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ihrer Abhängigkeit von der Ansicht, welche in Betreff des höchsten Gutes derjenige hegt, welcher die Frage aufwirft; denn jene Ansicht ist gewöhnlich unklar, fehlerhaft oder unvollständig. Die geistreichsten Anhänger der Republikanismus stellen Folgendes auf, das nicht sowohl richtig als interessant ist, weil es den wirklich entscheidenden Fragepunkt, nicht aber eine gelegentliche Zufälligkeit ergreift. Der Monarchismus, sagen sie, konzentrirt_freylich das Gute in einen Mittelpunkt zusammen, und es soll von dort aus dann wieder in die fernsten Außentheile hin strahlen, um dem gesammten Körper seine bessere Natur mitzutheilen. Aber wozu dieser Nothbehelf? Wozu dieses Entlehnen des Guten von einem vorzugsweise gehegten Wesen? Es bedarf dessen weder, noch erfüllt es seinen Zweck; denn die Masse schmückt sich nur damit, oder nimmt es auf; aber sie wird nicht davon durchdrungen, nicht dadurch verwandelt, nicht in sich selbst, ihrem Stoff nach besser. Und so besteht das Heilvolle des Republikanismus darin, daß er das Beste nicht äußerlich hinstellen, nicht es zum Gegenstand der Anerkennnung erheben will, oder zu erheben braucht. Denn er trachtet jenes Gute überall in das Wesen selbst zu verpflanzen, dort es kraftig und wirksam zu machen, und die erhabene Natur das Vorbildes dem Ganzen und dem Einzelnen in seinem eigenen Innern einzuverleiben. Wo dieß geschiehet und gelingt, da hört die Auszeichnung von selbst auf; denn da wird das Ganze in sich selbst gleich gut und gleich vollkommen, so daß nach Gleichheit streben nur sagen will, nach gleichem Gute und Vollkommenheit trachten, welche Gleichheit der Güte und der Vollkommenheit dann die Menschen am schönsten verbrüdert. Wie gefahrvoll und verderblich dieß ansprechende Raisonnement die höchste Wahrheit mit dem schlimmsten Truge verknüpft und mischt, das kann hier eben so wenig ausgeführt, wie der verfängliche Knoten gelöset werden, der den Irrthum mit der Wahrheit zusammen knüpft, als wäre es ein und der näm liche Faden. Aber welchem Unbefangenen entgeht es wohl, wie sehr diese Darstellung alle Autorität untergräbt und welche Verwandtschaft sie mit dem bekannten Spruch, verräth: eritis sicut deus etc. Es sind also wahrhaft und ernstlich nur diejenigen zu bekämpfen, welche den Republikanismus in der obigen Weise prakonisiren; in Absicht aller Uebrigen, welche unbefangen und harmlos die Frage aufwerfen, ob die individuelle oder die kollektive Herrschaft mehr Gutes oder mehr Böses stifte, bedarf es einer andern, weit mehr praktischen Belehrung, welche zurückführt zu der oben hingeworfenen Behauptung, daß in England das Eigenthum zur Verwaltung der fremden Angelegenheiten leitet. Denn gerade durch die treffliche Weise, wie letteres in Groß

britannien geschieht, bewährt sich die dortige Kollektivherrschaft. Den Britten nämlich seht das Eigenthum in den Fall, als gewählter Geschworner berufen zu werden, dann aber die Rechte der Mitbürger zu bestimmen, Rechtsverlegungen zu schüzen, Anklagen zu prüfen, selbst über das Leben der Mitbürger zu entscheiden, ein wichtiges Motiv, sich durch guten Wandel und gründliche Rechtskenntnisse auszuzeichnen, welches, nach Blackstone, auch ehedem so kräftig wirkte, daß erst eine allmälich eingeschlichene Vernachläßigung nöthig machte, eine richterliche Gewalt zu stiften, welche die Sprüche der Geschwornen leiten, kontrolliren, wohl gar umstoßen durfte. Aber nicht bloß als Geschworner, auch als Friedensrichter erwirbt der vermögende Britte einen Wirkungskreis für Andere, nämlich in seiner Nachbarschaft eine gute Ordnung zu erhalten, Liederliche und Müßiggänger_polizeymäßig (also schon mit mehrerer Willkür) zu bestrafen, Friedliche und Fleißige zu beschüßen, auch kleine Mißhelligkeiten beyzulegen. Auch streben Männer, die ein bedeutendes Eigenthum besigen, eine Zeit hindurch ihre Heimat im Parlament zu vertreten, und so werden sie dann schon vertraut mit den größeren politischen Beziehungen. Sie haben Steuern zu bewilligen oder zu versagen, für oder gegen eine beliebte Verwaltung zu stimmen, über die Verfassung zu wachen, Geseze zu geben, aufzuheben, zu erklären u. f. w. Ein noch größerer Wirkungskreis zeigt sich dem hohen Adel, der zwar nicht Geschworne gibt, aber durch Geburt erbliche Rathgeber der Krone und Richter über Leben und Ehre der Standesgenossen stellt, ja sogar über das Eigenthum aller Mitbürger zu entscheiden hat, und zwar in letter Instanz.

Man wird uns einräumen, daß jedes Urtheil über die Vorzüge der individuellen, oder der kollektiven Herrschaft, wie Hr. v. Haller sich ausdrückt, mangelhaft seyn müsse, so lange der Urtheilende uneingedenk bleibt der eben geschilderten Gattung oder Form jener Kollektivherrschaft. Man beherzige dieses Beyspiel, und die Frage wird aufhören eine leere Grübeley zu seyn; denn hier zeigt als Resultat sich jenes große Ereigniß, daß die sogenannte Kollektivherrschaft aufhört Herrschaft zu seyn, ja daß Begriff und Wesen von Herrschaft ganz verschwinden, daß also, wie der Verfasser der Schrift: Darstellung der innern Verfassung Großbritanniens, wie Vinke bemerkt, die Erscheinung des Regierens ganz verschwindet, und gewissermaßen in anderer Art cin dem geistlichen Staat analoges Gemeinwesen bildet, welches jenem darin gleicht, daß es die Eristenz der Herrschaft überflüssig macht. Scheint diese Betrachtung von der einen Seite eine gewisse Mangelhaftigkeit des vorliegenden Werkes aufzudecken; so stellt sie doch zugleich auch die Wahrheit sei

ner eigentlichen Grundlage so weit in das gehörige Licht, als jene in der Feststellung von vier Elementen der Politik beruht, und das geistliche Element weder übersehen noch vernachläßigt worden ist. Denn im Grunde erkennt Hr. v. Haller doch nur drey Staatsformen an, und die vierte ist ihm nur eine Uebergangsformation, wir meinen die Militärstaaten oder das Generalat, von dem Hr. v. Haller auch zeigt, daß es sich jedesmal dem Patrimonialstaat wieder annähere, oder darein zu verwandeln trachte, und als gedeihliche Staatsformen bleiben ihm nur der Patrimonialstaat, der geistliche Staat und die freyen Kommunitäten stehen.

Wir kommen nun zu dem, als Schluß der allgemeinen Einleitung, die allgemeinen Resultate rekapitulirenden zwey und zwanzigsten Kapitel, und können dem Verfasser die Behauptung, daß die Staaten sich von andern gewöhnlichen Dienst- und SozietätsVerhältnissen nicht ihrer Natur, sondern nur dem Grade nach durch höhere Macht und Freyheit unterscheiden, nur in so fern einräumen, als wir die freye Abgeschlossenheit und statt der Unabhängigkeit, welche nur Folge äußerer Glücksgüter und zureichender Macht seyn soll, die Befugniß zur höchsten Willkür, so wie wir lettere bereits charakterisirt haben, gleichfalls dabey fordern, damit der Sah auch in Absicht der geistlichen Staaten wahr und gültig bleibe. Denn bey legteren kommen die äußern Glücksgüter zu wenig in Betracht, und was die Macht anlangt, so erinnern wir den Leser an unsere vielfältigen Andeutun gen über die zweydeutige Natur derselben, und daß der Begriff der Unabhängigkeit bey tieferer Betrachtung in ein Gedränge kommt, welches weniger belästigt, sobald dafür. die Befugniß zur höchsten Willkür substituirt wird. Hiermit können wir endlich zu den einzeln vom Hrn. v. Haller aufgestellten Schlußresultaten übergehen.

1. Die Fürsten herrschen nicht aus anvertrau ten, sondern aus eigenen Rechten. Diesem Sah thut, allem Obigen zufolge, eine nähere und genauere Bestimmung noth. In so fern er gegen die Lehre gerichtet ist, welche alle Herrschaft unbedingt aus Delegation des Volks ableitet, muß man ihm beypflichten, um so mehr, als die Anhänger jener Lehre theils nicht wissen, was sie mit der Delegation verstehen, theils unter sich selbst nicht einig sind; denn Einige haben das Mandat, andere die Vollmacht im Sinne, und schon das ist ein Unterschied. Viel weiter gehen nun diejenigen, welche den Regenten zum Beauftragten, das Volk zum Auftraggeber machen, wie die, welche jenem eine Plenipotenz beylegen. Lestere, die Plenipotenz nämlich, könnte mit einer Rechtsübertragung, ja sogar mit einer Rechtsentsagung verbunden seyn, und würde dann die Ple

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nipotenz sich einem gewissen Eigenthum des Rechts nähern. Ueberhaupt würde man alle thatsächliche Wahrheit und den ganz unwidersprechlichen Inhalt der Geschichte zu sehr verlehen, wenn man die anvertraute, die durch Delegation ents standene Herrschaft ganz läugnen und ein unbedingtes Eigenthum aller Herrschaft behaupten wollte. Man geräth nur dadurch in einige Verlegenheit, wenn man die anvertraute Herrschaft römischen Rechtsbegriffen gemäß zu charakterisiren versucht, z. B. sie eine cedirte unbedingte Plenipotenz nennen will, als womit ein geschichtlich wahres Herrscherverhältniß offenbar eine große Aehnlichkeit behauptet. Denn es könnte daraus gefolgert werden, daß das Objekt der Abtretung, also die Herrschaft, ursprüngliches Eigenthum des abtretenden Volks gewesen wäre. Dieß ist aber nicht der Fall, und den Grund des Widerspruches gibt die völlige Verschiedenheit der Begriffe des römischen und des Lehnrechts. Wie jenes nur Eigenthum, so kennt dieses nur Verleihung, und des Hrn. v. Haller Theorie würde ihre Anwendbarkeit auf die neuere Zeit beynahe ganz verlieren, wenn er die Herrschaft ganz aus eigenem Recht wollte entstehen lassen. Man sieht, beyläufig gesagt, hieraus recht deutlich, wie durchaus der Kern seiner Theorie und feines Werks von denen mißverstanden worden, welche geurtheilt haben, es sey aus der Geschichte des Mittelalters geschöpft; denn gerade wäh rend des Mittelalters war die Verleihung überwiegender als das Eigenthum, und jene bestimmt auch in unsern Tagen noch tausend Rechts- und Staatsverhältnisse. Um so nothwendiger wird es aber, diese Verleihung mit zu berücksichtigen, nämlich neben der aus eigenem Recht hervorgegangenen, auch eine aus anvertrautem Recht entstandene Herrschaft zu vindiziren. Auch ist der Sah:

2. Die Fürsten sind nicht von dem Volk gesezt oder geschaffen, sondern sie haben im Gegentheil dieses Volk nach und nach um sich versammelt; nur bedingt zu verstehen ist. Denn kann diese Behauptung z. B. wohl buchstäblich gelten von den zur Regentschaft über Deutschland erhobenen sächsischen Kaisern, einem Konrad dem Ersten oder Heinrich dem Vogler? Bildete sich hier nicht ein ganz anderes Verhältniß für die Zukunft aus, als jenes unter den Kapetingern? Hat Rudolph von Habsburg das Volk, dessen Herrschaft ihm übergeben ward, nach und nach um sich versammelt? Und ist nicht das Haus Hannover doch eigent lich durch Uebertragung zur Krone Englands gelangt? Ja würde es nicht einen Unterschied gemacht haben, wenn Georg der Erste für seine Person allein, wie die Könige von Po=

Ien, und wie die deutschen Kaiser, zum Throne wäre berufen worden, nicht aber zugleich sein Haus, wie wirklich geschehen, dieß Thronrecht erworben hätte? Zwar leitet Hr. v. Haller diese Thronerwerbung in anderer Art ab; doch sie weckt so manchen Zweifel, und der zuleht erwähnte merkwürdige Fall lehrt auf das bündigste, wie in einem und demselben Verhältniß Uebertragung und Erbrecht verbunden seyn können. So müssen wir, aller dieser Rücksichten wegen, auch recht eigentlich zur Unterstübung des von Hrn. v. Haller aufgestellten vierfachen Staatsverhältnisses den Saß so stellen: daß die Befugniß zu der in einem abgeschlossenen Ganzen auszuübenden höchsten Willkür sich erlangen lasse durch Ererbung, durch Eroberung und durch Uebertra gung mancherley Art, göttliche nämlich und menschliche, wohl dabey ausbedingend, daß die meisten Herrscher zweyfache Befug nisse zu besigen pflegen oder besißen können, eigenthümliche nämlich und übertragene; danach wäre denn das vom Verfasser als pseudophilosophisch bekämpfte Staatssystem falsch, nur durch die falsche Generalisirung, und hauptsächlich, sofern gelehrt wird, daß die Herrschaft entstehe durch ein Mandat des Volks; denn Auftrag und Verleihung sind himmelweit von einander verschieden,

3. Die Fürsten sind nicht Administratoren ei nes gemeinen Wesens, denn in einem herrschaftlichen oder Dienstverhältniß ist keine Kommunität, folglich kein gemeines Wesen, nicht die ersten Diener des Staats, nicht die obersten Beamten des Volks. Auch diesen Sah berichtigt erst die Behauptung, daß die Fürsten alles obige nicht sind, und doch auch sind, daß sie allerdings unabhängige, aber auch abhängige Herren sind, und daß die Ursache ihrer Abhängigkeit aus derjenigen Begren zung, welche die fremden Befugnisse geben, allein noch nicht ge nügend erklärt ist. Jede Theorie muß doch den wirklichen Verhältnissen und der gegenständlichen Wahrheit entsprechen. Denn gesezt, daß ein Fürst zwar selbst kein fremdes Recht verlege, aber verabsäume auf die Handhabung der Gerechtigkeit durch die bestellten Richter zu wachen, und daß er Schaden stiften kann, schon weil er die Vernachläßigungen der leßtern nachsicht; ferner daß er die Landeseinkünfte zwar nicht sich selber aneignet, nicht sie für seine Person verschwendet, hingegen sie durch die Verwalter unzweckmäßig verwalten, oder wohl gar verschwenden läßt; so muß man doch fragen, ob er von aller Verpflichtung frey war, für die gehörige Verwaltung des Rechts oder der Landeseinkünfte zu sorgen und thätig mitzuwirken. Wäre der Regent von dieser Verpflichtung frey gewesen, so hätte solche ein anderer mit höchster eigener Berantwortlichkeit übernehmen müssen, und

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