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getreten würden. Nicht günstiger sei das Loos des Weltclerus, welcher durch Verpflichtung der Candidaten der Theologie zum Militärdienste, durch das Verbot, die vacanten Beneficien zu beseßen, durch die Abschaffung des Zehent und durch die Einziehung der Kirchengüter in ihren Rechten und Privilegien arg verlegt und dem größten Elende preisgegeben würde.

Auch die schon erwähnten Beleidigungen des Clerus durch die schlechten Zeitungen bespricht der Erzbischof in seiner Denkschrift und richtet unter Hinweis auf die von Allen anerkannte und von dem Grafen v. Florida-Blanka in einem Exposé an König Karl III. ausdrücklich bezeugte Tüchtigkeit, Opferwilligkeit und Treue der spanischen Geistlichkeit gegen die Kirche und den Monarchen die Aufmerksamkeit der Cortes auf die „Schmähungen, Verleumdungen und infamen Verhöhnungen“, welche „der Mißbrauch der Preßfreiheit gegen den Clerus erzeugt habe1)."

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Doch nicht allein die Diener der Religion sind es," fährt der Kirchenfürst klagend fort, „welche von der Zügellosigkeit der Presse so Vieles zu erdulden haben; es ist die Religion selbst, deren geborene Beschüßer die Cortez und die Regierung sind, an welche sich deshalb die Bischöfe wenden müssen, um aufrichtig zu ihnen zu sprechen.“ Nun schildert der Erzbischof, wie „unzählige gottlose und irreligiöse Bücher" ohne jede Behelligung von Seiten der Regierung nach Spanien eingeführt und deren giftige Lehren“ in Zeitungen und Schriften voll'antichristlicher Grundsäße" als „Meinungen" verbreitet würden und „in die Hände Aller kämen“. Die Bischöfe hätten nicht Macht genug, diesem Treiben vollständig ein Ende zu machen; die Regierung aber habe in diesen Zeiten, in welchen die Religion „größere und verschmittere Feinde" habe als „die Moriskos und Juden", das gegen deren Verheerungen errichtete Institut der Inquisition" abdecretirt, ohne gegen die Verbreitung schlechter und unchristlicher Grundsäße eine genügende Vorkehrung getroffen zu haben.

1) Coleccion IV, 66 sqq.

Brück, Die geheimen Gesellsch. in Spanien,

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Der Erzbischof begnügt sich aber nicht damit, die verschiedenen Eingriffe der Cortes in die Rechte und Freiheiten der Kirche aufzuzählen und die Ungerechtigkeit der bereits erlassenen oder projectirten staatskirchlichen Geseze nachzuweisen, sondern er gibt in seiner Reprä= sentation auch die Mittel an, durch welche die freundlichen Beziehungen zwischen Kirche und Staat wieder hergestellt werden könnten.

Die Stimmführer der Liberalen sprachen nämlich in ihren öffent= lichen Reden und noch mehr in den von ihnen inspirirten Zeitungen von verschiedenen kirchlichen Mißbräuchen, deren Abstellung Pflicht der Cortes sei, weshalb sie auch das Recht hätten, in die Angelegen= heiten der Kirche sich einzumischen. Hierauf erwiderten die Bischöfe in ihren Repräsentationen an den Congreß, daß, wenn auch hie und da Mißbräuche sich eingeschlichen hätten, deren Abstellung Recht und Pflicht der kirchlichen Obern und nicht einer weltlichen Versammlung sei. Um aber ihre Bereitwilligkeit kundzugeben, etwaige Mißbräuche abzustellen, machten sie dem König und den Cortes den Vorschlag, durch „ein Nationalconcil, oder durch eine Versammlung der hervorragendsten Prälaten die kirchlichen Angelegenheiten zu ordnen und die sachgemäßen Reformen und Verbesserungen einzuführen 1)“.

Auch der Erzbischof von Valencia schlägt dieses Mittel vor 2) und spricht den Wunsch aus, „die Regierung möge sich mit dem gemeinschaftlichen Vater der Gläubigen in's Einvernehmen sehen“, oder wenigstens die Feier eines Nationalconcils“ bewirken, damit die strittigen Punkte „in einer für Alle befriedigenden Weise geordnet würden“. „Auf einem solchen Concil," heißt es u. A., „würden durch die gesezliche Autorität die rein kirchlichen Gegenstände behandelt" und zugleich „die kräftigsten Mittel zur Abstellung der Miß

- III, 168;

1) Coleccion II, 205. 287; III, 167; IV, 231; VIII, 123 IV, 233. El Sacerdocio y el Imperio en union y armonia lo pueden todo, y sin ella nos exponemos á grandes males, schreibt der Bischof von Pampelona dem König Ferdinand VII. am 7. Juli 1820. (Coleccion III, 167.) Vgl. die Aeußerung des Bischofs von Lugo 1. c. III, 195.

2) Coleccion IV, 71.

bräuche, welche sich etwa eingeschlichen haben könnten, ergriffen“, so daß „man von seinen Entscheidungen die heilsamsten Folgen für die Kirche Spaniens und ihren Clerus, wie auch für den Staat hoffen dürfe".

Auf diesen billigen Vorschlag des kirchlichen Oberhirten gingen die Regierung und die liberalen Cortes nicht ein; denn sie wollten ja nicht die Abstellung von Mißbräuchen, wie sie heuchlerisch vorga= ben, sondern die Zerrüttung und geradezu die Zerstörung der katholischen Kirche überhaupt. Noch weniger waren sie geneigt, der Aufforderung des Erzbischofs nachzukommen und nach dem Beispiele des Königs Philipp V., welcher, nachdem er seinen Irrthum erkannt, ein von ihm zum Nachtheile der Kirche erlassenes Decret öffentlich widerrief und zurücknahm, zu verordnen, „daß von nun an alle Decrete und Vorkehrungen, welche bisher in kirchlichen Fragen gegen die flaren und deutlichen Bestimmungen der Kirche getroffen worden seien, ohne Wirkung sein sollten".

Sehr würdig und freimüthig schließt der Erzbischof mit der Erflärung, er habe seine Repräsentation eingereicht, weil ein Bischof um jeden Preis nach seiner Fähigkeit und Einsicht die ihm anvertrauten Rechte der Kirche vertheidigen müsse“ und dieselben nicht aufgeben könne, ohne einen Aergerniß gebenden Verrath an seinem Amte, an den feierlichen Eiden, die er vor den Altären geschworen, und an der Kirche selbst zu begehen".

Endlich bemerkt noch der hohe Prälat, daß er seine Eingabe gedruckt einsende, damit durch das Verlesen eines so weitläufigen Manuscriptes die Sizungen der Cortes nicht unterbrochen würden“, und damit auch „jedes Mitglied des Congresses ein Eremplar erhalten könne“, um desto aufmerksamer Dasjenige lesen und beherzigen zu können, was er in der reinsten Absicht" geschrieben, um die Kirche seines Vaterlandes von den ihr drohenden Gefahren zu befreien. Wenn irgend ein „Ausdruck oder ein Sah, welcher etwas hart erscheinen könne“, in seiner Denkschrift sich vorfinde, so möge der Congreß sich an die Repräsentationen erinnern, welche die bescheidensten, demüthig

sten, weisen und heiligen Bischöfe des Alterthums bei ähnlichen Ge= legenheiten an die mächtigsten Kaiser gerichtet hätten. Wie diese, so habe auch er seiner Pflicht, die Wahrheit und das Recht der Kirche gegen jeden Angriff zu vertheidigen, entsprechend, „ohne jede Bemäntelung und Verstellung“ sich „jener heiligen Freiheit bedient, welche sein Hirtenamt verlange“.

Weit entfernt, daß diese klare und ruhige Darlegung die Cortes 1) von ihren ungerechten Eingriffen in die Rechte der Kirche ab= gehalten hätte, bewirkten dieselben bei der Regierung die Verbannung des hochverdienten Prälaten. Am 10. November 1820 rückte eine Abtheilung der freiwilligen Cavallerie nach Villar del Arzobispo, wo sich der kirchliche Oberhirt aufhielt. Der Erzbischof nahm dieselbe freundlich auf und beruhigte auch die über das Erscheinen der Milizen aufgeregte Bevölkerung des Ortes, welche sich der Gefangennehmung ihres Oberhirten mit den Waffen widersehen wollte. Am 11. November wurde der verdienstvolle Kirchenfürst in einem sehr unbequemen Wagen nach seiner erzbischöflichen Stadt Valencia gebracht. Hier mußte er seine Wohnung im Kloster der Piaristen nehmen, wo er bis zum 23. verblieb. Um 12 Uhr in der Nacht vom 23.-24. November erschien dort der Gefe politico mit einer Anzahl von Soldaten, ließ den Erzbischof nach Grao bringen, wo er sich nach Frankreich einschiffen mußte 2). Nach Wiederherstellung der Ordnung kehrte er nach Spanien zurück und starb hochbetagt am 15. Febr. 1824.

1) Siehe Diario de las actas etc. 1820. Tom. 11. 12.

2) Ueber das nach seinem Weggange ausgebrochene Schisma siehe S. 196 f.

Vierter Abschnitt.

Die geheimen Gesellschaften nach der Wiederherstellung der Ordnung bis zum Tode Ferdinand's VII.

Einundzwanzigstes Kapitel.

Vorbereitungen der auswärtigen Höfe zu einer bewaffneten Intervention in Spanien. Congreß von Verona. Royalistische Regentschaft in Sco de Argel. Ferdinand VII. ruft Frankreichs Hilfe an. Kämpfe zwischen den Royalißten und Conftitutionellen. Notenwechsel des spanischen Cabinets mit den übrigen Höfen. Benehmen der Cortes. Drohende Haltung Frankreichs. Verlegung der Residenz nach Sevilla. Die Cortes von Sevilla. Neues Minifterium. Charakteristik

desselben.

=

Der Jubel, mit welchem die liberal - freimaurerische Presse die Empörung Riego's und den Sieg der Revolution in Spanien begrüßte, mußte die Aufmerksamkeit der ausländischen Cabinete auf die Vorgänge in diesem Lande richten, und dies um so mehr, als auch die geheimen Gesellschaften in anderen Staaten sich beeilten, das Beispiel ihrer Gesinnungsgenossen und Verbündeten auf der pyrenäischen Halbinsel nachzuahmen. Schon im Juli 1820 erhoben die Carbonari in Neapel unter Anführung des Generals Pepe1) die Fahne der Empörung und zwangen dem Könige die spanische Constitution auf. Derselbe Versuch wurde einige Monate später in Piemont gemacht. Auch in anderen Ländern gährte es gewaltig. Vorzüglich schwebte Frankreich in Gefahr. Hier hatten sich die geheimen Gesellschaften sehr ausgebreitet und verfügten über nicht geringe Mittel. Namentlich hatten die Carbonari unter den Studenten und dem Militär

1) Memorie del generale Guiglielmo Pepe intorno alla sua vita e ai recenti casi d'Italia scritte da lui medesimo 2 Tom. Paris 1847.

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