Pagina-afbeeldingen
PDF
ePub

zelnen Genera, unter Subtraction des für jedes Specifischen, den Rest des allgemeinen Animalischen zu erhalten, der dann auch für die animalische Natur des Menschen bei der Berechnung in Anschlag gebracht werden darf, wenn die Causalitäten der anthropologischen Provinz aus den vor Augen stehenden Effecten analysirt werden sollen. Die auf solche Weise gewonnenen Typen würden ebenso wie die Geoffroy St. Hilaire's als Mutterstamm den aus ihnen angeschossenen Rassen gegenüberstehen, aber sie würden sich nicht auf die craniologischen Merkmale allein, sondern auf den Gesammthabitus stützen, auch nicht mit der angenommenen Vierzahl (caukasischer, mongolischer, aethiopischer, hottentottischer Typus) begnügen können, sondern voraussichtlich für jeden Continent eine weit grössere Mannigfaltigkeit erheischen.

Um bei dem obigen Beispiel der polaren Provinz stehen zu bleiben, so lässt sich als zoologischer Repräsentant derselben in den Ursinae der Ursus maritimus aufstellen, obwohl dann nicht ohne Weiteres beansprucht werden dürfte, dass sein Verbreitungskreis nun auch der für den polaren Menschen gültige sein müsste, indem schon die erwähnte Wanderungsfähigkeit und grössere Acclimatisationsfähigkeit des letzteren erhebliche Unterschiede hervorrufen könnte. Die Berechnung ist eine verwickeltere, und für Lösung der Aufgabe müsste die Gleichung etwa in folgende Form gebracht werden: Wenn für diejenige Wesenheit animalischer Natur, die sich in dem Character der Plantigraden ausspricht, die unter dem Namen arctischer Provinz zusammengefassten Einflüsse der Umgebungsverhältnisse die Specifität des Ursus maritimus in die Erscheinung riefen, welche Folgen wird ihre Einwirkung auf die menschliche Natur, ihrer animalischen Wesenheit nach, gehabt haben? Und weiter: Wenn der unter den Plantigraden der sog. arctischen Provinz entsprechende Repräsentant, als Ursus Maritimus, sich über die Küsten des Eismeers und Nordamerikas (bis 55°) verbreitet, welches Habitat werden dem durch die specifischen Einflüsse der gleichen Provinz bedingten Repräsentanten aus den Bimana zukommen? Wenn man in dieser Weise weiter rechnete, ähnliche Formeln für den Canis Lagyopus, den Lepus glacialis, den Gulo borealis u. s. w. aufstellte, so liessen sich vielleicht allmählig feste Proportionswerthe*) gewinnen, die durch ihre gegenseitige Controlle Klarheiten in Verhältnisse tragen würden, für die das Dunkel des Urgrundes, aus dem sie hervorgewachsen, keine Aufhellung liefern kann. Weil wir bis jetzt in keiner Weise befähigt sind, solche Gleichungen, die mehrere unbekannte Grössen einschliessen, zu lösen, haben wir deshalb nicht das Recht willkührliche Zahlencombinationen, die im empiri

*) Dumas glaubte Prout's Theorie zu verbessera, indem er die Atomgewichte aller Körper als genaue Multipla von dem eines unbekannten Körpers aufstellte, dessen Atomgewicht viermal kleiner sei, als der des Wasserstoffs, aber erst indem Stas die Atomgewichte eines gegebenen Elementes stets aus den Verbindungen ableitete, die dieses Element mit mehreren verschiedenen Körpern bildet, konnten die erhaltenen Zahlen untereinander controllirt werden.

schen Umherrathen zusammengeklebt, nothwendig falsche sein müssen, in der Zwischenzeit zu substituiren, um uns durch verführerische Selbsttäuschung, zu wissen, wenn wir nichts wissen, einschläfern zu lassen. Um das Richtige anzustreben, müssen vielmehr die Schwierigkeiten in ihrer ganzen Schwere erkannt werden und das Streben dahin gerichtet sein, verbesserte Methoden zu erfinden, wodurch sich schliesslich auch solche Acquationen höherer Grade werden lösen lassen.

So lange uns der feinere Einblick in die Rückwirkung klimatischgeographischer Einflüsse auf organische Productionen und ihre minutiöses Zusammenwirken mangelt, sind wir nur bei denjenigen anthropologischen Provinzen ihres characteristischen Typus sicher, wo sich derselbe im längeren Ueberblick geschichtlicher Veränderungen, als ein gleichartig fortdauernder, oder ein als gleichartig immer neu hervortretender, also: als ein an bestimmten Localitäten haftender, beweist. Wir werden ihn am leichtesten in weiten Steppen entdecken, über deren Flächenausdehnung, unbeneidet und unbelästigt, die Söhne des Bodens hin und her wandern, oder in steilen Bergmassen, deren Schwerzugänglichkeit ihre Bewohner schützt und isolirt. Auf begünstigten Territorien dagegen, auf einem vielfach coupirten und vielfach die Communication erleichternden Terrain, wird sich unter der Fülle der emporgewachsenen Culturvölker die Wurzel des primitiven Stammes nur mühsam erkennen lassen, wiewohl auch hier aus den geschichtlichen Wechselfällen mancher Lichtblick zu gewinnen ist. Bei der Kreuzung treten die Elemente von allen Seiten in entwickelungsfähiger Mischung zusammen. Das eingewanderte Volk, indem es die Grenzen seiner geographischen Provinz überschritt, leitete dadurch ein Changiren seines Typus ein, und durch die Berührung mit den schon ansässigen Eingeborenen wird auch die bisherige Constanz dieser erschüttert und rasch in mannigfaltige Variationen übergeführt, deren buntes Spiel in den neu aus Theilganzen hervorwachsenden Schöpfungen sich in geometrischen Progressionen vervielfacht. Bei den ethnischen, wie bei allen anderen Mischungen, wird der Character des schliesslichen Productes von der Schwere der Gewichtsverhältnisse abhängen, unter denen die einzelnen Factoren in Wechselwirkung getreten sind. Eine schroff und scharf ausgeprägte Rasse wird nothwendig in den von ihr eingegangenen Mischungen dominiren, wenn sie nicht, eben ihrer scharfen und schroffen Ausbildung wegen, unfähig ist, verwandtschaftliche Spannung hervorzurufen und also Mischungen überhaupt einzugehen. Hybride oder gemischte Bastardrassen, deren ursprünglicher Typus also bereits seit länger erschüttert und in Fluss gesetzt ist, werden (eben dieser Beweglichkeit ihrer Atome wegen) leichter polare Affinitäten auffinden, aber auch der Gefahr ausgesetzt sein, dieser leichten Anziehungsfähigkeit wegen überall ephemere Verbindungen einzugehen, denen der Halt eines inneren Gleichgewichtes, und damit die Garantie eines längeren Bestehens, mangelt. Treffen dagegen in einer durch Lösung verschiedener Mischsubstanzen viel

fältig geschwängerten Mutterlauge die Stoffe in richtig gesetzlicher Abgleichung ihrer negativen und positiven Gegensätze zusammen, so wird daraus eine von jenen hoch vollendeten Bildungen anschiessen, wie sie aus den geistigen Schöpfungen der Culturvölker hervorzustrahlen pflegen. Ueberall auf Erden treffen wir die Völker in verschiedenen Stadien der Mischung, die Gesetze der Mischungsfähigkeit sind indess bis jetzt nur unvollkommen erforscht, obwohl sich aus denjenigen, die durch die europäischen Colonisationen der neueren Zeit eingeleitet, ganz im Lichte der Geschichte verlaufen, manche nützliche Winke entnehmen liessen. Das vermeintliche Aussterben der Naturvölker findet nur unter exceptionellen und ethnologisch völlig erklärbaren Verhältnissen Statt, während in der Regel die unteren Schichten deshalb verschieden, weil sie von höheren Gebilden absorbirt werden. Auf Ursächlichkeit der geographischen Provinz sind noch zurückzuführen solche Unterschiede, die sogleich als Eintheilungsmerkmal ins Auge springen, wie die Steatopyge bei den Hottentotten (den Congesen, Makuas, Kaffern, Mandara, gemischten Tuarik), die ihnen und anderen arabisch-afrikanischen Stämmen zukommende Schürze, die Flecken der Pintados bei Acapulco und am Purus, die doppelte Falte des Augenlides, die das Schiefstehen bedingt, der breite Brustkasten der Quechuas in Folge der hohen Elevation, die dem Pelz der Polarthiere entsprechende Haarigkeit der Aino u. 8. w. Sie besitzen dieselbe Bedeutung in der Classification verwendet zu werden, wie der Fettschwanz*) des Schafes (in Ovis steatopyga Turkomaniensis), die schraubenförmigen Hörner des Zackelschafes (Ovis strepsiceros in Ungarn), oder der doppelte Höcker, der Camelus bactrianus vom Camelus dromedarius unterscheidet (Equus Zebra durch sein streifiges Colorit, der Buckelochse u. s. w.). Bei diesen scheinbar regellosen Eigenthümlichkeiten wird sich für Menschen so wenig, wie für die Thiere immer auf das Warum eines inneren Zusammenhanges zurückgehen lassen und wäre es deshalb allerdings weit bequemer, wenn sich ein gleichartiges und einfaches Eintheilungsprincip nach der Schädelform gewinnen liesse. Obwohl indess der Schädel, bei der Correlation des Wachsthums im Organismus, gewisse Rückschlüsse auf den Gesammthabitus erlaubt, so würde er doch häufig genug über eclatant hervortretende Merkmale desselben gar nichts aussagen, und deshalb für sich allein nicht genügen. So lange sich der Causalzusammenhang des Existirenden dem Verständniss entzieht, ist der Schein eines künstlich abgerundeten Systems um so mehr zu vermeiden, und müssen wir uns zunächst begnügen das thatsächlich Gegebene aufzuzeichnen und in Reihen anzuordnen. Eine exceptionelle Berücksichtigung verdient indess bis jetzt im gewissen Grade der

*) Die Fettklumpen der schwanzlosen Schafe verschwinden, wenn sie durch die rus sischen Käufer aus dem Kirgisenlande in das ihrige versetzt werden. Nach Livingstone zeigt sich Anlage zur Steatopyge bei den Frauen der Boers, die lange denselben Boden mit den Hottentotten bewohnten.

Schädel, als Abdruck des das Geistige und Körperliche im Menschen vermittelnden Organes, also des eigentlichen Knotenpunktes seiner Wesenheit, doch erhält er für diesen Gesichtspunkt seine volle Bedeutung nur in gewissen Entwickelungsstadien emporblühender Civilisation, wo der zum Ausdruck strebende Gedanke sich in der Physiognomic spiegelt und diese umformt. Auf tieferen Stufen vermag jener die Materie noch nicht zu überwinden und auf den höheren ist er nicht länger an dieselbe gebunden.

Am directesten macht sich die mikrokosmische Reaction im Kampfe gegen die in den äusseren Einflüssen des Makrokosmos hervortretende Feindlichkeit in der Hautbedeckung sichtbar, die in vielfachster Mannigfaltigkeit die Thierwelt mit Schuppen, Federn, Schaalen, Pelzen u. s. w. bekleidet, und sich beim Menschen in dem characteristischen Rest des Kopfhaares*) (s. Pruner-Bey) erhalten hat, entweder flach und deshalb gekräuselt, oder rund und deshalb schlicht. Während sich bei Schafen die haarige Varietät in West-Africa, als Ovis guiensis, und in Arabien findet, sowie als das den Uebergang zur Ziege bildende Mähnenschaf (Ovis tragelaphus) in NordAfrica findet, ist beim Menschen umgekehrt gerade das wollige Haar heisseren Gegenden eigenthümlich. In dem unzugänglichen Continente Africa's dauert letzteres in grösserer Ausdehnung fort, in den aequatorialen Breiten Asiens dagegen, hat es den von allen Seiten eindringenden Schlichthaarigen die es in fortgehenden Kreuzungen allmählig zugleich exterminirten, weichen müssen und sich deshalb nur in zerstreuten Isolirungsflecken auf abgelegenen Inseln, oder in abgelegenen Theilen derselben, erhalten.

Die Bedeutung der Verschiedenheit in den Hautbedeckungen, als deren letztes aber unverkennbares Indicium der Haarwuchs beim Menschen geblieben ist, spricht sich zunächst in der passiven Reaction des Einzelngeschöpfes gegen die Umgebung aus, soweit dasselbe auf der Defensive verharrt, im Gegensatze zu der activ eingreifenden Gliederung. Das Vorkommen des gekräuselten oder schlichten Haares steht nicht isolirt, als einzelnes Symptom, sondern hängt mit der ganzen Anordnung der Organisation zusammen. Das schwarze und krause Haar wächst aus einer sammtartigen Haut hervor, deren Rete Malpighii mit dunklem Farbstoff gefüllt ist, findet sich also bei einer vorwaltenden Leber-Constitutionen, bei welcher die Gallenabsondernng für die mangelnde Oxydation des Blutes in den Lungen vicarirt. Das krause Haar characterisirt deshalb ethnologisch den Bauchmenschen dem Lungenmen

*) Herodot unterscheidet die kraushaarigen Aethioper Libyens von den östlichen Aethiopern mit schlichtem Haar. Geoffroy St. Hilaire begreift (wie Bory de St. Vincent) die weissen, gelben, braunen und rothen Rassen unter schlichthaarige (Leiotrichi), die Neger, Nigritos, Hottentotten und Buschmänner unter die wollhaarigen (ulotrichi). Die Erscheinung des strauchartigen Haarwuchses bei Papuas und Alfurus (aus dem Wollhaar des Negers und straffen Haar der Mongolen gemischt) findet sich (nach Schomburgk) in den Mischlingen von Negern und kupferfarbenen Eingeborenen, die Zambos (in Guinea) oder Cafusos (in Brasilien) heissen. Aus denselben Ehen werden Kinder der Mulatten mit krausem und schlichtem Haar geboren (nach Burmeister).

schen gegenüber, und wenn wir weiter in vergleichender Anatomie längs der Scala des Thierreiches oder in die Stadien der Embryologie zurückgehen, so hebt sich die Bedeutsamkeit des Gegensatzes*) zwischen Bauch und Brust, zwischen Leber- und Lungenthieren bald mit vollerer Klarheit hervor, obwohl nicht genügend für die Kühnheit, mit der die Naturphilosophie schwindelnde Systeme darauf bauen wollte. Von Abstufungen der Vollkommenheit lässt sich nicht reden, wenn uns das in der Existenz angestrebte Ziel nicht vor Augen steht, und je nach den Umgebungsverhältnissen mag sich die krause oder die schlichte Varietät des Menschengeschlechtes als die lebensfähigere erweisen. Doch lässt sich allerdings aus der Speisung der Gehirnthätigkeit durch arterielles Blut der Satz belegen, dass im Allgemeinen genommen die durch schlichtes und helles Haar gekennzeichnete Varietät des Menschengeschlechtes die für geistige Schöpfungen geeignetere sein wird. Das gilt natürlich nur als allgemeine Generalisation in der Ethnologie, denn im speciellen Fall können mannigfachste und verschiedenste Nebenumstände auch innerhalb der kraushaarigen Varietät schlichte und innerhalb der schlichten Varietät kraushaarige zeugen, ohne dass für den speciellen Character solcher Individuen irgend etwas weiter daraus gefolgt werden könnte. Wie bei den Thieren die Farbe durch die Einflüsse der geographischen Umgebung durch Klima*), Nahrung (besonders bei den Vögeln) u. s. w. bedingt wird, so ähnlich rufen bei Menschen bestimmte Ursächlichkeiten der anthropologischen Provinz die leichte, oder die dunkle Varietät (und damit alle daraus nöthigen Correlationen im Wachsthum) ins Dasein, und diese werden sich unter einander dann wieder in verschiedenen Graden bei der Kreuzung durchdringen und gegenseitig modificiren, so dass eine Menge von Halbschattirungen hervorgeht, von denen manche (neben den beiden Extremen des Hellen und Schwarzen) auch schon als ursprünglich gegeben zu betrachten sein mögen. Aus congenialen Mischungen wird sich aber bald ein selbstständiger Typus herausbilden, der dann nicht wieder in die in ihm aufgegangenen Grundelemente zertheilt werden darf. Es ist eine un

*) Wie der Europaer in heissen Ländern von Gallenfiebern befallen wird, geht der Neger in kalten Ländern (durch Ueberarbeitung seiner Lungen) an Phthisis zu Grunde. In beiden Fällen wird das dem Rassencharacter nach für relative Ruhe bestimmte Organ durch die veränderte Umgebung, als hauptsächlich functionirendes in Anspruch genommen und dadurch in seinem Gesundheitszustand leicht zerrüttet. Die Reductionsprocesse während der Schwangerschaft rufen durch ihre Ablagerung die dunkle Färbung an Brust, Bauchdecken u. s. w. hervor.

**) Das Fell des Tigers in Korea deutet durch längere Behaarung und blässere Färbung auf eine nördlich klimatische Abänderung hin (Brandt). Wie der Tapir auf Amerika, ist der orientalische auf Sumatra beschränkt; der Chaco ist auf den Baikalsee, der Amblyopus auf die Mammuthhöhlen, der Proteus auf die Höhlen Kärnthens angewiesen, die Goniodonten Südamerikas auf Süsswasser, die Säugethiere Australiens auf ihren Continent. Dagegen findet Agassiz bei der Familie des Härings das Beispiel einer weiten Verbreitung im Meerwasser, beim Menschen über der Erde, obwohl die localen Variationen des letztern dann wieder ihre Berücksichtigung verlangen werden.

Zeitschrift für Ethnologie, Jahrgang 1869.

2

« VorigeDoorgaan »