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Vierundzwanzigstes Kapitel.

Thätigkeit der geheimen Gesellschaften nach der Restauration. Empörungen in Andalusien. Einzelne Logen. Vorfälle in Granada. Benehmen der Regierung gegen die Freimaurer. Deren Berbreitung. Die spanischen Emigranten in London. Berschiedene Gruppen derselben. Ihre Bestrebungen.

Wenn auch die Siege der französischen Waffen den Verheerungen der geheimen Gesellschaften für den Augenblick Einhalt thaten, so ver- . mochten sie doch nicht, dieselben ganz unschädlich zn machen. Die „liberalen Parteien" fuhren vielmehr nach dem Berichte des unverdächtigen Riera y Comas fort, sich im Geheimen und mit großer Vorsicht zu versammeln, um gegen die bestehende Gewalt zu conspiriren ')". Um dies mit mehr Aussicht auf Erfolg thun zu können, ließen sie wenigstens scheinbar ihre inneren Zwistigkeiten ruhen und „vereinigten sich in Logen, um Pläne des Umsturzes und der Revolution zu entwerfen 2)". Hauptheerde dieser freimaurerischen Be= wegung waren Andalusien und Catalonien, besonders die Seestädte jener Provinzen, deren Logen in lebhafter Correspondenz mit ihren nach Gibraltar und nach England geflüchteten Gesinnungsgenossen standen. Als Vermittler des wechselseitigen Ideenaustausches waren namentlich die spanischen und englischen Schleichhändler thätig 3). Von Seiten der Regierung hatten die Mitglieder der geheimen Ge= sellschaften nicht sehr viel zu fürchten, und bei der französischen Occupationsarmee fanden sie viele Freunde und Begünstiger 4).

Unter diesen Auspicien begannen die zu der einen Genossenschaft

1) Misterios de las soc. secret. III, 340; de la Fuente, Hist. de las soc. secret. I, 447: Los partidos liberales determinaron aunarse nuevamento con mucho sigilo y con mucha estrechez, para conspirar contra el poder constituido.

2) Reuniéronse en logias secretas, y empezaron á preparar projectos de trastornos y revoluciones. (L. c.)

3) Cf. de la Fuente, Hist. de las soc. secret. I, 483.

4) de la Fuente, 1. c. I, 464. Wie de la Fuente berichtet, hielten freimaurerische französische Officiere am Tage der Hinrichtung Riego's in einem Hause in Madrid eine Todtenfeier (oficio fúnebre) ab.

der Freimaurer verschmolzenen geheimen Gesellschaften ihr Werk der Verschwörung von neuem, wobei sie vielfach die Rathschläge der in Gibraltar verweilenden spanischen Flüchtlinge befolgten. Die Logen von Cadir, Malaga und anderen Küstenorten Andalusiens entfalteten eine große Thätigkeit; der Schwerpunkt und das Centrum der ganzen Bewegung aber war in der Loge von Gibraltar 1). Hier wurden auch die Einfälle der Obersten de Valdes und Iglesias verabredet 2).

Ersterer überfiel am 3. August 1824 mit 200 Freibeutern Tarifa, während der Carbonaro Merconchini mit einer Schaar in Marbella landete. Ihr Erscheinen war das Signal des Aufruhrs, welcher in einigen Orten Andalusiens ausbrach. Um die Zahl seiner Soldaten zu vergrößern, nahm de Valdes alles Gesindel unter seine Truppen auf. Troßdem erlag er den Angriffen der königlichen Freiwilligen und der Franzosen. Tarifa mußte sich ergeben. Ein Theil der Verschworenen wurde erschossen, der Haupträdelsführer aber hatte sich schon vor der Uebergabe der Stadt aus derselben entfernt. Der Oberst Iglesias landete am 13. August mit 50 Mann in Almeria. Unter denselben befanden sich verschiedene Italiener und Irländer, welche den Logen in Gibraltar affiliirt waren. Nachdem er sein Heer auf 450 Mann Infanterie und 80 Mann Cavallerie gebrache hatte, machte er einen Angriff auf Tarifa, wurde aber geschlagen und mit einigen seiner Anhänger füsilirt. Auch die Rotte, welche sich in der Gegend von Jimena unter Anführung des Lopez Herrera erhob, hatte dasselbe Schicksal.

Die Verschworenen wurden jedoch durch diese Niederlagen nicht entmuthigt. Am 14. August 1824 ließ die Regierung in Palma auf der Insel Mallorca verschiedene Personen ergreifen, die im Verdachte standen, Verschwörer zu sein und einer Loge anzugehören, welche mit den Freimaurern von Gibraltar in Verbindung stehe.

1) de la Fuente, 1. c. I, 465. Am 18. Juni 1824 wurden in Malaga zwei Agenten der Loge in Gibraltar ergriffen, con proclamas y otros papeles escitando al alziamento.

2) Siehe hierüber de la Fuente, 1. c. I, 465. 488 sq.

Einer der Gefangenen gab dem Richter den Ort an, wo das Verzeichniß sämmtlicher Freimaurer der Insel zu finden sei. Die ange= stellten Nachforschungen ergaben die Richtigkeit seiner Aussage. In der Nähe des allgemeinen Hospitals fand man einen in die Erde vergrabenen Kasten, welcher mit „Instrumenten, Abzeichen, Verzeichnissen, Diplomen, Eidesformeln und Plänen der ehrwürdigen Bruderschaft der Freimaurer" angefüllt war1).

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Auch in Cartagena hatten nach dem Berichte Calomarde's an König Ferdinand VII. „die revolutionären Secten tiefe Wurzeln ge= schlagen". In Alberique herrschte die Secte der Comuneros“, und in Caravaca und Zegin gab es sehr reiche und sehr corrumpirte Freimaurer“, woraus ersichtlich ist, daß diese Genossenschaft sich nicht auf die Seehäfen beschränkte, sondern auch im Innern des Landes sich auszubreiten suchte 2). In ihrer Sorglosigkeit sehten die Freimaurer die Vorsichtsmaßregeln oft außer Acht, weshalb manche Mitglieder ihrer Gesellschaft entdeckt und als Verschwörer bestraft wurden.

Besonderes Aufsehen erregte ein Vorfall in Granada. Hier pfleg= ten die Freimaurer ihre Versammlungen in einem Landhause in der Nähe der Alhambra abzuhalten. Der Gärtner schöpfte Verdacht und belauschte die Versammelten, welche, mit den Insignien der Freimaurerei angethan, ihre Ceremonien vornahmen. Er machte hievon dem Richter Pedrosa Anzeige. Dieser traf im Stillen die nöthigen Veranstaltungen und überfiel plöglich die Loge, in welcher sieben Freimaurer sich befanden, die im Begriffe standen, ein neues Mitglied aufzunehmen. Alle wurden mit ihren Schurzfellen und anderen Insignien öffentlich zum Gefängniß geführt. Vergebens bemüheten sich die Brüder" von Granada und Madrid, ihre Genossen zu retten. Versprechungen, Drohungen, Geldspenden und andere Mittel wurden angewandt. Auch die Diplomatie mischte sich in diese Angelegenheit. Aber alle Bemühungen waren vergebens. Die Regierung hätte gern die Angeklagten befreit, wagte aber nicht der öffentlichen Meinung in's

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1) de la Fuente, 1. 'c. I, 465 sq.

2) de la Fuente, 1. c. I, 467.

Brück, Die geheimen Gesellsch. in Spanien.

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Angesicht zu schlagen und so wurde die Todesstrafe an den Verurtheilten als Hochverräthern vollzogen 1). In anderen Fällen, wie in der Angelegenheit des Freimaurers Marquis de Cabriñana und einiger anderen Angeklagten, anullirte sie das Urtheil des Richters 2).

Nicht selten ermahnten die Behörden, bei welchen gewisse Leute als Freimaurer denuncirt wurden, dieselben, mit mehr Vorsicht zu Werke zu gehen, oder gingen in ihrer Sorgfalt so weit, den Mitgliedern der Loge vorher mitzutheilen, daß sie an einem bestimmten Tage ihren Versammlungsort besuchen würden, um die Anwesenden gefan= gen zu nehmen3). Selbst in Madrid ereignete sich ein solcher Fall. Als dem General Sarsfield angezeigt wurde, daß in Tarragona eine Loge sei, entschuldigte er sich mit der aus Madrid erhaltenen Weisung, nicht mit Strenge voranzugehen, und ließ die Freimaurer ungestört ihr Unwesen treiben. In Barcelona konnten sie sich unter den Augen der Behörden und dem Schuße der französischen Besazung versammeln, um gegen Kirche und Staat zu conspiriren. Auch in Murcia und den andern alten Versammlungsorten der geheimen Gesellschaften erblühte von neuem das Freimaurerthum. Ein Hauptcontigent stellte das Militär und namentlich die Marine. Fast alle höheren Officiere ge= hörten der Loge an und wirkten für deren Zwecke. Sie haben gro-, ßentheils den Verlust von Südamerika für Spanien mitverschuldet1).

Das inconsequente Verfahren der spanischen Behörden gegen die Freimaurer ist allerdings sehr auffallend; unlösbar ist aber das Räthsel nicht. Viele Mitglieder der Regierung, und selbst einzelne Minister, unterhielten ganz intime Beziehungen zu den Logen und gehörten so= gar zum Theil denselben heimlich an; die meisten Beamten dagegen standen den geheimen Gesellschaften fern. Lehtere. brachten die Be

1) de la Fuente, 1. c. I, 468 sq. III, 671.
2) L. c. III, 561 sq.

3) L. c. I, 469: Las autoritades . . en vez de sorprender las logias que se les delataban, avisaban á los francmasones que procediesen con mas cautela, y, si las denuncias se repetian, llevaban su amabilidad hasta el punto de avisarles, préviamente que iban á prenderlos.

4) de la Fuente, 1. c. I, 466.

stimmungen der Geseze gegen Diejenigen, welche als Freimaurer denuncirt wurden, in Anwendung, während erstere bemüht waren, die „Brüder“ von den ihnen drohenden Gefahren zu befreien, und nur in dem Falle gegen dieselben einschritten, wenn ein anderes Benehmen sie selbst in Verdacht des Freimaurerthums gebracht hätte. Aus diesem Umstande erklärt sich am besten die Thatsache, daß wir von Seiten der Regierung nicht immer das nämliche Verfahren gegen die Freimaurer eingehalten sehen, und daß dieselben von den Behörden an einem Orte verfolgt, am anderen dagegen beschützt wurden, je nachdem die Beamten für oder gegen die geheimen Gesellschaften ein= genommen waren, und die Sache selbst eine größere und geringere Oeffentlichkeit erlangt hatte.

Von den spanischen Logen wurden im Vereine mit den Logen in Gibraltar, London und anderen Städten des Auslandes die verschiedenen liberalen Aufstände seit 1824 bewirkt und geleitet. Wir wollen deshalb zuerst einen flüchtigen Blick auf die spanischen Emigranten im Auslande1) werfen, ehe wir die weiteren revolutionären Erhebungen in Spanien des Näheren darlegen.

Mit besonderer Zuvorkommenheit wurden die flüchtigen spanischen Liberalen, welche fast ausnahmslos der einen oder der anderen geheimen Gesellschaft angehörten, in England aufgenommen. Das Cabinet von St. James und die reichen protestantischen Lords wetteiferten, den Flüchtlingen Hilfe und Unterstüßung angedeihen zu lassen. Die meisten der= selben ließen sich in London nieder. Sie zerfielen in vier Gruppen, indem hier eine Verschmelzung der vielfach sich entgegenstehenden Ele= mente nicht stattfand, wie es in Spanien geschah.

Die erste Gruppe bildete nach dem Berichte eines französischen Agenten an seine Regierung2), die aristocratische Partei, an ihrer Spize Arguelles, Villanueva u. A. Sie erfreute sich der besonderen

1) Der König erließ am 20. Mai 1824 eine Amnestie, von welcher aber eine große Anzahl politischer Flüchtlinge ausgeschlossen war. (Cf. Walton, The revolutions of Spain I, 352.)

2) Das Document ist mitgetheilt in de la Fuente, Hist. de las soc. secret. I, 477 sqq.

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