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Don Juan Manuel.

Don Juan Manuel, Infant von Spanien, war der Sohn des Don Pedro Manuel, des jüngsten von den sechs Brüdern Alfons X., und wurde wahrscheinlich i. J. 1273 zu Escalona geboren. Da er früh seinen Vater verlor, so übernahm sein Vetter, König Sancho IV. seine Erziehung, und Don Juan legte schon als Jüngling Proben seiner Tapferkeit, aber auch seines stolzen, unruhigen, leidenschaftlichen Sinnes ab. Nachdem er mit Auszeichnung im Kriege gegen die Mauren ge. dient hatte, machte ihn Ferdinand IV. i. J. 1310 zu seinem Oberkammerherrn (mayordomo) und vertrauten Rathgeber. Als Ferdinand zwei Jahre nachher starb, brachen über die Vormundschaft seines unmündigen Sohnes Alfons heftige Streitigkeiten unter den Mitgliedern der Familie aus, und erst i. J. 1320 kam ein Vergleich zu Stande, durch welchen die Infanten Philipp und Juan Manuel zu Vormündern bestellt wurden. Letzterer wurde nun die Seele der Staatsverwaltung, konnte aber nur unter fortwährenden Kämpfen mit der Gegenpartei seine Stellung behaupten. Als Alfons (1324) die Zügel der Regierung selbst ergriff, hielt er es für angemessener, die Talente seines bisherigen Vormundes in seinen Diensten zu benutzen, als denselben zum Gegner zu haben. Er machte ihn daher zum Statthalter (adelantado mayor) der Grenzlandschaften gegen die Mauren und verlobte sich mit seiner Tochter Constanze, welche damals noch ein Kind war. Don Juan leistete in seiner neuen Stellung ausgezeichnete Dienste, machte (1327) einen Einfall in das Königreich Granada und trug über die Mauren den glänzenden Sieg bei Guadalhorra davon. Als aber in demselben Jahre Juan Manuel's Grossoheim, der Infant Don Juan (mit dem Beinamen el Tuerto) auf Alfons' Anstiften in Toro verrätherischer Weise ermordet wurde, verliess Juan Manuel seine Statthalterschaft und zog sich grollend auf seine Güter zurück. Jetzt weigerte sich auch der König,

seine Verbindung mit Constanze zu vollziehen und verlobte sich mit der Princessin Marie, Tochter König Alfons IV. von Portugal. Nun war der Bruch vollständig. Don Juan Manuel kündigte dem Könige den Gehorsam auf, verband sich mit den Königen von Granada und Arragonien, und fing an mit ihrer Hülfe die castilischen Grenzlandschaften zu plündern. Da die ersten Streitkräfte, welche Alfons ihm entgegen sandte, nichts ausrichteten, so musste der König sich selbst an die Spitze eines Heeres stellen, und nun begann zwischen ihm und dem ungehorsamen Vasallen ein Kriege, welcher einige Jahre hindurch mit wechselndem Glücke geführt wurde. Alfons, der gern alle seine Kräfte dem Kampfe gegen die Mauren gewidmet hätte und einsah, wie nützlich ihm gerade für diesen Zweck die Dienste des Mannes werden könnten, welcher jetzt gegen ihn in Waffen stand, wünschte sehr eine Aussöhnung mit Don Juan. Eine solche kam auch zu Stande, und schon schien es, als sei das gute Einvernehmen für immer wieder hergestellt, als, dies Mal durch des Königs Schuld, die Fackel des Zwistes aufs neue entbrannte. Juan Manuel verlobte nämlich seine Tochter Constanze mit dem Infanten Pedro von Portugal. Als die Braut jedoch an ihren Bestimmungsort abreisen sollte, fiel es dem Könige ein, dass der Infant Pedro bereits früher mit der Infantin Blanca von Castilien versprochen sei, und weigerte sich, Constanze ziehen zu lassen. Darüber ergriff Don Juan Manuel abermals die Waffen; der König zog ihm jedoch mit einer starken Truppenmacht entgegen, schlug seinen Verbündeten Don Juan Nuñez de Lara und belagerte ihn selbst in Peñafiel. Don Juan musste sich ergeben und nach Arragonien flüchten, von wo aus neue Unterhandlungen angeknüpft wurden, die zur endlichen vollständigen Versöhnung zwischen den streitenden Parteien führten. Constanze wurde ihrem Verlobten ausgeliefert, und Don Juan trat wieder in des Königs Dienste, denen er fortan im Kriege gegen die Mauren sein ganzes Leben widmete. Er begleitete Alfons auf allen Feldzügen gegen dieselben und half ihm durch seine Feldherrntalente eine ununterbrochene Reihe von Siegen erfechten. Die letzten Waffenthaten, an welchen er Antheil hatte, waren die grosse Schlacht bei Salada und die Eroberung von Algesiras. Er starb 1347 und liegt im Kloster San Pablo in Peñafiel begraben. *)

*) Eine ausführliche Erzählung von Don Juan Manuels Kämpfen mit König Alfons enthält die Crónica de Alfonso XI. und Mariana, Hist. de España Libro XV.

Wer von Don Juan Manuel weiter nichts weiss, als was die politische Geschichte Spaniens von ihm erzählt und was wir oben kurz zusammengestellt haben, der wird schwerlich auf den Gedanken kommen, dass dieser merkwürdige Mann, dessen Handlungsweise lebhaft an die trotzigen Vasallen des früheren Mittelalters erinnert, nicht nur einer der gebildetsten Männer seiner Zeit war, sondern auch in seinem, aus einer Kette ehrgeiziger Intriguen und gewaltsamer Empörungen bestehenden Leben, Musse und Sammlung zu eigener litterarischer Thätigkeit übrig behielt. Dennoch aber war dem so. Der Infant Don Manuel hat zwölf verschiedene Werke verfasst, von welchen jedoch nur eins gedruckt worden ist; diesem einen aber verdankt er einen Platz unter den Klassikern seiner Nation. Es führt den Titel: El Conde Lucanor, und besteht aus einer Sammlung von 49 Erzählungen, welche durch einen Rahmen mit einander zu einem Ganzen verbunden sind. Der Verfasser denkt sich nämlich einen Grafen Lucanor, der in Fällen, wo er selbst nicht weiss, wie er handeln soll, seinen klugen und erfahrenen Minister (consejero), Patronio, um Rath fragt. Dieser erzählt ihm alsdann irgend eine Geschichte, aus welcher er zuletzt die Nutzanwendung für den vorliegenden Fall zieht, und zum Schlusse einer jeden Erzählung ist dann noch die Moral derselben in einen kurzen Reimspruch gebracht. Eine solche Art der Einkleidung ist bekanntermaassen orientalischen Ursprungs und wurde im Abendlande zuerst in den unter den Titeln: Die sieben weisen Meister und Disciplina clericalis*) bekannten Erzählungssammlungen in Anwendung gebracht. Gewiss aber hat Don Juan Manuel diese Idee, so wie einen grossen Theil der Erzählungen selbst, dem Morgenlande unmittelbar entlehnt, denn der Conde Lucanor gehört zu den Werken von durch und durch orientalischer Färbung. Man würde indessen denselben ganz falsch beurtheilen, wenn man die moralische Einkleidung als das Wesentliche daran betrachten und den Conde Lucanor in die Kategorie der moralischen Beispielbücher versetzen wollte. Denn so achtungswerth die in demselben gelehrte Moral auch durchgängig ist, so besteht doch der eigentliche Werth des Buches in den Erzählungen als solchen, in denen wir die ältesten Muster dieser Dichtungsart in spanischer Sprache vor uns haben, und zwar Muster, die sowohl durch ihren Inhalt wie durch ihre Darstellungsweise zu den

*) Vgl. über diese: Donlop, Geschichte der Prosadichtungen. Uebers. mit Anmerk. von E. Liebrecht Berlin 1851. p. 196. ff.

vorzüglichsten gehören. Ihr Inhalt ist sehr verschieden. Viele sind arabischen und persischen Mährchen nachgebildet, einige vielleicht speciell spanisch-maurischen Ursprungs; andere sind Anecdoten aus der spanischen Geschichte; noch andere stimmen in den Hauptzügen mit Erzählungen, die sich auch in der Litteratur anderer abendländischer Nationen finden, ohne dass sich ihr erster Ursprung mit vollkommener Sicherheit nachweisen liesse; noch andere endlich sind bekannte Fabeln und Apologen. Wenn nun auch die Erfindung dem Infanten Manuel wohl nur zum kleinsten Theile gehört, so gebührt ihm doch das Verdienst der höchst anmuthigen Fassung und anziehenden Darstellung, so wie des einfach-natürlichen, naiven Erzählungstones. Daneben verräth sich überall der vorurtheilsfreie Geist des gebiideten Denkers und die leidenschaftslose Weltanschauung des erfahrenen Mannes. Hinsichtlich der Sprache ist der Conde Lucanor, trotz des hin und wieder schwerfälligen Styls, eins der besten älteren Muster ächtcastilianischer Ausdrucksweise.

Der Conde Lucanor wurde zuerst von Argote de Molina zu Sevilla 1575. 4. mit einer kleinen Biographie des Verfassers und einer weitläufigen Genealogie seiner Nachkommenschaft herausgegeben, und diese Ausgabe gehört zu den grössten bibliographischen Seltenheiten. Etwas weniger selten ist die zu Madrid, 1642. 4. erschienene. In neuerer Zeit veranstaltete der um die Litteratur der romanischen Sprachen hoch verdiente A. Keller einen Wiederabdruck (Stuttgart 1830. 8.) Eine neue, hoffentlich kritische Ausgabe ist in der seit 1846 bei Ribadeneira in Madrid erscheinenden grossen Biblioteca de Autores Españoles zu erwarten. Mit einer Uebersetzung hat uns Joseph von Eichendorff beschenkt (Berlin 1840. 8.) Ausführlich handeln vom Conde Lucanor: F. Wolf in den Wiener Jahrb. d. Litterat. Bd. 57. S. 192. ff. (besonders über den orientalischen Character des Buches) Clarus Darstellung d. span. Litterat. im Mittelalter Bd. I. S. 357. ff. E. Liebrecht in: Neues Jahrbuch der Berliner Gesellsch. für deutsche Sprache VIII, 196. ff. (besonders über die Quellen und Nachahmungen) Vgl. Ticknor I, 59. ff. und dazu die Nachträge II, 667. ff.

So interessant und wichtig der Conde Lucanor auch in litterarhistorischer Beziehung ist, so ist er doch gewiss nicht dasjenige Werk Don Juan Manuels, aus welchem wir den interessanten Character dieses ausgezeichneten Mannes am vollständigsten kennen lernen. Leider aber sind alle übrigen, deren Titel Argote de Molina in der oben angeführten

Biographie Don Juan's und Ticknor I, 55. Anm. 3. aufzählen, und unter welchen sich auch eine Sammlung von Gedichten (libro de cantares) befindet, ungedruckt geblieben. Wie viele derselben gegenwärtig noch existiren, weiss man nicht. Einige finden sich noch in einer Handschrift der Bibliothek zu Madrid, andere waren im vorigen Jahrhundert noch vorhanden, sind aber seitdem nicht wieder aufgefunden worden. Die Gedichte scheinen leider zu den verlorenen zu gehören.

De lo que

El Conde Lucanor.

acontesció á Don Rodrigo el Franco y sus caballeros.*)

(Conde Lucanor Cap. III.)

El Conde Lucanor fablava otra vez con Patronio, su consejero, é díxole: Patronio, á mi acaesció de aver muy grandes guerras, en tal guisa que estava la mi fazienda en muy grande perdimiento, é quando yo estava en el mayor menester, algunos que yo crié, á quien fiziera mucho bien, dexávanme é aun ensañáronse à me fazer mucho desservicio, é tales cosas fizieron contra mi aquellos, que bien vos digo que me fizieran aver muy peor esperança de las gentes, de quanto avia ante que ellos errassen contra mí. Ruego vos, que me consejedes lo que devo fazer en esto. Senor conde, dixo Patronio, si los que assi erraron contra vos fueran tales como fueron Don Pero Nuñez de Fuente Almexir é Don Ruy Gonçalez de Caballos é Don Gutierre Rodriguez de Langueruella, ó sopieran lo que les contesció, non fizieran lo que fizieron. El conde le preguntó, como fuera aquello. Senor, dixo Patronio, aquesto acaesció assí.

El conde Don Rodrigo el Franco fué casado con una dueña, hija de Don Garcia de Açagra, é fué muy buena dueña, y el conde, su marido, asacóle falso testimonio é quexándose desto fizo su oracion à Dios, que si ella era culpada que mostrasse su milagro en ella, é si el conde le asacara falso testimonio, que lo mostrasse en él. E luego que la oracion fué acabada, por el milagro de Dios engafesció el conde é ella partióse dél. E luego que fueron partidos, embió el rey de Navarra sus mandaderos á la dueña é casó

*) Diese Erzählung ist vielleicht nicht gerade eine der vorzüglichsten des Conde Lucanor, aber durch ihren echt spanischen Geist gewiss sehr charakteristisch, und hauptsächlich aus diesem Grunde nehmen wir sie auf.

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