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Literarisches Centralblatt

1861. 21. September.

:

für Deutschland.

Verantwortlicher Herausgeber Prof. Dr. Fr. Zarnde.

Verlegt von Eduard Avenarius in Leipzig.

Diese Zeitschrift erscheint jeden Sonnabend. Der Preis für ein Vierteljahr ist 1 Thlr. 10 Sgr.

Theologie.

Die evangelische Gesellschaft in Frankreich.

Allgemeine Kirchen-Zeitung. Red. von E. Strack. Nr. 67-70.
Inh. Kirche u. Verfassung mit besond. Beziehung auf die neuesten evang.
firchl. Vorgänge in Baden. I. II. Friedrich Wilhelm IV., König von
Preußen. Die romanisirende Richtung des ,,Volksblatts für Stadt u.
Land". Die Beginen u. Begbarden, mit Bezugnahme auf Schmidt's
Schrift: Die Straßburger Beginenhäuser im Mittelalter". Der
Thüringische Kirchentag. Zur Geschichte des Protestantismus in Deutsch
Desterreich.
Theologische Quartalschrift. Hrsg. von v. Kuhn u. A. 3. Heft.
Inh. Game, zur ältesten Kirchengeschichte Spaniens. II. -Kerker, die
Predigt in der legten Zeit des Mittelalters mit befond. Beziehung auf
das südwestl. Deutschland. Sefele, hat Gregor VII. bei Heinrich IV.
um Bestätigung seiner Wahl nachgesucht?
Protestantische Monatsblätter für innere Zeitgeschichte. Hrsg.
von H. Gelzer. 18. Bd. 1. Heft.
Inh. Die Jansenisten im 19. Jahrh., oder die Veteranen des alten Katho-
licismus im Kampfe gegen den Jesuitismus.
evangel. Geistlichen. III. England. (Schl.) Aus Joh. Georg Müller's
Selbstbiographie. Zur inneren Geschichte des deutschen Protestantismus
im vorigen Jahrhundert.

Reise Gindrücke eines

Volkmar, Dr. Gust., Prof., Handbuch der Einleitung in die Apokryphen. 1. Thl. Judith und die Propheten Esra und Henoch. 1. Abthlg.: Judith. Tübingen, 1860. L. F. Fues. (XII, 272 S. gr. 8.) 1 Thlr. 9 Sgr.

No 38.

getragene Berichtigungen im Einzelnen verbinden, welche unsere Abhandlung durch gegenwärtige Arbeit erfahren hat. Troßdem müssen wir in allen entscheidenden Punkten unseren principiellen Gegensas gegen die Volkmar'sche Auffassung des Judithbuches aufrecht erhalten. Wie es sich auch mit den Kriegszügen des Nebukadnezar und des Olofernes verhalten möge, die unerläßliche Grundvoraussetzung für die geschichtliche Erklärung des Buches bleibt ein Kampf in Judåa selbst, der mit der nach der Sage durch ein Weib vollbrachten Todtung eines feindlichen Feldherrn und der Flucht seines Heeres endet. Hr. Volkmar vermag aber für die Zeit, in welche er die Entstehung des Buches seht, weder das Eine noch das Andere nachzuweisen. Weder in den griechischen noch in den hebräischen Quellen für die Geschichte des Partherkrieges und der Judenaufstände in den lezten Regier= ungszeiten Trajans ist, wie wir schon früher nachgewiesen haben, von einem wirklich erfolgten Aufstande Judda's selbst die Rede, und Hr. Volkmar ist troß alles Aufgebotes exegetischen Scharffinnes auch jezt noch nicht im Stande gewesen, einen solchen Krieg quellenmäßig zu belegen, von dem die beglaubigte Geschichte nun einmal nichts weiß. Die angebliche Siegesmünze Trajans über Palástina, die übrigens für Hrn. Volkmar selbst schon eine Quelle von allerlei Verlegenheiten geworden war, ist, wie wir be= wiesen haben, und auch Volkmar anerkennt, unecht. Was uns auszugsweise oder fragmentarisch aus Dio erhalten ist, weiß auch nichts von diesem Kriege (beiläufig bemerkt, die S. 59 gedruckten Borte Λούσιος μάλιστά που πρὸς τῆς Ἰουδαίας [ Ιουδίθ] ἀπώλετο, Nachdem Hr. Prof. Volkmar feine kritischen Ansichten über rv neqаhrv áπоτerunuivos find nicht etwa, wie der Quellen die Bücher Judith, Henoch, 4. Esra in verschiedenen Abhandlun- Unkundige anzunehmen veranlaßt sein könnten, Eitat, sondern gen vorgetragen, über eine Reihe anderer Apokryphen des Alten nur die resultatische Zusammenfassung der Volkmar'schen AusTestaments wenigstens angedeutet, schickt er sich jest zu ihrer abs legung). Um nun den Beweis zu führen, daß wirklich in Dio's schließenden Zusammenfassung in einem Handbuche an, aus des ursprünglichem Werke ein Krieg des Lusius Quietus gegen Judia fen Vorrede wir unter andern vernehmen, daß Hr. Volkmar mit erwähnt gewesen sei, beruft sich Volkmar auf die im Fragm. Ausnahme von 1. Makkabåer und Sirach sämmtliche sogenannte Peyrizon. und von Eusebios überlieferte Notiz, daß Lusius zum alttestamentliche Apokryphen in die nachchristliche Zeit verseht. Proconsul von Judda ernannt worden sei. Wir hatten früher Diese Schriften bilden nach Hrn. Volkmar die,,altjüdische Lite- hiergegen bemerkt, möglicherweise beruhe diese ganze Angabe ratur der Römischen Knechtschaftszeit", ein ganzes reiches, dem auf Mißverständniß: aus dem gegen,,die Juden" (sc. in MesoGeiste wie der Zeit nach unzertrennlich zusammengehöriges potamien) geschickten Oberfeldherrn könne ein Proconful von Schriftthum, dessen verhüllte Darstellungsweise man bisher nur Judaa geworden sein. Volkmar sieht in dieser Muthmaßung darum noch nicht zu durchschauen vermocht habe, weil man sich unser nowτov yevdos, einen verwegenen Versuch, die Geschichte einbildete, Bücher, welche vor dem Neuen Testamente in unserer zu verkehren und umzustürzen: er wirft uns vor, den Dio zu Bibel stehen, müßten auch vor dem N. Testamente geschrieben,schlachten". Mag nun unser Verdacht gegen die Berichterstatfein. Der durchgreifende und eingehende Widerspruch, den Hr. Volkmar bis jest bei allen drei von ihm näher beleuchteten Schriften gefunden hat, soll nach seinem Urtheile nur dazu gedient haben, seine Ansicht um so viel reiner und klarer an's Licht zu stellen. Dies gilt nach ihm namentlich auch von der alle Hauptpunkte seiner früheren Darstellungen bis in's Einzelne hinein begleitenden Kritik, welche Referent an der Volkmar'schen Deutung des Buches Judith in der Zeitschrift für wissenschaftl. Theologie geübt hatte. Referent ist sonach in der eigenthümlichen Lage, über ein Buch berichten zu müssen, welches fast auf allen Seiten gegen ihn selbst polemisiert. Indem wir die Form dieser Polemik, über welche sich gar mancherlei Betrachtungen anstellen ließen, völlig mit Stillschweigen übergehen, zollen wir lieber uns ferem Gegner für den Scharfsinn und die Gelehrsamkeit, welche er zur Vertheidigung seiner Hypothese aufgeboten hat, unsere un getheilte Anerkennung, womit wir zugleich unseren aufrichtigen Dank für manche, wenn auch in noch so verlegendem Lone vor

tung (der allerdings Dio selbst treffen würde) begründet sein oder nicht und es ist uns nicht eingefallen ihn für Gewißheit ausgeben zu wollen jedenfalls wissen die griechischen Quellen nichts von einem wirklichen Kampfe in Palästina selbst. Xiphilin erzählt, gleichzeitig mit dem Kampfe in Mesopotamien seien Judenaufstände in Kyrene, Aegypten und Kypros ausgebrochen; er excerpiert die Geschichte dieser Aufstände sehr ausführlich aus Dio: aber von einem Kampfe in Palästina selbst schweigt er durchaus. Volkmar erklärt uns dies so:,,Wahrscheinlich hatte Xiphilin an diesen Schilderungen so genug, daß er es verschmäht, den Hergang des jüdischen Krieges wie die Ausgänge näher zu berichten." Eufebios in der Kirchengeschichte hat nach Volkmar aus Dio selbst geschöpft: auch er berichtet von Judenaufständen in Aegypten, Kyrene und Mesopotamien; bei seiner Tendenz konnte er den Krieg in Judáa kaum verschweigen, trosdem findet sich bei ihm keine Silbe davon. Volkmar interpretiert daher die Nachricht des Eusebios, Lusius sei 'Iovdaias yeμar geworden, so:

"

der terminus ad quem überhaupt nicht genau zu ermitteln sein, und angenommen selbst, daß sie wenige Jahrzehende nach Hadrian's Tode erfolgten wie lange Zeit muß denn verflossen sein, um ein Ereigniß fagenhaft auszuschmücken? — Ein Zeugniß für einen Krieg in Palästina kann ferner auch der Polemos schel Quitus bei Seder Olam Rabba nicht abgeben. Ein so furchtbarer Aufstand der Juden in so vielen Provinzen des Römerreiches mußte auch, ohne daß er Palästina berührt hätte, im Gedächtnisse fortleben, es beweist also nichts, daß außerdem nur Kriege aufgezählt werden, an denen Judda betheiligt war. Die Chronologie in Seder Olam ist vieler Besserungen bedürftig, steht aber auch bei dem jezigen Terte nicht im Wege. Beginnt auch das 52. Jahr seit dem Vespasianskriege erst im Frühlinge 117, so wüthete doch der Kampf in Mesopotamien und Aegypten auch nachher, bis in's Jahr 118 hinein fort. Weiter das fünfte Buch der Sibyllinen beweist ebenfalls nicht, was Volkmar wünscht. Mit Ausnahme der ersten 52 Verse, die in die lehtere Zeit Hadrian's gehören, ist der übrige bedeutend ältere Theil weder von einem Juden verfaßt, noch von einem Christen interpoliert, sondern rührt ganz von einem Juden christen her. Das große, dem Hadrian gespendete Lob darf man nicht als baare Münze hinnehmen, navάioros, wie Hadrian auch sonst tituliert ward, ist im Munde der Sibylle bittere Ironie, wie schon die Bezeichnung des Kaisers als,,Kahlkopf" lehrt, die doch wahrlich alles Undere ist als eine Schmeichelei. Die nähere Feststellung der echten Chronologie dieser Weissagung wird demnächst von competentester Seite im Zusammenhange einer neuen Untersuchung sämmtlicher Sibyllinen erfolgen. Die Verhandlungen über die Kelaim endlich können sehr wohl erst in die Anfangszeiten Hadrian's gehören, als die Wiederherstellung des Opfercultus durch kaiserliche Erlaubniß gesichert schien; der Gamaliel aber, welcher die Einschaltung eines Monats von den Tempelstufen proclamiert, ist auch nach Volkmar_selbst nur möglicherweise Gamaliel II; aber die für Gamaliel I sprechenden Gründe sind keineswegs schon alle widerlegt.

Man kann sich also denken, will Eusebios sagen, wie Viele dieser Sendbote des Strafgerichts auch in Judaa ob ihrer Empdrung getödtet hat." In der Chronik (18. und 19. Jahr Tra- | jans) gedenkt Eusebios ebenfalls der Aufstände in Aegypten, Kyrene, Mesopotamien, Kypros; die Ernennung des Lusius zum nyeμor 'lovdaías wird hier wie in der Kirchengeschichte mit der Bewältigung des Judenaufstandes in Mesopotamien in urkund lichen Zusammenhang gebracht; aber von einem Juden kriege in Palästina auch hier keine Silbe. Volkmar hilft sich dadurch, daß er die,,Juden', welche Hadrian_nach Trajan's Tode zum Gehorsam zurückgebracht, obwohl die Worte handgreiflich auf das Vorhergehende zurückweisen, für,,Bewohner Judda's" erklärt. Orosius hat nach Volkmar,,auch hier nicht bloß Eusebios geschickt zusammengefaßt, sondern auch selbständige Ueberlieferung damit verknüpft"; er kennt Judenaufstände in Aegypten, Kyrene, Mesopotamien, Kypros, keinen in Palästina. Erst Abulfaradsch| weiß von einem, offenbar fabelhaften Zuge der, wie wir wissen, nachher durch Marcius Turbo niedergeworfenen ägyptischen Juden nach Palästina zu erzählen. Spartian berichtet wohl, daß Palästina bei'm Regierungsantritte Hadrian's rebelles animos efferebat, aber von einem Kriege des Quietus gegen Judda weiß er ebenso wenig wie die Anderen. Nach ihm wird Quietus quia suspectus imperio fuit seines Fürstenthums über die Mauren entseht und (dadurch) | entwaffnet, die Unterdrückung des mauritanischen Aufstandes wird, Judaeis compressis, dem Marcius Turbo übertragen, diese Juden waren die ägyptischen; Spartian scheint sie hier mit den palästinensischen zu verwechseln. Volkmar schafft auch hier Rath: er bezieht die Entwaffnung des Quietus auf die Entfetung vom Oberbefehl in Judda, wovon im Conterte keine Silbe steht. Nicht besser steht es mit den jüdischen Quellen. Da ist zu nächst der Jom Turijanus der Megillat Taanit. Daß die erlauternde Erzählung zu diesem Tage nichts mit Trajan und Lusius Quietus zu schaffen habe, sondern auf Annius Rufus, den tiparvos xar' ¿§ozýv, sich bezieht, der unter Hadrian den Pflug über den Tempelberg zog, wird nach unserer Beweisführung auch von Volkmar jest anerkannt. Trozdem werden wir hart angelassen, daß wir jene älteste, auch sonst noch in den Talmuden überlieferte Interpretation des Jom Turijanus für die richtige halten, statt tros alledem an ein Siegesfest über Trajan zu den ken. Hr. Volkmar hat mit aller Mühe nur die sprachliche Möglichkeit erhärtet, in jenem Turijanus den Namen des Trajan wiederzufinden. Er kann sich's aber ja selbst nicht verhehlen, daß die Erinnerung an das angebliche Trajansfest frühe im Bewußtsein der Juden erloschen sein mußte. Nirgends ist über den vermeints lichen Anlaß des Festes etwas überliefert. Daß Semachot Turijanus durch Targinus (Trajan oder Tarquinius) wiedergeben, beweist nichts, da ersteres auch nach Volkmar die richtige Form ist, die er selbst nicht ohne Weiteres auf Trajan zurückzuführen verhalten wir uns vor. Wir machen vorläufig nur auf Einiges aufmag. Volkmar fagt selbst, daß von der,,Legende" unter Turija nus sicher an Tyrannus Rufus gedacht wurde: wenn wir aber ganz ähnlich uns äußerten, daß man in dem Namen T. (oder Ti.) Annius wie den ruparvos, so auch den Turijanus der Megille wiederfand, so wird uns ein etymologisches Kunststückchen in die Schuhe geschoben, das nichts ist als ein Phantasiegebilde Hrn. Volkmar's. Nicht aus Ti. Annius ist rigavvos und hieraus wie der Turijanus gemacht worden, sondern der Tyrannus Annius liegt in dem Turijanus verborgen, was mindestens ebenso wahr scheinlich ist, als Tyrannus Trajanus darin zu finden (S. 93). | Nur für ersteren, nicht für lehteren, ist rúpavvos stehendes, fogar auf die Namenbildung einwirkendes Prádicat. Ein Fest- und Siegestag bleibt der Jom Turijanus auch so: der Untergang der gefebestreuen Lollianus und Fufus ist, wenn wirklich erfolgt, so jedenfalls in dem Scholion zur Megille schon verwischt, die Vernichtung des Verfolgers bleibt so für die spätere Erinnerung ein freudenreiches Ereigniß, möchte es selbst auch nur der Sage angehören. Auch nach Volkmar hätten ja die Greuelthaten, welche Lusius in Judda verübt haben soll, nicht gehindert, die ebenfalls nur fingierte Rache an dem Verfolger festlich zu begehen. Die Abfassungszeit der Megille steht nicht, wie Volkmar behauptet, unferer Deutung entgegen: denn sie gehört überhaupt nicht in die Zeit Hadrian's. Die ursprüngliche Sammlung stammt noch aus der Zeit vor der Tempelzerstörung; der Jom Turijanus und der Gedächtnißtag des Endes der Hadrianischen Verfolgung sind weit spätere Zuthaten, der terminus a quo für dieselben die Zurück nahme der Hadrianischen Decrete durch Antonin; dagegen wird

Es ist unmöglich, die Volkmar'sche Erklärung des Judithbuches selbst ebenso in's Einzelne hin zu beleuchten. Giebt es kei nen Krieg in Judáa unter Trajan, so bricht die Hauptstüße für die neue Hypothese zusammen. Aus den Kriegszügen Trajan's und seines Feldherrn Quietus möchten dann immer noch weit mehr Parallelen sich anführen lassen, als scheinbar vorhanden sind: es könnte dies dennoch keinen Ausschlag geben. Unsere Deutung der Kriegszüge des Olofernes wird in dem oder jenem einzelnen Punkte zu berichtigen sein; troßdem bleiben wir aber dabei stehen, daß die Differenzen zwischen den Trajanszügen und den Zügen des Olofernes weit bedeutender sind, als es nach Volkmar's Darstellung erscheinen will. Den näheren Nachweis be

merksam. Ob das 12. Jahr Nebukadnezar's geändert werden müsse, bleibe hier dahingestellt; aber günstig für die Volkmar’sche Herstellung des 16. Jahres ist es wahrlich nicht, daß er sich ge= nöthigt sieht, in dem Berichte bei Malala dieselbe Uenderung vorzunehmen (S. 140. 146). Daß übrigens inoinos módeμov von Volkmar nicht,,er führte Krieg" fondern,,er kündigte Krieg an" gedeutet werden muß, dient auch schwerlich zur Empfehlung seiner hypothese. Noch schlimmer ist, daß die so nachdrücklich hervorgehobenen Kämpfe in Kilikien von Volkmar, um seine Deutung aufrecht zu erhalten, ganz gestrichen werden müssen. Das,,Ge birge links von Oberkilikien“ (Jud. 2, 22), d. h. der Umanos, muß sich durch Conjectur und Interpretation zuerst in den Mafios verwandeln, um dann wieder in der dosen das Kardynische Gebirge Dio's, aus welchem bei Volkmar ein,,Kardynisch-Adiabenisches" Bergland wird, wiederzufinden, womit denn die weis tere Hypothese zusammenhängt, Phut und Lud in Assyrien zu suchen. Damit wäre denn,,das Gebirge links von Oberkilikien“ wie durch einen Zauberschlag 60-70 Meilen weiter nach Osten verpflanzt. Wieder anders werden die öqia Kilanias gedeutet: hier sollen sie,,die Gebiete von Edessa" sein, wobei unsere Erinnerung, daß die Kette des Tauros Völkerscheide zwischen Semiten und Japhetiten sei, auf den Amanos beschränkt wird, um den Zug, der nur bis an die Südgrenze von Japhet gelangt, völlig von Kilikien ausschließen zu können, während doch die Kilikier bekanntlich Semiten waren. Die Volkmar'sche Deutung wird übrigens schon durch die Vergleichung von Jud. 16, 3 widerlegt, wonach Assur i öper àñò Bogga tam, was nur auf das Kili

tische Bergland past, aber nicht auf die,,Gegenden um Edessa" | fer, so viel wir wissen, hier zum erstenmale aufgestellten Ansicht jenseit des Euphrat. behalten wir uns für eine anderweite Gelegenheit vor.

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Philosophie.

4.

Huber, Dr. Johs., Prof., Johannes Scotus Erigena. Ein Beitrag zur Geschichte der Philosophie und Theologie im Mittelalter. Mün= chen, 1861. Lentner. (XV, 443 S. gr. 8.) 3 Thlr.

Zum völligen Abschlusse der Frage nach der geschichtlichen Grundlage des Buches Judith gehört freilich eine positive Erklärung der Sage aus anderen Zeitverhältnissen heraus. Herr Volkmar meint freilich schon die Stelle zu,, übersehen“, an welche wir Judith versehen; übersehen hat er sie allerdings, aber in anderem Sinne. Er vermuthete, daß wir die Regierungszeit des Antiochos Sidetes für die Abfassungszeit des Buches halten möchten, und unter der Hand ist ihm diese Muthmaßung zur Gewißheit geworden (S. 25, vergl. 148 f., 201. 226). Es ist uns aber gar nicht eingefallen, die Judithsage aus den Zeitverhältnissen unter Antiochos von Side erklären zu wollen. Um die Entstehung der Judithsage genauer zu durchschauen, muß man die jüdische Hagada und die Midraschim zum Vergleiche herbeis ziehen. Hr. Volkmar erwähnt die Hagada, aber nur, um sie ohne Untersuchung bei Seite zu schieben, und die Bemerkung, daß diese,,Wiedererzählung von der lateinischen Vulgargestalter,,hatte keinen genügenden Grund, den Ballast der Anmerkun abhängig sei, widerlegt sich bei näherer Kenntnißnahme der judischen Quellen von selbst. Die Juditherzählung liegt uns in einer doppelten Sagengestalt vor, von denen die eine als die hasmo- | näische, die andere als die hasidäische bezeichnet werden kann. Unser Judithbuch gehört der zweiten Sagengestalt an, unter: scheidet sich aber von den verwandten jüdischen Quellen dadurch, daß diese sämmtlich die Handlung in die Hasmonderzeit verlegen, während unser den Talmuden unbekanntes Judithbuch das Ereigniß in die Zeit des Xerxes zurückdatiert und Reminiscenzen aus der Regierung des Artarerres Ochus damit zusammenwirft. Der Name der Judith fehlt in den ältesten Quellen für die erste Sagengestalt. Der Inhalt der Ueberlieferung ist hier kurz dieser, daß ein griechischer König oder Feldhauptmann nach der mündlichen Ueberlieferung bei Rabbi Gedalja und im zweiten Midrasch für Chanuka Nikanor, von einer Hasmondertochter, die er mit Entehrung bedroht, oder auch von einem ihrer Brüder enthaup tet wird. Die zweite Sagengestalt läßt den griechischen König entweder durch eine jungfräuliche Prophetentochter oder durch ,,die Witwe Judith" getödtet werden; sie kennt zwar keinen Olofernes, wohl aber (wie der Midrasch für Chanuka) die Geschichte mit dem Achior, wenn auch ohne den Namen; der Schauplah ist hier überall Jerusalem. Beide Erzählungen sind von den Midraschim als zwei verschiedene Ereignisse aneinandergereiht, wobei dann die zweite Geschichte mit Bakchides sich zugetragen haben foll. In Wahrheit haben wir aber hier eine doppelte, nur aus den Parteiverhältnissen der Makkabáerzeit heraus zu verstehende Recension derselben Ueberlieferung. Die erstere Ueberlieferung verräth deutlich das Interesse des ersten Makkabȧerbuches, auch die übrigen Glieder des Hasmonäischen Hauses mit herbeizu ziehen, das Befreiungswerk nicht sowohl als die That einer Perfon, als vielmehr der ganzen Hasmonäischen Familie darzu stellen. Außer Juda Makkabi muß also auch eine Hasmonáerin am Siege über Nikanor betheiligt sein. Die Erzählung muß also in der Zeit des befestigten Hasmonäischen Fürstenthums entstanden sein. Die zweite Sagengestalt verdankt ihre Färbung der hasi däischen Parteitendenz. Šie erzählt dasselbe Ereigniß, den glorreichen Nikanorsieg, aber die Beziehung auf das Hasmondische Haus wird beseitigt, nach dem Midrasch, dessen R. Nissim Erwähnung thut, ist die Jungfrau einfach eine Tochter der Propheten", nach dem ersten Midrasch für Chanuka die Witwe Judith, d. h. das 3% Jahr lang verlassene und verwitwete Judáa. Judith hat hier Juda völlig verdrängt, nicht der Sprößling eines besonders bevorzugten fürstlichen Geschlechts, sondern das arme verlassene jüdische Volk selbst ist der Retter in der Noth. Unter denselben Gesichtspunkt muß nun auch unser Judithbuch gestellt werden, welches die älteste aller hafidäischen Relationen darstellt. Die Zurückdatierung der Geschichte in die Perferzeit zeigt, daß man den Nikanorsieg dem Judas und dem Hasmonderhause doch noch nicht völlig aus den Händen zu win den wagte; man gewann also freie Hand durch die gewählte Einkleidung. Unter Xerres - Nebukadnezar ist Demetrius I, unter Olofernes Nikanor gemeint, die Abfassungszeit fällt einige De cennien später, unter die bereits befestigte Hasmondische Fürstenherrschaft, aber in die Zeit der bereits ausgebrochenen inneren Parteikampfe. Der terminus a quo scheint die Eroberung Sama riens durch Hyrkanus I zu sein, aber tiefer als unter Jannåus Alexander läßt sich keinesfalls gehen. Die nähere Darlegung dies

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Fast gleichzeitig find zwei umfängliche und eingehende Monographien über Johannes Scotus Erigena erschienen: die eine von Th. Christlieb (Gotha 1860), die andere die hier vorliegende. Der Verfasser der lehteren hofft, daß die Nichtberücksichtigung der ersteren, sowie der früheren unvollendeten Ürbeit von Staudenmayer u. A. ihm nicht als Unkenntniß ausgelegt werden wird; gen durch Verweisungen und Controversen zu vermehren und zu beschweren." Bei dem eingehenden Studium, aus welchem das Buch durchweg hervorgegangen, und bei der Sorgfalt, mit welcher das dadurch gewonnene Material verarbeitet ist, hat der Verfasser eine solche Auslegung schwerlich zu fürchten; es hängt wohl hauptsächlich von der Individualität des Lesers ab, ob dieser sich mehr an der in sich abgeschlossenen und abgerundeten Darstellung des Verfassers erfreuen, oder hier und da einige literarische Nachweisungen vermissen wird. Die durch die Natur des Gegenstandes hier fast unwillkürlich vorgezeichnete Unordnung des Materials ist bei dem Verfasser im Wesentlichen dieselbe wie bei Christlieb. Nach einem einleitenden Capitel über die Anfänge der Wissenschaft im Mittelalter folgt ein Capitel über das Leben und die Schriften des Scotus Erigena, in welchem der Verfasser bei Gelegenheit der Betheiligung des Scotus an den Goltschalk'schen Streitigkeiten auf die Schrift de praedestinatione mit eingeht. Der Erzählung, daß Scotus von Alfred dem Gr. nach England berufen worden sei, dort eine Zeit lang in Orford gelehrt habe, zum Abt eines Klosters gemacht und ermordet worden sei, spricht der Verfasser trohdem, daß sie bei den Chronisten seit dem 12. Jahrhundert vielfach wiederkehrt, die historische Glaubwürdigkeit ab und erklärt es für wahrscheinlicher, daß Scotus in Frankreich geblieben und dort seine Tage beschlossen hat. Die Darstellung der Gründe dieser Ansicht (S. 108–121) verdient um so mehr verglichen zu werden, als neuerdings Christlieb die gewöhnliche Erzählung wenigstens so lange für die wahrscheinlichere erklärt hat, als es nicht gelungen ist,,durch Nachforschungen an Ort und Stelle" mehr Licht über die Sache zu verbreiten. - Der Darstellung des Systems des Scotus Erigena, wie es vorzugsweise in der Schrift de divisione naturae enthalten ist, schickt Huber, ebenso wie Christlieb, eine Erörterung über die,,formalen Voraussetzungen" desselben voraus, welche die Ansichten des Scotus über das Verhältniß zwischen Autorität und Vernunft, Glauben und Wissen, Theologie und Philosophie, über die Richtung seiner Schriftauslegung, die Stellung und Bedeutung, welche er den sieben freien Künsten anweist, und seine Beschäftigung mit ihnen zum Gegenstande hat. Für die Darstellung des Sy stems selbst entlehnt der Verfasser, ebenso wie Christlieb, den Leitfaden aus der von Scotus Erigena selbst dargebotenen Unterscheidung der natura creans et non creata, creata et creans, creata et non creans, nec creata nec creans, eine Unterscheidung, die in der That den Gedankenkreis des Scotus nicht bloß, wie Ritter sagt, als ein weiter Rahmen umschließt, sondern die wesentlichen Momente feiner Gliederung bezeichnet. In dem Bestreben, diesen Gedankenkreis des Scotus nicht nur vollständig, sondern auch in seinen inneren Zusammenhängen ebenso, wie in feinen Lücken und theilweisen Widersprüchen dem Leser vor Augen zu legen, unterstügt der Verfasser den lehteren bei wichtigen Punkten durch bezeichnende und prägnante Stellen des Originals. Die Beurtheilung der historischen Bedeutung und Stellung des Scotus Erigena scheint uns treffend und magvoll. Die Grundlage neuplatonischer Philosopheme, auf der sein System ruht, hat Scotus ohne Kenntniß ihrer ursprünglichen Quelle aus Augustin und den Schriften des Pseudodionysius und des Marimus entlehnt. Zu diesem philosophischen Aufzuge bildete das Bestreben, dem christlichen Dogma seine absolute Berechtigung zu sichern und den Neuplatonismus durch eine engere Durch

dringung mit dem Christenthume abzuschwächen, gleichsam den Einschlag. Deshalb ragt die speculative Mystik des Scotus weit mehr rückwärts in die patristische Zeit und in den Neuplatonis mus hinein, als vorwärts in die des späteren Mittelalters; sie ist inniger an jene, als dieses an ihn gebunden; der Verfasser legt in dieser Beziehung mit Recht ein Hauptgewicht auf den Monis mus des Scotus Erigena gegenüber dem die ganze Scholastik beherrschenden Dualismus zwischen Gott und Welt. Die Beurs theilung des absoluten Werthes eines Systems, wie das des Scotus ist, richtet sich dagegen naturgemäß nach den eigenen Ueberzeugungen des Beurtheilenden, in dieser Beziehung rechnet der Verfasser den Scotus Érigena zu den Vorläufern des Standpunktes, der die Welt für ein Moment des göttlichen Lebens er klárt, die Gottheit selbst aber in der Form übergreifender Subjectivitát, d. h. als absolute Persönlichkeit erkennt. Zu diesem Standpunkte bekennt sich auch der Verfasser, ohne daß deßhalb | das System des Scotus Erigena das feinige sei; Scotus nehme die Vielheit empirisch auf, weil er sie noch nicht a priori zu bez stimmen vermöge, während,,erst Fichte, Schelling und Hegel in der objectiven Dialektik das Princip für die Differenzierung der einen Substanz gefunden haben.“ Der Verfasser hofft,,bald Gelegenheit zu haben, die Idee von der Einheit alles Seins in der Form der absoluten Subjectivität für die wissenschaftlichen | Anforderungen der Gegenwart fester zu begründen und eingehen der zu formulieren," als es hier habe geschehen können. Ein Nachtrag (S. 441) enthält noch eine Notiz über den neuerdings von Haurean entdeckten Commentar des Scotus über Martiamus Capella, der zwar dessen eingehende Beschäftigung_mit_den artibus liberalibus bezeugt, aber übrigens weder eine Bereicherung noch eine Modification der in seinen bisher bekannten Schriften niedergelegten Lehre enthält.

Mes griefs contre ces Messieurs. Par Madame de la Logique. Dossier Nr. I. Griefs contre MM. P. Lanfrey, Franck (de l'Institut), Cousin et Proudhon. Paris, 1861. Garnier frères. (55 S. gr. 8.) Der Verfasser ein wie es scheint in Frankreich lebender, durch das Studium deutscher Philosophie gebildeter Deutscher erhebt im Namen dessen, was er (im Sinne der Hegel'schen Schule) Logik nennt, theils gegen einzelne Säße, theils gegen die ganze Richtung der auf dem Titel genannten franzöfifchen Schrift: steller, seine Bedenken und Einsprüche, und bietet in der muntern, geistreichen, den Ernst der Sache in die Formen wißigen Scherzes und seiner Ironie einkleidenden Darstellung eine interessante Lectüre dar. Die Schriften, gegen die der Verfasser seine Gravamina richtet, find Lanfrey, l'Eglise et les philosophes du dix-huitième siècle; Franck, Esquisse d'une histoire de la logique; Proudhon, Contradictions oeconomiques. Der Brief an den ersten verbreitet sich hauptsächlich über das Verhältniß der philofophi fchen Speculation zum sogenannten gefunden Menschenverstande (sens commun), der an den zweiten über das Verhältniß des miss senschaftlichen Denkens zur Skepsis, der an den dritten über die falsche Idealität der Principien, die dessen Contradictions oeconomiques zu Grunde liegen. Die allegorische Selbstbiographie, welche die Logik oder vielmehr die Metaphysik S. 31 ff. von sich selbst giebt, ist Referenten etwas frostig vorgekommen, die Spise und den Zweck des nur eine Seite langen Briefes an Cousin gesteht Referent nicht verstanden zu haben.

Geschichte.

Württembergische Jahrbücher für vaterländische Geschichte 2c., hrsg. von d. k. statist.-topograph. Bureau. Jahrg. 1859. 2. Heft. Inh. v. Steudel, Beiträge zur Statistik der höhern Civil-Strafanstalten in dem Königr. Württemberg. Prof. Haßler, die Kunst- u. Alters thums- Denkmäler Württembergs. 1. fg. - Dr. K. Pfaff, Beiträge zur Geschichte des Straßenbaus, des Poft- u. Botenwesens in Württemberg. Ders., Geschichte der Neckarschifffahrt in Württemberg bis zum An fange bes 19. Jahrh. Dr. Plieninger, das neue Stuttgarter Mines ralbad bei Berg. v. Stalin, ber abgegangene Ort Wolmersbur, D.A. Neuenbürg. Ders., Graf Eberhard der Erlauchte von Würt temberg dreimal vermählt. Ders., württembergische Literatur vom

Jahr 1859.

Jordanis de Getarum sive Gothorum origine et rebus gestis. Recognovit, annotatione critica instruxit et cum varietate lecticnis edidit Carol. Aug. Closs. Stuttgart, 1861. Fischbaber. (XII, 225 S. gr. 8.) 1 Thlr. 10 Sgr.

Ein Menschenalter in des Wortes verwegenster Bedeutung ist verflossen, seitdem die ersten Vorbereitungen zu einer Ausgabe von Jordanes' Gothischer Geschichte für die Monumenta Germaniae getroffen wurden. Seitdem hat ein eigener Unstern über diesem Unternehmen geschwebt: Abbé Dobrowsky, der im Jahre 1820 mit der Herausgabe betraut wurde, starb über der Arbeit weg, Prof. Meinert, welchem demnächst der Auftrag zu Theil ward, soll die Ausgabe des Jordanes wirklich vollendet haben, alle Bemühungen aber von Seiten der Direction der Monumenta, das Werk von dem Sohne des Verstorbenen herauszubekommen, sind nach einem Berichte im Pers'schen Archive X, 438 f. geschei tert; neuerlich ist der kritische Apparat dem Vernehmen nach an Hrn. Bibliothekar Bethmann in Wolfenbüttel behufs einer künftigen Ausgabe abgegeben worden, von einem baldigen Erscheinen des Bandes der Monumenta, welcher die Geschichtsschreiber der deutschen Vorgeschichte enthalten sollte, verlautet das gegen gar nichts mehr, zur wahren Verzweifelung jedes Forschers, der je einmal auf diesem Gebiete gearbeitet hat. Referent würde daher selbst einer Sudelei, wenn sie nur die Collation von ein, zwei guten Handschriften gegeben hätte, die besten Seiten abzugewinnen gesucht haben, in der Hoffnung, daß ein solches Machwerk für die wirklich Berufenen ein Sporn werden würde, ihre Schäße dem Publicum nicht länger mehr vorzuenthalten.

Leider sind die besten Vorsäge des Referenten an dieser Ausgabe, der man Fleiß und gewissenhaftes Streben auf jeder Seite ansieht, zu Schanden geworden; denn es ist, soweit es die Kritik betrifft, ein verkehrter Fleiß, ein auf Irrelevantes gerichtetes Streben. Wir begreifen es, daß ein Herausgeber angesichts des überreichen, von einem Privatmanne nimmermehr auch nur an: nähernd herzustellenden Apparats, der für die Ausgabe des Jor: danes in den Monumenten beschafft worden ist, völlig refigniert und sich vornimmt, lieber gar keinen neuen handschriftlichen Upparat als einen unvollständigen zu geben, der über kurz oder lang antiquiert werden würde wir begreifen, wie gesagt, eine solche Resignation, können sie aber nicht billigen: trozdem hätten wir die neue Ausgabe mit Freuden begrüßt, wenn sie wirklich das bisherige Material unter Weglassung alles Ballastes vollständig zu sammengestellt und die älteren Ausgaben überflüssig gemacht hätte. Dies ist aber nicht der Fall. Wir erhalten zwar die Varianten der alten Ausgaben und des Geographus Ravennas, Fre fulf, Ekkehard, Roderich Ximenez, Gobelinus Persona, Aeneas Sylvius und Bonfinius, die, ganz abgesehen von ihrem Werthe als 3eugen, doch nur dann mit Erfolg für die Verbesserung des Jordanes benust werden könnten, wenn sie in kritisch beglaubigten Terten vorlagen, was nur bei Ekkehard der Fall ist (den Geogr. Rav. von Pinder und Parthen konnte der Verfasser noch wir ihm herzlich gern geschenkt, wenn nur die Lesarten des Paris. nicht benußen). Die sterile Arbeit dieser Vergleichungen hätten 5873 nach der Ausgabe von Fornerius, der beiden Palatini nach Gruter und des Ambrosianus nach Muratori sorgfältig mitge theilt worden wären: diese kommen von den bisherigen Hilfsmitteln allein in Betracht, und der Verfasser hat in der Praef. P. IV. V über ihren Werth ganz richtige Ansichten ausgesprochen. Das Ergebniß einer Vergleichung für den Ambrosianus ist aber dieses. In den Stücken, wo Muratori das Facsimile mitgetheilt hat, giebt der Verfasser die Lesart des Ambr. gar nicht oder falsch an an folgenden Stellen des Prologs: quod intra manus habeo, id est, de abbreviatione (Cloß) - id est fehlt im Ambr.; hujus operis Ct. operis hujus A.; ante hoc El. antehac A.; et ex nonnullis historiis El. ex fehlt A. (dafür ist et in ex zu verwandeln); commemorans adde Ct. conmemoratus A. (wonach conmemoratis herzustellen ist); frater carissime Cl. — karissime frater A., und am Schlusse von Cap. 60: secutum scripta Cl. mis pratis Cl. scripta secutum A.; ex eorum latissiet ex A.; aliqua addidisse Ct. — alia aliqua A.; ad ejus laudem qui vicit Ct. — laudem fehlt A. Für den Rest, wo nur Muratori's Collation vorliegt, heben wir das erste, mittelste und lehte Capitel aus; Cap. 1: positiones explanant, verum das gesperrt gedruckte explanant fehlt im Ambr.; qui eum fecit fecit eum A.; ut in orientali plaga - fehlt A.; habetque et aliam fehlt A.; necnon et Örea

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Siefert, Otto, die Sklavenkriege auf Sicilien. Ein Beitrag zur Geschichte Siciliens unter der Römerberrschaft. Altona, 1860. (Druck von Hammerich u. Lesser.) (1 Bl., 40 S. 4.)

graphie. Das erste Capitel bis S. 15 erörtert den Zustand der Eine aus den Quellen geschöpfte, gut geschriebene MonoTerritorialverhältnisse und der Bevölkerung Siciliens unter römischer Herrschaft. Darauf folgt II. der erste Sklavenkrieg unter Unführung des Eunus S. 24; III. der zweite Sklavenkrieg unter Athenion und Tryphon -S. 32; den am Schlusse zulichkeit der Studien des Verfaffers zeugt, sind noch zwei Ercurse sammengedruckten Belegstellen, deren Benuzung von der Grundangehängt: I. über die Bevölkerung Siciliens im Alterthum, erinnern, daß Diodor's Zahlangaben schwerlich für zuverlässig II. über das Rupilische Decret. Zum ersteren will Referent nur erinnern, daß Diodor's Zahlangaben schwerlich für zuverlässig gelten können: mindestens råth er zu bedeutendem Abzuge von den Taufenden griechischer Streiter, die jener anführt.

das-fehlt A.; aretoa, id est septentrionali, plaga-fehlt | daß sie sich nach diesen gar nicht so entlegenen Hilfsmitteln nicht A. Cap. 30: verum enimvero fehlt A.; et jam securus- rechtzeitig umgethan und so ihr ziemlich unfruchtbares Unters fehlt A.; Honorius imperator- fehlt A.; residentes ad Sici- nehmen zu einem höchst nüglichen gemacht haben. A. v. G. liam-fehlt A.; regnumque regnum A.; erat quamvis non adeo-fehlt A. Cap.60: per... Belisarium patricium reportavit fehlt A.; 3mal Theodahatus - 3mal Theodabadus A. Hieraus geht hervor, daß der Verfasser die beiden Facsimilia ganz übersehen und, was noch viel weniger zu entschuldigen ist, nicht einmal gemerkt hat, daß alle in Muratori's Terte cursiv gedruck ten Worte damit als im Ambrosianus fehlend haben bezeichnet werden sollen. Die Folge davon ist, daß die Eloß'sche Ausgabe eine Unzahl Glosseme im Terte gelassen hat und, soweit es sich um den Ambrosianus handelt, völlig unbrauchbar ist. Damit aber richtet sie sich selbst, denn wenn auch der Ambr. nur der drit: ten Classe der guten Handschriften angehört, so ist er doch als die noch am Genauesten verglichene bei dem bisherigen Zustande un feres kritischen Apparates von maßgebender Bedeutung. Die Fornerius'schen Lesarten aus dem Parisinus fcheinen forgfamer wiedergegeben zu sein, doch kann Referent hierüber nicht sicher urtheilen, da ihm nur ein schlechter Nachdruck der Fornerius'schen Ausgabe zu Gebote steht. Der Verfasser rechnet es sich mit Recht Praef. p. IV zum Verdienste an, daß er seiner Ausgabe den so wenig gewürdigten Gruter'schen Tert zu Grunde gelegt und den Lesarten der Palatini die gehörige Beachtung geschenkt hat. Warum er aber nicht lieber die kleine Reise nach Heidelberg ge= macht und dort den noch erhaltenen Palatinus, nächst dem Paris. 5873 die beste aller Jordaneshandschriften, verglichen hat, ist geradezu unbegreiflich; sollte er wirklich von der Eristenz dieser Handschrift gar keine Ahnung gehabt haben? Wir können sonach zugeben, daß den sehr bescheidenen Ansprüchen, mit denen die Ausgabe selbst in der Vorrede sich einführt, und die sich im Wesentlichen auf die Herstellung eines gereinigteren Tertes beschränken, Genüge geleistet worden ist: entbehrlich gemacht sind aber die älteren Ausgaben nicht, und dies war doch das geringste Ziel, das der Verfasser sich billiger Weise hätte stecken sollen.

Will man es bei den bisherigen Hilfsmitteln bewenden lassen, so ist die rücksichtsloseste Unwendung der Conjecturalkritik nöthig, was der Verfasser auf diesem Gebiete geleistet hat, ist dem Ref. (der wenigstens die ersten 15 Capitel daraufhin genauer geprüft hat) durchweg solid und verständig erschienen, einzelne Emendationen, wie vitibus für vicibus in der Geschichte des Telephos Cap. 9, fogar glänzend. Es ist aber hier noch lange nicht genug geschehen: so einleuchtende Verbesserungen, wie z. B. gleich im Prologe Lindenbrog's id für et tu ut vicinus genti, oder das vom Verfasser gefundene descendendo für das von der besten Autoritát, dem mg. Paris., überlieferte descendendum, hätten in den Tert aufgenommen werden müssen; noch viel nöthiger war dies bei trefflichen Lesarten jener besten Autoritát, wie Cap. 5 septem ulnis altius, eine Zahl, deren Richtigkeit der Verfasser selbst in der Anmerkung aus Polybios gegen das octo der Vulgate gerechtfertigt hat. Einige unzweifelhafte Schreibfehler, wie Cap. 2 Silorum statt Silurum, Cap. 5 Exampheo statt Exampaeo, find auch in den Unmerkungen nicht verbessert worden.

Das beste Verdienst des Verfassers, das, welches seiner Ausgabe einen bleibenden Werth sichert, ist in dem Commentare zu suchen, der sich vorzugsweise mit der Nachweisung der Parallelstellen anderer Historiker und Geographen, sowie der neueren Hilfsmittel zur Erklärung des Jordanes beschäftigt und von tacts vollem Maßhalten ebenso sehr wie von der Quellenkenntniß seines Urhebers Zeugniß ablegt. Dies berechtigt uns, von den auf Jor: danes bezüglichen geschichtlichen, geographischen und ethnographischen Untersuchungen, die uns nach Praef. p. VII der 2. Band bringen soll, Tüchtiges und Ersprießliches zu erwarten. Was aber die ebenfalls für den 2. Band verheißenen sprachlichen Untersuchungen betrifft, so sind zu solchen die bisherigen kritischen Hilfsmittel nicht im Entferntesten genügend: wer kann z. B. aus diesen errathen, daß Jordanes his ob causis schrieb? und doch geht dies aus den besten Handschriften hervor! Wir möchten daher dem Verfasser rathen, diesen grammatischen Theil entweder ganz aufzugeben oder sich vorher die nothwendigsten kritis fchen Hilfsmittel zu verschaffen. Um mehr als einen bloß provisorischen Tert zu schaffen, wären die Collationen der Codd. Parisinus 5873, Heidelbergensis 927 und Parisinus 5766, II nöthig: Herausgeber und Verleger haben sich sehr im Lichte gestanden,

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Medicin.

Adolf Henke's Zeitschrift für die Staatsarzneikunde, fortgesetzt

von Fr. J. Behrend. 41. Jahrg. 2. Viertelj.-Heft.

Inh.

Dr. H. Seemann, über die chronischen Krankheiten der Stuhlarbeiter (Weber u. Posamentiere). - Dr. E. Buchner, welche Verletzungen sind nothwendig tödtlich? u. s. w. Dr. Ed. Loewenhardt, nicht Pyromanie, aber doch Unzurechnungsfähigkeit eines jugendl. Brandstifters. (Medizinisch-psychisches Gutachten.) – Dr. Ad. Niemann, gerichtliche Leichenöffnungen, mitgetheilt u. erläutert. 4. Hundert. (Ueberfahren, Kopfverletzungen, Misshandlungen.) Zeitschrift für rationelle Medicin. Hrsg. von J. Henle u. C. v.

Pfeufer. 3. Reihe. 11. Bd. 3. Heft.

Inh.: Prof. G. Meissner u. Inspect. Meyerstein, über ein neues Galvanometer, Electrogalvanometer genannt. Dr. Fr. W. Theile, über Microcephalie. Dr. Fiedler, ein Fall von Verkümmerung des Cerebellum. Dr. C. Bergmann, Untersuchungen an einem atrophischen Cerebellum. R. Wagner, kritische u. experimentelle Untersuchungen über die Functionen des Gehirns. Dr. Schwegel, Knochenvarietäten. Dr. Ch. A eby, die Accommodationsgeschwindigkeit des menschl. Auges. Prof. J. Budge, über das Wachstum der Muskeln.

Studien des physiologischen Instituts zu Breslau. Hrsg. von Prof.
Dr. Rud. Heidenhain. 1. Hft. Mit 1 lith. Taf. Leipzig, 1861.
Breitkopf & Härtel. (V, 202 S. mit eingedr. Holzschn. gr. 8.)
1 Thlr.

Die erste Abhandlung, von Heidenhain, hat die Frage bezüg=
lich der Erregbarkeit der Nerven an verschiedenen Punkten ihres
Verlaufes zum Vorwurfe, und der Verfasser widerlegt in dersel-
ben durch ausgedehnte, sehr sorgfältige Erperimente den von
Pflüger aufgestellten Sas: daß bei gleicher Reizung an verschie=
denen Punkten des Nerven die Reizung an der dem Muskel fer-
ner liegenden Stelle heftiger wirke; des Verf.'s eigenen Verfu-
chen zufolge ist die Erregbarkeit vielmehr eine periodische Function
der Entfernung der gereizten Stelle vom Muskel. Ueber den
Uebergang körperlicher Bestandtheile aus dem Blute in die Lymph-
gefäße hat Schweigger - Seidel Versuche angestellt, die er in der
zweiten Abhandlung mittheilt, und entgegen der von Führer neuer-
dings vertheidigten Ansicht an der Behauptung festhält, daß die
Annahme eines Uebergangs von körperlichen Bestandtheilen aus
den Blut in die Lymphgefäße auf vorgebildeten Verbindungs-
bahnen zur Zeit noch des experimentellen Nachweises entbehrt.
In der dritten Abhandlung theilt Jürgensen seine fleißigen Beob-
achtungen über die in den Zellen der Vallisneria spiralis statt-
findenden Bewegungserscheinungen, deren Beeinflussung durch
elektrische Ströme, chemische Agentien u. f. w. mit. - Weiter
theilt Nawrocki Experimente mit, die er in Bezug auf den Stan-
nius'schen Herzversuch und die Einwirkung constanter Ströme
auf das Herz angestellt hat, um in der bekannten Streitfrage
zwischen Eckhard und Heidenhain eine selbständige Ansicht zu ge-
winnen, die Resultate find lehterem Forscher günstig. In einer
fünften Abhandlung widerlegt Jürgensen den neuerdings von
Brondgeest wieder angenommenen Muskeltonus durch Erperi-
mente und eingehende Polemik. - Schlokow's Versuche über die

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