisch erschien (unteres Ende fiebförmig durchlöchert, am vorderen Stiletende der mit den betref= fenden Flüssigkeiten zu trånkende Schwamm). Tafel 2 u. 3 enthalten Modelle von Knopffonden und deren verschiedene Durch messer. Die Ausstattung empfiehlt sich durch Eleganz und Solidität und macht der Verlagshandlung, deren ersten medicinischen Verlag das Werkchen bildet, Ehre.

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Inh. W. Endemann, der Kredit als Gegenstand der Rechtsgeschäfte.
(Schl.) Dr. Ladenburg, der Verkehr mit verfallenen Zinšcourons
u. Dividendenscheinen. Dr. G. Fr. Herm. Roesler, die rechtl. Natur
des Vermögens der Handelsgesellschaften nach rom. Recht. Dr. Mitz
termaier, die Leistungen der Gesetzgebung, Rechtsprechung u. Wissen-
schaft in Italien auf dem Gebiete des Handelsrechts. - Dr. B. Koch,
Studien über Telegraphenrecht.

Zeitschrift für die ges. Staatswissenschaft, hrsg. von Schüz,
Hoffmano u. A. 16. Jahrg. 3. u. 4. Heft. 1860.

Inh.: Heyd, die italienischen Handelscolonien in Palästina, Syrien und
Kleinarmenien zur Zeit der Kreuzzüge. (Schl.) Schmoller, zur
Geschichte der nationalökonom. Ausichten in Deutschland während der

Reformations-Periode.

Die vor uns liegende Schrift zerfällt in drei Theile: I. die Schuldfrage im englischen, II. im französischen, III. im deutschen Geschwornengerichte. — Ihre Resultate faßt der Verfasser selbst in der Vorrede dahin zusammen, daß 1) nach den deutschen Strafproceßgefegen die Geschworenen über die gefeßlichen Merk: male des Verbrechens, um das es sich handelt, gefragt werden müssen, und daß jede Beschränkung der Geschworenen auf concrete Thatsachen ungefeßlich ist, 2) daß nach den deutschen Ge- | sehen ebenso wenig eine umumschränkte Competenz der Geschwo renen zur Feststellung der gefeßlichen Merkmale begründet ist, daß die Geschworenen vielmehr nach der Subsumtion der concreten That (soweit eine solche wirklich concret vorliegt) unter die geseß lichen Vorausseßungen zu fragen sind.

richte zur Entscheidung zuweist. In gleicher Weise beanspruchen die Untersuchungen über das Geständniß hohes Interesse. Obgleich wir nicht überall den Deductionen des Verf.'s beipflichten können, sprechen wir doch die Ueberzeugung aus, daß jeder Leser die Schrift mit Befriedigung durcharbeiten wird. Der Verfasser hat den intricaten Stoff mit scharfer Umsicht be handelt, eine noch gewinnendere Darstellung, welche der spröde Gegenstand freilich schwer macht, hätte, nach einigen Partien zu urtheilen, doch in des Verfassers Kräften gelegen.

Rubl, F., Ober-Rechnungsprobator, die Kameralrechnungswissen schaft und die Anwendung ihrer Theorien im Staats- und Gemeindehaushalte. Als Grundlage für Vorlesungen und zum Selbststudium bearb. Darmstadt, 1860, Will. (VIII, 320 S. gr. 8.) 1 Thlr. 5 Sgr.

Den Laien überkommt, wenn er von einer Cameralrechnungs: wissenschaft hört, leicht ein Gefühl des Spottes; er fragt sich, in welcher Gestalt und in welchem Aufzuge er sich dieselbe wohl pert denkt, und wie das Verhalten der andern Wissenschaften zu vorzustellen habe, wenn er sich die Wissenschaften einmal verkör diesem Geschwister - wir gebrauchen absichtlich den neutralen Ausdruck etwa wie das ebenbürtiger Kinder eines vornehmen Hauses zu einem nachgeborenen Sprößlinge aus einer späteren Ehe des Vaters mit einer Küchenmagd oder einem Milchmädchen? Aber ein solcher Spott ist wenig angebracht. Wenn man zuge

Meyer, Dr. Hg., Privatdocent, That- und Rechtsfrage im Geben muß, daß die ordentliche Instandhaltung des Rechnungs schworenengericht, insbesondere in der Fragestellung an die Gewesens der öffentlichen Körper eine Sache von der größten Be schworenen. Berlin, 1860. G. Reimer. (XII, 280 S. gr. 8.) deutung ist, sowie, daß diese Aufgabe nur durch ein planmäßiges 1 Thlr. 5 Sgr. und wohlüberlegtes Verfahren erreicht werden kann, so läßt sich nicht leugnen, daß die Erörterung der Principien, von welchen man am 3weckmäßigsten dabei ausgeht, und der Darlegung der Folgefäße, welche sich an deren Anerkennung knüpfen, ebensowohl die Bezeichnung einer Wissenschaft verdient und ganz denselben Rang in Anspruch nehmen kann, wie die Landwirthschaftslehre, die Technologie und alle die anderen Fächer, die man als „ange: wandte“ Wissenschaften anerkennt. Nichtsdestoweniger ist nicht in Abrede zu stellen, daß die hierin liegende äußere Gleichstellung der unmittelbar auf die Praxis berechneten Fächer mit den ausschließlich auf Erkenntniß als solche gerichteten, den sogenannten reinen Wissenschaften ihr Bedenkliches hat. Man braucht in die fer Hinsicht nur an die Cameralwissenschaften zu erinnern, einen Begriff, bei dem für Theorie und Praxis gleich wenig herausge kommen ist, bis man ihn endlich ganz hat fallen lassen. Die Gefahr liegt vornehmlich darin, daß man für die angewandten Wissenschaften eine Grundlegung ganz nach derselben Weise wie für die reinen für nothwendig hält. Dies führt denn dahin, daß man, anstatt die Ergebnisse der letteren einfach als Voraussegun, gen anzunehmen, den Theil ihres Inhalts, auf den man zu fühen genöthigt ist, in der angewandten Wissenschaft selbst zu entwickeln unternimmt. Natürlich fällt eine solche Entwickelung, aus ihrem wissenschaftlichen Zusammenhange herausgeriffen, immer mangelhaft aus, nicht selten entstellt sie geradezu die Wahrheit, und was das Schlimmste ist, sie verführt diejenigen, welchen fie geboten wird, nur allzu leicht zu dem Glauben, daß sie für ihre praktischen Zwecke die allgemeinen theoretischen Vorstudien ent behren können. Auch der Verfasser des vorliegenden Werkes ist in den oben bezeichneten Fehler verfallen, denn er nimmt in feine Darstellung nach einer Einleitung über den Begriff und die Theorie des Cameralrechnungswesens als ersten Theil eine foge nannte Propädeutik zur Rechnungswissenschaft auf, welche nichts weniger als eine encyclopädische Uebersicht der Grundbegriffe so wohl der Nationalökonomie als der Politik umfaßt. Da wit, wie gesagt, uns mit dem Hereinziehen dieser Gegenstände in ein System der Cameralrechnungswissenschaft überhaupt nicht ein: verstanden erklären können, so dürfen wir uns enthalten, auf Einzelheiten einzugehen. Um so mehr freuen wir uns, uns über den sonstigen Inhalt des Buches empfehlend aussprechen zu köns nen. Derselbe zerfällt in drei weitere Theile, von denen der zweite die allgemeine Theorie des Cameralrechnungswesens abhandelt, während der dritte und vierte die speciellen Anwendungen dieser Theorie auf das Staats- und auf das Gemeinderechnungswesen enthält. Jeder Theil ist in drei Capitel abgetheilt, die von der Etatisierung, von der Etatwirthschaft und von der Comptabilitat handeln. Anerkennend hervorzuheben ist die zweckmäßige und bis in die legten Einzelheiten streng systematisch durchgeführte

Der eigentliche Standpunkt des Verfassers läßt sich dahin charakterisieren, daß ihm die Fragestellung als Unner der Unklage erscheint. Wo daher die legtere den bloßen gefeßlichen Ausdruck aufstellt, da muß auch dieser zum Gegenstande der Frage werden, ohne daß die Geschworenen auf die eine, in der Verhandlung her vorgetretene concrete Erscheinungsform beschränkt werden dürften. Wo dagegen die Anklage thatsächliche Substrate aufstellt, bilden diese den Gegenstand der Fragstellung, von etwaiger Zuläsfigkeit der Anklageänderung abgesehen. Der Verf. wendet sich daher häufig gegen die Planck'sche Lehre, welche dem Gericht die Wahl der Thatsachen aus dem Verhandlungsmaterial als Anleitung für die Geschworenen zuweist. Strafausschließungsgründe find durch das Schuldig zur Competenz der Geschworenen verstellt, rathsam aber könne es sein, durch specielle Fragen sie der Berücksichtigung nahe zu legen, freilich müsse nicht dem rich terlichen Ermessen die Wahl dieser Fragen überlassen werden, denn solche Entscheidung prájudiciere den Geschworenen. Viel mehr sei es Sache der Vertheidigung, welcher folgend das Gericht gehalten sein müsse, die entsprechende Frage, und zwar, um den logischen Widerspruch mit der Hauptfrage zu vermeiden, in alternativer Fassung zu stellen. Eine Beschränkung auf concrete Umstände dürfe auch hier nur auf Wunsch der Vertheidigung stattfinden.

Es würde uns zu weit führen, wollten wir den Ausführungen des Verfaffers Schritt vor Schritt nachgehen; er prüft seis nen Standpunkt der Reihe nach an den deutschen Gefeßen, mit welchen demnach die Praris nicht selten in Widerspruch steht, wenn sie die Geschworenen auf die bloße Beweisfrage zurück drängt, statt ihnen das,,Schuldig vor dem Geseze" zu überlaffen. Nur auf die Berichtigung müssen wir noch aufmerksam machen, die der Verfasser dem Specialverdict ertheilt. Es ist dasselbe nach des Verfassers Darstellung ein Spruch, welcher ei nige oder eine Rechtsfrage aus dem Gebiete der Schuld dem Ge

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