DRU S. DRUS (teutscher Volksglaube), hat sich in den Redensarten: daß dich der Druß hole, daß dich der Druß ersticke, daß dich der Druß bestehe, oder auch blos: dat dii die drues, erhalten. Vormals leitete man das Wort so ab: Drusus habe den Teutschen solches Schrecken eingeflößt, daß die Redensart entstanden: daß dich der Drufus bestehe. Auch sollen die Pestbeulen von ihm die Drüsen heißen, darum, daß er der Teutschen Pestilenz gewesen 1). Man könnte zu dieser Annahme als Seiten stuck den Schreckensnamen des Richard Löwenherz von England anführen. Er machte sich im gelobten Lande durch manche große Thaten den Sarazenen so furchtbar, daß wenn bei diesen die Kinder schrien, die Weiber ih nen zuriefen:,,Still! König Richard kommt und will dich holen!" und die Sarazenen und Beduinen ihre Pferde, wenn sie vor einem Schatten oder Busche scheu wurden, mit den Worten spornten: Meinst du denn, es fei König Richard ?" 2) Hatte dieses wirklich statt, so war es doch vorübergehend; aber es ist nicht glaublich, daß Drusus den Teutschen solchen Schrecken eingejagt, daß die Redensart bleibend geblieben wåre, wenn sie keine tiefere Begründung hätte. Andere haben daher mit Recht die Ableitung von Drufus aufgegeben. Der Alp heißt nämlich nicht blos,,der Druß," sondern auch der Drotte," und das Drutdrucken beim frånkischen, schwäbischen und österreichischen Volke, und auch der Volksglaube fand statt, daß man die Gespenster zwingen könnte, daß sie den andern Tag in menschlicher Gestalt erschienen, wenn man fagte: Drut komm morgen, so will ich borgen. Ein-Theil der Alterthumsforscher hat daher angenommen, daß Drus früher eins gewefen mit den gallischen Dru den, welche vorzüglich in der spätern Römerwelt eine so große Rolle spielten; so z. B. als Alexander Severus einst auszog, rief ihm eine Drude (mulier Druias) in gallischer Sprache zu: Gehe, doch hoffe keinen Sieg, P. 68. " 1) Conr. Kempius, Hist. Frising. Lib. I. Cap. VIII. p. 30, Crusius, Ann. Suev. Lib. II. P. I. p. 45. Ehrich, Julische Chronik, 2. Buch. S. 92. Blumberg, De monumento Drusi. Dresser, Isag. Hist. P. I. p. 487. Struv., Corp. Hist. Germ. p. 74. Paullini, Zeitkürzende erbauliche Luft. 8. Thl. G. 420. Månting, Denkwürdige Curiositeten abergläubischer Alberteten. Patin, Antiqu. rom. rel. III. p. 60. 2) Johann von Joinville, Leben Ludwig's des Heiligen. Edit. Paris. Fol. 16, 17. Collect. de Mémoires relat. l'hist. de France. T. I. p. 35, 36 bei Schiller, Histor. Memoiren. 1. Ubth. 4. Bd. S. 26. U. Encykl. d. W. u. K. Erste Section. XXVIII, noch traue deinen Soldaten!" Der Kaiser ward in Britannien, oder nach Undern in Gallien, im Dorfe Sicila, als er nur von Wenigen umgeben war, von einigen Soldaten, vorzüglich solchen, welche unter Heliogabal Belohnungen erhalten hatten, auf Räuberweise erschlagen, da sie den strengen Fürsten nicht ertragen mochten (Aelius Lampridius, Alexander Severus, Cap. 58, 59). Aurelian befragte einst die gallischen Druden (Gallicanas Druidas), ob das Reich bei seinen Nachkommen bleiben würde. Sie antworteten, kein Name werde im Staate berühmter werden, als der der Nachkommen des Claus dius (II.). Dieser Drakelspruch gewann unter dem Kaiser Constantius Chlorus, dem Sohne einer Bruderstochter des Kaisers Claudius II., Berühmtheit, da man glaubte, daß seine Nachkommen zu dem Ruhme gelangen würden, welcher ihnen von den Druden (Druidibus) vorausvers kündigt worden; und in der That sind auch seine Söhne Constantin der Große, und Julian berühmt genug (Flavius Vopiscus, Aurelianus, Cap. 43). Als Diocletian zu Longern in Gallien in einem Wirthshause fich aufhielter diente damals noch in kleinern Militairstellen und mit einer Drude (Druide quadam muliere) die Rechnung seiner täglichen Kost abschloß, fie aber sagte: Diocletian! gar zu geizig, gar zu sparsam bist du," soll er im Scherze, nicht im Ernste, gesagt haben:,,Dann werde ich freigebig sein, wenn ich Imperator sein werde." Auf dieses soll die Drude (Druias) erwidert haben: „Diocletian scherze nicht, dann wirst du Kaiser sein, wenn du den Eber (Aper, Eigenname) wirst erschlagen haben." Seitdem herrschte in Diocletian's Seele beständig die Begierde nach dem Reiche, und er erzählte auch seinen Freunden den Spruch der Drude, bis er hochgestiegen war, dann lächelte er und schwieg. Doch erlegte er auf den Jagden die Eber, deren er habhaft werden konnte, immer mit eige ner Hand. Endlich als Aurelian, als Probus, als Tacitus, als ein Carus selbst das Reich erhielt, sagte Diocletian: Ich erlege immer die Eber, aber ein Anderer genießt das Fleisch." So wenig er auch, vorzüglich zu Anfange feiner Regierung, wünschte, als grausam bekannt zu wer den, so erschlug er doch, um den Spruch der Drude zu erfüllen und sein Reich zu befestigen, den Praefectus Praetorii, Namens Eber (Aper), und soll hierauf gesagt has ben: Endlich habe ich den Schicksalseber (Aprum fatalem) erlegt (Vopisc., Numerianus c. 15). Die meter Vo " 1 287121 tivtafel enthält die Inschrift: Dem Sylvan heiligte und den Nymphen des Ortes weihte die Drude, die Prieste rin Urete, im Schlaf (durch Traum) erinnert." (SILVANO SACR ET. NYMPHIS. LOCI ARETE. DRVIS ANTISTITA SOMNO. MONITA . D.) Bei Gruter., Corpus Inscriptionum P. LVIII. No. 9. Die Wahrsagerin, welche um das J. 585 in Frankreich berühmt war, gehörte, ungeachtet die Franken bereits von Gallien Besitz genommen, doch wol eher zu den Gallierinnen als Frankinnen, da sie anfänglich in Dienstbarkeit lebte. Von ihr sagt Gregor von Tours (Hist. Lib. VII. Cap. 43 ap. Freher., Corp. Franc. Hist. Tom. II. p. 167), daß fie den Geist des Pytho gehabt (spiritum Phitonis [Pythonis]), пvεvμa ПTv9wvos. Acta Apostolorum. Ein Theil der Alterthumsforscher 3) nimmt daher an, daß Drus in jenen Verwünschungsformeln seinen Ursprung von den Druden habe, und als diese abgeschafft worden seien und alles Heidnische in Teuflisches von den Heidenbekehrern umgewandelt, so habe sich Druis, Druias als Drus in jener Verwünschung erhalten. Diese Erklärung dürfte allerdings jener von Drusus weit vorzuzichen sein. Aber nur am Rhein und in Südteutschland, wo Gallier saßen, konnten die Teutschen füglich mit den gallischen Druden bekannt geworden sein; aber Drus ift so bedeutsam, daß es auch in Nordteutschland eine Rolle spielt, so in der Redensart der Harzbewohner: daß dich der Duß bole *), und so auch im bremischen Niederteutsch): De Duus, der Teufel, der Henker, und im Englischen Deuse, Teufel. Drus und Dus ist natürlich eins. Sehen wir uns nach germanischen Quellen um, so finden wir im nordischen Thurs, Thuss, Thussi (angelsachs. Thyrs), Riese. Diese Thursen oder Thussen spielen in der nordischen 6) Mythologie eine große Rolle, und sind den Göttern und Menschen feindliche, zaubermächtige Wesen. Die nordische Göttersage macht Alles klar. Hier finden wir unter den Verwünschungen in der För Skirnis diese: Böse Geister ) beugen 3) Goz. B. Keyssler, Antiq. Septentr. p. 508. Gottfr. Schütze, Exercitationum ad Germaniam sacram Gentilem facientium Sylloge. p. 23, 24. 4) Letterer S. 239. 5) (Ti ling) Brem. niedersächs. W. B. 1. Thl. S. 275. 6) Auch in der indischen, wie 2b. Wagner, Bailey-Fahrenkrüger's Wörterbuch der engl. Sprache, 1. Thl. S. 260, zu Deuse fagt: „Die indische Mythologie hat als empörte Riesen, welche Sinnbilder des abgefallenen, selbstwilligen, eigensüchtigen, aus dem Ganzen gefallenen, vereinzelten Menschengeistes find, Chuffen, die den Trank der Unsterblichkeit geraubt haben." Bekanntlich raubt auch in der nordischen Mythologie der Thuß Thiassi Idunn nebst ihren die Götter verjüngenden Äpfeln. Wie Thyrs auch im Angelsachs. Riese, d. h. feindliches, zaubermächtiges Wesen, bedeutete, f. im Beowulfsliede, Ausg. vom Thorkelin, S. 11, 18, 103 fg., und die alte angelsächs. Weisfagung bei Turner, Histor. of Anglosaxons I. p. 324, und über Thurs f. Finn- Magnusen, Lex. Mytholog. p. 974-983. 7) Tramar. 8) Riesen. 9) Reifriesen. Krank, ohne Kost Sollst du zum Wechsel haben Die gedrängt gesezt ward Ich ging ins Gehölz Erzürnt ist dir Odin Wie ich verbanne Wonne rom Manne dem Mädchen Hrim: Grimnir 10) heißt der Thurs, In der Todten - Gatter Tiefe, Andern Tranf Wollust und Wuth und Ungeduld. Thurs, Thuss (Riese) ist der Name eines nordischen Stabes, d. h. Buchstaben oder einer Rune. Diese Verwünschungsformeln eröffnen uns auch das teutsche Heidenthum in engerer Bedeutung; Drus ist also Buchstabenversehung für Durs, und für Durs war die andere Form Duß, und die oben am Anfange des Artikels angeführten Verwünschungen sind überbleibsel aus dem teutschen Heidenthume, nur daß man spåter in der Christenzeit Drus und Dus nicht mehr in der heidnischen Bedeutung eines feindlichen Wesens in Riesengestalt nahm, sondern sich darunter den Teufel dachte. Aus den heidnischen Verwünschungen in der För Skirnis, nach welchen der Thurs das Mädchen haben soll, erhellt auch zu gleich der Zusammenhang des Drus oder Dus mit den keltischen Geistern, welche Dusii hießen, von welchen man glaubte, daß sie Männergestalt annahmen 2) und sich zur Befriedigung der Wollust auf die menschlichen Weiber als incubi legten 13), fowie auch der Drus oder der Daus") im Teutschen den Alp bedeutet, daß man bald der, bald die Drus sagte, hatte wol ursprünglich so statt, daß man, wenn Männer vom Ulp gedrückt wurden, oder von jenem feindlichen Geiste geholt werden follten, die Drus brauchte, ir Beziehung der Frauen: zimmer zu jenem Geiste der Drus, weil man sich das bei geschlechtliche Beziehungen dachte. (Ferd. Wachter.) DRUSA. Diese Pflanzengattung, aus der zweiten Ordnung der fünften Linné schen Classe und aus der Gruppe der Hydrokotylinen (Mulineen Cand.) der na= türlichen Familie der Umbelliferae, hat Candolle (Annal, du Mus. X. p. 466. t. 38) so genannt zu Ehren ihres Entdeckers, des Franzosen Ledru. Char. Die wes nigblumigen, gestielten Dolden stehen ohne Hülle in den Blattachseln; der unscheinbare Kelchsaum und die ovalen Corollenblättchen sind ganzrandig; die elliptische Frucht besteht aus zwei auf dem Rücken sehr zusammengedrückten Achenien ohne Saftgånge; die Rippen auf dem Rücken und zu beiden Seiten in der Mitte find linienförmig und flach; die beiden Rippen am Rande find verlängert und bilden einen ausgeschweift-buchtigen Flügel, dessen Spisen sich zu sternförmigen Hakenstacheln ausbreiten. Die ein zige bekannte Art, Dr. oppositifolia Cand. (1. c. Sprengel Umb. prodr. p. 15. t. 6, Bowlesia oppositifolia L. v. Buch Canar. p. 34, Sicyos glandulosa Poiret Encycl. suppl. VII. p. 155) ift ein niederliegendes, zartes Sommergewachs mit steifen, stern förmig haligen und weichen einfachen, oder sternförmigs büscheligen Haaren bedeckt, mit gegenüberstehenden, gestiel ten, dreilappigen, gekerbten Blättern und kleinen, weißen Blumen. Diese Pflanze ist bisher nur in feuchten Fels spalten auf Teneriffa gefunden worden. (A. Sprengel.) DRUSE. Mit diesem Ausdrucke bezeichnet man die gruppenweise vereinigten aufgewachsenen Krystalle. (Germar.) Druse, f. Pferdekrankheiten. DRUSEN, eigentlich El-Durzi (Dursi), ein merk würdiger, syrisch- arabischer Völkerstamm, zumeist wohnhaft im Gebirge Libanon, zum Paschalik von Akka gehörig. Abstammung und übersicht der Geschichte. Bei der Ableitung dieses Volkes kann man zuerst von den alten Ituráern ausgehen, welche ursprünglich in und neben diesem Gebirge und dem benachbarten Felsenlande südöstlich von Damaskus wohnten (sowie jest ein Theil der östlichen Drufen in Hauran, dem Auranitis der Alten, seinen Sig hat). Sie waren ursprünglich Syrer und gute Bogenschüßen, besaßen außer mehren Festen 12) Nämlich die Gestalt der von den Weibern geliebten Mannsperfonen. Hincmarus, De divortio Lotharii, p. 654: quaedam etiam foeminae a Dusiis in specie virorum, quorum amore ardebant, concubitum pertulisse inventae sunt. 13) Augustinus, De civitate Dei, XV, 23. Isidorus, Origin. VIII, 11. Gervasius Tilberiensis ap. Leibnitz., Scriptt. T. I. p. 989. 14) Daus aus Dus gebildet, auch Dur, f. Radloff, Untersuchungen des kelt. Heidenthums, S. 327. die Seehäfen Botrys und Byblos (beide im alten Phōnikien und im jezigen Paschalik Tripolis oder Tarablus) in derselben Gegend, wo der alte syrische Adonis - Dienst herrschte, erhoben sich nach Alexander unter den schwächern makedonisch syrischen Königen, wurden von Tigranes zwar bekämpft, aber von Ptolemåus in ihrer alten Freis heit bestätigt (vergl. Plinius V, 23, Strabo XVI, Vibius Sequester, und Mannert in der Geographie der Griechen und Römer, 6. Thl. zweite Ausgabe). Diese schon von Mannert versuchte Ableitung hat außer der Namensáhnlichkeit (der Name Iturái scheint gleich dem der Laurier Bergbewohner zu bezeichnen) und der Identität des Locale den historischen Sat für sich, daß Bergbewohner ihre Ursige in der Regel behaupten. Auch haben die Drufen, nach dem Verfalle der alten Seeftädte von Botrys und Byblos (jezt Batrun und Dschibla oder Dschebail, f. Büsching S. 339, 340) am mittelländischen Meere, seit Jahrhunderten einen Ersat in dem Pachte des etwas weiter füdlich gelegenen Seehafens von Berytos oder Beirut gefunden. Eine andere gewöhnlichere Ableitung, welche die Analogie der benachbarten stammverwandten, wenngleich christlichen, Maroniten für sich hat (insofern sie von Maroun, dem christlichen Eremiten im 5. Jahrh. n. Chr. G., ihren Namen haben), gründet sich auf den Beinamen des religiösen Reformators der Drufen Muhammed Ebn Ismael, námlich El dursi (nicht El darari *), welcher im 11. Jahrh. lebte. Hierbei ist aber zu bemerken, daß die Drusen selbst sich ge= wöhnlich Al-Muheddin,, d. h. Unitarier, Anhänger eines Gottes nennen, daß schon Benjamin von Tudela im 12. Jahrh. ihr Volk Dursi oder Drufen nannte, daß nach ihm Abulfeda (in der Tabula Syriae) ebenfalls das von den Drusen bewohnte Westgebirge des Libanon Al-Dorsat bezeichnet, und daß wol natürlich jener Beiname des Muhammed Ibn Ismael einen Drusen überhaupt, d. h. einen Bewohner jenes alten Landes, bedeutet. Eine ganz ungereimte Ableitung späterer Zeit von einem Grafen Dreur, der zur Zeit der Kreuzzüge eine Colonie von Franzosen in das Gebirge des Libanon geführt haben soll, wenngleich gestüßt auf die Thatsache, daß zur Zeit Gottfried's von Bouillon ausländische Flüchtlinge und Kreuzfahrer aus Frankreich sich hier niederließen, rührt von dem Vorgeben des Drusenfürsten Fakr-ed-din her, welcher im Anfange des 17. Jahrh. jedes Mittel anwandte, um europäische Unterstügung zu erhalten, und *) Der Name Darari, der noch bei Niebuhr (Reis‹beschrei ૩પ zu lefen ift. Das درازي bung, 2. Bb. G. 428) und Büsching (S. 352) als der Beiname des Muhammed Ismael vorkommt, ist entstanden durch eine unrichtige Lesart in Elmacini Historia Saracenica, herausgegeben von Erpenius, 3. Ihl. Cap. 6, 100 arabische scharfe 8 oder Z (ƒ) unterscheidet sich nämlich von dem R(S), nur durch das darübergesezte Punktum. Die richtige Lesart wird bestätigt durch Abulfeda's Bezeichnung des Drusenlandes. Ebenso schrieb Benjamin von Tudela, wie schon Baratier, dessen überseger, bemerkt, Büsching (S. 351) nur vermuthet hat, 77777, Durziim, nicht Dogziim. sich namentlich für einen Verwandten des alten lothringi schen Hauses ausgab (Herbelot, Bibliothèque orientale s. v. Durzi). Noch im J. 1701 verbreiteten die Drusen selbst diesen Glauben an eine französische Ubstam mung. In ihrer damaligen Bedrängniß schickten sie Gesandte an den König von Frankreich, und begehrten die Erlaubniß, französische Wappen über die Thore ihrer Festen sehen zu dürfen, für ihre Fürsten Decorationen des Heiligengeistordens. Nur das Erste ward bewilligt. Man weiß nicht, wann die Drufen, deren Geschichte sich unter den Umwälzungen der weltstürmenden größern Nationen ihrer Nachbarschaft verliert, zuerst der Oberherr schaft der Khalifen sich unterwarfen, deren Religion, den Islam, sie wenigstens hin und wieder zum Schein an nahmen. Sie scheinen aber ihre uralte Bergfreiheit unter Stammesfürsten nicht nur während der ganzen Periode der Kreuzzüge als bei den ersten großen Eroberun gen der türkischen Sultane behauptet zu haben. Weder die Statthalter derselben zu Said oder zu Akka oder Akre, noch die von Tripolis, noch die von Damaskus, ihre Nachbaren, die nicht selten von ihnen bekämpft und überfallen wurden, konnten ihre Macht brechen, oder etwas anderes als einen schwankenden, von Zeit zu Zeit verringerten oder vergrößerten Tribut (Miri) erhalten. Selim I. und Soliman II. wurden durch größere Unter nehmungen abgehalten, sie zu befehden. Erst gegen das J. 1588 gelang es Amurath III., durch Ibrahim, Pascha von Said (Sidon), sowol die Maroniten als Drusen, diese durch Verjagung ihrer Häuptlinge, zu båndigen. Er gab ihnen einen obersten Anführer oder Großemir, aber beförderte dadurch die Einheit und Macht des Volkes. Hierdurch gelang es im Anfange des 17. Jahrh. dem aus dem alten Hause Maan stammenden Drusenfürsten Fakr-ed-din (gewöhnlich Fakardin, bei einigen französischen Geschichtschreibern sogar Armifikardin, d. h. Emir Fikardin genannt), sich durch List und Gewandtheit auf Unkosten der benachbarten Paschas zu vergrößern und des ganzen Bergs Libanon, von Akre bis Laodicea, und selbst der Seestädte von Tripolis und Said, zu bemächtigen. Aber um diese Zeit bildeten sich zwei Hauptparteien der Drufen, deren Grundherren oder Scheifs in allen einzelnen Districten eine große Unabhängigkeit behaupten, die Kaiffi mit der rothen Fahne, und die Jemeni mit der weißen Fahne; nur die erstere unterstützte den Großemir, die andere, mit den Türken verbunden, welche mit einem Feldzuge drohten, brachte es dahin, daß er die Regierung seinem Sohne Ali übergab und nach Ita lien floh. Hier hielt er sich fünf Jahre bei dem Herzoge von Florenz auf, knüpfte Bündnisse mit den benachbarten europäischen Fürften an, und hoffte dadurch eine unabhängige Macht in dem ganzen Bezirke des alten Phōnikiens zu gründen; aber nach seiner Heimkehr sowol vom Ausland als seinen Unterthanen verlassen und von den Türken zu Wasser und zu Lande belagert, durch den Berlust einer Schlacht, in der sein Sohn Ali fiel, ge= schwächt, mußte er sich in den Gebirgen verbergen. Endlich unterwarf er sich den Türken. Amurath IV. ließ ihn nach Constantinopel kommen, wo er Anfangs durch Ge wandtheit, einnehmende Gestalt, Geschenke und Bestechungen fich einen großen Anhang erwarb, bald darauf aber, als sein Neffe Emir Melhem im Libanon neue Unruhen anfing, im J. 1631, auf Befehl Amurath's IV., stran= gulirt wurde. (Vergl. über ihn außer Volney's und Niebuhr's Reisebeschreibung Mariti, Historia di Faccardi, sowie dessen weiter unten angeführte Reisebeschreibung. Auch ein Maronitenprinz, Abn Nofir, hat eine besondere Biographie dieses Drusenfürsten geschrieben, worüber Niebuhr a. a. D. S. 459 nachzusehen.) Nach ihm regierten zwar noch aus demselben Stamme Maan zwei Söhne des Emir Melhem, aber sie vermählten sich schon mit den Töchtern des von den Scherifs zu Mekka abgeleiteten Geschlechts Schehab, welches sich nun erhob, und aus dem alle neuere Großemirs der Drusen entsprossen sind. Ihre zum Theil sehr abenteuerliche Geschichte findet man bei den angeführten Schriftstellern. Im J. 1710 erlitten die Drufen eine neue Verfolgung durch den Pascha von Damaskus, der ihren Großemir Abdalla in seine Gewalt brachte, und sie wenigstens aus dem benachbarten Hauran zerstreut haben würde, wenn nicht dessen Sohn, Emir Asser, sie gerettet hätte. Vom I. 1740-1759 regierte Emir Melhem II., der, bestån= dig glücklich in seinen Unternehmungen, das Unsehen der Drufen wieder mächtig hob. Er hinterließ drei unmůndige Söhne, unter denen Jussuf der älteste, wie im Libanon gewöhnlich, bei einem Maroniten erzogen und mit der christlichen Taufe versehen wurde, während sein Oheim Mansur Regent der Drufen war. Mit Hilfe der ge= wonnenen Maroniten und einer der drusischen Factio= nen (der Dschionbelat), auch des Pascha's von Damaskus, vertrieb Jussuf zuerst die im District Dschebail und in den südöstlichen Thälern des Libanons wohnenden, den Christen und echten Muhammedanern gleich verhaßten Metameli (eine eigene zu den Schiiten gehörige Secte), welche seit Jahrhunderten ihre Dörfer vom Pascha von Tripolis zu Lehn getragen hatten, nunmehr aber in die Gegend von Baalbeck zogen. Hierauf (1770) wurde auch Mansur genöthigt, die Regierung der Drufen dem Jussuf abzutreten. In der Folge, als Jussuf in den Fehden mit Daher, dem Pascha von Ukka oder Akre, geschlagen wurde, erhob sich zwar Mansur von Neuem, aber Jussuf kam wieder an die Spiße und bediente sich, um den Hafen von Beirut zu behaupten, eines bosnischen Abenteurers, Ahmed, des nachher berüchtigten Dschezzar Pascha, der aber diese Stadt den Türken überlieferte, und nachher, Unfangs unter Jussuf's Hoheit, seine Macht erweiterte, Pafcha von Said und zuleht von Akre wurde und einen neuen Emir, Ramens Beschir (von dem Stamme Schehab) einsehte. In neuern Zeiten regierte dieser Emir Beschir, dessen Macht, auf den Beistand der Türken gegründet, durch den Scheit Beschir, das eigentliche Haupt der Drusen (Großscheik), sehr beschränkt wurde (vergl. außer Volney und Niebuhr, Burckhard's Reisen in Syrien u. f. w. mit Anmerkungen von Gesenius in der neuen Bibliothek der Reisebeschr. [Weimar 1823.] 34. Bd., und Neue geogr. Ephemeriden, 4. Bd. [1818], wornach nach dem Scheik Beschir dessen Bruder Hassan folgte, der im I. 1808 gestorben ist). Als Bonaparte seine Unternehmungen von Ägypten aus begann und die Franzosen Akre belagerten, glaubte man, daß die Drusen sich zu ihnen schlagen würden, aber sie blieben neutral (nach Berthier Berustan; vergl. eine im J. 1799 zu Berlin gedruckte Schrift: Bonaparte und dessen Bundesgenossen, die Drusen), und sollen überhaupt seit jener Zeit eine Abneigung gegen die Franken gefaßt haben, sodaß es nach Burckhard ein drusisches Schimpfwort ist:,,Gott be= decke dich mit einem Hute!" Den Planen Ibrahim's, des Sohnes Mehemed Ali's von Ägypten, zur Eroberung Syriens, schienen sie Anfangs Vorschub zu thun, indem ihr Emir 10,000 Mann für ihn zusammenbrachte. Die Drusen selbst, von ihren Stammeshäuptern (Scheifs) abhängig, hielten dies aber bald für einen Verrath an den In teressen ihres Vaterlandes, und zogen haufenweise zurück (Neueste Zeitungsnachrichten von 1834). Man glaubt aber noch immer, daß wenn ein Drusenfürst von Unternehmungsgeist, von dem Stamme Schehab, die sämmt lichen christlichen oder maronitischen Bewohner des Libanons gewanne und die Parteien seines Volkes zu vereis nigen wüßte, er eine der mächtigsten Statthalterschaften oder ein kleines unabhängiges Reich in Syrien gründen fónnte. Land. Die Drusen, deren eigenthümliches Land auf 110 M. geschäßt wird, bewohnen südlich von den Maroniten das äußere Westgehänge des Libanon und fast den ganzen Antilibanon, von Beirut bis Sur oder Ty rus (in der Ausdehnung der Seeküste von Norden gegen Süden), vom mittelländischen Meere bis nach Damas kus (vergl. Burchard's Karte von Syrien a. a. D., fowie die Karte von Syrien zu Berggren's Reise. Stockholm 1826). Ihre Hauptdistricte sind: 1) Die Provinz Schuf üll, in der südlichen Verzweigung des Libanon und Antilibanon. Hier findet fich die Residenzstadt des Großemirs und der vornehms sten Scheiks, Deirel Kammar, eine Lagreise von Said, wo die von allen Stammåltesten und Gutsbesigern besuchten Landtage gehalten und die wichtigsten Landesangelegenheiten, Krieg und Frieden, die Abgaben und der Tribut an den Pascha von Akka, sonst von Said, in dessen Gebiet diese Provinz gehört, entschieden werden. In der Umgegend wächst die beste Seide. Die Einwohner, ungefähr 300 Drufen und 900 Maroniten, bauen außer den Maulbeerbäumen auch Weinreben und verfertigen alle Kleidungsstücke der Bergbewohner, besonders die kostbaren Abbas (Abbayes), seidene, mit Gold und Silber durchwebte Röcke, welche die reichen Scheifs mit 800 Piastern bezahlen. Die Familiengraber der hie figen Christen sind steinerne Gebäude, zuweilen mit Kuppeln versehen, in denen die Leichname beigesetzt, und die nach jeder Beerdigung wieder verschlossen werden. Der Name der Stadt, welcher Kloster des Mondes bedeutet, rührt von einem der heiligen Jungfrau, welche gewöhnlich in Syrien mit dem Bilde des Mondes zu ihren Füßen abgebildet wird, sonst geweihten Kloster her. Fast alle Dörfer in der Nähe haben syrische Namen (Burckhard). Unweit von Deirel Kammar zu Mochtar wohnt der mächtige Scheik Beschir, vom Stamme Oschonbelat, der den regierenden Emir durch seinen Anhang im Gebirge und durch seinen Reichthum an Domainen beschränkt. 2) Der Bezirk Arkub mit der Stadt Baruk, wo das Oberhaupt der dem Emir ergebenen Partei, der Jezbeki, welche auch Almad heißen, und einer von den drei vornehmsten_Geistlichen_der Drufen, ein Scheik el _Akal (d. h. das Haupt der Geistlichen), wohnt. 3) Dfiurd, ein großer Bezirk auf dem Berge Libanon. Hier auf dem höchsten Gebirge halten sich die Hirten im Sommer auf. 4) Uklim Dschesin, von welchem District nach Burckhard die Hälfte der Pforte gehört. Hier findet sich eine Höhle, in der Fakr-ed-din lange Zeit von den Türken belagert ward. 5) Schahar, ein kleiner District, wo das Geschlecht der Mehy el Deyn das vornehmste ist. 6) Aklim el Charub, wo die Dshonbelat herrschen, ein großer District, unweit Said und Deir el Kammar, wo die Einwohner Drufen, Christen und Muhammedaner (die hier zu Niebuhr's Zeit die Regierung der Drusen der des Pascha's von Said [jest von Ukka] vorzogen), viele Olivenbäume bauen und das Öl nach Damaskus und Said verkaufen. In demselben Bezirke liegt Deir M'challaz, ein Kloster und die gewöhnliche Residenz eines Patriarchen der mit der römischen Kirche unirten Griechen. 7) Aklim Tefach, ein meistens von Sunniten bewohnter Bezirk, von welchem der Pascha von Said, jest Akka, die Hälfte beherrscht. Schuße der mächtigen Familie Telhuk die Griechen ein 8) El Garb, ein großer District, wo unter dem Kloster, die Maroniten aber zwei Klöster unter dem Schuß eines Emirs von dem Geschlechte der Schehab besitzen. Hier wachsen treffliche Tannen. 9) Solima, mit einem griechischen und zwei maronitischen Klöstern. Hier wohnt ein drusischer Emir von dem Stamme Billama. 10) Erras, ebenfalls der Sig eines vornehmen Drusen mit dem Emirstitel in dem gleichnamigen Flecken. 11) Brumana, ein kleiner Bezirk mit einem Flecken gleiches Namens, wo die Maroniten in dem Gebiete eines Drufenemirs zwei Klöster bewohnen. 12) El Kata, nahe bei dem District Kesroan, von fast lauter Maroniten bewohnt, welche hier drei Klöster befizen. Hier wächst der beste und meiste Wein des Libanons (den schon der Prophet Hoseas rühmt), der, wie bei den Juden in Jemen und den Armeniern in Persien, in großen, irdenen Töpfen aufbewahrt und in kleinen Tonnen, die man von Cypern kommen läßt, ausgeführt. wird. Schußherr der Klöster und Grundbesizer ist hier ein Emir vom Stamme Bellama, der zu Solima wohnt. 13) Beskinta, ein von Christen bewohnter District mit fünf kleinen Kirchen und einem maronitischen Kloster. Auch hier wohnt ein Emir, der, wie alle andern vornehmen Drusen dieses Titels, dem Großemir unterworfen ist, d. h. die Abgabe seines Districts liefert. |