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Neunzehntes Kapitel.

Schandthaten der Liberalen. Verhöhnung, Verbannung und Mihhandlung von Bischöfen und Frießtern. Ermordung des Bischofs von Vich und vieler Geistlichen. Traurige Lage der Ordensleute. Beraubung der Kirchen. Sacrilegien. Berunchrung des allerheiligsten Altarssacramentes.

Der Verfasser der Coleccion eclesiástica Española gibt im lezten Bande seiner Sammlung einen flüchtigen Ueberblick") der Grausamkeiten, welche die Constitutionellen in Spanien gegen den Welt- und Ordensclerus verübten, sowie der verschiedenen Gräuel und Sacrilegien, deren sie sich schuldig machten. So düster auch das Bild ist, welches hier entworfen wird, so dürfen wir doch nicht unsere Augen von demselben abwenden, weil die Darstellung dieser Schandthaten die Bewegung des Jahres 1820 erst in ihrem wahren Lichte erscheinen läßt und alle über dieselbe in Umlauf gesezten falschen Auffassungen schlagend widerlegt.

Ehe wir die Hauptzüge dieses schrecklichen Dramas näher betrachten, müssen wir zwei durchaus irrige und unhistorische Ansichten zurückweisen. Einige Schriftsteller sehen die gegen Priester und Mönche und überhaupt gegen einzelne gutgesinnte hervorragende Männer verübten Frevel allein auf Rechnung des Pöbels, der sich in seiner Wuth zu solchen verabscheuungswürdigen Handlungen habe hinreißen lassen. Diese Behauptung ist aber nur theilweise richtig. Allerdings sind jene Geistlichen und Laien Opfer des wüthenden Pöbels geworden; aber dieser Pöbel war, wie wir theilweise schon gesehen haben, durch die geheimen Gesellschaften in mehr als einem Falle durch Geld erkauft, oder durch die fortwährenden Heßereien und Schmähungen der liberalen Zeitungen aufgestachelt und leistete diesen nur die Henkersdienste. Es lastet also die Hauptschuld auf den liberalen Wortführern, welche sich der aufgeregten Masse nur als Werkzeug zur Ausführung ihrer Pläne bedienten. Wenn schon durch diesen Umstand

1) Rápida ojeada de la persecucion del Clero en algunas Diócesis Tom. XIV, 105-158.

die ganze Sache ein anderes Ansehen gewinnt, so ist dies noch mehr der Fall, wenn wir bedenken, daß ja die meisten Verfolgungen auf Befehl der constitutionellen" Regierung geschahen und von den Regierungsorganen ausgingen, wie jezt an der Hand unwiderleglicher Thatsachen nachgewiesen werden soll.

Nicht minder irrig ist die andere Ansicht, daß die Grausamkeiten und Schandthaten nur gegen Ende des constitutionellen Regimentes unter der Herrschaft des Radicalismus stattgefunden hätten. Denn, abgesehen von der inneren Verwandtschaft zwischen dem Liberalismus und dem aus ihm hervorgegangenen Radicalismus, begannen die Bedrückungen und Verfolgungen des Clerus schon kurze Zeit nach der Veröffentlichung der Constitution, erreichten im Laufe der Zeit eine immer größere Ausdehnung und Härte, und führten zulegt an einzelnen Orten zu Handlungen, vor welchen das menschliche Gefühl sich entsegt.

Schon in den vorausgegangenen Kapiteln wurden viele Fälle namhaft gemacht, welche hinlänglich constatiren, von welchen Gesinnungen das neue Regiment gegen den Clerus beseelt war. Die Unterdrückung so vieler klösterlichen Genossenschaften, die Verbannung mehrerer Bischöfe, die willkürliche und uncanonische Entfernung einer nicht geringen Anzahl von Geistlichen von ihren Stellen, welche in ebenso uncanonischer Weise die Candidaten der Regierung erhielten, und namentlich die Unterstüßung der antikirchlichen Bestrebungen unwürdiger Geistlichen sind unumstößliche Zeugnisse hiefür. Wir wollen dieselben noch durch einige weitere Notizen vervollständigen.

Wie die Erzdiöcese Valencia, so wurde auch die von Granada ihres tüchtigen Oberhirten Blasius Joachim Alvarez de Palma beraubt. Schon im Jahre 1820 war er die Zielscheibe der Angriffe der Liberalen, welche ihn als einen Gegner des neuen Systemes verschrieen und seine Processirung durch den Alcalden bewirkten. Am 15. April 1821 mit Gefängniß bedroht1), entging er für den Augen

1) Coleccion X, 46.

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blick noch dieser Gefahr. Seine Feinde stritten lange Zeit, ob man den edlen Oberhirten mit Kerker, Verbannung oder Tod" bestrafen solle, entschieden sich aber zulezt, ihn seiner Würde zu berauben und ihm den Erzpriester Venegas, bekannt wegen seiner wahnsinnigen Anhänglichkeit an die Revolution“ zu substituiren 1). Dasselbe Schicksal hatte die Diöcese Pampelona, deren Bischof Joachim Xavier de Uriz y Lasaga im August 1822 auf Befehl des Ministers Don Philipp Benicio Navarro nach Burgos oder Madrid gebracht werden sollte, auf dem Wege dorthin aber von den Royalisten befreit und auf französisches Gebiet gebracht ward 2). Auch der Bischof von Coria wurde verbannt, und dem erwählten Bischofe von St. Marta, Manuel Rodondo, in Plasencia sein Verbannungsdecret zugestellt, während er mit dem Tode rang3). Der Bischof von Cadir mußte nach Medina flüchten, um sein Leben zu retten 4). Vorzüglich haßten die Geheimbündler den Bischof Paul de Sichar von Barcelona. Dieser Prälat hatte 1817 den Generalcapitän Franz Xavier Castaños von Barcelona, welcher die damals dort ausgebrochene Revolution bekämpfte, mit Geld unterstüßt, wodurch er sich den Haß der geheimen Gesellschaften zuzog. Dieser Haß kam 10. März 1820 zum Ausbruch. Der Prälat wurde von einer Rotte aus dem Palaste des Generalcapitäns, wo er sich zufällig befand, gerissen und in Mitte eines aufgeregten bezahlten Volkshaufens gebracht. Hier wurde er so sehr eingeengt, daß „er kaum Athem schöpfen“ konnte. Er schwebte in fortwährender Todesgefahr. Endlich erhielt er seine Freiheit wieder, worauf er sich in einer Kutsche nach Hause begab. Die Nachricht, der König habe die Constitution beschworen, stellte die Ruhe in Barcelona wieder her. Aber das Feuer glomm unter der Asche fort, und der Bischof, welcher bei dem im Jahre 1821 in der Stadt ausgebrochenen gelben Fieber eine heroische Selbstaufopferung bewiesen hatte, wurde am 3. April desselben Jahres genöthigt, seine bischöfliche Stadt zu ver=

1) Coleccion XIV, 131.

3) Coleccion XIV, 135.

2) Coleccion III, 146.

4) Gams, Gesch. der Kirche Christi im 19. Jahrhundert III, 126.

laffen. Die Revolutionäre hatten seinen Tod beschlossen. Der Bischof erfuhr auf einem Spaziergange die ihm drohende Gefahr und begab sich nach dem dreiviertel Stunden von Barcelona entfernten Dörfchen St. Gervasio, fand aber auch hier keine Sicherheit und mußte die Nacht in einer armen Hütte auf einem Berge zubringen. Mit Tagesanbruch ging er nach der sieben Stunden entfernten Stadt Esparraguera, wohin seine Feinde ihm nicht zu folgen wagten. Hier weihete der Bischof am Gründonnerstag die heiligen Oele. Aber auch hier vor den heimlichen Nachstellungen nicht sicher, erstattete er Bericht an den König und nahm seinen Wohnsig im Hause seiner Eltern. In der Hoffnung, ein bei den „Patrioten" weniger verhaßter Prälat könne besser für das Wohl der Diöcese sorgen, entschloß sich der Bischof zur Abdankung. Der König nahm dieselbe an, und die Regierung trug dem Domcapitel auf, den von ihr zum Bischofe von Barcelona erkorenen Don Felix Torres de Amat zum Capitelsvicar zu wäh= len. Das konnte jedoch der Bischof nicht gestatten, da seine Verzicht= leistung vom Papste noch nicht anerkannt war. Doch wollte er die Wahl des genannten Geistlichen als seines Generalvicars erlauben. Das Domcapitel leistete Folge; der Gewählte aber ignorirte das Ge= schehene und übernahm nicht die Leitung der Diöcese. Schließlich verwarf der Papst die Resignation, und de Sichar kehrte im Jahre 1823 aus der Verbannung wieder in seine durch verschiedene Gräuel entweihte bischöfliche Stadt zurück 1). Sehr schlimm hauste das constitutionelle Regiment in der Provinz Galicien. Der Erzbischof von Santiago wurde auf mannigfache Weise gequält und sein Domcapitel bestraft, weil man es im Verdacht hatte, einen neuen Abdruck des Pastorale 2) des Erzbischofs von Valencia hinsichtlich der Predigt über die Constitution veranstaltet zu haben. Die Bischöfe von Lugo und Orense mußten vor den Präsidenten der Revolutionäre in Coruña über ihr Benehmen“ Rechenschaft ablegen 3). Auch der Bischof von Ceuta beklagte sich am 18. September 1821 beim König über die un

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1) Coleccion XI, 292–302; Siehe S. 242 f. 246,
2) Siehe S. 129. 3) Coleccion XIV, 135,

würdige Behandlung) von Seiten des Gefe politico, welcher ihm sogar durch den Alcalden den Proceß machen ließ, weil er die falschen Anschuldigungen gegen den Clerus durch die schlechte Presse in einer Predigt 2) widerlegt hatte. Auf diese Weise behandelte man die kirchlichen Oberhirten in einem Königreiche, welches in seiner Constitution die katholische Religion als die einzig berechtigte anerkannte 3).

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Noch größere Unbilden hatten die Bischöfe von Lerida und Vich zu erdulden. Ersterer erstattete am 2. Mai 1824 dem Papste hierüber einen ausführlichen Bericht 4), aus welchem Folgendes hervorge= hoben werden soll. Die Agenten der Revolution," so beginnt das Schreiben des Bischofs an den Papst, verlangten, die Bischöfe sollten alle, vorzüglich auf die Zerstörung des Katholicismus gerichteten Machinationen derselben mit dem Mantel der Religion zudecken und, das Heilige mit dem Profanen vermischend, die Werkzeuge ihrer höllischen Pläne sein." Auf diese Ansichten der Constitutionellen ging jedoch der Bischof nicht ein, wodurch er dieselben sehr gegen sich aufbrachte und sich verschiedene Insulten von ihrer Seite zuzog. Um denselben zu entgehen, verließ der Bischof seit dem 5. Juni 1822 sein Haus nur, um sich in die Kirche zu begeben. Am 13. Februar 1823, um ein Uhr in der Frühe, wurde er auf Befehl des Gefe politico unter

1) Coleccion VI, 236 sqq. In diesem Schreiben führt der Bischof die verschiedenen Insulte an, welche ihm und seinem Clerus durch die Liberalen zugefügt wurden, ohne daß der Statthalter einschritt. Unter anderem erzählt der Bischof, daß vor dem Feste der heil. Apostel Petrus und Paulus, die Liberalen ihm eine Kazenmusik (musica insultante) gebracht, und hierauf im Hause des Gefe politico, welcher in der Nähe Alles mit anhörte, Wein erhalten hätten. Auch auf der Straße wurde der Oberhirt durch Schandlieder beleidigt, worauf sich die Sänger in das Haus des Statthalters begaben, wo sie „tranken“ und sich nachher zerstreuten.

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2) Die Predigt wurde am 9. September 1821 gehalten und handelte von der Ehrerbietung gegen das Priesterthum.

3) Der Bischof von Ceuta schrieb in seiner Note 1 erwähnten Vorstellung dem König u. A.: El ministerio de la palabra de Dios sumamente ajado, la autoridad de un Obispo atropellada, su vida expuesta reclaman de la justicia de V. M. que se oponga un dique á tantos malos. La inmoralidad corre sin freno etc. (1. c. p. 243.) 4) Coleccion XIV, 147 sqq.

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